Grünen Mythen auf der Spur
Sind EC-Lüfter wirklich effizienter als Lösungen
mit Frequenzumrichter und Motor?
Sind EC-Lüfter in einer Welt hoher Energiepreise und Netto-Null-Ziele wirklich die effizienteste Lösung für Rechenzentren, oder sind womöglich Ultra-Low Harmonic Frequenzumrichter und Motoren die bessere Option? Wir erläutern die Vor- und Nachteile.
Rechenzentren beherbergen eine gewaltige Zahl von IT-Geräten, die in der Regel Wärme erzeugen. Um die Einrichtungen funktionsfähig zu halten, ist eine präzise Temperatursteuerung gefordert – doch Klimaanlagen tragen bekanntlich erheblich zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Wie können Rechenzentren also cool bleiben, ohne die Umwelt zu belasten? EC-Lüfter oder Frequenzumrichter und
Motoren?
Aktuell stehen zwei gangbare Optionen zur Verfügung: EC-Lüfter sowie getrennte Frequenzumrichter und Motoren. Sie sind elektronisch kommutierte Lösungen, die Lüfter, Motor und Drehzahlregelung integrieren und kommen typischerweise in großer Zahl zum Einsatz. Die Alternative: Frequenzumrichter werden mit Motoren mit fester Drehzahl kombiniert, die die traditionell in Präzisionskühlungen verwendeten Radialventilatoren antreiben. Die gern genutzten EC-Lüfter werden oft als kostengünstigere und grünere Lösung angepriesen, aber stimmt das wirklich? Sehen wir uns die Sache genauer an.
EC-Lüfter können hocheffizient sein, wenn sie unter Volllast laufen – aus diesem Grund werden sie oft für die Kühlung von Rechenzentren gewählt. Die Effizienz kann jedoch unter Teillast – der meist genutzten Betriebsart in Rechenzentren – erheblich sinken. Das führt dazu, dass potenzielle Effizienzgewinne uneinheitlich ausfallen. Im Gegensatz dazu können separate Frequenzumrichter und Motoren so ausgewählt und konfiguriert werden, dass über verschiedene Laststufen hinweg ein optimaler Wirkungsgrad erreicht wird. Zudem können sie mit branchenführenden Lüfterdesigns kombiniert werden, welche die mit marktüblichen EC-Motoren verbundenen Lüfter an Leistung übertreffen. Das daraus resultierende Motor-Frequenzumrichter-Paket schneidet folglich besser ab als EC-Motoren.
Wenn es um die Spezifikation der Motoren geht, sind Synchronreluktanzmotoren (SynRM) erste Wahl. Sie arbeiten leise und eignen sich somit ideal für lärmempfindliche Umgebungen. SynRM mit der höchsten Wirkungsgradklasse IE5 wandeln elektrische Energie mit herausragender Effizienz in mechanische Leistung um und stellen EC-Motoren im Teillastbetrieb in den Schatten. Da sie bei niedrigeren Temperaturen laufen, zeichnen sie sich zudem durch eine längere Lebensdauer und geringere Wartungskosten aus. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist das magnetfreie Design, das den Einsatz von Seltenen Erden überflüssig und den SynRM zur umweltfreundlichen Alternative macht.
Werden diese Motoren mit passenden Frequenzumrichtern und branchenführenden Lüfterdesigns gebündelt, entsteht eine perfekte Kombination aus Effizienz und Leistung. Kommen zusätzlich Ultra-Low Harmonic Drives (ULHD) ins Spiel, fallen die Vorteile noch größer aus. Diese Frequenzumrichter bringen Vorteile für das Stromnetz mit sich, da sie nur einen geringen Oberschwingungsgehalt erzeugen – das gewährleistet niedrige Netzverluste und senkt die Betriebskosten. Der Ökodesign-Standard erkennt in seiner jüngsten Fassung die Vorzüge der ULH-Technologie für elektrische Netze an: In der ULH-Variante können Frequenzumrichter ihre Komponentenverluste ausgleichen, indem sie größere Einsparungen im Gesamtsystem ermöglichen. Ultra-Low Harmonic Drives schützen auch vor Netzstörungen, indem sie Spannungsabfälle im Netz kompensieren und die Kühlung von kritischen Servern während der Störungen aufrechterhalten.
Kurz erklärt: Oberschwingungen
Was aber sind Oberschwingungen? In einer idealen Welt würde der Netzstrom in einer reinen Sinuskurve verlaufen und keine Oberschwingungen enthalten. In der Realität wird der Strom jedoch durch Oberschwingungen verzerrt, was in einem Rechenzentrum zu Unterbrechungen, Störungen und sogar Ausfallzeiten führen kann.
Oberschwingungen treten in jedem großen Stromnetz auf und „verschmutzen“ den Strom, der von der Einrichtung bezogen wird. Sie werden durch nichtlineare Lasten ins Netz eingebracht, die eine Vielzahl von Geräten wie Fotokopierer, elektronisch kommutierte Motoren oder Frequenzumrichter mit Standard-Choke-Design umfassen. Werden Oberschwingungen nicht behandelt, können sie den Betrieb unmittelbar stören.
Sie können empfindliche elektronische Geräte beschädigen, Interferenzen bei Kommunikationseinrichtungen verursachen und zu Fehlanzeigen auf Messgeräten führen. Außerdem können sie Leistungsschalter und Sicherungen auslösen und Kondensatorausfälle verursachen. Eine weitere mögliche Folge ist die Überhitzung von Transformatoren, Kabeln, Motoren, Generatoren und Kondensatoren.
Die von Oberschwingungen verursachten Probleme bringen weitere Nachteile wie Energieverluste durch Überhitzung, eine kürzere Lebensdauer der Ausrüstung und einen unzuverlässigen Betrieb mit sich. Im schlimmsten Fall verursachen Oberschwingungen unnötige und unerwünschte Prozessunterbrechungen.
Eine Lösung liegt darin, die Anlagen so auszulegen, dass Oberschwingungen im Netz toleriert werden. Eine Überdimensionierung führt jedoch zu höheren Investitionskosten, beispielsweise wenn die Leistung des Versorgungstransformators oder Reservegenerators um bis zu 25 Prozent erhöht wird. Anstatt Oberschwingungen durch oftmals unwirksame Maßnahmen wie eine zusätzliche Kühlung oder Überdimensionierung der Ausrüstung zu begegnen, empfiehlt sich der Einsatz von Komponenten, die Oberschwingungen erst gar nicht verursachen.
Ultra-Low Harmonic Drives
ABB greift auf ihre jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Frequenzumrichter zurück, um die harmonische Verzerrung zu reduzieren und das Stromnetz sauber und stabil zu halten. Die Ultra-Low Harmonic Drives basieren auf aktiver Front-End-Technologie mit Gleichstromkondensatoren und erzeugen einen außergewöhnlich geringen Oberschwingungsgehalt, der gegenüber konventionellen Frequenzumrichtern um bis zu 97 Prozent reduziert wird. Die Gesamtstromverzerrung beträgt typischerweise 3 Prozent.
ULHD bringen viele Vorteile mit sich: Sie verlängern die Lebensdauer der Ausrüstung, sorgen für ein sauberes Stromnetz, senken den Wartungsbedarf, erhöhen die Verfügbarkeit, machen den Betrieb effizienter und zuverlässiger, vermeiden eine Überdimensionierung teurer vorgelagerter Geräte und sparen durch die Reduzierung der Verzerrung Energie ein.
Der Kostenfaktor
Bei einem Vergleich der Vorteile von EC-Lüftern gegenüber Frequenzumrichtern und Motoren müssen auch die Kosten berücksichtigt werden, da Einrichtungen rund um den Globus die Auswirkungen hoher Strompreise auf ihr Geschäftsergebnis fürchten oder bereits zu spüren bekommen. In der Anschaffung sind EC-Lüfter sicherlich günstiger als Frequenzumrichter und Motoren, was sie auf kurze Sicht zur preisgünstigeren Lösung macht.
Allerdings enthält jede EC-Einheit einen integrierten Drehzahlregler. Wenn in Rechenzentren viele EC-Lüfter zum Einsatz kommen, wie es gemeinhin der Fall ist, kann dies aufgrund der hohen Zahl potenzieller Ausfallpunkte (Points of Failure) für Komplexität sorgen. Fällt ein EC-Lüfter aus, muss das gesamte Gerät ausgetauscht werden – oft durch denselben Hersteller. Hier können Engpässe in der Versorgungskette zu Lieferverzögerungen und längeren Ausfallzeiten führen.
Frequenzumrichter und Motoren hingegen können als Einzelteile gehandhabt werden, was die Instandhaltung erheblich erleichtert. Außerdem weisen sie weniger mögliche Ausfallpunkte auf als EC-Lüfter. Da ein einzelner ULH-Frequenzumrichter mehrere Lüftermotoren antreiben kann, gestaltet sich die Ermittlung von Störungsquellen wesentlich einfacher als bei traditionellen Frequenzumrichtern und Motoren.
Und der Gewinner ist ...
Im Vergleich mit EC-Lüftern erscheinen Frequenzumrichter und Motoren insgesamt wie eine gut geölte Maschine. Sie weisen weniger Ausfallpunkte auf, sind wartungsfreundlicher und liefern bei Teillast eine bessere Leistung, wenn Synchronreluktanzmotoren im Spiel sind. Ultra-Low Harmonic Drives vermeiden Energieverschwendung im Netz, indem sie die harmonische Verzerrung auf ein Minimum reduzieren, und gewährleisten auch bei Netzstörungen einen zuverlässigen Betrieb. EC-Lüfter sind möglicherweise nicht so umweltfreundlich wie es scheint. Für den Lüfterhersteller sind sie die bequemere Variante, für den Rechenzentrumsbetreiber allerdings weniger vorteilhaft. Letzterer muss die Stromrechnung zahlen und die Einrichtung in Zukunft instandhalten.
Ultra-Low Harmonic Drives sind der Schlüssel zu nachhaltigen Rechenzentren, da sie Oberschwingungen minimieren und die Motorsteuerung verbessern. Außerdem werden die Kostenvorteile, die EC-Lüfter aufgrund geringerer Anschaffungskosten bieten, durch die Einsparungen über die Lebensdauer von Frequenzumrichtern und Motoren aufgehoben.
Das Fazit?
Bewerten Sie eine Lösung nicht anhand ihres „grünen“ Labels. Ultra-Low Harmonic Drives sind die „geheime Zutat“ für wirklich nachhaltige Rechenzentren. Frequenzumrichter und Motoren ermöglichen langfristige Einsparungen, die sie zur ernstzunehmenden Alternative machen.