Wärmepumpen im Bestand

Teil 3: Einsatz von Heizstäben / Einbau in Bestandsgebäuden

Das Ziel der sechsteiligen Artikel-Serie „Wärmepumpen im Bestand“ ist, Fragen rund um das Thema Wärmepumpen fundiert zu beantworten, Vorurteilen zu begegnen und eine gute Grundlage für die notwendigen Weichenstellungen für einen klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen. Dieser Teil widmet sich der Frage, ob durch den Einsatz des Heizstabs die Effizienz der Wärmepumpe stark verringert wird und stellt zwei Beispiele von konkreten Bestandsgebäuden mit Wärmepumpen genauer vor.

Wie oft arbeiten Heizstäbe?

Heizungssysteme mit Wärmepumpen sind meistens mit einem direkt-elektrischen Heizstab ausgestattet. Üblicherweise übernimmt der Elektroheizstab die Wärmebereitstellung ab einer definierten Außentemperatur (zum Beispiel -5 °C, auch „Bilvalenzpunkt“ genannt) – entweder allein oder parallel zur Wärmepumpe. Dadurch kann die erforderliche Größe (Leistung) von Außenluft-Wärmepumpen begrenzt werden. Die geringere Größe verbessert zum einen die Wirtschaftlichkeit des Systems, zum anderen optimiert sie die Arbeit der Wärmepumpen bei höheren Außentemperaturen. Eine zu große Diskrepanz zwischen der Heizlast (Wärmebedarf) des Gebäudes und der Leistung der Wärmepumpe führt dazu, dass der Verdichter (der Wärmepumpe) häufig eingeschaltet wird, was sich negativ auf dessen Lebensdauer auswirkt. Bei leistungsgeregelten Wärmepumpen, die ihre Leistung entsprechend der herrschenden Bedingungen anpassen können, passiert dies deutlich seltener.     

Im Vergleich zur Wärmepumpe hat der Heizstab eine deutlich schlechtere Effizienz. Die Grundannahme ist, dass elektrische Heizer eine Einheit elektrische Energie in eine Einheit Wärme umwandeln. Die meisten Wärmepumpen liefern dagegen zwischen drei und vier Einheiten Wärme pro Einheit elektrischer Energie (siehe Teil 2 des Beitrags in KKA 4/2021). Sie sind also 3- bis 4-mal effizienter als die Heizstäbe.

Kommt der Heizstab eines Wärmepumpensystems also häufig zum Einsatz, ist dies schlecht sowohl für die Betriebskosten als auch für die Ökologie. Häufig besteht gegenüber Wärmepumpen das Vorurteil, dass der Heizstab oft genutzt werden muss und die Heizkosten dadurch „explodieren“. Felduntersuchungen widerlegen diese Annahme eindeutig.

Die Grafik bildet eine Quer-Auswertung von insgesamt 266 im Feld untersuchten Wärmepumpenanlagen ab. Die 117 Luft/Wasser- und 149 Sole/Wasser-Wärmepumpen wurden in den letzten 15 Jahren im Rahmen von vier Forschungsprojekten getestet (jeweils zwei im Neubau und im Gebäudebestand).

Aus 100 % elektrischer Energie (blaue Fläche) wurden 292 % Wärmeenergie bei den Außenluft- bzw. 382 % bei den Erdreich-Wärmepumpen (grüne Fläche) bereitgestellt. Das entspricht Effizienzwerten von 2,9 bzw. 3,8. Die orange Fläche bildet den Stromverbrauch der Heizstäbe ab. Bei den Luft/Wasser-Wärmepumpen betrug der Anteil der von Heizstäben benötigten elektrischen Energie lediglich 2,8 %. Dabei ist zu beachten, dass bei ca. der Hälfte der Anlagen die Heizstäbe überhaupt nicht gearbeitet hatten (unabhängig davon, ob im Neubau oder Altbau).

Im letzten Monitoringprojekt in Bestandsgebäuden (//bit.ly/3hAJJ3I:https://bit.ly/3hAJJ3I), betrug die relative Heizstabarbeit bei Luft/Wasser-Wärmepumpen im Mittel lediglich 1,9 %. Ein signifikanter Betrieb des Heizstabs wurde nur bei falscher Einstellung, bei Defekten oder infolge eines Legionellenschutzes bei der Warmwasserbereitung festgestellt. 

Bei den Erdreichwärmepumpen war der Heizstabeinsatz deutlich geringer als bei den Außenluftwärmepumpen und betrug im Schnitt lediglich 1,2 %. Bei ca. 75 % der Anlagen wurde gar keine Arbeit des Heiz­stabs festgestellt. Den Praktiker überraschen diese Werte nicht: Bei den Erdreichanlagen dient der Heizstab lediglich als Absicherung für den Fall eines Defekts.  

Der Heizstab wird also in der Regel sehr selten eingesetzt. Aber welche Kosten können dadurch verursacht werden? Dies hängt von mehreren Faktoren ab. Für die folgenden Berechnungen wurde ein Haus mit 150 m² Heizfläche, einer Wärmepumpe mit einer Effizienz von 3,0 und ein Strompreis von 25 Cent pro kWh angenommen. Vorausgesetzt, dass der Heizstabanteil 1 % beträgt, belaufen sich die jährlichen Kosten des Heizstabs bei einem nicht sanierten Altbau (Heizenergiebedarf von 150 kWh pro m² und Jahr) auf 37,5 €. Bei einem Neubau (Heizenergiebedarf von 50 kWh pro m² und Jahr) liegen  sie bei 12,5 €!

Theorie und Praxis zeigen übereinstimmend, dass die Heizstabanteile im Betrieb von korrekt geplanten und ausgelegten Wärmepumpenanlagen 3 % nicht übersteigen. Ein größerer Anteil deutet in den meisten Fällen auf Optimierungspotential bei der Wärmepumpenanlage hin. Damit ist klar, dass der Einsatz des Heizstabs keinen relevanten Einfluss auf die Effizienz der Wärmepumpe hat. 

 

Wie gut bewähren sich Wärmepumpen in teil- und unsanierten Gebäuden? 

Ein gutes Beispiel macht vieles besser verständlich. Was aber ist ein „gutes“ Beispiel für Altbauten mit Wärmepumpen? In Sinne von „gut“ wäre dies ein umfassend saniertes Haus. Ein solches Gebäude stellt für die Wärmepumpe allerdings keine Herausforderung dar. In gut sanierten Häusern – die ja das langfristige Ziel für den gesamten Gebäudebestand sind – arbeiten Wärmepumpen ähnlich effizient und erfolgreich wie in Neubauten. Für diesen Beitrag haben wir daher zwei Beispiele ausgewählt, die aus energetischer Sicht eher „schlechte“ Beispiele sind. Dafür sind sie repräsentativ für Häuser, die nicht bzw. nur geringfügig saniert wurden und trotzdem mit Wärmepumpen gute Ergebnisse erreichen.

Beide Häuser sind eindeutig Altbauten, sie wurden vor 84 bzw. 48 Jahren gebaut. Beide stehen in den kältesten Klimazonen im süd-östlichen Teil Deutschlands. In beiden Häusern wurden vor etwa fünf Jahren Wärmepumpen installiert, die sowohl die Räume als auch das Trinkwasser erwärmen. Beide Gebäude haben keine Fußbodenheizung.

Beispielhaus 1

In diesem älteren, freistehenden Einfamilienhaus wurden kaum Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Weder die Wände noch das Dach sind gedämmt. Lediglich die Fenster wurden ausgetauscht und entsprechen dem heutigen Standard. Dementsprechend hat dieses Haus einen sehr hohen Heizenergiebedarf. Im Jahr der Auswertung wurden 207 kWh pro m² gemessen. Zum Zeitpunkt des Einbaus der Außenluftwärmepumpe wurden auch die Heizkörper ausgetauscht. Es wurden so genannte Gebläsekonvektoren eingebaut. Mit dieser Art Heizkörper können die notwendigen Vorlauftemperaturen noch deutlicher reduziert werden als mit herkömmlichen Konvektoren. Sie sind für den Einsatz in Wärmepumpen-Anlagen besonders gut geeignet.

Trotz des hohen Heizwärmebedarfs hat die Außenluftwärmepumpe in diesem Gebäude eine gute Effizienz von 3,0 erreicht. Der Heizstab hat kaum gearbeitet (unter 1 %). Vor dem Einbau der Wärmepumpe wurde das Haus direkt-elektrisch mit einer Nachtspeicherheizung erwärmt. Der Austausch hat also mit sehr wenigen Zusatzmaßnahmen zu signifikanten Kosten- und CO2-Einsparungen geführt.

Beispielhaus 2

Im zweiten Haus wurde im Jahr 2009 ein Ölkessel gegen eine Erdreichwärmepumpe mit Erdwärmesonden getauscht. Sowohl die Wände als auch die Fenster befinden sich nach wie vor im Originalzustand. Lediglich das Dach des Hauses wurde deutlich vor dem Austausch der Heizung bereits im Jahr 1990 neu gedämmt. Der gemessene jährliche Heizwärmeverbrauch von etwa 100 kWh pro m² entspricht ungefähr dem Durchschnitt des Gebäudebestandes in Deutschland.

Das Wärmepumpensystem wird seit mehreren Jahren kontinuierlich messtechnisch begleitet. Obwohl die Anlage die zweithöchsten mittleren Vorlauftemperaturen innerhalb der untersuchten 15 Erdreichwärmepumpen – etwa 45 °C – aufweist, beträgt die Effizienz der Wärmepumpe etwa 3,7. Die jährlichen Schwankungen sind minimal. Wie bei nahezu allen Erdreichwärmepumpen kam der Heizstab überhaupt nicht zum Einsatz. Die Wärmeübergabe findet über klassische Plattenheizkörper statt, die beim Austausch des Wärmeerzeugers nicht ausgewechselt wurden. Die beheizte Wohnfläche beträgt 170 m². Laut Angaben der Bewohner beträgt die monatliche Stromrechnung für den gesamten Stromverbrauch, also alle elektrischen Geräte inklusive der Wärmepumpe, etwa 120 €.

Die beiden Beispiele zeigen deutlich, dass Wärmepumpen auch in nicht oder nur teilweise sanierten Häusern eine gute Effizienz erreichen können. Bei beiden Beispielen kommen keine ungewöhnlichen Installationen zum Einsatz. Beide Häuser sind architektonisch, in Bezug auf die Bausubstanz und im Hinblick auf die eingesetzte Wärmepumpentechnik repräsentativ für eine große Anzahl ähnlicher Gebäude. Im Fall des ersten Hauses ist zudem sehr gut zu sehen, dass zielgerichtete und relativ kostengünstige Maßnahmen (wie Austausch der Heizkörper) eine große Wirkung erzielen können. Andere Fälle zeigen, dass solche Sanierungsmaßnahmen jedoch auch erst mehrere Jahre nach Einbau der Wärmepumpe durchgeführt werden können und das Haus dennoch gute Effizienzwerte erreicht. Im Endbericht des Forschungsprojekts „WPsmart im Bestand“ (//bit.ly/3hAJJ3I:https://bit.ly/3hAJJ3I) werden diese und die anderen untersuchten Häuser detailliert beschrieben und analysiert.

In der nächsten Folge der Serie in KKA 6/2021 stellen wir die entscheidende Frage in Bezug auf die Rolle von Wärmepumpen im zukünftigen, klimaneutralen Energiesystem: Wie ökologisch arbeiten die Wärmepumpen im Bestand?

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 02/2022

Wärmepumpen im Bestand

Teil 6: Mehrfamilienhäuser, Zusammenfassung und Ausblick

Die Notwendigkeit der Wärmepumpe in Mehrfamilienhäusern Wärmepumpen sind sehr breit einsetzbar. Der Gebäudesektor ist das prominenteste Beispiel, aber Wärmepumpen finden auch in der Industrie,...

mehr
Ausgabe 01/2022

Wärmepumpen im Bestand

Teil 5: Bestandsgebäude – technologischer Stand und Hybridanlagen

Werden Wärmepumpen zukünftig noch besser für Bestandsgebäude geeignet sein? Ob es sich lohnt, mit der Installation einer Wärmepumpe noch weiter zu warten, hängt von zwei Überlegungen ab: Ist...

mehr
Ausgabe 04/2021

Wärmepumpen im Bestand

Teil 2: Einfluss des Sanierungszustands / Monitoring-Projekt
Grafik 1: Mittelwerte und Bandbreiten der Effizienzwerte der W?rmepumpenanlagen aus zwei Feldprojekten in Bestandsgeb?uden

Muss ein Haus zuerst saniert werden, damit eine Wärmepumpe installiert werden kann? Ganz klar: Je weniger Energie für die Erzeugung eines angenehmen Raumklimas benötigt wird, desto besser. Deshalb...

mehr
Ausgabe 03/2021

Wärmepumpen im Bestand

Teil 1: Einführung und Heizkreistemperaturen

Wärmepumpen sind nur für Neubauten oder energetisch anspruchsvoll sanierte Gebäude geeignet! Dies ist eine gängige Auffassung, die heute als widerlegt gelten kann. Zum Glück, denn gerade...

mehr

Wärmepumpen im unabhängigen Vergleich

Zwei Feldtests zur Wärmeversorgung von Einfamilienhäusern durch elektrische Wärmepumpen haben nach vier Jahren ergeben: Nicht alle Systeme haben ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber...

mehr