Den Durchblick bewahren

Qualitätmerkmale von Kältedämmstoffen

Für den Anwender ist es heute schwer geworden, in einem vielfältigen Angebot von Kältedämmstoffen aus unterschiedlichsten Materialien, mit verschiedensten technischen Eigenschaften und Werbebotschaften, noch echte Qualitätskriterien zu erkennen. Wer das für seine Bedürfnisse Richtige wählen will, braucht verlässliche Informationen, ein Erkennungszeichen für Qualitätsprodukte. Wie aber kann Qualität festgestellt werden?

Als eine der einfachsten Definitionen für Qualität gilt die Regel: Qualität ist die Übereinstimmung von Ist und Soll, also die Erfüllung von Erfordernissen und Erwartungen. Welche gesetzlichen Anforderungen gibt es für Kältedämmstoffe?
In vielen europäischen Ländern wird der Nachweis des Brandverhaltens von Bauprodukten gesetzlich gefordert. Hierzu haben die Gesetzgeber ein entsprechendes System der Fremdüberwachung eingeführt. Das Brandverhalten ist sicherlich ein eminent wichtiges, aber nicht das einzige Qualitätsmerkmal von Kältedämmstoffen. Obwohl die Wärmeleitfähigkeit l und der Wasserdampfdiffusionswiderstand µ eine zentrale Bedeutung für Kältedämmungen besitzen, schreibt der Gesetzgeber bislang keine Überwachung dieser funktionsrelevanten Produkteigenschaften vor, sondern überlässt es Herstellern, die publizierten technischen Daten dauerhaft einzuhalten.

Die Bauproduktenrichtlinie (BPR) |
Die relevante Richtlinie für Baustoffe und Bauteile ist die europäische Bauproduktenrichtlinie 89/106/EWG. Sie gilt auch für Anlagen der Heiztechnik, der Sanitärtechnik sowie der Kälte- und Klimatechnik und deckt somit auch Anforderungen an Dämmstoffe für diese Bereiche ab. Nach der Bauproduktenrichtlinie, in Deutschland umgesetzt durch das Bauproduktengesetz (BauPG1992), dürfen Bauprodukte nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie brauchbar sind, d. h. solche Merkmale aufweisen, dass das Bauwerk, für das sie verwendet werden sollen, bei ordnungsgemäßer Planung und Ausführung die wesentlichen Anforderungen erfüllen kann, wenn und soweit (nationale) Vorschriften solche Anforderungen vorsehen (Art. 2 Abs. 1 BPR). Die in dieser Richtlinie definierten wesentlichen Anforderungen betreffen:

n die mechanische Festigkeit und Standsicherheit,

n den Brandschutz,

n die Hygiene, die Gesundheit und den Umweltschutz,

n die Nutzungssicherheit,

n den Schallschutz,

n die Energieeinsparung und den Wärmeschutz.

Die daraus ableitbaren Anforderungen an die Produkte müssen in harmonisierten Normen oder Leitlinien für die europäische technische Zulassung beschrieben werden. Die Produktnormen für  „Wärmedämmstoffe für die Haustechnik und für betriebstechnische Anlagen“ (Rohrdämmungen) sind noch nicht verabschiedet worden. Solange sie nicht vorliegen, kommt weiterhin das nationale Recht zur Anwendung.

CE-Zeichen | Sichtbarer Ausdruck der Übereinstimmung mit der Bauproduktenrichtlinie ist das CE-Zeichen, das quasi als „europäischer Produktpass“ sicherstellt, dass das Produkt innerhalb der Grenzen Europas in Verkehr gebracht werden kann. Das CE-Zeichen bescheinigt die Konformität (Übereinstimmung) eines Bauproduktes mit dem in der Richtlinie festgelegten allgemein relevanten Schutzniveau und die Bestätigung, dass der Hersteller alle im Gemeinschaftsrecht für sein Bauprodukt vorgesehenen Bewertungsverfahren durchgeführt hat. Das CE-Zeichen belegt, dass ein Bauprodukt den europäischen Normen entspricht, die in nationalen Vorschriften umgesetzt wurden.

CE-Kennzeichnung im harmonisierten Europa | Das erklärte Ziel der europäischen Harmonisierung ist die Sicherstellung eines freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union. So soll sich beispielsweise ein Spanier, der ein dänisches Produkt kauft, darauf verlassen können, dass die wesentlichen, publizierten technischen Daten eingehalten werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die qualitätsbestimmenden Eigenschaften von Produkten überwacht werden. In Europa wird es in absehbarer Zukunft auch für technische Dämmungen eine CE-Kennzeichnung geben, das dann verwendet werden darf, wenn die Übereinstimmung mit den (Mindest-) Anforderungen nachgewiesen und zertifiziert wurde und zudem ständig überwacht wird.
Für viele Bauprodukte (z. B. Dämmstoffe im Hochbau) ist das CE-Kennzeichen bereits eingeführt. Für technische Dämmungen kann das CE-Zeichen jedoch erst eingeführt werden, wenn die jeweiligen europäischen Produkt-Normen verabschiedet und in die nationalen Normenwerke integriert wurden. Wesentliche Anforderungen zur Erlangung des CE-Zeichens für Rohrdämmungen werden das Brandverhalten, die Wärmeleitfähigkeit, Maße/Grenzabmaße, Dimensionsstabilität und die „Eigenschaften der Dauerhaftigkeit“ sein. Der Wasserdampfdiffusionswiderstand wird zu den Produkteigenschaften zählen, die optional im CE-Bezeichnungsschlüssel deklariert werden können und für bestimmte Anwendungszwecke gelten soll. Die Fertigstellung der Produktstandards für lineare Produkte und die damit verbun­dene Möglichkeit der CE-Kennzeichnung von Wärmedämmstoffen für die Haustech­nik und für betriebstechnische Anlagen rückt nach langjähriger vorbereitender Tätigkeit jetzt in greifbare Nähe: Nach heutigem Kenntnisstand kann davon ausgegangen werden, dass die europäischen Produktstandards für Rohrisolierungen 2009, spätestens aber 2010 auf nationaler Ebene eingeführt werden können.

 
Unterschied zwischen CE-Zeichen und europäischem Keymark | Das europäische Schlüsselzeichen (Keymark)  ist ein freiwilliges europäisches Qualitätszeichen, das gemeinsam von CEN, dem Europäischen Komitee für Normung, und CENELEC, dem Europäischen Komitee für Elektrotechnische Normung, vergeben wird. Das Keymark wird ausschließlich an Produkte vergeben, die den Anforderungen der jeweils relevanten CEN-Standards gerecht werden. Es geht jedoch über die wesentlichen, in der Bauproduktenrichtlinie definierten Anforderungen für Bauprodukte hinaus und dokumentiert die Übereinstimmung mit Zielen, die vom CE-Zeichen nicht abgedeckt sind. Für den Bereich der Dämmstoffe heißt dies: Während die CE-Kennzeichnung die Übereinstimmung mit dem harmonisierten Teil der Produktnormen bestätigt, müssen Dämmstoffe für die Zertifizierung nach europäischem Keymark zusätzlichen Anforderungen der europäischen Produktnormen (die im CEN/TC 88 erstellt werden) gerecht werden. Die Abstimmungsprozesse zwischen den relevanten Gruppen, die das Verhältnis zwischen CE-Kennzeichnung und Keymark klären sollen, sind noch nicht abgeschlossen. Die erfolgreiche Einführung eines über die Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards hinausgehenden Qualitätszeichens setzt voraus, dass allen Branchenbeteiligten die Unterschiede zwischen den europäischen Kennzeichen bewusst sind. Nur dann kann das Keymark der Orientierung in der Branche dienen.

System der Fremdüberwachung | Bis zur Einführung der europäischen Produktstandards und der Möglichkeit der CE- und der Keymark-Kennzeichnung technischer Dämmstoffe gibt es also kein offizielles Gütesiegel für diese Produkte, an dem sich Anwender orientieren können. Bislang wird in vielen europäischen Ländern einzig eine amtliche Fremdüberwachung des Brandverhaltens gefordert. Ziel dieser Überwachungen ist es sicherzustellen, dass nur Produkte ver­wendet werden, die nachweislich und stän­dig die geprüften und publizierten Anforde­rungen erfüllen.
In Deutschland wird das Brandverhalten von Dämmstoffen beispielsweise nach DIN 4102 von einem offiziellen Institut geprüft und die Ergebnisse anschließend beurteilt. Bei positivem Beratungsergebnis erhält der Antragsteller das Ü-Zeichen. Damit ist aber erst der erste Schritt getan. Der Brauchbar­keitsnachweis ist erbracht. Verwendet wer­den darf der Baustoff jedoch erst, wenn nach­gewiesen ist, dass seine Herstellung amtlich über­wacht und dies durch einen Übereinstimmungsnachweis bestätigt wird.


Das Sicherheitsniveau technischer Daten | Neben einem normgerechten Brandverhalten und der guten Verarbeitbarkeit von Dämmstoffen müssen Kältedämmstoffe eine niedrige Wärmeleitfähigkeit l und eine hohe Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl µ aufweisen.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den „qualitätsbestimmenden“ Eigenschaften des Dämmstoffes. Diese müssen eindeutig abgesichert sein, denn die Auswirkungen nicht abgesicherter Produktdaten sind schwerwiegend und gefährlich:

n Wenn das tatsächliche Brandverhalten ungünstiger als publiziert ist, besteht Gefahr für Leben und Sicherheit.

n Wenn die tatsächliche Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl niedriger als publiziert ist, besteht Gefahr von Durchfeuchtung und steigender Wärmeleitfähigkeit.

n Wenn die Wärmeleitfähigkeit höher als publiziert oder unzulässig gestiegen ist, besteht die Gefahr der Tauwasserbildung und kostenintensiver Folgeschäden. Außerdem stellen sich höhere Energieverluste ein.

Ist ein objektiver Vergleich möglich? | Um die qualitätsbestimmenden Eigen­schaften von Kältedämmstoffen zu vergleichen, kann der Anwender entweder „blind“ den publizierten Herstelleraussagen vertrauen oder er lässt sich die technischen Werte durch Prüfzeugnisse, Datenblätter oder Gutachten belegen. Ein objektiver Vergleich ist dabei allerdings meist schwierig, denn viele Hersteller veröffentlichen nur die aus ihrer Sicht relevanten Produktdaten, einheitliche Bezugsgrößen sind oft nicht erkennbar oder fehlen ganz. Verwirrend ist auch die Vielfalt nicht normgerechter Dimensionen. Für einige Produkte liegen überhaupt keine Prüfzeugnisse vor. Oft können nur Einzelprüfergebnisse für ganze Produktfamilien vorgelegt werden. Wie aussagekräftig sind diese? Kann eine gleich bleibende Qualität mit solchen Prüfzeugnissen nachgewiesen und sichergestellt werden? Sind Einzelprüf­ergebnisse vergleichbar mit amtlich überwachten Produktdaten?

Um einen objektiven Vergleich zu ermöglichen, darf der Anwender auf keinen Fall Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Tabelle 1 gibt Hinweise darauf, was bei einem Vergleich der qualitätsbestimmenden Produkteigenschaften unbedingt beachtet werden muss. Es wird ausführlich dargelegt, welche Aussagekraft die unterschiedlichen Nachweisformen besitzen und worauf bei der Produktauswahl geachtet werden muss.

Überwachung des l- und µ-Wertes |
Da der Gesetzgeber für Kältedämmstoffe bislang keine Überwachung der funktionsrelevanten Produkteigenschaften (l und µ) vorschreibt, ist es umso wichtiger, dass Anwender darauf achten, Produkte einzusetzen, deren zentrale Eigenschaften systematisch überwacht werden.
Bei der Systemüberwachung werden aus der laufenden Produktion nach Plan Proben entnommen, die in die Prüfabteilung gehen. Hier wird systematisch l-Wert, µ-Wert und natürlich auch das Brandverhalten geprüft. Zur Absicherung der technischen Werte werden im Rahmen der freiwilligen Überwachungsverträge zusätzliche Prüfungen bei amtlichen Prüfanstalten durchgeführt. Durch diese permanente Überprüfung der Produkte wird eine Zahlenbasis geschaffen, die die Einhaltung der Werte statistisch aussagekräftig dokumentiert.

Nur wenn ein Hersteller seine Produkte laufend selbst kontrolliert und zudem fremdüberwachen lässt, können Verarbeiter und ausschreibende Stellen sicher sein, dass die publizierten technischen Werte mit den tatsächlichen übereinstimmen.
Diese Systemüberwachung ist bei der Wärmeleitfähigkeit und beim Wasserdampf-Diffusionswiderstand umso wichtiger, da sie bislang nicht gesetzlich gefordert wird und der Anwender diese Eigenschaften in der Regel nicht überprüfen kann. Nur durch eine amtliche Überwachung ist die Einhaltung der Werte jederzeit sichergestellt. In Deutschland dürfen gemäß Stand der Technik nach der neuen DIN 4140, Absatz 4.1 resp. Absatz 4.4 heute nur noch Dämmstoffe eingesetzt werden, die nach VDI 2055 oder vergleichbaren Gütebestimmungen überwacht werden. Für die Prüfung und Zertifizierung sind notifizierte oder akkreditierte Stellen einzuschalten. Ist für verschiedene Dämmstoffe die Gütesicherung nach diesen Vorschriften nicht verfügbar, dürfen diese Materialien nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers eingesetzt werden. Die Gütesicherung nach VDI 2055 besteht wie bei der gesetzlichen Überwachung aus Eigen- und Fremdüberwachung sowie der Zertifizierung von Dämmstoffen und -systemen, die als Wärme- und Kältedämmung verwendet werden. So führt z.B. das Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V., München, die amtliche Fremdüberwachung für „AF/Armaflex“ durch und auf Grundlage der Ergebnisse erfolgt die Zertifizierung nach VDI 2055 durch die DINCertco. Erst mit der Zertifizierung ist ein Hersteller berechtigt, das VDI-Zeichen auf den Etiketten, Prospekten etc. zu nutzen.

Unterschiede zwischen Systemüberwachung und DIN EN ISO 9001| Oft wird gefragt, ob die System­überwachung der qualitätsbestimmenden Eigenschaften nicht überflüssig wird, wenn die Produktionsstätte den Anforderungen der DIN EN ISO 9001 entspricht und nach dieser Norm überwacht wird. Die Antwort ist eindeutig „NEIN“, denn die vorgenannte Norm enthält in diesem Sinne keine Nachweisform für technische Eigenschaften. Sie ist vielmehr eine reine Produktionsnorm, die die interne Organisation und Überwachung des Produktionsprozesses / Qualitätssicherungs-Systems beschreibt. Sie schreibt die Fassung aller wichtigen Verfahrenseinzelheiten in einem „Qualitätshandbuch“ vor und sieht eine jährliche Überprüfung der Produktionsstätte durch ein Überwachungsinstitut vor.
Da die Prüfung des µ-Wertes bis zu acht Monaten in Anspruch nimmt und die Wärmeleitfähigkeitsprüfung inklusive Vorbereitung mehrere Stunden dauert, sind diese Messgrößen nicht für die Prozesssteuerung geeignet. Das gleiche gilt für die Baustoffklasse. Es dauert zu lange, bis diese Ergebnisse vorliegen. Es ist deshalb üblich, Produkteigenschaften zu verwenden, deren Ergebnisse kurzfristig zur Verfügung stehen können. Die jeweilige Beantwortung der Fragen aus der Checkliste (Tabelle 2) zeigt deutlich, dass sich die geforderte Sicherheit bezüglich der Einhaltung der Wärmeleitfähigkeit, des Wasserdampf-Diffusionswiderstands und der Baustoffklassifizierung nicht durch die DIN EN ISO-Überwachung ergibt, sondern durch die Systemüberwachung.
Die DIN EN ISO ist dagegen nur ein Hilfsmittel für die Produktion und eine Systemüberwachung der zentralen technischen Werte zusätzlich erforderlich, um die Einhaltung der qualitätsbestimmenden Eigenschaften sicherzustellen. Die Organisation und Überwachung der Produktion nach den Vorschriften der DIN EN ISO ist aber natürlich dennoch äußerst sinnvoll.

Die Firma Armacell (www.armacell.de) geht noch einen Schritt weiter und schloss jetzt auf der Basis des aus der Systemüberwachung resultierenden hohen Sicherheitsniveaus von „AF/Armaflex“ Gewährleistungsvereinbarungen mit folgenden Fachverbänden:

n Zentralverband des deutschen Baugewerbes, Bundesfachgruppe WKSB

n Verband Deutscher Kälte- und Klima-Fachbetriebe e.V. (VDKF).

Diese Gewährleistungsvereinbarungen schließen die Lücke zwischen der werksvertraglichen Gewährleistung, die der Handwerker gemäß VOB/BGB erbringen muss und den relativ kurzen gesetzlichen Gewährleistungsfristen der Hersteller. Sie geben dem Planer, der ausführenden Firma und dem Bauherrn zusätzliche Gewähr für die praktische Funktionssicherheit der (fachgerecht) ausgeführten Dämmung.

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