Über den Dächern Rigas
Kompakte Kältelösung im Supermarkt
Der Einsatz kompakter Verflüssigungssätze für Kälteanwendungen bietet sowohl technische als auch wirtschaftliche Vorteile. Passend zum Thema entsteht in der lettischen Hauptstadt Riga derzeit eine Referenzanlage, bei der luftgekühlte Verflüssigungssätze von Bitzer (www.bitzer.de) ihr Potential unter Beweis stellen – ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Pilotprojekt für Lettland.
Im Süden Rigas wird kräftig gebaut. Besonders auf der Baustelle direkt an der Stadtgrenze entlang der Autobahn nach Wilna hämmert, bohrt, schleift und rumpelt es unüberhörbar – schließlich soll der Gebäudekomplex schon bald als Einkaufszentrum „A7“ die Pforten öffnen. Derweil schließt ein deutsch-lettisches Expertenteam auf dem Flachdach des Supermarkts, der der Kette RIMI Baltic angeschlossen ist, letzte Vorbereitungen ab, um die frisch installierten „Ecostar“-Verflüssigungssätze für einen Testlauf vorzubereiten.
Platzsparende Installation und hohe Betriebssicherheit
Insgesamt neun „Ecostar“ stehen zu einem kompakten Rechteck angeordnet in der Mitte des Daches. Auf der großen Fläche wirkt das Ensemble in den silberfarbenen Gehäusen dezent und platzsparend, eine Feststellung, die Jan Grübel, der vom Bitzer-Customer-Support vor Ort ist, hervorhebt: „Das ist ein Vorteil solcher Kompletteinheiten aus Verdichter, Verflüssiger und Regelungstechnik.“ Statt einer raumintensiven Verbundanlage, die zudem besondere Anforderungen an die Gebäudestatik stellt, hat man hier eine Plug-and-Play-Lösung auf knapp 40 m2 Fläche realisiert“, erläutert er. Eine vergleichbare Verbundanlage benötigt knapp dreimal mehr Platz, zumal ein guter Teil der Technik nicht auf dem Dach, sondern innerhalb des Gebäudes untergebracht werden müsste. Im „A7“ bedeutet dies, dass durch die erzielte Raumersparnis Platz für ein zusätzliches Einzelhandelsgeschäft entstanden ist. Ein weiterer Vorteil ist die Redundanz: „Bei einer Leckage fällt nur ein Teilbereich der Kühlung aus. Das verschafft dem Monteur Zeit zur Fehlersuche“, so Jan Grübel.
Komfortable Überwachung
per Modbus, WEB-Control und
HD-Datenlog
Grübel ist zusammen mit Dieter Hildebrandt, Manager World Condensing Unit bei Bitzer, eigens für die Inbetriebnahme des Pilotprojekts nach Riga gekommen. Unter anderem machen Grübel und Hildebrandt die lettischen Monteure mit der komfortablen technischen Ausstattung der bisher größten „Ecostar“-Anlage im Baltikum vertraut: So kann die komplette Steuerungs- und Regeltechnik über Modbus fernüberwacht werden. Das ermöglicht ein bequemes Monitoring der Einsatzparameter vom Büro oder nötigenfalls auch von zu Hause aus. Per Internet kann der Nutzer über eine benutzerfreundliche Software ebenso die Einstellungen der Anlage manuell anpassen.
Diese neue Kommunikationsmöglichkeit erleichtert auch die Inbetriebnahme: Bei der Einregelung der Anlage überwacht ein Servicetechniker im Kühlraum die Betriebsparameter bequem mittels Tablet oder Notebook und wertet sie aus. Zudem bietet die Remote-Control sogar die Möglichkeit, den Datenlog via Internet herunterzuladen und die vergangenen vier Wochen detailliert auszuwerten. Mit diesen Informationen kann ein Monteur das System mühelos einstellen und gegebenenfalls Anlagefehler erkennen.
Damit ein manuelles Eingreifen gar nicht erst notwendig wird, setzt Bitzer bei den Verflüssigungssätzen auf eine intelligente Steuerung der Verdichter und Lüfter. Grübel erläutert: „Sobald die eingestellten Einsatzgrenzen erreicht sind, greift die elektronische Regelung ein und startet erforderliche Maßnahmen.“ Insgesamt sorgt diese aktive elektronische Drehzahlregelung so für eine hohe Systemeffizienz und reduziert die Betriebskosten.
Während Grübel spricht, öffnet Edgars Zalitis, der als Obermonteur für die Installationsfirma Daldehog Ltd. vor Ort ist, einen der Verflüssigungssätze. Mit wenigen Handgriffen löst er die Verschraubung der Frontabdeckung und hebt das Gitter ab. Zusammen mit Martins Podnieks, dem technischen Leiter des lettischen Großhändlers MaxCool SIA, geht er einige Einstellungen durch. Zum Beispiel bei den Verdichterparametern: „Wir haben eine Minimumlaufzeit von zwei Minuten eingestellt“, erklärt Zalitis. „Als minimale Pausenzeit fahren wir mit einer Anlaufverzögerung von vier Minuten. So können wir Verdichter und Frequenzumrichter – besonders beim Start – vor einer thermischen Überbeanspruchung schützen. Diese Parameter stellen sicher, dass die Anlage genügend Zeit bekommt, sich optimal einzuregeln, und sie minimieren ein Takten der Anlage bei niedriger Kälteleistung.“
Auch die automatische Öl-Rückführungsfunktion weckt das Interesse des lettischen Spezialisten. Sie beugt einem bekannten Effekt vor: Durch den Teillastbereich wird der Kältemittelmassenstrom verringert, was gerade im Winter zur Ölverlagerung in das System führen kann. Hier setzt die Elektronik einen Schutzmechanismus in Gang: Die Frequenz des Verdichters erhöht sich automatisch bis auf 87 Hz, sodass das sich sonst im Verdampfer anreichernde Öl besser in den Verdichter zurückgeführt wird.
Sauggasgekühlte Frequenzumrichter regeln die Verdichter
Die sprichwörtlichen Herzstücke der neun Verflüssigungssätze sind „Bitzer Octagon Varispeed“-Hubkolbenverdichter. In dem „Ecostar“ auf dem Supermarktdach in Riga kommen zwei unterschiedliche Typen zum Einsatz: Zwei der Verflüssigungssätze sind mit dem Verdichter „4DC-7.F3Y-40S“ ausgerüstet, der bei einer Drehzahl von 87 Hz ein Fördervolumen von 47,3 m³/h hat. In den sieben anderen „Ecostar“ entfaltet jeweils ein Verdichter des Typs „4CC-9.F3Y-40S“ seine Kraft und fördert bei 87 Hz 57,4 m³/h des hier eingesetzten Kältemittels R404A. Sauggasgekühlte Frequenzumrichter sorgen bei beiden Verdichtertypen für einen stufenlos geregelten, energieoptimierten Betrieb. Die Elektronik reguliert in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur ebenso die optimale Lüfterdrehzahl.
„Insgesamt 21 Verdampfer, das heißt Kühltheken, Tiefkühltruhen und Kühlregale, sowie 14 Kühlräume sind an die neun Verflüssigungssätze angeschlossen“, zählt Zalitis auf und deutet auf die aus jedem Gehäuse abgehenden Saug- und Druckleitungen, die im Betondach verschwinden. „Immerhin 200 m lang ist das Rohrleitungssystem, das die Verdampfungs- und Verflüssigungsseite miteinander verbindet. 50 Expansionsventile sind eingebaut“, fügt er hinzu.
Bei angenommenen 2 °C Raumtemperatur an der Kühlzelle liefert diese „Ecostar“-Anlage eine nominale Gesamtkälteleistung von 140 kW. Liegen angenommene –20 °C Raumtemperatur an der Kühlzelle an, beträgt die nominale Kälteleistung immerhin noch 19 kW. „Und damit die automatisch gesteuerte Anlage auch auf wechselnde Bedingungen optimal reagieren kann, ist eine Kapazitätsreserve von 10 bis 15 % eingeplant worden. Das sind ca. 15 kW, die auch eine mögliche Erweiterung der angeschlossenen Kühlgeräte abdecken“, ergänzt Podnieks.
Generell sollte bei FU-Anlagen die Reservedimension so gering wie möglich bemessen sein. Damit ist auch im Teillastbereich ein möglichst hohes Frequenzspektrum gewährleistet.
„Der teure Strom sorgt für
ein Umdenken“
Während Zalitis den Verflüssigungssatz wieder mit der Abdeckung verschließt, umreißt Uldis Osenieks, Managing Director von MaxCool, warum Komplettlösungen auf dem lettischen Markt Konjunktur haben. Da sind zum einen die steigenden Energiekosten, die auch im Baltikum zu Buche schlagen: „Der teure Strom sorgt für ein Umdenken. Viele Unternehmen favorisieren Technologien mit intelligenten Steuerungen, die auch frequenzgeregelte Verdichter umfassen. Damit können sie Betriebskosten deutlich senken.“ Und dann habe ein solches System auch bei der Installation einen entscheidenden Vorteil: „Man benötigt wenig Manpower, um die Anlage vor Ort aufzustellen und in Betrieb zu nehmen. Es handelt sich um ein komplettes Produkt, das nur angeschlossen werden muss.“
Als deutliches Zeichen des steigenden Marktinteresses wertet Osenieks, dass MaxCool innerhalb eines Jahres bereits mehrere Dutzend „Ecostar“ in Lettland verkauft hat. Die Ausrüstung des RIMI-Supermarkts im „A7“-Einkaufszentrum betrachtet er daher als ein wichtiges Pilotprojekt mit Symbolcharakter für weitere Einsätze in ähnlichen großen Objekten.