Wie HFO-Wärmepumpen die REPowerEU-Ziele unterstützen

Effizienz, Betriebskosten und Sicherheit

Inmitten der weltweiten Belastungen auf dem Energiemarkt hat die Europäische Kommission ihren REPowerEU-Plan veröffentlicht, der darauf abzielt, die Abhängigkeit Europas von russischem Öl und Gas bis 2027 um zwei Drittel und bis 2030 vollständig zu reduzieren. Eine der Forderungen des Plans ist die Verdoppelung der jährlichen Installationen von Wärmepumpen mit dem Ziel, bis 2027 zunächst 10 Millionen Anlagen zu installieren. Ein wichtiger und oft übersehener Aspekt der Energieeffizienz von Wärmepumpen ist jedoch das Kältemittel, mit dem sie betrieben werden – und genau an diesem Punkt gibt es unterschiedliche Ansätze. „Im Vergleich zu alternativen Kältemitteln sind HFOs wesentlich energieeffizienter, bieten niedrigere Gesamtbetriebskosten und sind sicherer“, so die Argumentation von Honeywell. Für das Unternehmen sind Wärmepumpen, die mit HFO-Kältemitteln mit niedrigem Treibhaus-
potenzial arbeiten eine beliebte und wichtige Wahl für Wärmeanwendungen in Europa. Die KKA sprach dazu mit Julien Soulet, Vice President and General Manager, Fluorine Products, EMEA, bei Honeywell Advanced Materials.

KKA: Können Sie kurz ein paar Worte zum REPowerEU-Plan sagen und welche Ziele man sich dabei gesetzt hat?

Soulet: Im Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Union (EU) den REPowerEU-Plan mit dem Ziel, durch gezielte Maßnahmen, u.a. durch den beschleunigten Einsatz erneuerbarer Energien, bis 2030 völlig unabhängig von russischen fossilen Brennstoffen zu werden. Dieser Plan stützt sich auf drei Hauptpfeiler: Diversifizierung der Energieversorgung, Förderung erneuerbarer Energien und Verbesserung der Energieeinsparungen. Konkret will die EU das Ziel für erneuerbare Energien von 40 % auf 45 % erhöhen, indem sie die Genehmigungsverfahren verkürzt, die Solarenergiekapazität bis 2025 verdoppelt, grünen Wasserstoff fördert und darauf drängt, dass bis 2027 10 Millionen hydronische Wärmepumpen installiert werden.


KKA:
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Kälte-, Klima-, und Wärmepumpen-Branche?

Soulet: Das im REPowerEU-Plan genannte Ziel für Wärmepumpen umfasst nicht nur kleine Wärmepumpen für Privathaushalte, sondern alle Größen und alle Anwendungen, einschließlich Luft-Wasser-, Luft-Luft- und Wasser-Wasser-Wärmepumpen, Erdwärmepumpen, Büro- und Wohnungsanlagen, Fernwärme und industrielle Niedertemperaturheizungen. Da allein das Heizen und Kühlen von Gebäuden für rund 36 % aller Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich ist (laut EPEE), spielen energieeffiziente Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial (GWP) wie Hydrofluorolefine (HFO) zusammen mit Wärmepumpen eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieser ehrgeizigen Ziele. Der Beitrag von Wärmepumpen wurde auch dadurch anerkannt, dass sie als strategische Netto-Null-Technologie im kürzlich verabschiedeten Net Zero Industry Act genannt wurden, mit dem der Übergang zu sauberer Energie in der EU beschleunigt werden soll.

Kältemittel spielen auch in vielen anderen Sektoren in der EU eine wichtige Rolle – von der Lebensmittellagerung über den Transport und die Kühlung im Einzelhandel bis hin zu den Tätigkeiten tausender kleiner und mittlerer Unternehmen. Wir müssen daher Kältemitteltechnologien fördern, die die Fähigkeit zu weiteren Innovationen haben, energieeffizient und sicher sind und einen geringen Treibhausgasausstoß haben. Wärmepumpen, die HFO-Kältemittel mit geringem Treibhausgasausstoß verwenden, wie Honeywell Solstice ze (R-1234ze), Solstice N15 (R-515B), Solstice L40X (R-455A) und ähnliche HFO-Gemische, werden daher zunehmend zu einer beliebten und wichtigen Wahl für den Einsatz von Wärmepumpen in der EU werden, um dieses Ziel zu erreichen.


KKA:
Bei Wärmepumpen wird aktuell die Frage der Kältemittelauswahl heiß diskutiert. Welche Optionen sind aus Ihrer Sicht zielführend?

Soulet: Im Vergleich zur Verwendung von Propan, Ammoniak oder Kohlendioxid als Kältemittel in einer Wärmepumpe haben HFOs eine höhere Energieeffizienz, niedrigere Gesamtbetriebskosten und sind sicher in der Anwendung, selbst in dicht besiedelten Gebieten oder Gebäuden und für jene, die Fernwärmenetze betreiben und warten.

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Wärmepumpen für die Fernwärmeversorgung ist das Fernwärmeversorgungsunternehmen Ringsted auf der Insel Seeland in Dänemark, wo der Turbocor Wasser/Wasser-Wärmepumpenverdichter von Danfoss mit dem Kältemittel Solstice ze von Honeywell mehr als 7.000 Gebäude versorgt und so zur Senkung des Energieverbrauchs, der Kosten und der Kohlenstoffemissionen beiträgt. Den Berichten und Berechnungen von Danfoss zufolge übertrafen die Ergebnisse des Projekts die Erwartungen, da Energieverbrauch, Kosten und Kohlendioxidemissionen reduziert wurden. Kapazität und Effizienz stiegen um 30 % bzw. 20 %, und die DHU übertraf ihr Ziel, indem sie 97 % kohlenstofffreie Wärme erzeugte.


KKA:
Welche Fragen/Probleme sehen Sie bei der Verwendung natürlicher Kältemittel in Wärmepumpen und welche Argumente sprechen für HFO-Kältemittel?

Soulet: HFO-Kältemittel sind nicht nur für das Erreichen der EU-Klimaziele von wesentlicher Bedeutung, sondern auch für die Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe und für die Reduzierung der Nachfrage nach Strom. Einige der nicht fluorierten Industriekältemittel bergen dagegen potenzielle Risiken im Zusammenhang mit hoher Toxizität, Beitrag zur photochemischen Smogbildung, hoher Entflammbarkeit und/oder hohem Betriebsdruck. Es ist wichtig, das Gesamtbild über den niedrigen Treibhausgasausstoß hinaus zu betrachten und auch die Sicherheit und Energieeffizienz einzubeziehen, zumal die Energieeffizienz für unsere Zukunft von entscheidender Bedeutung sein wird, wenn wir über Energieunabhängigkeit und -sicherheit nachdenken.


KKA:
Wie ist Ihre Einschätzung bezüglich der langfristen Verwendbarkeit von HFO-Kältemitteln bzw. der politischen Entwicklung in dieser Frage?

Soulet: Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen muss weiterhin Priorität haben, aber fossile Brennstoffe werden auf absehbare Zeit weiterhin den Großteil des Energiebedarfs decken. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Wege zu finden, um Häuser und Gebäude in Deutschland mit konventionellen Energieträgern effizienter zu beheizen.

Vor diesem Hintergrund unterstützt die Bundesregierung die Installation von Wärmepumpen mit einem Fördersatz. Die inhärente Energieeffizienz von Wärmepumpen kann um ein Vielfaches gesteigert werden, wenn sie mit HFO-Kältemitteln mit niedrigem Treibhauspotenzial betrieben werden. Das Solstice ze-Kältemittel von Honeywell hat beispielsweise einen GWP-Wert von weniger als 1 im Vergleich zu alternativen Niederdruck-Kältemitteln mit GWP-Werten von 850 bis 1.300. Die Verwendung des energieeffizienten Solstice ze führt zu einer geringeren Umweltbelastung, einem geringeren Energieverbrauch und einer geringeren Abhängigkeit von Elektrizität, was wiederum die für den Betrieb von Kraftwerken erforderliche Menge an fossilen Brennstoffen verringert.

Im Rahmen der laufenden Überprüfung der F-Gas-Verordnung der EU, die die Verwendung fluorierter Gase (F-Gase) in einer Vielzahl von Anwendungen, einschließlich Kühlung, Heizung und Kühlung sowie Wärmepumpenanlagen, regelt, hat das Europäische Parlament einen anderen Standpunkt als die anderen Institutionen eingenommen. Ihr Ansatz würde die Verwendung aller F-Gase in den meisten von der Verordnung erfassten Anwendungen innerhalb eines unhaltbaren Zeitrahmens auslaufen lassen oder verbieten und die Nutzer zu Stoffen drängen, die möglicherweise nicht in großem Umfang verfügbar, nicht für ihre Bedürfnisse geeignet oder sogar nicht sicher in der Verwendung sind. (Anmerkung: Der Vorschlag befand sich zum Zeitpunkt des Interviews in der letzten Phase der Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen.)

Ein solch extremer Ansatz hätte unbeabsichtigte und negative Folgen für die europäischen Unternehmen und die Industrie – insbesondere hinsichtlich des Drucks auf die Lebenshaltungskosten und die Energiesicherheit. Außerdem besteht die Gefahr, dass er im Widerspruch zu den umfassenderen europäischen Strategien zu REPowerEU, dem Green Deal und der Versorgungssicherheit steht.

So könnte ein Verbot der Verwendung von HFOs in der Kühlung allein im deutschen Supermarktsektor zu zusätzlichen Stromkosten in Höhe von 2 bis 5 Milliarden Euro führen, da die Energieeffizienz der Alternativen geringer ist und die Systeme härter arbeiten müssen, wodurch mehr Energie verbraucht wird. Dies könnte auch die unbeabsichtigte Folge haben, dass bis zu 5,5 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (tCO2e) zusätzlich in die Umwelt gelangen – das entspricht dem Ausstoß von mehr als einer Million benzinbetriebener Autos in einem Jahr.

Ähnliche Bedenken bestehen auch im Hinblick auf die künftige mögliche Beschränkung der Verwendung von Kältemitteln im aktuell diskutierten Vorschlag zur Novellierung des deutschen Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Der Entwurf gibt der Bundesregierung die Befugnis, eine Rechtsverordnung, ähnlich einem delegierten Rechtsakt, über die Verwendung von Kältemitteln in Wärmepumpen zu erlassen. Der Entwurf würde die Verwendung von F-Gasen in Wärmepumpen verbieten und die Verwendung von nicht-fluorierten Industriekältemitteln wie Propan vorschreiben, die möglicherweise nicht für jeden Anwendungsfall geeignet sind. Es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber im Laufe des parlamentarischen Prozesses dafür sorgt, dass das endgültige Gesetz technologieneutral bleibt und seinen ursprünglichen Zweck – die Abkehr von fossilen Heizstoffen – nicht untergräbt.

Energieeffiziente HFOs mit niedrigem Treibhausgasausstoß werden benötigt, da Europa bestrebt ist, alte Heizquellen durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen und die Klimaziele der EU zu erreichen.


KKA:
Es ist immer eine Abwägung verschiedener Faktoren. Wie beurteilen Sie abschließend das Für und Wider der unterschiedlichen Kältemittel-Lösungen in Bezug auf den REPowerEU-Plan?

Soulet: Energieeffiziente HFO-Kältemittel mit niedrigen Treibhausgasemissionen sind eine entscheidende Komponente für den raschen Übergang zu einer kohlenstoffarmen, energieeffizienten und preisstabilen Wärme-/Kälteversorgung, ohne Abstriche bei der Leistung oder Sicherheit zu machen, und helfen der EU, wichtige Klimaziele zu erreichen. Um die rasche Verbreitung von Wärmepumpen nicht zu bremsen und die REPowerEU-Ziele sowie die Dekarbonisierungsziele der EU zu erreichen, werden jedoch alle Kältemitteloptionen benötigt, um die Nachfrage zu decken.


KKA:
Herzlichen Dank für das Gespräch

x

Thematisch passende Artikel:

Wärmeplanung um Kälteplanung ergänzen

UBA?-Präsident Dirk Messner: „Den Kommunen bietet sich hier die einmalige Gelegenheit, Wärme- und Kälteversorgung integriert zu planen und dadurch Synergien zu realisieren und...

mehr
Ausgabe 04/2022 Danfoss

Alle Optionen im Angebot

Danfoss hat in den letzten Jahren außerordentliche Anstrengungen unternommen, um der Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche weiterhin zukunftsfähige Optionen für den Anlagen- und Gerätebau zur...

mehr
Ausgabe 04/2020

Einsatzmöglichkeiten für HFO-basierte Kältemittel

Interview mit Hans-Dieter Küpper, Chemours Deutschland GmbH
Hans-Dieter K?pper, Technical Marketing Spezialist bei Chemours Deutschland

KKA: Chemours hat Kältemittel mit niedrigem GWP entwickelt, die nach eigenen Angaben den Energieverbrauch und die Umwelteinflüsse minimieren. Könnten Sie bitte erklären, welche das sind? Küpper:...

mehr
Ausgabe 04/2019

Leitfaden für die Kältemittelauswahl

Ausblick auf die Kältemittel der Zukunft
Einsatzbereiche bezogen auf Raumtemperatur. Die aufgef?hrten Produkte sind die in der gewerblichen K?ltetechnik am h?ufigsten eingesetzten K?ltemittel ? sie erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollst?ndigkeit.

Vor dem Hintergrund neuer gesetzlicher Bestimmungen besteht die Notwendigkeit, Kältemittel durch neue Stoffe mit geringeren Umweltauswirkungen – auch in bestehenden Anlagen – zu ersetzen. Westfalen...

mehr
Ausgabe 05/2014 Westfalen-Gruppe

Infos zur Kältemittelauswahl

Die Westfalen-Gruppe wird auf der Chillventa 2014 unter dem Motto „Leitfaden für die Kältemittelauswahl“ die Kältemittelversorger über das Service- und Beratungsangebot sowie das breite...

mehr