Turbinenhalle in Düsseldorf mit Wissen über Großwärmepumpen geflutet

1. Deutscher Großwärmepumpen-Kongress vom 2.-3.7.2024

Fast 300 Teilnehmer, darunter viele Hersteller, fanden sich zu dem eineinhalbtägigen 1. Deutschen Großwärmpumpen-Kongress in Düsseldorf ein, weitere 100 Teilnehmer verfolgten den zweiten Tag online. Dreizehn Referenten informierten in den Themenblöcken Grundlagen, Industrie, Wärmenetze und Quartiere über den Stand der Technik und gaben einen Ausblick zu den Potenzialen, aber auch zu den Hemmnissen.

„Der Ball muss am Rollen bleiben“,

so formulierte es Felix Uthoff, Referent Technik und Normung beim BWP, bei der Einleitung zum Kongress am 3.7.2024. Am Vortrag, dem 2.7.2024 war am Nachmittag wahlweise eine Exkursion zur Trane Deutschland-Zentrale Oberhausen oder zum Edeka Center in Grevenbroich mit einer installierten CO2-Anlage von Advansor möglich. Der Abend wurde gemeinsam in der Seifenfabrik Dr. Thompson’s zum Networken genutzt. „Das Momentum, welche Großwärmepumpen aufgenommen haben, ist auszunutzen“, so Uthoff. Ein Rücklauf, wie es derzeit bei den Hauswärmepumpen festzustellen ist, sei unbedingt zu vermeiden. Um diesen Lauf weiter zu pushen, wird Ende des Jahres der Weißdruck der VDI 4646 „Anwendung von Großwärmepumpen“ erscheinen. Hier findet die Industrie Hilfestellung für Anwendungen mit Heißwasser und Dampf. Mehrere Großprojekte im Megawattbereich sind derzeit in Realisierung und Ausführung – diese wird der BWP zusammenfassen. Abschließend wies Uthoff darauf hin, dass die Klimaziele 2045 derzeit nicht erreicht werden, die Wärmepumpe sei jedoch eines der Schlüsselinstrumente, um die Wende doch noch hinzubekommen.

Natürliche Kältemittel, ­Kohlenwasserstoffe und HFOs

Die Diskussion um das „richtige“ Kältemittel wurde ausgiebig geführt. Ein Großteil der Referenten war sich einig, dass die Zukunft in NH3, R290 und CO2 liegt, besonders bei industriellen Anwendungen. Simon Effenberg von der Skadec GmbH erläuterte in seinem Vortrag die Vorgaben der DIN EN 378 betreffend Einsatz von brennbaren Kältemitteln wie R290 und R600a und fasste diese kompakt als Planungshilfe zusammen. Neben den niedrigen GWP-Werten wurde die Planungssicherheit genannt, was die natürlichen Kältemittel und Kohlenwasserstoffe betrifft, da diese Kältemittel nicht unter die gesetzliche Regulatorik gemäß EU-Verordnung 2024/573 fallen und auch keine PFAS-Verbote greifen. Genau dieser Punkt ist bei verschiedenen HFO Kältemitteln noch nicht geklärt und wird höchstwahrscheinlich erst 2025 final entschieden sein.

Jörg Taube, Key Account Manager bei der Trane Deutschland GmbH verwies jedoch auf die jüngste Studie des UBA, wonach der Löwenanteil von 95-98% durch die indirekten Emissionen verursacht werden. Somit hat – bezogen auf die Lebensdauer einer Anlage – die Effizienz einen deutlich höheren Einfluss als die direkten Emissionen bei Kältemittelleckagen. Deswegen fordert er: „Das Ziel muss es sein, die Wärmepumpe perfekt in ein System zu integrieren. In Europa stehen jährlich 2.860 TWh industrielle Abwärme zur Verfügung, der Bedarf an Heizenergie für Heizung und Trinkwasser liegt im gleichen Zeitraum bei 3.180 TWh, dies ist ein riesiges Potential.“

Systemintegration ist der Schlüssel zur Effizienz

In diesem Punkt waren sich alle Referenten einig, die hohe Komplexität nicht zu unterschätzen. Rasmus Rubycz, Market Manager New Energy bei der Atlas Copco, brachte es auf den Punkt: „Die Herausforderung bei der Integration von Wärmepumpen in der Industrie liegt darin, dass jeder seinen eigenen Anforderungskatalog hat.“ Dies zeigte er an den Beispielen Papier-, Chemische- und Lebensmittelindustrie sowie Fernwärme nachvollziehbar auf. Im Vortrag von Dr. Isabel Osterroth & Dirk Oschetzke, GEA Berlin, wurde dies an einem Praxisbeispiel in einem Brauereiprozess verständlich beleuchtet. Wärme und Kälte fallen in einem Batch-Prozess an, so dass die Wärmepumpe für Brauereien „ein Geschenk des Himmels“ sei, wie Paul Waning, Ehrenvorsitzender des BWP, in der anschließenden Podiumsdiskussion befand. Dekarbonisierungspotentiale sind umzusetzen. Im ersten Schritt ist der Energiebedarf zu optimieren, dann Abwärme zu nutzen, diese schließlich aufzuwerten und erneuerbare Energiequellen sind zu integrieren.

Mögliche Temperatur- und ­Leistungsbereiche und Wirtschaftlichkeit

Stand heute sind Wärmepumpen bereits mit Vorlauftemperaturen von über 200 °C und Wärmeleistungen jenseits der 50 MW verfügbar. Andrea Duvia, Senior Sales Consultant der Firma Turboden regte auf die Frage nach der maximal möglichen Vorlauftemperatur eine andere Sichtweise an: „Die Frage nach der maximalen Vorlauftemperatur ist falsch, da der Temperaturhub zwischen Wärmequelle und Wärmesenke für die Effizienz entscheidend ist.“ Duvia weiter: „Wieviel kostet Strom gegenüber Gas? Gegenüber dem Kunden müssen mindestens sinkende Betriebskosten darstellbar sein.“

Noch ist eine Wärmepumpe von der Investition kostenintensiver als herkömmlich Wärmeerzeuger mit fossilen Brennstoffen. Wurde in der Vergangenheit von den Finanzvorständen oft eine Amortisationszeit von maximal drei Jahren gefordert, ist nun teilweise eine Erweiterung auf bis zu acht Jahre zu beobachten. Dies dürfte daran liegen, das Unternehmen langfristig energiepolitisch konkurrenzfähig aufzustellen und die Dekarbonisierung voranzutreiben. Lars Bluhm vom dänischen Hersteller Advansor A/S gab hierzu Einblicke nach Skandinavien: „In Dänemark haben Fernwärmenetzbetreiber keinen Profitgedanken. Siedlungen schließen sich zusammen und bei 70% Zustimmung wird das Projekt innerhalb von zwei Jahren umgesetzt. Ferner ist das Strom-/Gaspreisverhältnis vorteilhafter zum Betrieb von Wärmepumpen.“ Andreas Kaiser, Prokurist der goodmen energy, empfiehlt für kleinere und mittlere Stadtwerke Contracting Modelle, um die Energiewende finanziell stemmen zu können.

Benötigte Unterstützung durch Politik und BWP

Dr. Ute Hörrmann, Ministerialrätin des Wärmenetze-Referats im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz informierte, dass für den BEG Fördertopf 3,5 Mrd. Euro bereit gestellt wurden und dies „die Basis der Energiewende“ sei. Des Weiteren werde daran gearbeitet, Planungserleichterungen und kürzere Verfahrenswege für Großwärmepumpen und deren Wärmequellen durchzusetzen. Andreas Kaiser fordert den BWP auf, positiv auf Behörden Einfluss zu nehmen, um Genehmigungen zu beschleunigen. Seiner Erfahrung nach kann eine Zusage zwischen sieben Wochen bis über ein Jahr benötigen. Er schlägt vor, Präzedenzfälle zusammenzufassen, um für die Entscheidung bei vergleichbaren Projekten darauf zurückgreifen zu können.

Mit dem 1. Deutschen Großwärmepumpen-Kongress wurde der Startschuss abgegeben, um in der Zukunft verstärkt diesen Markt zu unterstützen. Einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey zufolge, wird der Gesamtmarkt für Großwärmepumpen bis 2030 auf mehr als 43 Mrd. € geschätzt. Es gibt viel zu tun, packen wir es an!

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