Zuverlässige und praxisgerechte Ventillösungen
Einsatz- und Wirkungsweisen von Ventilen in der Großkälte
In klassischen Industriekälteanlagen kommt Ventilen eine zentrale Rolle zu. So werden Hauptventile beispielsweise im Bereich der Verdampfungs-, Verflüssigungs- und Differenzdruckregelung eingesetzt – zumeist in Kombination mit verschiedenen Pilotventilen. Ventile werden aber auch als Leistungs- oder Startregler verwendet. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen sie zum einen möglichst flexibel, zum anderen aber auch sehr zuverlässig sein. Nur so können sie für die multiplen Einsatzszenarien in der Großkälte verwendet werden und für effiziente und zuverlässige Abläufe sorgen.
Im Folgenden werden verschiedene Einsatz- und Wirkungsweisen von Ventilen im Rahmen von Großkälteanwendungen vorgestellt, u.a. in der Funktion als Magnetventil, Verdampfungs- oder Verflüssigungsdruckregler sowie Start- oder Leistungsregelung. Um diese Szenarien besser nachvollziehen zu können, gilt das erste Augenmerk den Basiselementen von Ventilen, die entsprechend der Anwendung kombiniert werden können.
Bestandteile eines Ventils
Um die mannigfaltige Funktionsweise zu verstehen, wird exemplarisch ein ICS-Hauptventil vorgestellt. Grundsätzlich gibt es derartige Ventile in verschiedenen Versionen, so dass sie in Kombination mit einem oder mehreren Piloten für unterschiedliche Anwendungsszenarien zum Einsatz kommen. Man unterscheidet dabei zwischen Hauptventilen, die mit nur einem Piloten bestückt werden, und solchen, die über bis zu drei Pilotanschlüsse verfügen. Bei einer sogenannten 1-Pilot-Version wird ein einziges Pilotventil direkt auf das ICS-Hauptventil aufgeschraubt; beim 3-Pilot-Ventil hingegen sogar bis zu drei. Die 1-Pilot-Version ist daher in ihrer Funktionsweise einfach – sie realisiert eine einzige Regelaufgabe, etwa den Verdampfungs- oder Verflüssigungsdruck zu regeln. Logischerweise kann das 3-Pilot-Ventil mehr: Es besitzt zwei in Reihe geschaltete Anschlüsse sowie einen weiteren Pilotanschluss, der zu den beiden anderen parallel geschaltet ist. Dank dieser Konstruktion lassen sich unterschiedliche Schaltungsvarianten, wie beispielsweise eine Verflüssigungsdruckregelung mittels zusätzlichem Zwangsöffnen oder -schließen, bewerkstelligen.
Um das ICS-Hauptventil bei der Inbetriebnahme zu öffnen, verfügt es über die Möglichkeit einer manuellen Zwangsöffnung, d.h. am Ventilkopf befindet sich eine zentral angebrachte Handspindel, mit der das Ventil manuell geöffnet werden kann. Der Gehäusekörper von modernen Hauptventilen verfügt zudem über ein Funktionsmodul, das im Servicefall einfach ausgetauscht werden kann, ohne dass die Anschlüsse an der jeweiligen Rohrleitung betroffen sind. Diese Eigenschaft ist besonders in unserer westlichen Welt wichtig, damit kostspielige und langwierige Monteuraufenthalte an der Anlage vermieden werden. Bei der Auslegung eines Hauptventils sollte zudem darauf geachtet werden, dass es sich um ein Servoventil handelt, das einen Mindestdruckabfall benötigt, um wunschgemäß zu funktionieren. In der Praxis ist dies allerdings kaum ein Problem, da bei der Unterschreitung des minimalen Druckabfalls der Vollöffnung von ca. 0,2 bar die Teilöffnung den aktuellen kV-Wert des Ventils verkleinert und damit der Druckabfall gegenüber der Vollöffnung ansteigt. Das Feature der stabilen Teilöffnung, also dass ein ICS-Hauptventil auch dauerhaft in Teilöffnung gefahren werden kann, macht den minimalen Druckabfall von 0,09 bar zu einem Wert, der in der Praxis selbst ohne genaue Überprüfung so gut wie nie unterschritten wird.
Sollte bei einer Tiefkühlung dennoch ein Ventil ohne Mindestdruckabfall benötigt werden, ist dies mit einem ICS-Ventil und externer Ansteuerung durch einen höheren Druck durchaus möglich. Für diesen Zweck kann ein externer Pilotanschluss am ICS montiert werden, so dass das Ventil, das üblicherweise in der Saugleitung montiert ist, sich dann durch den Heißgas- oder Kaltgasdruck, der durch eine Steuerleitung herangeführt wird, öffnet.
Einfach und effektiv –
die Magnetventilfunktion
Eine einfache und weit verbreitete Anwendung ist die Nutzung eines Hauptventils als Magnetventil. Dabei wird ein Hauptventil mit einem Magnet-Pilotventil (z.B. EVM) ausgestattet, das direkt auf das Hauptventil aufgeschraubt wird. Generell unterscheidet man dabei zwei Anwendungsarten. Zum einen die nc-Anwendung (normally closed), bei der das Ventil im stromlosen Zustand geschlossen ist und zum anderen die no-Anwendung (normally open), bei der das Ventil ohne Strom offen ist.
Bei der nc-Anwendung handelt es sich um das gebräuchlichste Einsatzszenario für Magnetventile. Dieses funktioniert so: Wird die Spule des EVM-Pilotventils aktiviert, öffnet sich das Ventil, so dass der interne Regelkanal im ICS zwischen Ventileintritt und internem Druckraum über dem ICS-Leistungskolben geöffnet wird und der höhere Druck vom Eintritt des Hauptventils in den Druckraum über dem Leistungskolben strömt und diesen nach unten drückt. In Folge dessen wird das Hauptventil geöffnet. Beim Schließen wiederum wird der Kanal durch das EVM geschlossen und der höhere Druck wird über den Leistungskolben durch eine kleine Bohrung zum Ausgang des Ventils wieder abgebaut. Will man die entgegengesetzte Wirkungsweise erzielen, muss man nur ein EVM-Ventil einsetzen, das normally open ist – also sich ohne Strom im offenen Zustand befindet.
Verdampfungsdruck nach unten begrenzen
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass sich Ventile, die zur Regelung des Verdampfungsdrucks dienen, bei mehreren Verdampfern stets hinter den Verdampfern mit dem höheren Druck befinden. Das wird in der Regel bei kleineren Verdampfern gemacht, die an einem Verbund mit niedrigerem Saugniveau „hängen“. Mit großen Leistungen ist dies keine gute Idee, da dies eindeutig Energieverschwendung ist. Oft findet man Verdampferdruckregler aber auch in Kaltwassersätzen, insbesondere dann, wenn sie für zusätzliche Sicherheit sorgen und das Einfrieren des Wassers im Verdampfer verhindern sollen.
Man muss wissen, dass ein Verdampfungsdruckregler bei größeren Leistungsbereichen oft aus einem Hauptventil ICS sowie einem aufgeschraubtem Pilotventil CVP besteht. Zur Einstellung des Sollwerts empfiehlt sich ein Niederdruckmanometer, ideal sind zwei. Das eine wird zu diesem Zweck an den Saugstutzen des Verdichters angeschlossen und das andere – das noch wichtigere – mit dem Serviceanschluss am Hauptventil verbunden und dient zur Anzeige des Drucks, der zwischen Verdampfer und Verdampfungsdruckregler besteht. Dabei ist es egal, ob sich der Serviceanschluss am ICS ein- oder ausgangsseitig befindet, es wird immer der Eintrittsdruck des Hauptventils gemessen.
Vorsicht ist geboten, wenn die Ist-Werte beim Verdampfungsdruck höher sind als der gewünschte Sollwert. Hier ist eine sofortige Einstellung nicht ohne weiteres möglich, weil das Pilotventil nun grundsätzlich bei allen Sollwerten, die unter den Istwerten liegen, das Ventil geöffnet hält. Sollte ein solches Szenario eintreten, muss deshalb zunächst der Verdampfungsdruck gesenkt werden. Das ist bei zwangsbelüfteten Verdampfern ganz einfach durch das Abschalten der Lüfter (ggf. auch eines Lüfters) möglich. Nach Einstellung des CVP sollte der Lüfter natürlich wieder im Normalmodus betrieben werden.
Verflüssigungsdruckregler und warum?
Verflüssigungsdruckregler werden verwendet, um ein zu tiefes Absinken der Verflüssigungstemperatur innerhalb einer Kälteanlage – insbesondere im Winter – zu verhindern. In diesem Anwendungsfall wird der Regler in der Heißgasleitung – und zwar in Flussrichtung – nach dem T-Stückabgang zum Sammlerdruckregler oder der Kondensatleitung angebracht. Wichtig ist, dass beim Einbau in die Heißgasleitung auf keinen Fall auf das Rückschlagventil in der Kondensatleitung verzichtet wird. Anderenfalls würde das Kältemittel von hinten in den kalten Verflüssiger einströmen und einen schnellen Druckaufbau vor dem Expansionsventil verhindern.
Am häufigsten jedoch werden Verflüssigungsdruckregler unmittelbar in die Kondensatleitungen eingebaut. Man beachte, dass der Verflüssigungsdruckregler für größere Leistungen in diesem Fall mit dem Verdampfungsdruckregler fast identisch ist – allein der Einstellbereich und der zulässige Betriebsüberdruck ist in beiden Anwendungsfällen unterschiedlich. Für die Einstellung des Ventils sollte mindestens ein Hochdruckmanometer an den eingangsseitigen Manometeranschluss des ICS angeschlossen werden.
Die weitere Vorgehensweise ist identisch mit dem bereits beschriebenen Vorgang beim Verdampfungsdruckregler. Ideal ist, wenn sich beim Betrieb der Anlage mit einem niedrigen Sollwert eine deutlich unter dem gewünschten Einstellwert liegende Verflüssigungstemperatur einstellt. Bei Erhöhung des Drucks, bzw. bei deutlicher Erhöhung des Druckabfalls durch die mechanische Einstellung eines höheren Sollwerts am Pilotventil CVP, kann hier direkt der gewünschte Sollwert eingestellt werden.
Ist das Druckniveau auf der Hochdruckseite zu hoch, um eine Einstellung vorzunehmen, ist es hilfreich, wenn die Inbetriebnahme von einem besonders heißen Tag auf einen kühleren Tag verlegt wird. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, z.B. bei einem Verdichterverbund nur einen Verdichter während der Einstellung des Verflüssigungsdruckreglers laufen zu lassen; in schwierigen Fällen kann auch eine Absenkung des Druckniveaus auf der Niederdruckseite sinnvoll sein. Dies ist beispielweise durch Ab- oder Teilabschaltung der Verdampferlüfter möglich. Durch eine solche Maßnahme wird in aller Regel auch auf der Hochdruckseite die Drucklage abgesenkt. Falls die Verflüssigerlüfter nicht alle in Betrieb sind, bzw. nur mit langsamer Drehzahl, so kann auch an dieser Stelle mit dem weiteren Zuschalten von Stufen bzw. der Anhebung der Drehzahl eine Absenkung des Hochdruckniveaus erreicht werden. Auch hier kann eine Umschaltung – wie beim Verdampfungsdruck – zwischen zwei verschiedenen Verflüssigungstemperaturen realisiert werden, indem man ein ICS 3 mit zwei CVP und einem Pilotmagnetventil verbaut.
Startfunktion von Hauptventilen
Ein weiteres Einsatzszenario von Ventilen in der Großkälte ist ihre Funktion als Startregler. Eine Startregelung ist dann sinnvoll, wenn der Verdichter einer Anlage – oft ein Tiefkühlverdichter – vor allzu hohen Drücken geschützt werden soll. Für größere Leistungsbereiche empfiehlt sich daher der Einbau eines ICS-Hauptventils mit aufgeschraubtem Pilotventil CVC. An das Pilotventil muss in Flussrichtung nach dem Hauptventil noch eine Stichleitung von der Hauptleitung herangeführt werden.
Die Justierung des Startreglers ist bei laufender Anlage kein Problem, vorausgesetzt die Verdampfungstemperatur liegt über dem gewünschten Sollwert. Der Pilot benötigt keinen gesonderten Messanschluss, weil der Verdichtersaugstutzen im Allgemeinen bereits einen solchen besitzt. Dieser Messanschluss dient zur Einstellung. Hier gilt die gleiche Vorgehensweise wie bei den CVP-Varianten – allerdings in umgekehrter Weise: Wenn also der Saugdruck vor dem Verdichter bei laufender Anlage durch die mechanische Sollwertverstellung des Pilotventils in Richtung „niedrigerer Druck“ direkt absinkt, lässt sich der gewünschte Sollwert einstellen und der Tiefkühlverdichter ist vor zu hohen Drücken geschützt.
Die Funktionsweise wird noch deutlicher, wenn ein weiteres Niederdruckmanometer z.B. am Verdampferausgang angeschlossen wird. Hier zeigt sich, dass es ohne CVC nicht zum Druckabfall kommen würde und dass mit dem einjustierten Wert ein Druckabfall auf den gewünschten Sollwert vorliegt. Problematisch sind nur sehr niedrige Saugdrücke für die Einstellung des Startreglers, wofür es jedoch eine einfache Lösung gibt: Da es sich in einem solchen Szenario meist um Tiefkühlung handelt, kann z.B. die Abtauheizung genutzt werden, um den Saugdruck zu erhöhen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Tiefkühlraum auf höhere Temperaturen als die Betriebstemperatur zu erwärmen – eine Vorgehensweise, die während der Bauphase im Normalfall kein Problem ist.
Spannende Kombinationen und praktisch endlose Möglichkeiten
Ergänzend zu diesen sehr oft auftretenden Anwendungen gibt es in der Großkälte weitere Funktionen, die durch die richtige Kombination aus Hauptventilen und Piloten ermöglicht werden. So kann beispielsweise ein ICS-Hauptventil auch die beiden Funktionen Verdampfungsdruck- und Startregelung kombinieren, indem CVP-L und CVC in Reihe geschaltet werden. Gleiches ist auch mit Verflüssigungsdruck- und Differenzdruckregelung möglich, wenn man CVP-M (oder CVP-H) mit CVPP kombiniert, falls man mit mehreren Verdampfern – abwechselnd – Heißgasabtauung realisieren möchte. Das ICS sorgt dann – auch im Winter – für einen Mindestverflüssigungs- und Mindestdifferenzdruck am Hauptventil, damit sich das Heißgas zur Abtauung auch in der benötigten Menge durch den Verdampfer durchsetzt.
Wenn gerade keine Abtauung gefahren wird, dann ist das zusätzliche EVM-Pilotmagnetventil, welches parallel zu den beiden anderen Piloten angeordnet ist (auf Port „P“), geöffnet, damit in diesem Betriebszustand kein unnötiger Druckabfall über das Hauptventil entsteht. Da SPS-Regelung besonders in der Industriekälte wichtig ist, gibt es für die ICS-Ventile nun auch ein Pilotmagnetventil, das CVE. Das CVE wird mit dem ICAD1200A-Motor ausgerüstet und kann damit direkt über eine SPS zentral angesteuert werden. So hat man die Wahl zwischen einem ausschließlich als Motorventil nutzbaren ICM und einem Motorpilotventil, das mit noch weiteren Piloten kombiniert werden kann.
Sollten einmal die drei Pilotplätze auf einem ICS 3 nicht ausreichen, so kann man beliebig viele externe Gehäuse CVH in externe Pilotleitungen einbauen, so dass der Kombinationsvielfalt von Pilotventilen keine Grenzen gesetzt sind. Pilotventile werden einfach in CVH eingeschraubt und das CVH kann in eine Pilotleitung eingeschweißt werden. Dies ist nicht zuletzt durch den externen Pilotanschluss möglich, durch den man entweder einen höheren externen Druck, oder auch den Eingangsdruck des Ventils, der durch mehrere externe Piloten mit CVH gegangen ist, heranführen kann.
Fazit
ICS-Hauptventile sind DIE Alleskönner in der Groß- bzw. Industriekälte. Durch die neuen Piloten, die nun noch höhere Drücke beherrschen, und den neuen Motorventil-Piloten sind jetzt praktisch alle Anwendungen in der Anlagentechnik umsetzbar.