Anforderungen an das Brandverhalten von Rohrdämmungen
Überarbeitete Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB)
Die neu veröffentlichte Fassung der MVV TB (Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen) 2019 sorgte für gewisse Verunsicherungen unter handwerklichen Betrieben hinsichtlich der korrekten Dämmung. Bei einem Brand birgt zumeist eine Rauchvergiftung oder blockierte Flucht- und Rettungswege das größte Gefahrenpotential. Nach aktuellem Stand des DIBt haben inzwischen nahezu alle Bundesländer die MVV TB 2021/1 und somit die gestiegenen Anforderungen an die Rauchentwicklung, in das jeweilige Landesrecht der Bundesländer überführt. Im folgenden Beitrag gibt die Fachgruppe Dämmstoffe eine Übersicht zu den relevanten Anforderungen an den technischen Brandschutz.
Personensicherheit im Brandfall
Im Brandfall sind Rettungswege in Bezug auf die Personensicherheit besonders zu schützen. Speziell in Objekten mit einem hohen Personenaufkommen, wie beispielsweise in Einkaufszentren oder Veranstaltungsräume, ist eine brandschutztechnische Planung und Betrachtung der Flucht- und Rettungswege erforderlich. Die Anforderungen gemäß der „Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen“ (kurz: MLAR) gelten für:
a) Leitungsanlagen in notwendigen Treppenräumen, in Räumen zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgänge ins Freie, in notwendigen Fluren, ausgenommen in offenen Gängen vor Außenwänden,
b) die Führung von Leitungen durch raumabschließende Bauteile (Wände und Decken),
c) den Funktionserhalt von elektrischen Leitungsanlagen im Brandfall.
So sind gemäß § 40 Abs. 2 der Musterbauordnung (MBO) Leitungsanlagen nach a) nur zulässig, wenn eine Nutzung als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist. Eine offene Verlegung von Rohrleitungsanlagen für nicht brennbare Medien, mit nicht brennbaren Dämmstoffen – auch mit brennbaren Dichtungs- und Verbindungsmitteln und brennbarer Rohrbeschichtung bis 0,5 mm Dicke.
Rohrleitungsanlagen für nicht brennbare Medien aus brennbaren Baustoffen oder mit brennbaren Dämmstoffen müssen
a) in Schlitzen von massiven Wänden, die mit mindestens 15 mm dickem mineralischem Putz auf nichtbrennbarem Putzträger oder mit mindestens 15 mm dicken Platten aus mineralischen Baustoffen verschlossen werden,
b) in Installationsschächten und -Kanälen,
c) über Unterdecken,
d) in Unterflurkanälen und
e) in Systemböden
verlegt werden.
Baustoffklassen nach EN 13501-1
Für technische Dämmstoffe wird das Brandverhalten in der europäischen Brandklassifizierung durch die DIN EN 13501 eindeutig festgelegt und gekennzeichnet. Lange wurden die technischen Dämmstoffe primär nach ihrer Flammwidrigkeit bewertet. Seit 2012 erlaubt die europaweite Klassifizierung, durch ein größeres Spektrum an Klassen und Kombinationen, eine realitätsnähere Beurteilung des Brandverhaltens von Dämmstoffen. So werden hier auch sicherheitsrelevante Brandnebenerscheinungen, wie beispielsweise Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen bzw. Abfallen, berücksichtigt und in Klassen eingeteilt. Dämmstoffe auf Basis von Kunststoffen werden zunächst den fünf Brandklassen B bis F zugeordnet, wie sie bereits für andere Bauprodukte bekannt sind. B steht dabei für „sehr begrenzter Beitrag zum Brand“, E für „hinnehmbares Brandverhalten“ und F für „unbegrenztes Brandverhalten“, welches sogar brandfördernd wirken kann. Daneben ist die Rauchentwicklung ein weiteres Kriterium. Sie wird über die Bezeichnung „s“ (s = smoke/ Rauch) klassifiziert und reicht von s1 (geringe Rauchentwicklung) bis hin zu s3 (unbegrenzte Rauchentwicklung). Ein dritter Indikator für den Beitrag zum Brand- und Personenschutz von Bauprodukten/Bauarten und damit auch Dämmstoffen ist das „brennende Abtropfen / Abfallen“ (d = droplets/Tropfen); hier reicht die Skala von d0 (kein Abtropfen/Abfallen) bis d2 (unbegrenztes brennendes Abtropfen).
Aktuelle bauaufsichtliche Anforderungen nach MVV TB 2019/1 ff.
In Deutschland gibt es in jedem Bundesland eine eigene Bauordnung. Diese 16 Landesbauordnungen (LBOs) orientieren sich an der Musterbauordnung (MBO). Die LBO definiert die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen und legt das Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für Bauprodukte und Bauarten fest. 2016 wurde die MBO grundlegend überarbeitet und dessen technische Regeln für die Planung, Bemessung und Ausführung von Bauwerken sowie Bauprodukten in einem Dokument zusammengeführt: der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB).
Diese konkretisiert die Anforderungen an bauliche Anlagen untergliedert in die verschiedenen Teile A bis D:
A: Konkretisierung der Grundanforderungen an Bauwerke
B: Ergänzungen zu Teil A für Bauteile und Sonderkonstruktionen
C: Regelungen zur Leistung von nicht harmonisierten Bauprodukten
D: Produkte für die kein Verwendbarkeitsnachweis notwendig ist.
Die MVV TB ist analog der MBO in das jeweilige Landesrecht zu überführen – dies kann je nach Bundesland individuell erfolgen, unter anderem auch mit Anpassungen hinsichtlich der Umsetzung der Muster-Verwaltungsvorschrift. Es gelten grundsätzlich die Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes, in dem die Verwendung des Bauproduktes bzw. Anwendung der Bauart erfolgt. Die aktuelle Fassung der MVV TB 2021/1 haben nach Mitteilung des DIBt vom 12. Januar 2023 alle Bundesländer, ausgenommen Sachsen, bereits in ihr Landesrecht überführt. Für die Bundesländer Bremen und Mecklenburg-Vorpommern gilt es den dynamischen Verweis auf die aktuelle Version der MVV TB nach dem DIBt zu berücksichtigen.
Grundsätzlich obliegt dem Planer die generelle und anwendungsabhängige Spezifikation der Anforderungen. Das bedeutet, dass je nach Anwendung unterschiedliche Anforderungen an die verbaute Isolierung gestellt werden: So kann beispielsweise im Fußboden eine Rohrisolierung unter dem Putz mit Brandklasse E zum Einsatz kommen, wohingegen nach den Richtlinien der Lüftungsanlagen (MLüAR), der explizite Einsatz schwerentflammbarer Bauprodukte vorgesehen ist.
Die wesentlichen Änderungen von der MVV TB 2017/1 zu allen folgenden Veröffentlichungen liegt in der Verschärfung der bauaufsichtlichen Anforderung an die mindesterforderlichen Leistungen für schwerentflammbare Bauprodukte. Die überarbeitete Fassung der MVV TB beschreibt somit nun eine Mindestklassifizierung s2 (begrenzte Rauchentwicklung) für schwerentflammbare Bauprodukte, während zuvor die Mindestklassifizierung s3 (unbegrenzte Rauchentwicklung) galt. Demnach müssen die Anforderungen gemäß der Leistungserklärung des Bauproduktes, basierend auf der jeweiligen harmonisierten Produktnorm (hEN) oder einer vergleichbaren Zulassungsgrundlage, wie z.B. einer Europäischen Technischen Bewertung (ETA), die Vorgaben in Tabelle 3 erfüllen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten:
Brandklassen werden nach der 13501-1 folgendermaßen eingeteilt:
Brandklassen B bis F für Kunststoffe.
Rauchentwicklung „s“ (s = smoke/ Rauch): von s1 (geringe Rauchentwicklung) bis hin zu s3 (unbegrenzte Rauchentwicklung).
„Brennendes Abtropfen / Abfallen“ (d = droplets/ Tropfen): von d0 (kein Abtropfen / Abfallen) bis d2 (unbegrenztes brennendes Abtropfen).
In Abhängigkeit zur Gebäudeklasse sind unterschiedliche Brandklassen bei der Rohrisolierung zu verwenden:
Grundsätzlich obliegt dem Planer die generelle und anwendungsabhängige Spezifikation der Anforderungen.
Das bedeutet, dass je nach Anwendungsfall unterschiedliche Anforderungen an die verbaute Isolierung gestellt werden: So kann beispielsweise im Fußboden eine Rohrisolierung unter dem Putz mit Brandklasse E zum Einsatz kommen, wohingegen nach den Richtlinien der Lüftungsanlagen (MLüAR), der explizite Einsatz schwerentflammbarer Bauprodukte vorgesehen ist.
Die überarbeitete Musterbauordnung verschärft die Anforderungen für schwerentflammbare Bauprodukte: Diese beschreibt nun eine Mindestklassifizierung s2 (begrenzte Rauchentwicklung) für schwerentflammbare Bauprodukte. Zuvor galt die Mindestklassifizierung s3 (unbegrenzte Rauchentwicklung).