Wasserrückkühlung
Verfahren und Bedeutung für den UmweltschutzDie Wasserrückkühlung schützt die öffentlichen Gewässer vor Erwärmung und Verschmutzung. Verschiedene Rückkühlverfahren ermöglichen technisch-wirtschaftlich optimale Lösungen und sichern den Umweltschutz. Der Beitrag gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Methoden der Rückkühlung.
1. Frischwasser- und Kreislaufkühlung
Industriestandorte werden vorzugsweise in Gemeinden mit ausreichenden Wasservorkommen vorgesehen. Ursprünglich wurden die Abwärme und die Schmutzstoffe der Industrieproduktion in die öffentlichen Gewässer eingeleitet und abgeführt. Bei dem als Durchlaufkühlung bezeichneten Verfahren wird das Kühlwasser dem Gewässer entnommen, gereinigt und nach der Wärmeaufnahme zurückgeführt. Dadurch können sich Wasserzustand und Strömungsbedingungen erheblich verändern.
Die Industrieansiedlung führte meist zu einer Zunahme der Bevölkerungsdichte, so dass auch die Trinkwasserversorgung ausgebaut werden musste. Trinkwasser wird bis heute vielfach gewerblich missbraucht, z.B. für Kühlzwecke, obwohl hierfür andere technische Lösungen vorliegen.
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und das Abwasserabgabengesetz (AbwAG) nennen die Grenzwerte der Wärme- und Abwasserbelastung öffentlicher Gewässer. Bei Nichteinhaltung der Grenzwerte infolge großer abzuführender Wärmemengen ist die Ablaufkühlung zu wählen, um einen Teil der Abwärme mittels Nasskühlturm an die Umgebungsluft abzuführen.
Moderne Industrie- und Gewerbeanlagen arbeiten heute mit der Kreislaufkühlung durch Wasserrückkühlsysteme. Hierdurch wird die Abwärme direkt an die Atmosphäre abgeführt, der Wasserverbrauch auf den Verdunstungsverlust (allgemein < 5 %) begrenzt und die Gewässer nicht mehr verschmutzt.
Im Falle besonders reichhaltiger Wasservorkommen ist eine saisonale Aufteilung der Wasserrückkühlung in Frischwasser- und Kreislaufkühlung möglich, um auch die Vorteile der Frischwasserkühlung zu nutzen.
2. Wasserrückkühlverfahren
Die Kühlwasserversorgung in Standorten ohne ausreichende Wasservorkommen oder bei vielseitiger Wassernutzung der Gewässer sichern die Verfahren der Wasserrückkühlung. Die Ausführung der Wasserrückkühlsysteme ist von folgenden Einflussgrößen abhängig:
› Abkühlungsbedingungen des Wassers, z.B.Wärmestrom Q , Wassermassenstrom MW, Warm- und Kaltwassertemperatur tW1 bzw. tW2
› Klimaverhältnisse am Aufstellort, d.h. Umgebungsluftzustand, gebildet aus der Lufttemperatur tL und der relativen Luftfeuchte φ bzw. der Feuchtlufttemperatur tF1, sowie dem Abluftzustand tF2 (φ ≈ 100 %);
› gewähltes Rückkühlverfahren: Nass-, Trocken- oder Hybridkühlung.
2.1 Nasskühlung
Das Kühlwasser wird mittels Kühlwasserpumpen vom Kühlturmbecken den Wärmeaustauschern zugeleitet, aufgewärmt und anschließend in den Kühlturm zurückgeführt. Die Rückkühlung erfolgt durch Wärme- und Stoffübertragung (Konvektion und Verdunstung) an die Kühlluft, die im Gegen- oder Kreuzstrom durch den Kühlturm geleitet wird, ehe sie in die Umgebungsluft strömt. Hierbei entstehen geringe Wasserverluste (Verdunstungsverlust), die durch Zusatzwasser kompensiert wird.
Die Nasskühlung ist ein direkter Wärme- und Stoffübertragungsprozess zwischen Wasser und Luft, wobei ca. 1/3 des Wärmestroms durch Verdunstung an die Umgebungsluft übertragen wird. Die erforderliche Kühlluft wird durch Ventilatoren durch den Kühlturm gefördert (Ventilatorkühlturm) oder strömt als natürlicher Auftrieb infolge des Dichteunterschieds von kalter und warmer Luft durch den Turm (Naturzugkühlturm).
Die theoretische Kühlgrenztemperatur tW2,min. wird durch die Feuchtlufttemperatur tF1 vorgegeben.
Diese korrespondiert mit dem Umgebungsluftzustand (tL; φ) über die spezifische Luftenthalpie hL.
Die Auslegungs-Feuchtlufttemperatur der Nasskühltürme soll den lokalen Klimaverhältnissen und den Produktionsbedingungen entsprechen, z.B.
› Klima- und Kälteanlagen: Sommerextremwerte, tF1 ≥ 21 °C;
› Industrieanlagen: Mittelwert des wärmsten Monats, tF1 = 18…21 °C;
› Kraftwerke: Jahresmittelwert, tF1 = 8…12 °C;
› Heizungssysteme: wärmster Monat der Heizperiode, tF1 < 5 °C.
Die wichtigsten Auslegungsparameter der Nasskühltürme sind:
› Wassermassenstrom MW (t/h bzw. kg/s)
› Warmwassertemperatur tW1 (°C)
› Kaltwassertemperatur tW2 (°C)
› Feuchtlufttemperatur tF1 (°C)
Hieraus lassen sich technisch-wirtschaftliche Kenngrößen ableiten:
› Kühlzonenbreite z = tW1 - tW2 (K)
› Kühlgrenzabstand a = tW2 - tF1 (K)
› thermischer Wirkungsgrad ηth = z / (z + a) (-)
› Wärmestrom (Kühlleistung)
Q = MW · cW · z (kW bzw. MW) (cW = spez. Wärmekapazität des Wassers = 4,187 kJ/kgK)
Wärmestrom, Wassermassenstrom und Kühlzonenbreite sind allgemeine Vorgabewerte, während für die mögliche Kühlgrenztemperatur folgende Richtwerte gelten:
› technische Kühlgrenze
tW2,min.(t) ≥ tF1 + 2 K (K)
› wirtschaftliche Kühlgrenze
tW2,min.(w) ≥ tF1 + 4 K (K)
Die Auswahl der Kühlturmbauart – Ventilator- oder Naturzugkühlturm – ist weitestgehend von der Größe des Wassermassenstroms abhängig. Kraftwerke entscheiden sich vorwiegend für Naturzugkühltürme wegen des geringeren Wartungsaufwandes, trotz der weitaus höheren Anlagenkosten. Wasserrückkühlsysteme mit einem Basisdurchmesser D = 130 m und einer Turmhöhe H = 150 m sind heute keine Seltenheit in Grundlastkraftwerken. Industrie und Spitzenlastkraftwerke bevorzugen Ventilatorkühltürme aufgrund veränderlicher Betriebsbedingungen.
Die effektive Höhe von Naturzugkühltürmen sichert den Luftdurchsatz und entspricht dem Verhältnis des luftseitigen Druckverlustes ∆pL und der Differenz der Eintritts- und Austrittsluftdichten ∆pL
Heff. = ∆pL / (∆pL · g) (m) (g = Erdbeschleunigung = 9,81 m/s²)
Moderne Ventilatorkühltürme werden vorwiegend in Zellenbauweise, in Reihen- oder Blockanordnung, errichtet (vgl. Bild 7. Als Strömungsführung stehen Gegenstrom und Kreuzstrom (hauptsächlich in Großbritannien und USA) zur Auswahl. Die Nasskühlung ist mit Wasserverlusten infolge Verdunstung, Tropfenauswurf und Abflutung verbunden.
› Verdunstungsverlust: MWO = ———————— (t/h; kg/s)
› Tropfenauswurf: MWS = (10-4...10-3) · MW (t/h; kg/s)
› Abflutung: MWA = ——— · MW0 (t/h; kg/s)
Diese Wasserverluste sind durch Zusatzwasser zu kompensieren, somit gilt:
› Zusatzwasserbedarf: MWZ = MW0 + (MWA - MWS) + MWK (t/h; kg/s)
MWK = sonstige Kreislaufverluste (t/h; kg/s)
ΔhL = Differenz der Luftenthalpie zwischen Lufteintritt und -austritt (kJ/kg)
ΔxL = Differenz des Wassergehalts der Luft zw. Lufteintritt und -austritt (g/kg)
S(zul.) = (zulässiger) Salzgehalt (bzw. Karbonathärte) des Zusatzwassers
2.2 Trockenkühlung
In Standorten ohne ausreichende Wasservorkommen sind Kühlwasserkreisläufe nach den Verfahren der Trockenkühlung eine sinnvolle Lösung. Die Trockenkühlung verursacht keine Wasserverluste und verändert nicht die Wasserqualität, vorausgesetzt, dass im Kühlwasserkreislauf keine Leckagen auftreten. Die Rückkühlsysteme bestehen meist aus Wärmeaustauschern mit runden oder ovalen Rippenrohren mit direkter oder indirekter Ventilatorbelüftung. Naturzugkühltürme für die Trockenkühlung sind dagegen eher selten.
Die Wärmeübertragung an die Umgebungsluft erfolgt ausschließlich durch Konvektion. Somit entspricht bei dieser Rückkühlart die theoretische Kühlgrenztemperatur tW2,min. der Umgebungslufttemperatur tL, d.h. die technisch-wirtschaftliche Kühlgrenztemperatur ist mit tW2,min. ≥ tL + 5 K anzunehmen.
2.3 Hybridkühlung
Ziel der Hybridkühlung ist eine Verbesserung der Betriebsbedingungen durch eine sinnvolle Kombination der Nass- und Trockenkühlung. Diese beiden Kühlverfahren zeigen folgende Vor- und Nachteile bei ihrer Verwendung in Kühlwasserkreisläufen:
› Nasskühlung
Vorteile: niedrigere Kaltwassertemperaturen, geringe Kapital- und Betriebskosten;
Nachteile: Zusatzwasser zum Ausgleich der Wasserverluste, Verschmutzung (Wasserqualitätsverlust bei offenem Kreislauf), Umweltbelästigung durch Tropfenauswurf und Abluftschwaden;
› Trockenkühlung
Vorteile: keine Wasserverluste, keine Veränderung der Wasserqualität;
Nachteile: höhere Kühlwassertemperaturen, Grenzwertüberschreitung im Hochsommer (Produktionsausfall), höhere Kapital- und Betriebskosten.
Ursprünglich dienten Hybridkühltürme zur Einsparung von Zusatzwasser in Fällen erforderlicher niedriger Kaltwassertemperaturen, die durch Trockenkühltürme nicht eingehalten wurden.
Eine luftseitige Parallelschaltung und eine wasserseitige Reihenschaltung ist vorteilhaft zur Vermeidung sichtbarer Abluftschwaden (Dampffahne), die zu Niederschlägen und Nebelbildung in der Nachbarschaft führen. Die Ausführung der Hybridkühltürme kann als Ventilator- oder Naturzugkühlsysteme erfolgen; in Sonderfällen auch in Mischbauweise.
Leistungsträger zur Abführung der Abwärme ist der Nassteil, der immer mit voller Leistung betrieben wird. Der Trockenteil wird zur Nachtrocknung der Abluft zugeschaltet. Er wird wasserseitig so stark beaufschlagt, dass die Schwadenfreiheit gewährleistet wird.
3. Umweltbelästigungen
Die Wasserrückkühlung bedeutet eine wichtige Entlastung der öffentlichen Gewässer. Von den beschriebenen Verfahren ist die Nasskühlung die effektivste Form der Kreislaufkühlung. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wird Kühlwasser nach seiner Aufwärmung als Abwasser bewertet und muss vor der Ein- bzw. Rückleitung in öffentliche Gewässer einer Klärung (Abwasserbehandlung) zugeführt werden.
Der offene Kühlwasserkreislauf der Nasskühlung verursacht verschiedene Umweltbelästigungen.
3.1 Wasserauswurf und Nebelbildung
In den Ventilator- und Naturzugnasskühltürmen trifft die Luftströmung im Gegen- oder Kreuzstrom auf fein verteilte Wassertropfen unterhalb der Wasserverteilung. Dabei werden vagabundierende Tröpfchen im Luftstrom mitgerissen und in die Umwelt ausgetragen. Je nach Windrichtung und -stärke erfolgen Niederschläge in der näheren und weiteren Umgebung, die zu einer ständigen Benetzung der Flächen und Verkehrswege führen. Im Winter besteht hierdurch ständige Glatteisgefahr. Infolge des Salzgehalts im Kühlwasser können die Sprühtropfen erhebliche Vegetationsschäden verursachen. Hierbei handelt es sich um Störungen der Lebensfunktionen von Pflanzen. Die Beurteilung der Schadwirkung erfolgt nach folgenden Kriterien:
› Störungen des Enzymsystems,
› Veränderungen der physikalischen Struktur und chemischen Zusammensetzung der Zellen,
› Wachstumshemmungen und Ertragsminderungen durch veränderten Stoffwechsel,
› akute unmittelbare Gewebezerstörungen.
Ein- oder mehrlagige Tropfenabscheider können den Tropfenauswurf vermindern. Die Vorschriften begrenzen den Tropfenauswurf auf MWS = (10-4…10-3) MW.
Die Abluft der Nasskühltürme ist völlig gesättigt mit Wasserdampf (φ = 100 %) und tritt als Dampffahne aus, die zur Nebelbildung in der Umgebung beiträgt. Diese Sichtbehinderung führt zu einer Verkehrsgefährdung. Der Eintritt der gesättigten Warmluft aus dem Nasskühlturm in die kältere atmosphärische Luft kann eine Re- bzw. Nachkondensation auslösen, die den Tropfenauswurf erhöht, aber kaum beeinflussbar ist.
3.2 Lärmbelästigung
Die Schallabstrahlung der Nasskühltürme infolge von Aufprallgeräuschen auf der Wasseroberfläche und der Strömungsvorgänge, der Trockenkühlarme nur durch Strömungsgeräusche, sowie der Maschinengeräusche (Ventilatoren, Getriebe, Antriebsmotoren) von Ventilatorkühltürmen sind Störfaktoren im Sinne der TA Lärm für die Anwohner.
Ihre Beurteilung ist im Planungszeitraum mit Hilfe der VDI-Richtlinie 3734 möglich. Der A-bewertete Schallleistungspegel LW(A) ist in Abhängigkeit vom Wasserdurchsatz für
› Naturzugkühltürme: LW(A) = 71 + 10 lg MW
› Ventilatorkühltürme: LW(A) = 80 + 10 lg MW
je Kühlturmeinheit ohne Aufprallabschwächer und Schalldämpfer anzunehmen.
Der Schallleistungspegel LW wird nach DIN 45 635 im Nahbereich der Kühlturmanlage als Schalldruckpegel LP gemessen. Der Zusammenhang dieser Messgrößen besteht durch:
LW(A) = LP(A) + 10 lg (S / S0)(dB(A))
mit:
S = Hüllfläche des Kühlturms (m²);
S0 = 1 m²
Schallleistungspegel sind entfernungsunabhängig, Schalldruckpegel dagegen entfernungsabhängig.
e(m) = 1 2 4 8 16 32 64 …
∆LP(dB) = 0 2 4 6 12 18 24 …
Bei der Anordnung mehrerer Kühlturmeinheiten erhöht sich der Schallleistungspegel um ΔLW(A) = 10 log nE.
Die Messtoleranz wird mit L(A) = ±2 dB(A) angenommen.
Die TA Lärm nennt für unterschiedliche Austellungsbedingungen die zulässigen Schallpegel zum Schutze der Anwohner. Gegenmaßnahmen sind die Einflussnahme auf die Betriebsbedingungen von Ventilatorkühltürmen, z.B. Verringerung der Ventilatorumfangsgeschwindigkeit uV, oder die Anordnung von Aufprallabschwächern auf der Wasseroberfläche bei Nasskühltürmen, sowie saug- und druckseitigen Schalldämpfern bei allen Ventilatorkühlturm-Bauarten.
4. Hybridkühlung als Problemlösung
Die beschriebenen Umweltgefahren lassen sich durch Hybridkühlung in Form einer Trocken-/Nass-Kühlung weitestgehend vermeiden. Im Trockenteil wird ein bestimmter Anteil des erwärmten Kreislaufwassers in Rippenrohr- oder Lamellenwärmeaustauschern, die in der oberen Lufteintrittsöffnung der Kühlturmaußenwand angeordnet sind, vorgekühlt. Dadurch erwärmt sich der Umgebungsluftstrom und verringert seine relative Luftfeuchte. Dieser Teilwasserstrom strömt in den warmen Restwasserstrom, so dass der Gesamtwasserstrom mit geringerer Wassertemperatur in die Wasserverteilung des Nassteils fließt. Der Kühlprozess des Nassteils entspricht der üblichen Nasskühlung, wobei die Kühlluft durch den unteren Lufteintritt angesaugt wird. Die Mischung der beiden Luftteilströme führt zu einer Nachtrocknung des Gesamtluftstroms, ehe die Abluft den Hybridkühlturm verlässt. Der erforderliche Nassteil bestimmt die Kühlturmabmessungen, während die lokalen Klimabedingungen die Auslegung des Trockenteils und das Mischungsverhältnis beeinflussen (vgl. Bild 13). Bild 14 zeigt einen Größenvergleich der Kühlverfahren am Beispiel eines deutschen Kernkraftwerkblocks.
Literaturübersicht
2 H.D. Baehr: „Thermodynamik“
Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York,1981
3 H. Schnell: „Schwadenfreier Betrieb von Kühltürmen“
Z. TAB, 1984
4 W.-D. Schnell: „Schallschutz bei Kühltürmen in der Gebäudetechnik“
Z. TAB, 1998
5 W.-D. Schnell: „Auswahl optimaler Rückkühlsysteme“
Z. KKA, 2000
6 W.-D. Schnell: „Sanierung von Kühltürmen“
Z. TAB, 2001
7 W.-D. Schnell: „Leistungsverhalten von Kühltürmen“
Z. TAB, 2002; T.TAB