Heißgasabtauung für Ammoniakanlagen

Vorteile der Abtauung mit Schwimmerreglern

Ziel einer Kälteanlage ist es, die Qualität, Sicherheit und Effizienz der Kühlung zu jedem Zeitpunkt sicher zu stellen. Für eine optimale Wärmeübertragung, d.h. optimale Kühlwirkung, müssen die Luftkühler daher regelmäßig abgetaut werden. Die Abtauung wird dabei häufig als „lästiger“ Hilfsprozess angesehen und bei der Planung der Kälteanlage meist nicht intensiv betrachtet. Allerdings betragen die Betriebskosten einer industriellen Kälteanlage über deren Lebenszeit ein Vielfaches der Installationskosten, pauschal ca. das 18-fache bei einer 20-jährigen Laufzeit. In den meisten Fällen werden Industriekälteanlagen auch noch länger betrieben.

Das Prinzip der Heißgasabtauung

Eis auf den Oberflächen wirkt isolierend, verschlechtert den Wärmeübergang, verringert die übertragbare Leistung des Verdampfers (Luftkühlers) und erfordert eine niedrigere Verdampfungstemperatur. Die Absenkung der Verdampfungstemperatur um 1 K erhöht den Energiebedarf der Verdichter um ca. 3 %.

Während der Heißgasabtauung wird die Verrohrung im Verdampfer vom Eis befreit. Der Heißgasabtauprozess besteht insgesamt aus sechs Phasen. Das Grundkonzept ist zwar einfach, das Management von Drücken, Temperaturen und flüssigem Kältemittel machen die Umsetzung der Heißgasabtauung jedoch komplex.

Methoden der Heißgasabtauung

Bei der Heißgasabtauung in Direktsystemen gibt es heute üblicherweise zwei Methoden:

Die Konstant-Druckregelung mit einem Überströmventil oder

die Regelung durch Kondensat-Ableitung mit Schwimmerregelung.

Beide Methoden entfernen das Eis, sie unterscheiden sich jedoch bei der Energie­effizienz deutlich!

Bei der Konstant-Druckregelung wird Heißgas durch das Überströmventil zurück zum Abscheider geleitet, von wo es dem Verdichter wieder zugeführt und verdichtet werden muss (oberes Schema in Bild 3). Bei der Schwimmerregelung wird (fast) ausschließlich Kondensat zurückgeleitet, sodass der Verdichter das Kältemittel nicht noch einmal komprimieren muss (unteres Schema in Bild 3).

Entsprechend führt die Menge an Heißgas, die ungenutzt über das Überströmventil zurück in den Abscheider gelangt, zu einem höheren Energieverbrauch durch den Verdichter. Dieser Anteil (in Bild 4 gelb markiert) beträgt dabei je nach Abtauzeit 15 bis 25 % und kann eingespart werden. Der rote Bereich in Bild 4 stellt die benötigte und nicht vermeidbare Energie für die Konvektion von Wärme dar. Der blaue Bereich repräsentiert  die effektive Nutzung des Heißgases zum Abtauen.

Der Druck der Konstant-Druckregelung steigt zunächst an, da über das Hilfsventil mehr Heißgas zugeführt wird als im Verdampfer kondensiert. Wenn das Hauptventil öffnet, muss zunächst das Kondensat aus dem Verflüssiger durch das Überströmventil geschoben werden, bevor der Druck am Verdampferaustritt auf den eingestellten Druck bis zum Ende der Abtauzeit konstant gehalten werden kann.

Der Druckverlauf bei der Schwimmerregelung startet etwas flacher, da sofort Kondensat abgeleitet wird. Nach dem Öffnen des Hauptventils steigt der Druck langsamer an, bis er am Ende der Abtauphase den Heiß­gaseintrittsdruck erreicht hat.

In einem Versuch wurde zur besseren Vergleichbarkeit beider Abtaumethoden die gleiche Heißgasmenge bei gleichem Eintrittsdruck eingestellt. Tatsächlich könnte bei der Schwimmerregelung ein niedrigerer Heißgasdruck gewählt werden, was zu einer besseren Energieeffizienz führt.

Da Verdichter häufig ausschließlich für den Kühlbetrieb ausgelegt sind, wird vernachlässigt, dass die benötigte Verdichterleistung im Abtaubetrieb deutlich höher sein kann, da höhere Temperaturen im Verdampfer herrschen und zum Ende mehr Gas als im Kühlbetrieb entsteht.

In dem Versuch mit 4 gleich großen Luftkühlern liefen alle Kühler im Kühlbetrieb bei -20 °C Verdampfungstemperatur. Die Verdichterleistung betrug 100 %. Bei der Abtauung sind nur noch drei Luftkühler im Betrieb und entsprechend wird nur 75 % Verdichterleistung für den Kühlbetrieb benötigt (grüne Linie in Bild 5).

Bei der Konstant-Druckregelung entsteht im Abtauprozesses ein Gasanteil, der zusätzlich vom Verdichter verarbeitet werden muss. Am Ende der Abtauphase werden somit 130% Verdichterleistung benötigt. Mit einer Konstant-Druckregelung der Heißgasabtauung kann die Kühlleistung in Volllast erheblich beeinträchtigt werden, da die Verdichter zu klein wären.

Bei der Schwimmerregelung strömt fast kein ungenutztes Heißgas zurück zum Verdichter. Der Abtaubetrieb mit Schwimmerregelung beeinträchtigt den Kühlbetrieb somit nicht und kann jederzeit unabhängig erfolgen!

In der Praxis gibt es Kälteanlagen, die in den Nachtstunden abtauen müssen, damit tagsüber im Hochbetrieb die Qualität der Kühlung oder die Energieeffizienz der Anlage durch tiefere Verdampfungstemperaturen nicht leidet.

Einfluss der Abtautemperatur

Höhere Heißgastemperaturen verkürzen die Abtauzeit nicht wesentlich. Insbesondere bei Temperaturen über 15 °C können maximal 2 Minuten eingespart werden. Die Auswirkungen einer Abtautemperatur unter 10 °C sind etwas größer. Gegenüber 10 °C Kondensationstemperatur werden

mit 8 °C ca. 5 Minuten,

mit 6 °C ca. 12 Minuten und

mit 4 °C ca. 35 Minuten mehr benötigt.

Zu beachten ist, dass eine zu hohe Heißgastemperatur neben dem erhöhten Energieverbrauch zu einer höheren Luftfeuchtigkeit im Kühlraum führt und unerwünschte Wasserdampfbildung (Schwaden) in den Kühlräumen zur Folge hat. Dadurch vereisen die Verdampfer schneller und müssen entsprechend häufiger abgetaut werden.

Die besten Abtauergebnisse werden mit Heißgasdrücken zwischen 4 bis 6 bar Überdruck erzielt, abhängig von der Anwendung (z.B.: Tiefkühlung oder Normalkühlung). Dies entspricht Abtautemperaturen von 4 bis ca. 15 °C.

Abtauzeiten

Die Abtauzeit muss ausreichend bemessen sein, um die Verdampferoberflächen vollständig abzutauen. Eine zu kurze Abtauzeit hat zur Folge, dass „Resteis“ mit der Zeit Eisblöcke bildet. Eine zu kurze Abtauzeit muss in jedem Fall vermieden werden!

Eine zu lange Abtauzeit bewirkt, dass nach dem Abschmelzen des Eises Wärme durch Strahlung und Konvektion in den Kühlraum eingebracht wird. Diese Wärme muss dann wiederum durch die Kälteanlage abgeführt werden.

Außerdem wird bei der Konstant-Druckregelung am Ende unnötig Gas durchgelassen, welches vom Verdichter wieder verarbeitet werden muss und den Energieverbrauch unnötig erhöht. Durch den Einsatz einer bedarfsgesteuerten Abtauung mit einem Abtausensor kann die tatsächlich benötigte Abtauzeit besser eingestellt werden. Allerdings lässt sich auch hier nicht vermeiden, dass am Ende der Abtauzeit Gas ungenutzt durchgelassen wird.

Eine zu lange Abtauzeit bei der Schwimmerregelung ist weniger kritisch, da nur über die ggf. vorhandene Unterdruckdüse etwas Gas durchgelassen wird. Die tatsächlich benötigte Abtauzeit kann bei der Schwimmerregelung auch (einfach) über den Abtaudruck bestimmt werden.

Abtauen mehrerer Verdampfergruppen

Das Zusammenfassen von gleichzeitig abtauenden Verdampfern mit nur einem Hochdruck-Schwimmerregler ist besonders in großen Industriekälteanlagen mit vielen Verdampfergruppen vorteilhaft, da der Aufwand für die Installation und später auch für Kontrollen/Wartungen stark reduziert werden kann. Hier ist der Schwimmerregler WITT Typ HR 2 mit seiner großen Leistung bestens geeignet.

Die Einbindung des Schwimmerreglers erfolgt in einer gemeinsamen Kondensat-Sammelleitung (1) in Bild 6. Hier muss die Größe des Hochdruck-Schwimmerreglers so bemessen sein, dass die Leistung der gleichzeitig abtauenden Verdampfer berücksichtigt wird.

Um mehrere Verdampfergruppen mit nur einem Schwimmerregler abzutauen, ist eine sorgfältige Planung und Installation unerlässlich. Die Regeln zur Flüssigkeitsabfuhr von 2-Phasenströmungen in Steigleitungen sind hier besonders wichtig!

Vergleich der Heißgasabtaumethoden im log(p)-h-Diagramm

Bei der Schwimmerregelung wird das eintretende Heißgas vom überhitzten Zustand sofort kondensiert und das Kondensat wird im Schwimmerregler abgeleitet. Dadurch wandert Punkt D (Bild 7) auf der Siedelinie vom niedrigen Druck am Anfang der Abtauung (ca. Verdampfungsdruck, der beim Kühlbetrieb vorliegt) bis zum maximalen Druck entsprechend dem Heißgaseintrittsdruck am Ende der Abtauung (D‘).

Hinter dem Schwimmer entsteht durch Absenken auf den Abscheidedruck nur ein geringer Flashgasanteil (links vom Punkt E). Bei der Abtauung mit Schwimmerregler entsteht daher nur ein geringer Gasanteil, welcher mit der Flüssigkeit in den Abscheider gefördert wird. Am Ende der Abtauung (keine kondensierende Flüssigkeit mehr vorhanden) sorgt die spezielle Konstruktion des Schwimmers dafür, dass kein weiteres Heißgas mehr in den Abscheider expandiert.

Im Gegensatz dazu wird das Heißgas bei der Konstant-Druckregelung zwar auch sofort kondensiert, da aber das Kondensat nicht abgeleitet werden kann, wird die Flüssigkeit unterkühlt (F). Erst wenn durch das nachströmende Heißgas der Druck des Überströmventils erreicht wird, kann das Kondensat abgeleitet werden (Achtung! Flüssigkeitsschläge möglich).

Nachdem das Überströmventil öffnet, wird der Druck am Verdampferaustritt konstant gehalten. Somit wandert der Punkt F immer weiter nach rechts ins Nassdampfgebiet bis zum Punkt F‘. Der Gasanteil, der durch das Überströmventil ungenutzt zum Abscheider geleitet wird, steigt damit ständig an (Anteil links von Punkt G), bis kein Kondensat mehr anfällt und Punkt F auf der Kondensationslinie bei F‘‘ angekommen ist. Ab hier expandiert 100 % Gas im Bypass zum Verdichter zurück.

Zusammenfassung

Durch Einsatz von Schwimmerreglern kann bis zu 55 % Verdichterleistung gegenüber der Konstant-Druckregelung eingespart werden.

Die Verdichter können kleiner ausfallen, da keine zusätzliche Leistung während des Abtauvorgangs benötigt wird.

Die Kältemittelmenge, die am Anfang des Abtauvorgangs bei der Druckregelung im Verdampfer kondensiert, kann eingespart werden (Füllmengenreduzierung).

Die Sicherheit der Heißgasabtauung wird erhöht, da flüssiges Kältemittel sofort abgeleitet wird und so Flüssigkeitsschläge vermieden werden.

Die Verdichter werden nicht mit wärmerem Gas der Heißgasabtauung belastet. Der Verschleiß ist somit geringer.

Beim Einsatz von einem Schwimmerregler für mehrere Verdampfer(gruppen) können die Investitionskosten gesenkt werden.

Quellen

Böckh, P. v., & Stripf, M. (2015). Technische Thermodynamik.
Berlin; Heidelberg: Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg.

Densk Energi ELFORSK. (2015-2018). Optimization of hot gas defrost in industrial refrigeration systems. Lyngby Denmark: IPU.

Vestergaard, N. P. (Version 2017-09-26). Effective and cost-efficient hot gas defrost methods. Danfoss A/S.

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