Verdichtertechnik in Stuttgarter Bussen
Lebenszyklus-Kosten-Betrachtungen rechnen sich
Ressourcenknappheit und steigende Energiekosten sind Dauerthemen in dieser Zeit. So stehen bei Kaufentscheidungen längst nicht mehr die reinen Investitionskosten im Vordergrund, sondern auch die so genannten Folgekosten wie Energieverbrauch, Wartung und Entsorgung. Der Life Cycle Cost (zu deutsch: Lebenszykluskosten) ist ein betriebswirtschaftliches Konzept, das all diese Aspekte berücksichtigt und daher zunehmend eingesetzt wird. Auch bei der Klimatechnik in den Bussen der Stadt Stuttgart wurden Lebenszykluskosten-Betrachtungen angestellt.
Die Internet-Enzyklopädie Wikipedia definiert Life Cycle Cost aus Produzentensicht folgendermaßen: „Life Cycle Costing ist eine Kostenmanagement-Methode, die die Entwicklung eines Produktes von der Produktidee bis hin zur Rücknahme vom Markt betrachtet, also von der „Wiege bis ins Grab ...“ Aus Kunden- bzw. Betreibersicht gilt: „Den Kunden interessieren nicht die Entwicklungs- und Produktionskosten, sondern nur die eigenen Kosten von der Anschaffung bis hin zur Entsorgung ....“ Daher fallen bei der Life Cycle Cost (LCC)-Betrachtung eines Kunden nicht nur die Investitionskosten ins Gewicht, sondern auch die Nutzungskosten: eine ganzheitliche Betrachtungsweise also, die langfristig ausgelegt ist, alle finanziellen Aspekte einbezieht und damit eine realistische Grundlage für eine ökonomisch sinnvolle Entscheidung bietet.
Das gilt im Übrigen auch für die ökologische Seite. Denn der LCC ist eng verknüpft mit dem hochaktuellen Anspruch an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Mit anderen Worten: Ein hocheffizientes Gerät erzielt hohe Leistung bei geringem Energieverbrauch, was sich nicht nur positiv auf Betriebskosten und LCC, sondern auch auf die CO2-Emissionen des Geräts auswirkt. Ein wichtiger Punkt, denn vor kurzem haben sich die EU-Staaten darauf geeinigt, bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß um 20 bzw. sogar um 30 % zu mindern.
Klimatechnik und Bus-Motor | Die Kälte- und Klimatechnik ist ein Industriezweig unter vielen, in dem die Betrachtung der Lebenszykluskosten eines Produkts sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht Sinn macht. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die SSB (Stuttgarter Straßenbahnen AG), für die der LCC beim Kauf der Klimaanlagentechnik für die Stuttgarter Busse eine wichtige Rolle spielt: „Von unseren insgesamt 259 Bussen sind rund 170 mit Klimaanlage ausgestattet. Für unsere Kunden ist dies eine ganz entscheidende Serviceleistung. Deshalb hat für uns die Zuverlässigkeit der Anlagen Priorität. Wir wollen unseren Kunden keine Ausfallzeiten zumuten und auch nicht die hohen Folgekosten für Pannen im Bereich der Klimatechnik tragen. Aus diesem Grund ist für uns der gesamte Lebenszyklus einer Klimaanlage, ganz besonders im Hinblick auf Wartung und Reparaturen, sehr wichtig und hat als Entscheidungskriterium vor den reinen Investitionskosten Priorität. Denn was nutzt es uns, wenn die Anlage vielleicht ein paar Hundert Euro weniger in der Anschaffung kostet, dafür aber ständig ausfällt“, erklärt Dipl.-Ing. Markus Wiedemann, Leiter des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugwerkstätten bei der SSB.
Um diese Aussage erst wirklich zu verstehen, muss man wissen, dass die Klimaanlage in einem Bus eng mit dem Motor verbunden ist. Das gilt insbesondere für Verdichter und Keilriemen. Mit anderen Worten: Fällt der Verdichter, das Kernstück einer jeden Kälte- und Klimaanlage aus, kann dies im schlimmsten Fall zu kostspieligen Schäden an der Magnetkupplung bis hin zum Ausfall des Motors führen. In jedem Fall aber zieht Wiedemann Busse, deren Klimaanlage nicht mehr funktioniert, so schnell wie möglich aus dem Verkehr. Das erklärt den hohen Folgeaufwand. Denn selbst, wenn der Bus noch läuft, muss er bei defekter Klimaanlage ausgetauscht werden.
Damit einher geht die gesamte Logistik, das Fahrpersonal usw. Herr Wiedemann hat dabei jedoch nicht nur den finanziellen Aspekt im Auge. Er denkt auch an die Umwelt: „Unsere Busse haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 12 bis 13 Jahren. Mein Ziel ist es, die Klimaanlage über diese Zeit ohne Ausfälle betreiben zu können und damit den Entsorgungsaufwand so weit wie möglich zu reduzieren. Von dem „Ex-und-Hopp-Verfahren“, wie es in unserer Konsumgütergesellschaft leider allzu häufig üblich ist, halte ich nichts.“
Verdichter als Schlüsselkomponente | Um den hohen Anspruch an Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Busklimaanlagen zu erfüllen, werden entsprechende Komponenten benötigt. Eine Schlüsselrolle spielt der Verdichter, das Herzstück einer jeden kälte- und klima-technischen Anlage. Dabei sollte hervorgehoben werden, dass gerade im mobilen Bereich die Herausforderung an diese Komponente noch größer als im Normalfall ist, denn aufgrund der beengten Platzverhältnisse und ständigen Vibrationen muss der Verdichter hier noch kompakter und robuster als in anderen Anwendungen sein. Markus Wiedemann hat dies erkannt und legt daher besonderen Wert auf das in der Klimaanlage verwendete Verdichtermodell: „Vor rund fünf Jahren, als die Entscheidung für ein Verdichtermodell fiel, haben wir uns ganz bewusst für Bock (www.bock.de) entschieden. Heute spezifizieren wir den „FK“-Verdichter von Bock in jeder Ausschreibung für neue Busse – und davon kaufen wir jedes Jahr mindestens 20.“
Technische Raffinessen | Auch hier spielen die Life Cycle Costs eine entscheidende Rolle, wobei Bock besonders gut im Hinblick auf Zuverlässigkeit, lange Lebensdauer und Wartungsfreundlichkeit abschneidet.
So zeichnet sich die Bock-Technologie durch einige technische Highlights aus. Dazu zählt z.B. ein großes, seitlich angebrachtes Schauglas zur problemlosen Überwachung des Ölstands. Des weiteren bietet der Bock-Verdichter ein integriertes Öl-Auffangsystem mit großem Speichervolumen, welches über einen frei zugänglichen Serviceschlauch – ohne eine Demontage der Elektromagnetkupplung – entleert werden kann.
Weitere wichtige Pluspunkte sind die betriebssichere Ventilplatten-Konstruktion mit lose geführten Ringlamellen für höhere Toleranz bei Flüssigkeitseinwirkung im Verdichter sowie die einfach aufgebaute und leicht zu wartende Gleitringdichtung. Gerade die Bock-Ventilplatte „Typ K“ schützt den Verdichter im Fall eines Ventilschadens durch einen integrierten Splitterschutz vor Folgeschäden, bzw. Totalschäden, was zur Folge hat, dass der Bock-Verdichter wieder instand gesetzt werden kann. Aber auch die enge Kooperation des schwäbischen Unternehmens mit der SSB spielt eine wichtige Rolle. Markus Wiedemann: „Wir schätzen besonders die kurzen Entscheidungswege und den einfachen Kontakt zu Bock.“ Aus diesem Grund hat sich die SSB auch zu einem ganz neuen Konzept der „präventiven Instandhaltung für Klimakompressoren“ entschlossen, mit dem Ziel, die Life Cycle Costs der Busse und Klimaanlagen weiter zu senken. „Wie schon erwähnt, wollen wir Ausfallzeiten und umfangreiche Reparaturen vermeiden. Daher haben wir uns entschlossen, den Verdichter „präventiv“ nach ca. sechs Jahren Laufzeit aufarbeiten zu lassen.
Zukunftsmusik | Schätzungen zufolge entfallen in Deutschland rund 14 % der Elektroendenergie auf den Betrieb von Kälte- und Klimaanlagen: ein interessantes Potential zur Einsparung von Energie und Kosten. LCC-Betrachtungen können hier eine wertvolle Entscheidungshilfe leisten, denn häufig fehlt es den Betreibern an Zeit und Personal, um sich in dieses komplexe Thema einzuarbeiten.
Die Diskussion um Kältemittel ist dafür das beste Beispiel. So sind schon seit längerem die HFKW wegen ihres Treibhauspotentials in die Schlagzeilen geraten. Bei der Diskussion um Ersatzstoffe ist Kohlendioxid der Spitzenreiter. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass sich dieses Produkt nicht für alle Anwendungen eignet und teilweise zu einem höheren Energieverbrauch der Anlagen führt. Die Einbeziehung aller Faktoren bei der Entscheidung für oder gegen ein Kältemittel, wie es bei dem LCC-Konzept der Fall ist, rückt dies ins rechte Licht.