Kekshersteller kühlt mit industrieller Abwärme

Thermisch angetriebene Adsorptionskältemaschinen

Die Wikana Keks und Nahrungsmittel GmbH aus der Lutherstadt Wittenberg kühlt Teile ihres Produktionsbereichs mit zwei thermisch angetriebenen Adsorptionskältemaschinen. Statt Strom nutzen die Kältemaschinen überschüssige industrielle Abwärme als Antriebsenergie und sparen so im Vergleich zu herkömmlichen Kältemaschinen pro Jahr rund 65 000 kWh Strom. Dank der modernen Anlage kann die Verpackung der Backwaren nun auch an warmen Tagen ohne Rücksicht auf mögliche Störungen disponiert werden.

Die Backspezialitäten der Wikana Keks- und Nahrungsmittel GmbH aus der Lutherstadt Wittenberg sind weit über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus bekannt. Das 1906 gegründete Unternehmen beliefert mit seinen mehrfach DLG-prämierten Backwaren sowohl regionale Geschäfte als auch bundesweite Lebensmittelketten – da­run­ter Lebkuchensorten und Keksklassiker wie der „Othello“, „Hansa Keks“ sowie der „Butterkeks“. Bei der Auswahl der Rohstoffe, der Produktion, Verpackung und Lagerung überlassen die über 80 Mitarbeiter nichts dem Zufall: Für alle Produkte werden nur ausgesuchte Zutaten sorgfältig verarbeitet und schonend gebacken. Nach dem Auskühlen werden die Naschereien unter strikter Einhaltung exakt definierter Umlufttemperaturen verpackt und für den Versand vorbereitet.

Neben der kompromisslosen Produktqualität bestimmt auch das Thema Nachhaltigkeit die Unternehmenspolitik der Wikana. Hierzu zählen insbesondere die umweltfreundliche Energieerzeugung und die verantwortungsvolle Energienutzung im gesamten Unternehmen. Dieser nachhaltige Umgang mit Ressourcen und das positive Unternehmensklima brachten der Firma den Titel „Unternehmen des Jahres 2011“ in Sachsen-Anhalt ein. Nach der Errichtung einer Photovoltaikanlage mit 30 kW und der Inbetriebnahme eines Backofens mit Wärmerückgewinnung ist eine wärmegetriebene Raumluftkühlung die jüngste Investition in Sachen Umweltschutz und Energieeffizienz: Seit Frühjahr 2011 liefern zwei wärmegetriebene Adsorptionskältemaschinen von InvenSor (www.invensor.com) rund um die Uhr jeweils 9 kW Nennleistung und kühlen damit ca. 120 m2 des Verpackungsbereichs von 22° C auf 15° C. Die hierfür nötige Wärme stammt aus der Wärmerückgewinnung eines Backofens – Energie, die von der Wikana bisher nicht genutzt werden konnte und einfach verpuffte.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

„Die Wärmerückgewinnung unseres Backofens liefert im Vollbetrieb 3 x 50 kW, wovon wir im Winter ca. zwei Drittel für Heizung und Warmwasseraufbereitung in unserem Unternehmen einsetzen können“, erklärt Andreas Dierich, Technischer Leiter der Wikana. „Vor allem für die Sommerzeit, wenn wir keine Heizung benötigen und die Wärmerückgewinnung des Ofens Energie im Überfluss produziert, suchten wir daher nach einer weiteren Möglichkeit, die Abwärme sinnvoll einzusetzen“, so der Diplom-Ingenieur.

Es traf sich gut, dass die Geschäftsführung der Wikana schon länger intensiv über den Erwerb einer Raumklimatisierung für den Produktionsbereich nachgedacht hatte, wo temperatursensible Waren wie schokolierte Kekse oder Sandwichprodukte verpackt werden. Im Sommer waren tagsüber wiederholt so hohe Außentemperaturen aufgetreten, dass die Verpackung der Produkte in Nachtschichten geleistet werden musste, um eine perfekte Produktqualität zu gewährleisten. Die daraus resultierenden unüblichen Arbeitszeiten der Belegschaft und der Wunsch nach mehr Flexibilität in der Produktion waren ausschlaggebend für die Entscheidung, eine Raumklimatisierung für die Verpackungsabteilung einzurichten.

„Die technische Lösung, die perfekt zu den bisherigen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz passte, lieferte das Prinzip der Adsorptionskältemaschinen, die mit Wärme anstatt mit Strom angetrieben werden“, so Dierich. Als Technischer Leiter der Wikana war ihm die 2009 mit dem Bundeskältepreis ausgezeichnete Kältetechnik der InvenSor GmbH bereits bekannt. Bei einem persönlichen Treffen mit Geschäftsführer, Sören Paulußen, von InvenSor wurde man sich schnell handelseinig. Wenige Wochen später stand ein Konzept zur Integration von bis zu drei Kältemaschinen in das bereits vorhandene Energierückgewinnungssystem.

Der Energieeffizienz und der Umwelt zuliebe

Zunächst wurden zwei InvenSor-Kältemaschinen an die Wärmerückgewinnung des Ofens angeschlossen. Durch deren Einsatz steigt der Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung des Ofens stark an. Im Vergleich zu herkömmlicher stromgetriebener Kälte­technik sparte die Wikana zuletzt pro Jahr etwa 64 000 kWh Strom ein, was ca. 11 000 € an Energiekosten entspricht. Unter Berücksichtigung dieser Energiekostenersparnis hat sich die Gesamtinvestition von 70 000 € binnen ca. vier Jahren amortisiert.

Ausfallsicherheit groß­geschrieben

Die Wikana ist mit der bisherigen Kühlung im Verpackungsbereich so zufrieden, dass sie mittlerweile bereits eine dritte InvenSor-Kältemaschine installiert hat. Rund um die Uhr wird diese einen Lagerraum mit 60 m2 kühlen, wo Rohstoffe für die Produktion auf die perfekte Konsistenz für die jeweilige Rezeptur vortemperiert werden. Da die Klimatisierung für die Qualität der Wikana-Produkte eine immer wichtigere Stellung einnimmt, ist deren Ausfallsicherheit ein wichtiges Thema. „Seitdem die Kältemaschinen im Frühjahr 2011 in Betrieb gingen, laufen sie tadellos“, erklärt Dierich. Und für den Fall des Falles hat man vorgesorgt: Das gesamte Kältesystem wird über eine Schnittstelle zum Internet von InvenSor überwacht. So können die Parameter der Kühlung notfalls geändert oder ein Techniker angefordert werden. Für eine konstante Energieversorgung der Kältemaschinen, auch wenn der Ofen abgeschaltet ist, steht ein Mehrleiter-Warmwasserspeicher mit 5000 l zu Verfügung.

Ein überzeugendes ­Gesamtpaket

„Adsorptionskältemaschinen machen Kälte aus Wärme, die wir als Keksfabrik im Überschuss haben“, so Dierich. „Neben der überschaubaren Investition und der dadurch erreichten höheren Flexibilität im Produktionsprozess, haben uns die Umweltvorteile der Adsorptionskältemaschinen überzeugt“, so Dierich. In den Kältemaschinen dient reines Wasser als Kältemittel. Da die Maschinen mit Wärme anstatt mit Strom angetrieben werden, sparen sie pro Jahr viele Tonnen CO2 ein.

Preisgekrönte Kälte­technik

Die InvenSor GmbH entwickelt Kältemaschinen, welche die Abwärme von BHKW, industriellen Prozessen oder Solarthermie als Antriebsenergie nutzen. Im Vergleich zu herkömmlicher Kältetechnik sparen sie damit bis zu 70 % Strom ein.

Ingenieuren des Unternehmens ist es gelungen, anstatt des üblichen Silicagels sogenannte Zeolithe in den Adsorptionsmaschinen einzusetzen. Dank dieser Innovation erreichen InvenSor-Kältemaschinen bereits bei 65 °C Antriebstemperatur fast 100 % ihrer Leistung.

Wasser dient als umweltfreundliches Kältemittel, was den Wartungsaufwand minimiert. Alle Kältemaschinen sind auf den Anschluss an das Internet vorbereitet, so dass Unterstützung bei der Inbetriebnahme auch aus der Ferne möglich ist. Über die Online-Schnittstelle können darüber hinaus kundenspezifische Wünsche und Anpassungen per Software-Update schnell und unkompliziert vorgenommen werden, z.B. eine Änderung der Kaltwasser-Solltemperatur oder einer bestimmten Regelungsstrategie. Die Kältemaschinen von InvenSor wurden bereits zweimal mit dem Kältepreis des Bundesumweltministeriums 2009 und 2012 (integriert in eine Kühlanlage), und dem Intersolar Award 2010 ausgezeichnet.

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