Effiziente Leistungsregelung von Verdichtern
Energie sparen und Verbrauchskosten senken
Energieeffizienz ist nicht nur im Hinblick auf die Erfüllung der Minimum Efficiency Performance Standards (MEPS)[1] oder der zukünftigen Anforderungen der neuen EU-Verordnung für das Ökodesign nachhaltiger Produkte (ESPR) von Bedeutung. Eine Investition in die Effizienz bietet Anlagenbauern und Betreibern zahlreiche Mehrwerte, darunter reduzierte Betriebskosten und einen reduzierten Carbon Footprint durch einen geringeren Energieverbrauch. Es lohnt sich häufig auch, Bestandsanlagen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und gezielte Nachrüstungen vorzunehmen, da sich hier oftmals ungenutzte Effizienzpotenziale verbergen.
Angesichts zunehmend strengerer gesetzlicher Vorgaben, gestiegener Energiekosten und wachsender Bemühungen um Nachhaltigkeit ist die Energieeffizienz von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen wichtig für den finanziellen Geschäftserfolg von Anlagenbauern und Betreibern. Großes Potenzial liegt dabei im Detail – sowohl für Neu- als auch für Bestandsanlagen.
Auch die Umwelt profitiert von energieeffizienten Anlagen. Abb. 1 zeigt die Anteile direkter und indirekter Emissionen am exemplarisch berechneten Carbon Footprint eines halbhermetischen Hubkolbenverdichters bei einer Betriebsdauer von 15 Jahren mit dem Kältemittel R454C[2]. Die Abbildung verdeutlicht, dass indirekte Emissionen durch den Energieverbrauch einen besonders hohen Anteil ausmachen. Da der Verdichter in der Regel der Hauptverbraucher in der Kälteanlage ist, lässt sich dieses Berechnungsergebnis auch auf die Gesamtanlage übertragen. Eine hohe Energieeffizienz der Anlage ist daher der entscheidende Hebel, deren Carbon Footprint zu reduzieren.
Ein Beispiel aus der Supermarktkälte zeigt die veränderten Anforderungen an Anlagen hin zu mehr Energieeffizienz: Vor etwa 15 Jahren lag hier der primäre Fokus auf einem einfachen Systemdesign und der hohen Verfügbarkeit. Damals waren R404A-Verbundsätze mit 4-Zylinder-Hubkolbenverdichtern weit verbreitet. Die Verdichtereinsatzgrenzen wurden individuell im Systemregler programmiert und überwacht. Eine Leistungsanpassung erfolgte durch das Zu- oder Abschalten der Verdichter oder eine einfache mechanische Leistungsregelung. Heutzutage setzen moderne Supermärkte hingegen verstärkt auf hocheffiziente CO2-Systeme, wie Booster-Systeme mit Flashgas-Bypass (FGB), Systeme mit Parallelverdichtung oder mit Ejektoren. Auch Lösungen, die Kühlen, Klimatisieren und Heizen vereinen, gewinnen an Relevanz.
Energieeffiziente Neuanlagen
Die Energieeffizienz der Anlage basiert zum einen auf energieeffizienten Komponenten und zum anderen auf einem energieeffizienten Betrieb. Die Kälte- oder Heizleistung des Verdichters oder des Verbundsatzes sollte den variablen Bedarf der Anlage zu jedem Zeitpunkt präzise abdecken. Entscheidend dafür ist ein breiter Modulationsbereich und eine feine Leistungsabstufung mit möglichst geringen Leistungssprüngen beim Zu- oder Abschalten von Verdichtern. Das Ziel ist es, den Bedarf von der Minimal- bis zu einer Maximallast möglichst ohne verlustbehaftete Druckschwankungen und Temperaturdifferenzen in Wärmeübertragern sowie mit möglichst wenigen Betriebs- und Anlaufzyklen exakt abzudecken. Dies gelingt mit fortschrittlichen Methoden zur Leistungsregelung des Verdichters beziehungsweise des Verbundsatzes. Es gilt, die Abweichungen vom vorgegebenen Sollwert zu minimieren oder idealerweise die Sollwerte auf ein energetisches Optimum anzupassen, indem beispielsweise die durchschnittliche Verdampfungstemperatur angehoben oder die durchschnittliche Verflüssigungstemperatur abgesenkt wird. So wird ein gleichmäßiger Betrieb und damit ein reduzierter Energieverbrauch des Systems sichergestellt.
Abb. 2 verdeutlicht diese Zusammenhänge. Um einen definierten Sollwert zu jedem Zeitpunkt einzuhalten, zum Beispiel um die Produktqualität sicherzustellen, muss die mittlere Verdampfungstemperatur bei großen Schwankungen tiefer eingestellt werden (siehe linker Abschnitt des Diagramms). Je tiefer die mittlere Verdampfungstemperatur, desto geringer ist die Systemeffizienz. Je geringer hingegen die Schwankungen der Verdampfungstemperatur und des Saugdrucks dank einer fortschrittlichen Leistungsregelung sind, desto geringer kann die Abweichung der mittleren Verdampfungstemperatur vom Sollwert gewählt werden. Die höchste Systemeffizienz stellt sich ein, wenn die mittlere Verdampfungstemperatur gleich dem Sollwert wäre (siehe mittlerer und rechter Abschnitt des Diagramms).
Verschiedene Optionen der Leistungsregelung
Mit dem externen Frequenzumrichter VARIPACK und der quasi stufenlosen mechanischen Leistungsregelung VARISTEP bietet Bitzer verschiedene, optimal auf seine Verdichter abgestimmte Optionen für einen weiten Modulationsbereich und eine feine Leistungsabstufung. Abb. 3 stellt die Möglichkeiten am Beispiel von CO2-Verdichtern dar. Der externe Frequenzumrichter VARIPACK ist exakt an die Motorkennlinien der Verdichter angepasst und ermöglicht eine stufenlose Leistungsregelung zwischen 34 und 100 % (Option 1). Die Kombination mit VARIPACK ermöglicht einen übersynchronen Verdichterbetrieb bei bis zu 70 Hz. Das ermöglicht es, auch einen Verdichter mit einem geringeren Fördervolumen zu wählen und damit Kosten zu sparen. Eine weitere Option ist es, über das IQ MODUL die quasi stufenlose Leistungsregelung VARISTEP anzubinden, um beispielsweise für ECOLINE 4-Zylinder-Verdichter einen Modulationsbereich zwischen 10 und 100 % zu ermöglichen. Der CR100-Betrieb entspricht in diesem Fall dem direkten Netzbetrieb bei 50 Hz (Option 2).
ECOLINE Hubkolbenverdichter ab der C3 Serie aufwärts können seit Beginn des Jahres 2024 mit dem IQ MODUL CM-RC-02 grundausgestattet bestellt werden. Es bedient das am Verdichter angebaute Zubehör, umfasst Schutzfunktionen und unterstützt Kälteanlagenbauer mit einem benutzerfreundlichen Bedienkonzept und hilfreichen digitalen Services im Arbeitsalltag (Abb. 4). Optionales Zubehör, wie die Leistungsregelung VARISTEP, lassen sich einfach mithilfe von separat erhältlichen Erweiterungskarten ohne Verkabelungsaufwand im Schaltschrank anbinden und direkt über das Modul bedienen. Die Erweiterungskarten mit unterschiedlichem Funktionsumfang können entweder direkt bei der Neubestellung eines Verdichters oder zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt werden. So erleichtert das IQ MODUL auch eine Nachrüstung der Leistungsregelung im Bestand.
Option 3 in Abb. 3 zeigt zudem, dass auch eine Kombination einer gestuften Leistungsregelung CR und VARIPACK möglich ist. Mithilfe des externen Frequenzumrichters ist ein übersynchroner Verdichterbetrieb bei bis zu 70 Hz möglich. 4-Zylinder-Hubkolbenverdichter können dank der gestuften Leistungsregelung CR und VARIPACK stufenlos zwischen 21 und 100 % betrieben und die minimale Leistungsabgabe erheblich gesenkt werden. Der breite Modulationsbereich ist energetisch bei auf saisonale Effizienz optimierten Systemen mit nur einem Verdichter besonders vorteilhaft. Bei Wärmepumpen oder Flüssigkeitskühlsätzen lassen sich so besonders hohe Jahresarbeitszahlen (SCOP, SEER, SEPR) erzielen.
Eine hohe Regelgüte des Systems sicherstellen
In der Praxis werden in Verbundanlagen zunehmend weniger, aber dafür größere Verdichter eingesetzt, um beispielsweise Kosten zu sparen oder als Folge einer Gleichteilestrategie. Daraus können bei geringen Bedarfsanforderungen oder bedeutsamen Lastschwankungen häufige Start-Stopp-Zyklen des Führungsverdichters resultieren. Diese führen meist zu starken Schwankungen in der Verdampfungstemperatur und folglich zu einer energetisch ungünstigen Anlagenbetriebsweise. Die Regelgüte CF kann mithilfe der ASERCOM-Guideline[3] auf Basis einer einfachen Formel ermittelt werden. Diese errechnet sich aus der Differenz zwischen der Leistung des Führungsverdichters bei maximaler und minimaler Frequenz, geteilt durch die Leistung des nachfolgenden Verdichters.
Der linke Abschnitt in Abb. 5 zeigt exemplarisch die Schwankungen der Verdampfungstemperatur bei einem schlecht ausbalancierten System (CF < 69 %). Die mittlere Verdampfungstemperatur soll hier bei -7 °C liegen. Bitzer konnte bei gemeinsamen Praxisprojekten mit Partnern und im Rahmen von eigenen Untersuchungen an Demonstrationsanlagen in der Schaufler Academy belegen, dass die Regelgüte eines Systems bei Verwendung von VARISTEP deutlich verbessert werden kann. Wie im rechten Abschnitt von Abb. 5 dargestellt, kann die mittlere Verdampfungstemperatur bei einer Nachrüstung von VARISTEP häufig um bis zu 3 K angehoben werden. Eine zusätzliche Berechnung mit der Bitzer Software zeigt, dass die Anhebung der Verdampfungstemperatur um 3 K die Systemeffizienz um bis zu 12 % erhöhen kann. Eine Absenkung der Verflüssigungstemperatur um 1 K kann die Systemeffizienz um weitere 2 bis 3 % steigern.
Effizienz-Upgrades für Bestandsanlagen
Aufgrund steigender Energiepreise ist es auch bei Bestandsanlagen wichtig, die Energieeffizienz über die gesamte Lebensdauer hinweg zu erhalten und gegebenenfalls noch zu steigern. Parallel dazu sollte angestrebt werden, den Kälte- oder Wärmebedarf verbraucherseitig zu minimieren. Um den „Kälteverlust“ zu reduzieren und damit den Energieverbrauch zu optimieren, werden beispielsweise an Kühlmöbeln in Supermärkten häufig Glastüren nachgerüstet. Durch diese Maßnahme reduziert sich die erforderliche Kälteleistung je nach Temperaturklasse und Verdampfungstemperatur um 40 bis 50 %. Glastüren können somit zu unzulässig vielen Verdichterstarts und sehr kurzen Betriebszyklen führen, was sich unter anderem negativ auf den Öltransport und folglich auf die Verfügbarkeit der Anlage auswirken kann.
Um die Anlagenverfügbarkeit zu erhöhen und aus energetischen Gründen kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, die zusätzliche Installation von Glastüren mit einem Umbau des Verdichterverbunds zu kombinieren. Ein Ansatz im vorliegenden Fallbeispiel könnte es daher sein, den Führungsverdichter der in die Jahre gekommenen Anlage durch einen hocheffizienten ECOLINE+ Verdichter mit VARISTEP auszutauschen und den Verdichter gegebenenfalls eine Fördervolumenstufe kleiner zu wählen. ECOLINE+ Hubkolbenverdichter sind ab Werk mit der neuen Generation des IQ MODULS ausgestattet, was die Anbindung der Leistungsregelung VARISTEP über die passende Erweiterungskarte ohne komplexe Änderungen im Schaltschrank vereinfacht. Zusätzlich könnte auch der Folgeverdichter mit einer gestuften Leistungsregelung ausgestattet werden, um die Regelgüte CF noch weiter anzuheben.
Das Berechnungsbeispiel[4] in Abb. 6 verdeutlicht das Energieeinsparpotenzial durch den Einsatz von LSPM-Verdichtern. Gegeben sei ein Parallelverbund aus zwei 6-Zylinder-Hubkolbenverdichtern, von denen einer mit externem Frequenzumrichter und einer im Netzbetrieb bei 50 Hz betrieben wird (Straßburg-Klimazone, SEPR-Berechnung gem. EN13215). Bei einer jährlichen Verdichterlaufzeit von 8760 Stunden des Führungsverdichters und 1600 Stunden des Folgeverdichters liegt der Energieverbrauch zweier Verdichter mit Asynchronmotor bei etwa 218.823 kWh (gelbe Säule). Rund 10.000 kWh pro Jahr lassen sich einsparen, wenn der Führungsverdichter durch einen ECOLINE+ Verdichter mit LSPM-Motor ersetzt wird (hellgrüne Säule). Weitere Einsparungen sind durch den Einsatz zweier ECOLINE+ Verdichter im Parallelverbund möglich (dunkelgrüne Säule).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine fortschrittliche Leistungsregelung eine zentrale Rolle für die Energieeffizienz und folglich für den Energieverbrauch von neuen und bestehenden Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen spielt. Zudem eröffnen sich aus der Nachrüstung von Systemen zur Steigerung der Energieeffizienz interessante Marktchancen für Unternehmen in der Kältebranche, die es zu nutzen gilt.
Literatur
[1] Verordnung (EU) Nr. 2016/2281, Komfortklima und Hochtemperatur-Prozesskühlung; Verordnung (EU) Nr. 2015/1095, Prozesskühlung; Verordnung (EU) Nr. 813/2013, Wärmepumpen
[2] Bitzer Kältemittel-Report A-500-501
[3] ASERCOM-Guideline (www.t1p.de/KKA1-25ASERCOM)
[4] Javerschek, O./Pfaffl, J./Karbiner, J. (2017): Reduction of energy consumption by applying a new generation of CO2 compressors. 7th Conference on Ammonia and CO2 Refrigeration Technology, Ohrid 2017