Energieeffizienz bei Abtausystemen

Egal ob Tiefkühl- oder Normalkühlbereich: Als eine der häufigsten Fehlerquellen bei Kälteanlagen gelten vereiste Verdampfer zur Luftkühlung. Bildet sich beispielsweise Eis auf dessen Lamellen, wirkt sich dies negativ auf die gesamte Wärmeübertragung aus und es kann zu einem deutlichen Temperaturanstieg im Kühlraum kommen. Umso wenig Energie wie möglich zu verwenden, sollte eine Eisbildung am Verdampfer verhindert und regelmäßig abgetaut werden – denn nur so lässt sich die Effizienz des gesamten Kältesystems dauerhaft aufrechterhalten. eurammon-Mitglied Michael Freiherr, Chief Technical Officer der Güntner GmbH & Co. KG, zeigt, was die Energieeffizienz der Abtausysteme beeinflusst und worauf bei Abtausystemen mit natürlichen Kältemitteln besonders zu achten ist.

KKA: Wie lässt sich die Energieeffizienz eines Abtausystems berechnen?
Michael Freiherr: Die Energieeffizienz eines Abtausystems berechnet sich aus der Summe der Schmelzenthalpie und der sensiblen Wärme, die nötig ist, um das Eis auf etwas mehr als 0 °C zu erwärmen, geteilt durch die tatsächlich vom System beim Abtauen verbrauchte Energie. Gut ausgelegte Anlagen erzielen im realen Betrieb eine Abtaueffizienz von ca. 0,5 – viele Anlagen weisen jedoch eine deutlich geringere Effizienz auf.

KKA: Was beeinflusst die Energieeffizienz des Abtausystems in der Praxis?
Michael Freiherr: Der Energiebedarf des Abtausystems wird primär vom Abtauverfahren bestimmt, also beispielsweise, ob mit Umluft, mit Wasser, elektrisch oder mit Heißgas abgetaut wird. Darüber hinaus hängt die Effizienz von der Planung und der Feinjustierung während der Inbetriebnahme durch den Monteur vor Ort ab. Wichtige Aspekte hierbei sind eine gute Positionierung des Abtaufühlers sowie sauber kalkulierte Abtauzeiten und -intervalle. Besonders effizient ist eine Bedarfsabtauung, die nur dann aktiviert wird, wenn ein am Kühler angebrachter Sensor einen entsprechenden Bedarf detektiert.

Eine weitere Möglichkeit, den Energieverbrauch zu minimieren, sind Abtaumethoden, die die im System vorhandene Abwärme nutzen, anstatt zusätzliche Abtauenergie zu verwenden. Dazu zählen beispielsweise Warmsole/Thermobank, die Heißgas-Abtauung generell sowie die Bäckström-Abtau-Methode im Besonderen.

Auch durch die thermische Isolierung des Kühlers während des Abtauprozesses lässt sich Energie sparen, denn je weniger der zum Abtauen erforderlichen Wärmeenergie in den Kühlraum entweicht, desto weniger Kühlleistung muss erbracht werden, um die Soll-Temperatur im Kühlraum zu halten. Lösungen sind hier beispielsweise Kühler mit Shut-Up oder Stauhaube, die eine Wärmezirkulation behindern – oder ein Isolierkühler, der diese ganz unterbindet.

KKA: Welche Besonderheiten gelten für Abtauverfahren bei NH3-Systemen?
Michael Freiherr: Grundsätzlich kann jedes gängige Abtauverfahren bei Systemen mit natürlichen Kältemitteln eingesetzt werden. Dabei sind alle Sicherheitsaspekte, die für den normalen Kühlbetrieb gelten, zu beachten. Bei NH3-Pumpenanlagen hat sich die Heißgas-Abtauung auf sehr breiter Ebene durchgesetzt. Einer der Gründe: Das während des Abtauvorgangs im Kühler entstehende Kältemittelkondensat lässt sich bei NH3-Systemen besonders einfach in die Pumpenrücklaufleitung oder in den Abscheider zurückführen. Zudem besitzt Ammoniak eine im Vergleich zu anderen Kältemitteln relativ hohe Verdampfungsenthalpie. Im Vergleich zu anderen Kältemitteln wären somit als Resultat kürzere Abtauzeiten denkbar.

Spezifisch für NH3-Anlagen sind die hohen Verdichtungsendtemperaturen. Wird dies beim Anlagendesign nicht berücksichtigt, kann es während des Abtauvorgangs zu unerwünschter Schwadenbildung und zunehmender Vergletscherung des Kühlraums kommen. Ein weiterer Punkt – der prinzipiell und unabhängig vom eingesetzten Kältemittel für die Heißgas-Abtauung spricht – ist die sehr gleichmäßige Wärmezufuhr von innen. Dadurch können sich Reif und Eis besonders schnell lösen, die Abtauzyklen werden verkürzt und die Effizienz gesteigert.

KKA: Welche Besonderheiten gelten für Abtau-Verfahren bei CO2-Kälteanlagen?
Michael Freiherr: Wird CO2 als Kältemittel zur Heißgas-Abtauung eingesetzt, müssen der Luftkühler und die Heißgas-Verrohrung auf dieselben Drücke ausgelegt werden wie der CO2-Gaskühler/-Verflüssiger. In der Regel werden CO2-Luftkühler jedoch für deutlich niedrigere Drücke konstruiert. Bei CO2-Kaskadenanlagen erscheint im Hinblick auf die Abtaueffizienz deshalb die Warmsole-Abtauung eine gute Alternative zur elektrischen Abtauung darzustellen.

KKA: Wie lässt sich die Energieeffizienz bei Abtausystemen mit natürlichen Kältemitteln insgesamt bewerten?
Michael Freiherr: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Effizienz des Abtausystems hängt von vielen verschiedenen Einzelparametern ab, so dass eine Vergleichbarkeit relativ schwierig ist. Viel wichtiger bei der Entscheidung für ein bestimmtes Kältemittel ist jedoch, dass Anlagen mit natürlichen Kältemitteln den Betreibern grundsätzlich ein hohes Maß an Zukunftssicherheit bieten, da diese Kältemittel nicht von aktuellen sowie künftigen Restriktionen durch die F-Gas-Verordnung oder weiteren umweltpolitischen Vorgaben betroffen sind und somit eine langfristige Planbarkeit bieten.

KKA: Vielen Dank für das Gespräch.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 03/2022 Roller

Abtausystem reduziert die Energiekosten um 75 %

Neben der Einführung von standardseitig verbauten, energieeffizienten EC-Ventilatoren, großen Wärmeübertrageroberflächen und energieoptimierten Rohrgeometrien hat sich Roller auch dem Thema...

mehr
Ausgabe Großkälte/2022

Heißgasabtauung für Ammoniakanlagen

Vorteile der Abtauung mit Schwimmerreglern

Das Prinzip der Heißgasabtauung Eis auf den Oberflächen wirkt isolierend, verschlechtert den Wärmeübergang, verringert die übertragbare Leistung des Verdampfers (Luftkühlers) und erfordert eine...

mehr
Ausgabe 01/2022

Neue Systemlösungen zur Erhöhung der Energieeffizienz in Kühlräumen

Mit künstlicher Intelligenz zu mehr Energieeffizienz und Umweltschutz

Eis oder Reif bildet sich auf einem Luftkühler immer, wenn seine Oberflächentemperatur unter dem Gefrierpunkt liegt und die Luft eine gewisse Feuchtigkeit hat. Die feuchte Luft kondensiert an den...

mehr
Ausgabe 05/2019

Intelligent abtauen  

Interview mit Michael Freiherr, Geschäftsführer Technik bei Güntner
Michael Freiherr, Gesch?ftsf?hrer Technik G?ntner GmbH & Co.KG.

KKA: Kann man die Energieeffizienz eines Abtausystems berechnen? Freiherr: Als Energieeffizienz des Abtausystems wird der Quotient aus der Summe der Schmelzenthalpie und der sensiblen Wärme, die...

mehr
Ausgabe 05/2016 Daikin

Effizienz entspannt!

„Effizienz entspannt“, sagt Gunther Gamst. Der Geschäftsführer der Daikin Airconditioning Germany GmbH (www.daikin.de) unterstützt die Kampagne des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi;...

mehr