Die E-Rechnung kommt!
Unternehmer sollten sich rechtzeitig vorbereiten
Durch das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“, oder kurz „Wachstumschancengesetz“ findet die Verpflichtung zum Empfang und Versand elektronischer Rechnungen (sogenannter eRechnungen) auch im deutschen Business-to-Business-Bereich (B2B) ihren Einzug in das deutsche Umsatzsteuergesetz. Das langwierige Gesetzgebungsverfahren hat nach langem Ringen und unter Anrufung des Vermittlungsausschusses nun endlich mit Zustimmung des Bundesrates am 22.03.2024 sein Ende gefunden und der Weg für die elektronische Rechnung ist damit frei. Spätestens jetzt müssen sich Unternehmen organisatorisch und technisch darauf einstellen.
Durch die neuen gesetzlichen Regelungen kommt es zu den folgenden Änderungen, welche die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft weiter vorantreiben und vor allem den Weg für das zukünftig EU-weit einzuführende elektronische Meldesystem (voraussichtlich ab 2028) freimachen sollen. Unternehmer sollten dies bereits jetzt beachten und ihre Systeme auf den Empfang und Versand elektronischer Rechnungsdokumente prüfen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Je nach eingesetzter Software und individuellem Digitalisierungsgrad ist der unternehmensinterne Aufwand sowohl technisch als auch personell verschieden. Gängige Buchhaltungsprogramme erfüllen bereits die Voraussetzungen für den digitalen Rechnungsprozess und müssen ggf. nur noch konfiguriert werden.
Bisher sah § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) einen Vorrang der Papierrechnung vor einer elektronischen Rechnung vor. Eine elektronische Übermittlung setzt bisher die Zustimmung des Empfängers voraus. Dies wird sich zukünftig grundlegend ändern. Dann wird die elektronische Rechnung (kurz: eRechnung) in § 14 UStG neu definiert und für Umsätze an einen anderen Unternehmer (B2B) verbindlich festgelegt.
Im Gesetz heißt es dann, dass eine eRechnung eine Rechnung ist, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, welches ihre elektronische Verarbeitung ermöglicht. Der Rechnungsprozess wird folglich vollständig digitalisiert. Das verwendete Format muss dabei der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung (Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014) und damit der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, kann aber auch einem anderen (zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger zu vereinbarenden) Format entsprechen, welches die richtige und vollständige Datenextraktion in ein mit der EU-Norm kompatibles Format ermöglicht. Ein Beispiel für ein zulässiges Format ist die einigen Unternehmern bereits aus der Rechnungsstellung an öffentliche Auftraggeber bekannte XRechnung oder das hybride Format aus pdf-Dokument und XML-Datei, das ZUGFeRD-Format. Auch über das bekannte EDI-Verfahren erstellte Rechnungen können weiterhin genutzt werden, soweit diese bzw. die für die Umsatzsteuer relevanten Rechnungsdaten in ein der CEN-Norm EN 16931 entsprechendes Format extrahiert werden kann.
Alle anderen Rechnungen, sei es auf Papier oder in anderer digitaler Form (z.B. normale pdf-Rechnung), werden zukünftig unter dem Begriff „sonstige Rechnung“ subsummiert und sind keine eRechnung im Sinne der oben dargestellten Definition und damit im B2B Geschäftsverkehr spätestens nach Ende der entsprechenden Übergangszeiten nicht mehr zulässig.
Verpflichtend ist die Ausstellung einer elektronischen Rechnung im B2B-Bereich, wenn Leistender und Leistungsempfänger im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete (z.B. Freihäfen, Gewässern zwischen Hoheitsgrenzen, etc.) ansässig sind. Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung innerhalb von 6 Monaten gilt im B2B-Bereich grundsätzlich, wenn eine Leistung nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist, was bspw. bei Vermietungsleistungen häufig der Fall ist. Eine elektronische Übermittlung bedarf dann – im Gegensatz zur alten Rechtslage – im Falle von B2B-Umsätzen keiner Zustimmung des Empfängers mehr. Rechnungen an Endverbraucher (B2C-Umsätze) benötigen allerdings weiterhin der Zustimmung des Rechnungsempfängers, wenn diese elektronisch übermittelt werden soll. Daran ändert sich nichts.
Ausnahmen im B2B-Bereich bestehen allerdings für Kleinbetragsrechnungen bis zur Höhe von aktuell 250 EUR (§33 UStDV) sowie für Fahrausweise (§ 34 UStDV). Diese werden dann auch weiterhin auf Papier bzw. auf anderem Wege übermittelt werden können, um den Verwaltungs- bzw. Umstellungsaufwand an dieser Stelle gering zu halten.
Auch den zeitlichen Rahmen legt das Gesetz fest. Verpflichtend ist die Verwendung einer eRechnung ab dem 01.01.2025. Es gibt aber auch hier lange Übergangsregelungen:
Papierrechnung bis Ende 2026 zulässig (§ 27 Abs. 38 Nr. 1) und ab 01.01.2027 bis Ende 2027 weiterhin möglich, aber zusätzlich erforderlich, dass der Vorjahresumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) des Rechnungsstellers maximal 800.000 EUR beträgt (§ 27 Abs. 38 Nr. 2 UStG),
sonstige Rechnung im elektronischen Format, welches nicht die Norm erfüllt, möglich bis Ende 2026, wenn Rechnungsempfänger zustimmt (§ 27 Abs. 38 Nr. 1 UStG), und ab 01.01.2027 bis Ende 2027 weiterhin möglich, aber zusätzlich erforderlich, dass der Vorjahresumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) des Rechnungsstellers maximal 800.000 EUR beträgt (§ 27 Abs. 38 Nr. 2 UStG),
sonstige Rechnungen mittels elektronischem Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19.10.1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs möglich bis Ende 2027, wenn Rechnungsempfänger zustimmt (§ 27 Abs. 38 Nr. 3 UStG).
Eine generelle Verpflichtung ist somit für den Versand erst ab 2028 vorgesehen. Ein Empfang muss dagegen schon eher möglich sein.
Auch wenn die Übergangsregelungen lang sind, sollten sich Unternehmen rechtzeitig auf die Umstellung einstellen, ihre IT-Systeme entsprechend prüfen und vor allem die Möglichkeiten eines Rechnungsempfangs bereits zeitnah sicherstellen, denn wenn der Rechnungsersteller nicht von den o.g. Übergangsregelungen Gebrauch macht, muss ein Empfang bereits ab 01.01.2025 möglich sein. Der Bundesrat hat zwar Zweifel geäußert, ob dies technisch und organisatorisch kurzfristig reibungslos möglich ist, das verabschiedete Gesetz enthält aber keine weiteren Übergangsregelungen hinsichtlich der Möglichkeit des Rechnungsempfangs.
Je nach Unternehmensgröße sollten entsprechende Schritte und Projekte zeitnah angegangen werden, um unerwartete technische oder prozessbedingte Probleme rechtzeitig zu erkennen und einen fristgerechten Empfang und Versand elektronischer Rechnungen sicherzustellen. Mit dem Wachstumschancengesetz ist der Weg für die eRechnung frei.