Konsequenzen bei der Einführung von 2L-Kältemitteln
Bewertung der Brennbarkeit in der Normung
Ein niedriger Treibhauseffekt bei einem Kältemittel bedeutet in aller Regel auch, dass er in gewissem Maße brennbar ist. Dies müssen Anlagenbauer und Betreiber bei der Auswahl entsprechender Kältesysteme beachten und einen Kompromiss finden zwischen Sicherheit und Umweltschutz. Der Beitrag beschreibt Aspekte, die beim Einsatz von sogenannten 2L-Kältemitteln zu beachten sind.
Bekanntlich werden fluorierte Kältemittel in Europa für Fahrzeugklimaanlagen durch die Fahrzeugklimaanlagenrichtlinie und für alle anderen Kältemittelanwendungen durch die F-Gas-Verordnung geregelt. In den vergangenen Jahren haben die Kältemittelhersteller Produkte mit geringerem Erderwärmungspotential (GWP) entwickelt, die sowohl diese gesetzlichen Vorgaben erfüllen als auch die von HFKW-Kältemitteln gewohnte hohe Sicherheit und Energieeffizienz beibehalten. Mittlerweile stehen den Anwendern in der Kälte- und Klimatechnik einige Optionen für ein breites Anwendungsspektrum zur Verfügung und viele Anlagenhersteller verfolgen Programme zur Untersuchung der Eigenschaften und der Zuverlässigkeit dieser Alternativen und zur Optimierung der Anlagen für die neuen Kältemittel.
Sicherheit versus GWP
Wie viele der zu ersetzenden Produkte mit hohen GWP, zum Beispiel R404A, sind auch viele der neuen Alternativen HFKW-Gemische. Die Bestandteile dieser Alternativen sind Hydrofluorolefine (HFO), aber auch bereits seit langem bekannte HFKW mit niedrigem GWP wie R32 und R152a. Alle diese Komponenten sind brennbar und gemäß ASHRAE in die Sicherheitsklasse 2L eingestuft. Sie können mit nicht-brennbaren Komponenten zu insgesamt nicht-brennbaren Gemischen für Anwendungen in Kälte- und Klimaanlagen gemischt werden. Leider sind gerade die Fluide mit den niedrigsten GWP-Werten in gewissem Maße brennbar und werden meistens in die Sicherheitsklasse 2L eingestuft.
Die Anwender haben somit eine Auswahl zu treffen, nämlich zwischen der Verwendung eines Kältemittels mit dem niedrigsten GWP unter Inkaufnahme einer gewissen Brennbarkeit und der Verwendung eines nicht-brennbaren Kältemittels unter Inkaufnahme eines höheren GWP. Der wesentliche Punkt bei der Auswahl ist die Einhaltung der gesetzlichen GWP-Vorgaben bei höchstmöglicher Sicherheit.
In einigen Fällen wird uns diese Entscheidung bereits durch die gesetzlichen Vorgaben abgenommen. Die EU-Richtlinie zu Fahrzeugklimaanlagen verlangt zum Beispiel Kältemittel mit einem GWP unter 150 und mit Ausnahme von CO2 gibt es keine brauchbaren nicht-brennbaren Kältemitteloptionen. Ähnlich sieht es bei Alternativen zu R410A in kleinen Monosplit-Klimageräten (Füllmenge unter 3 kg) aus. Die F-Gas-Verordnung setzt hier ein GWP-Limit von 750 und auch hier gibt es keine brauchbaren nicht-brennbaren Kandidaten. R32 und Gemische mit R32 als Komponente sind zur Zeit die interessantesten Optionen.
Regeln und Normen beachten
Der erste Schritt vor der Einführung eines neuen Kältemittels ist immer die Einstufung in die Brennbarkeits- und Toxizitäts- (Giftigkeits-)klassen. Dies geschieht im Allgemeinen durch das international anerkannte Klassifizierungssystem des US-amerikanischen Ingenieurverbands ASHRAE (Abb.1).
Dieses Verfahren ist für Fahrzeugklimaanlagen praktisch abgeschlossen, für stationäre Anwendungen ist die Situation allerdings komplexer. Um die Einsetzbarkeit eines Kältemittels in verschiedenen Anwendungen zu beurteilen, müssen zahlreiche nationale und internationale Regeln und Normen betrachtet werden. Diese Regeln betreffen generell die sichere Verwendung eines Kältemittels in verschiedenen Anwendungen und umfassen Aspekte wie Anlagenkonstruktion, Aufstellort und Installationsanforderungen. Diese Regeln basieren ganz wesentlich auf der Sicherheitsklasse oder den zur Sicherheitsklassifizierung verwendeten Daten wie zum Beispiel den Zündgrenzen.
Obwohl hochentzündliche Kohlenwasserstoffkältemittel und das weniger entzündliche Ammoniak seit Jahren in kleinen Haushaltsgeräten oder in industriellen Anwendungen eingesetzt werden, haben die Anwender doch im Allgemeinen auf nicht-brennbare Kältemittel vertraut und damit ein hohes Maß an Sicherheit bei zahlreichen Anwendungen und Betriebsbedingungen gewährleistet. In vielen Ländern ist die Verwendung brennbarer Kältemittel in zahlreichen Anwendungen verboten.
Brennbarkeitsklasse 2L
Mit der Einführung der Brennbarkeitsklasse 2L im Jahr 2010 wurde erstmals erkannt, dass eine Gruppe von Kältemitteln, obwohl brennbar, ein im Vergleich mit den hochentzündlichen Kohlenwasserstoffen günstigeres Risikoprofil bieten könnte. Die gegenwärtigen Normen bieten zur Zeit sichere Grenzwerte für die Anwendung brennbarer Kältemittel, die 2L-Klassifikation ist allerdings in den meisten Normen noch nicht berücksichtigt. Dementsprechend müssen 2L-Kältemittel in jetzigen Anlagen und Umgebungen wie Kältemittel der Klasse 2 behandelt werden. Gemäß der jetzigen Norm EN 378 beträgt die maximale Füllmenge für ein wandhängendes Split-Innengerät in einem 9 m² großen und 3 m hohen Raum etwa 0,23 kg und für R32 etwa 3,08 kg. Dies kann für 2L-Kältemittel in einigen Anwendungen noch gut umsetzbar sein, jedoch setzen andere Regeln, viele davon auf nationaler Ebene, deutlich engere Grenzen. In Italien und in Frankreich zum Beispiel ist die Verwendung brennbarer Kältemittel in Raumklimageräten gegenwärtig noch verboten.
Die EN 378 wird zur Zeit überarbeitet, um neue Grenzwerte für die 2L-Klassifikation aufzunehmen. Die Veröffentlichung wird für Ende des Jahres erwartet.
Wenn wir die neuen Kältemittel mit niedrigem GWP bestmöglich nutzen wollen, müssen wir die Anwendungsbereiche kennen, die zur Einbindung der neuen Klassifizierung notwendigen Änderungen von Regeln und Normen festlegen, und dies alles unter absoluter Gewährleistung der Sicherheit von Betreibern und Installateuren. Abb. 2 zeigt einen Überblick über einige Normen und Regeln, die sich entweder bereits in der Überarbeitung befinden oder die zur Berücksichtigung von 2L-Kältemitteln noch überarbeitet werden müssten.
Alle Änderungen von Normen und Bauvorschriften müssen dabei mit großer Vorsicht im Hinblick auf Sicherheit erfolgen. Außerdem werden viele dieser Normen und Vorschriften nur im mehrjährigen Abstand überarbeitet und nehmen oft Bezug aufeinander. Als Konsequenz daraus wird es noch einige Jahre dauern, bis das Potential von 2L-Kältemitteln als Lösungen mit niedrigem GWP in vielen Anwendungen deutlich wird.