DKV-Tagung 2024
Deutsche Kälte- und Klimatagung zum vierten Mal in Dresden
Nach 2006, 2015 und 2021 fand die Jahrestagung des DKV (Deutscher
Kälte- und Klimatechnischer Verein) vom 20. bis 22. November 2024 zum vierten Mal in Dresden satt. Wer 2021 auch dabei war, wird sich noch erinnern, wie schwer es gelegentlich war, bekannte Gesichter hinter den Masken zu identifizieren – Corona, was inzwischen gefühlt schon wieder sehr lange her ist, war das beherrschende Thema. 2024 konnte man Kollegen und Freunde unter den 565 Teilnehmern wieder sehr viel leichter entdecken. Insgesamt gab es rund 120 Fachvorträge in den inzwischen sechs Arbeitsabteilungen des DKV.
Mittlerweile bereits traditionell startete bereits am Mittwochmittag um 12:30 Uhr, also noch vor der Mitgliederversammlung am Abend des 20. November, die Studierendenveranstaltung „Von Studierenden für Studierende“. Bei dieser Veranstaltung, die bereits seit 2005 fester Bestandteil des Tagungsprogramms ist, hat der akademische Nachwuchs Gelegenheit, in kurzen Vorträgen über Abschlussarbeiten zu berichten und sich untereinander auszutauschen.
Zuvor hatten die Studierenden jedoch Gelegenheit, sich bei der Info-Börse über die Angebote der ausstellenden Firmen zu informieren. Dabei boten die Unternehmen die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme für Praktika, Bachelor- und Masterarbeiten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels stellt dies auch für die beteiligten Firmen eine interessante und effektive Möglichkeit dar, in direkten Kontakt mit Absolventen zu kommen.
Die eigentlichen Vorträge der Studierendenveranstaltung begannen um 14:30 Uhr. Das Programm war mit zehn Beiträgen ausgebucht – drei entschieden sich für eine Posterpräsentation. Die Veranstaltung verzeichnete mit 121 Zuhörern erneut steigende Teilnehmerzahlen, was für die Qualität der Vorträge spricht.
Die drei besten Studierendenvorträge wurden auch in diesem Jahr ausgezeichnet. Dabei wurde die Jury durch eine Online-Abstimmung aus den Reihen der Teilnehmer unterstützt. Die Prämierung erfolgte schließlich am Donnerstagmorgen während der Eröffnungsveranstaltung.
Mitgliederversammlung
Die satzungsgemäße Mitgliederversammlung am Abend war mit 74 Teilnehmern (69 stimmberechtigte Teilnehmer) deutlich schlechter besucht als im Vorjahr in Hannover. Die formalen Tagesordnungspunkte (Darstellung des Jahresberichts 2023, Berichte der Obleute der Arbeitsabteilungen und aus den Bezirksvereinen, Kassenbericht, Entlastung des Vorstands, fünf Wahlen zum Vorstand, Verabschiedungen, Vorstellung und Genehmigung des Budgets für 2025) waren in eineinhalb Stunden erledigt.
Gewählt wurden:
Peter Eßlinger (Schatzmeister)
Dr. Nicholas Lemke (Obmann A 4)
Christian Friebe (Obmann A 5)
Prof. Dr. habil. Christiane Thomas (Obfrau A 6)
Andreas Binder (Sprecher der Bezirksvereine)
Die anderen Vorstandspositionen blieben unverändert.
Eröffnungssitzung und Ehrungen
Am Donnerstagmorgen eröffnete der Vorsitzende Dr. Yves Wild pünktlich um 9:00 Uhr die Tagung. In seiner Begrüßung stellte er zunächst den neuen Vorstand vor und verkündete die drei Preisträger aus der Studierendenversammlung:
Der 1. Platz ging an Vinzent Querner (Technische Universität Dresden, Schaufler Professur für Kälte-, Kryo- und Kompressorentechnik).
Zwei 2. Plätze belegten Gesina Hölscher (Hochschule Flensburg und Fraunhofer ISE) und Cedric Kötting (RWTH Aachen, Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatisierung).
Ferner wurden im Jahr 2024 insgesamt
20 Mitglieder für 25 Jahre Mitgliedschaft,
10 Mitglieder für 40 Jahre Mitgliedschaft,
7 Mitglieder für 50 Jahre Mitgliedschaft und
2 Mitglieder für 60 Jahre Mitgliedschaft
mit einer Ehrennadel ausgezeichnet. Es konnten jedoch nicht alle der zu ehrenden Mitglieder anwesend sein und ihre Auszeichnung persönlich entgegennehmen.
DKV-Studien- und Nachwuchspreise
Der erste von in diesem Jahr insgesamt drei DKV-Studienpreisen ging an Jonas Hielscher von der Technischen Universität Braunschweig, Institut für Thermodynamik. Er wurde für seine Studienarbeit zum Thema „Modellbasierte Untersuchung natürlicher Kältemittelgemische im Kontext der Wasserstoff-Vorkühlung“ ausgezeichnet.
Den zweiten DKV-Studienpreis erhielt Simon Kruse von der Universität Paderborn, TDY Technische Thermodynamik, für seine Studienarbeit „Untersuchung des alterungsbedingten Anstiegs des Energieverbrauchs von Haushaltskältegeräten“.
Ein weiterer DKV-Studienpreis ging an Dipl.-Ing. Tom-Alexander Müller von der Technischen Universität Dresden, Schaufler-Professur für Kälte-, Kryo- und Kompressorentechnik. Er erhielt die Auszeichnung für seine Diplomarbeit „Untersuchung des Backpressure-Systems eines Scroll-Verdichters für die PKW-Klimatisierung“.
Mit dem DKV-Nachwuchspreis 2024 wurde Dr.-Ing. Niklas Buchholz (Stiebel Eltron GmbH & Co. KG in Holzminden) für seine Dissertation an der Technischen Universität Kassel, Technische Thermodynamik zu „Analyse mikrostrukturierter Heizflächen hinsichtlich der Blasenbildung bei der Verdampfung“ ausgezeichnet.
Besondere Ehrungen
Roland Handschuh, der bereits 2023 von fünf Mitgliedern für die Ehrenmitgliedschaft vorgeschlagen worden war (die Ehrung konnte durch eine Terminüberschneidung aber damals nicht stattfinden), wurde nun in Dresden zum Ehrenmitglied ernannt. Karl Huber stellte in seiner Laudatio nochmals die Verdienste von Roland Handschuh für den DKV heraus.
Der DKV vergibt die Ehrenmitgliedschaft für Einsatz und Verdienste um die inneren Belange des Vereins in ganz außergewöhnlicher Weise. Voraussetzung für die Verleihung ist eine in der Regel mindestens 20-jährige Vereinsmitgliedschaft. Auf der Urkunde heißt es: „Ehrenmitgliedschaft für sein langjähriges engagiertes Wirken im DKV und der Kältebranche. Besonders hervorzuheben sind seine Aktivitäten als Organisator und Ideenbringer im Bezirksverein München, seine Art Menschen zusammenzubringen und als Impulsgeber.“
Der DKV-Preis für Wissenschaft und Technik, der 2023 neu eingeführt wurde, wird für herausragende Leistungen auf einem der Arbeitsgebiete des DKV verliehen. Dazu zählen herausragende Forschungsarbeiten sowie technische Entwicklungen, die zu Innovationen bzw. zur Weiterentwicklung des Fachgebietes führen. Anlässlich der Tagung 2024 wurde er erstmals vergeben, und zwar an Frau Professor Dr.-Ing. Sylvia Schädlich. Die Laudatio hielt ihr langjähriger Wegbegleiter und guter Freund Dr.-Ing. Christian Hainbach.
Auf der Urkunde ist zu lesen: „DKV-Preis für Wissenschaft und Technik für ihre herausragenden Leistungen im Bereich der Energieeffizienz in der Klima- und Kältetechnik. Ihre umfangreichen Forschungsarbeiten führten zu Innovationen und Entwicklungen in der Klima- und Kältetechnik und brachten große Fortschritte in der Anwendung von Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln, z. B. die Untersuchung einer modular aufgebauten Propan-Kälteanlage zur Skalierung der Kälteleistung.“
Auf Antrag des Bezirksvereins Sachsen wurde schließlich Prof. Dr.-Ing. Hans Quack mit der Carl-von-Linde-Denkmünze ausgezeichnet (Laudator Prof. Dr. rer. nat. Christoph Haberstroh). Die Carl-von-Linde-Denkmünze wird für besondere und außergewöhnliche Verdienste in Wissenschaft, Forschung oder Technik auf den Arbeitsgebieten des Vereins verliehen. Der Text auf der Urkunde lautet: „Carl-von-Linde-Denkmünze für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Kryotechnik, speziell der Heliumanlagen im weltweiten Einsatz, der Einbeziehung von Neon als Arbeitsstoff, der hocheffizienten Wasserstoffverflüssigung und der Flüssigwasserstofftechnologie, sowie für sein erfolgreiches Engagement zum Erhalt der Professur für Kältetechnik an der TU Dresden. Als außergewöhnlich begabter Hochschullehrer gab er sein umfangreiches kälte- und kryotechnisches Wissen von Dresden aus weiter und prägte so Generationen von Studenten.“
Festvorträge
Als Novum wurden 2024 erstmals die „Branchen-Informationen“ von Dr. Rainer M. Jakobs, die bisher im Rahmen der Mitgliederversammlung am Mittwochabend vorgestellt wurden, in die Eröffnungssitzung mit aufgenommen. Dabei gab Dr. Jakobs einen kompakten Überblick über die Branche und die Themen, die aktuell diskutiert werden.
Im ersten Festvortrag stellte Prof. Dr. Reinhard Radermacher, Minta Martin Professor of Mechanical Engineering, Director of CEEE, University of Maryland, USA, „Potentielle Wärmepumpen Technologien” vor.
Radermacher gab zunächst einen kurzen Rückblick auf die Geschichte der Wärmepumpen (Dampfkompression, Ab(d)sorption und neuere Technologien wie Magnetokalorik und andere Kälte-, Klima- und Wärmepumpensysteme) und konzentrierte sich dann auf das Potenzial neuer Technologien. Dabei ging er davon aus, dass die Dampfkompression höchstwahrscheinlich noch eine ganze Zeit als „Mainstream-Technologie“ erhalten bleiben wird. Es gibt jedoch interessante neue Entwicklungen, wie z. B. die elektrochemische Verdichtung, die isotherme Verdichtung (insbesondere für CO2 und Ammoniak) und ölfreie Verdichter mit hohen Drehzahlen.
Nach seiner Einschätzung wird die Entwicklung von Wärmeübertragern mit immer kleineren Strömungskanälen zu neuen Fertigungsmethoden führen: ~ 1 mm-Rohre mit unrundem Querschnitt, möglicherweise in TPMS (triply periodic minimal surfaces) als Fluid-Fluid-Wärmeübertrager mit noch höherer Kompaktheit.
Ferner gebe es, so Radermacher weiter, andere Möglichkeiten der Prozessführung (z. B. mehrstufige Systeme und Systemintegrationsoptionen), die momentan noch als eher unüblich oder unkonventionell gelten, sich seiner Meinung nach aber durchsetzen sollten, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen.
Nach einer kurzen Pause gaben Lambert Kuijpers, Jörn Schwarz und Ullrich Hesse ein Update zu Ihren Plenarvorträgen aus den Vorjahren: „Netto-Null – Was geht uns das an?“ Bereits vor zwei Jahren hatten die Referenten die Bedeutung der Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik für das Erreichen des Netto-Null-Ziels bei der Eindämmung des Treibhauseffekts dargestellt. Vor dem Hintergrund immer deutlich spürbarerer Klimaveränderungen haben sie an diesem Thema weitergearbeitet und aktuelle Zahlen und Erkenntnisse zusammengetragen:
Der durchschnittliche zeitliche Abstand von US-Klima-Schadensereignissen mit einer Größenordnung der Kosten von über einer Milliarde Dollar hat sich von 111 Tagen in den 1980-er Jahren auf inzwischen 13 Tage im Jahr 2023 verkürzt. Regionen, die mit Jahresdurchschnittstemperaturen von über 29 °C quasi unbewohnbar werden, dehnen sich um den Äquator immer weiter aus. Davon sind 0,5 Mrd. Menschen bei +1,5 °C, 2 Mrd. bei +2,7 °C und 3,3 Mrd. bei +3,6 °C betroffen, d. h. entsprechende Migrationsbewegungen sind absehbar.
Konventionelle Maßnahmen zur Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre (z. B. Aufforstung) reichen, so die Referenten, bei weitem nicht aus. Andere Maßnahmen bzw. Eingriffe seien jedoch hinsichtlich Realisierbarkeit und Auswirkungen nur schwer überprüfbar. Realistisch verbleibe „die Reduzierung der Treibhausgasemissionen über den Umstieg auf erneuerbare Energien mit bestmöglicher energetischer Effizienz als entscheidender Schritt.“ Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik kann dabei einen großen Beitrag zur Emissionsminderung leisten.
Im anschließenden Plenarvortrag referierte Dr. Wolfgang Planitz über „Sicherheit der elektrischen Energieversorgung in Zeiten veränderter Erzeugungs- und Nachfragestruktur“. Er erläuterte zunächst das Verbundnetz in Europa und dessen Netzeigenschaften sowie die Regelmechanismen, um die Netzfrequenz als entscheidende Größe für die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. An realen Beispielen zeigte Dr. Planitz, wo und wie es zu Netzstörungen kommen kann.
Sehr interessant waren auch seine Ausführungen zum Energiehandel und vor allem zu den Auswirkungen regenerativer Energien (technisch und ökonomisch). Da die Einspeisung dieser Energien nicht dem Bedarf folgt, ist mit deren voranschreitendem Ausbau die jahreszeitliche Speicherung Pflicht. In Zukunft werden mehr externe Eingriffe zur Stabiltätssicherung erforderlich werden.
Vortragsprogramm
Das Vortragsprogramm der Arbeitsabteilungen bot rund 120 Vorträge über das gesamte Spektrum der Kälte-, Klima-, Kryo- und Wärmepumpentechnik. Die Vorträge waren teilweise sehr gut besucht. Krankheitsbedingt gab es nur wenige Ausfälle und die Präsentationen waren – von einigen „Unternehmensdarstellungen“ abgesehen – auf gutem Niveau. Freilich ist es bei der Fülle an Vorträgen nicht möglich, im Rahmen dieses Berichts im Einzelnen daraus einzugehen. Hier sei auf die vom DKV in Kürze veröffentlichten Tagungsbände verwiesen.
Über eine Besonderheit gilt es jedoch noch zu berichten:
Sorptions-Trailer
Vor der Eingangstreppe zum Congress Center quasi im Hof zwischen Hotel und Vortragssälen konnte der „SorptionTakeOff“-Trailer besichtigt werden. Dieser Trailer ist ein mobiler Schulungsraum mit einer voll funktionsfähigen Wasser/Lithiumbrombid Absorptionskälteanlage. Die Anlage ist von allen Seiten zugänglich und dient als Demonstrator, der bei Ausbildung und Schulung unterstützen soll. So können z. B. die Kältefachschulen den Trailer anfordern und darin den Schülern die Sorptionskältetechnik sehr praxisnah vermitteln. Das gesamte Projekt wurde vom BMWK gefördert.
In den Vortragspausen wurden in diesem mobilen Klassenzimmer auch Präsentationen angeboten. Dr. Uli Jacob stand mit einigen Kollegen im Trailer für Fragen und Informationen zur Verfügung. In der KKA werden wir zu diesem Projekt noch einen ausführlichen Bericht veröffentlichen.
Tagungs-App
Seit 2023 sind das komplette Vortragsprogramm und viele weitere Informationen in einer Tagungs-App verfügbar, die auf der Software „Guidebook“ aufbaut. Mit der App kann man sich u. a. einen individuellen Vortragskalender zusammenstellen, was bei der Fülle an Präsentationen sehr nützlich ist. Zudem kann das Vortragprogramm im Gegensatz zur gedruckten Version bei Änderungen oder Ausfällen aktualisiert werden.
Laut DKV wurde das Programm 471-mal auf Smartphones o. ä., aber auch 125-mal über die Webseite geladen. Da es also mehr Downloads als Teilnehmer waren, geht man seitens des DKV davon aus, dass manche Teilnehmer das Programm auf mehreren Geräten gleichzeitig geladen hatten – vielleicht haben auch Nicht-Teilnehmer in die App geschaut, da z. B. auch die Kurzfassungen zu allen Vorträgen abrufbar waren.
In jedem Fall kann man festhalten, dass die App inzwischen etabliert ist und von den meisten Teilnehmern genutzt wird – ein echter Mehrwert also, der auch bei künftigen Tagungen geboten wird.
Ausblick
Die nächste DKV-Tagung findet vom 19. bis 21. November 2025 in Magdeburg statt. Ein „Call for Papers“ lag der aktuellen Ausgabe der „DKV aktuell“ (3/2024) bereits bei. Abgabetermin für die Kurzfassungen ist der 30. April 2025.