Kältemaschine, Wärmepumpe und RLT-Gerät in Einem –
wie geht das?
Vorteile von Rooftop-Einheiten und deren Abgrenzung zu Lüftungsgeräten
wie geht das?
Immer öfter erhalten bei der Klimatisierung von Lagerhallen, Tankstellen, Bürokomplexen und Restaurants sogenannte Rooftop-Einheiten den Vorzug gegenüber herkömmlichen RLT-Geräten. Als größte Vorteile können die Zeitersparnis bei Planung, Installation und Inbetriebnahme sowie geringe Investitions- und interessante Betriebskosten genannt werden. Gerade bei der Klimatisierung von großen Lagerhallen haben die „Plug & Play“ Lösungen ihre Berechtigung gefunden. Ausführungen als Wärmepumpengeräte sind bereits Standard. Doch wo genau sind die Unterschiede zu den herkömmlichen RLT-Geräten, wo findet eine Abgrenzung statt?
Bei einer Rooftop-Unit (RTU) handelt es sich um ein kompaktes Lüftungsgerät mit Heiz- oder Kühlfunktion. Die Installation erfolgt (entsprechend der Namensgebung) normalerweise auf dem Dach von Gebäuden, sie können aber auch ebenerdig, z.B. auf einer Bodenplatte, aufgestellt werden. Immer öfter finden diese Geräte im Mietgeschäft Einsatz.
Bild 1 zeigt den typischen Geräteaufbau einer Rooftop Einheit. Hieraus wird ersichtlich, dass die umschaltbare Luft-Luft-Wärmepumpe direkt mit den Sektionen Luftbehandlung, Abluft und Wärmerückgewinnung fest auf einem Grundrahmen zu einer Einheit verbunden ist. Es sind auch Wasser-Luft-Wärmepumpenausführungen verfügbar, jedoch dominiert die Anwendung mit Luft als Rückkühlmedium aufgrund der größeren Unabhängigkeit und Flexibilität bei Außenaufstellung. Da bei einer Rooftopeinheit alle Sektionen fertig auf einem Grundrahmen montiert sind, gibt es aus diesem Grund natürliche Begrenzungen. Die maximale Baugröße liegt derzeit ungefähr bei einer Luftleistung von 50.000 m3/h, einer Kälte- bzw. Heizleistung von 270 kW, als externe Luftpressung können 1.000 Pa erzielt werden. Aufgrund der begrenzten maximalen Luftgeschwindigkeiten im Gerät sowie der Limitierung der Gehäusebaugröße für den Transport mit einem Standard-LKW sind auch in Zukunft keine signifikanten Luftmengenerhöhungen zu erwarten.
Funktionsprinzip
Das Funktionsprinzip mit Wärmerückgewinnungsrad für den Winterfall ist in Bild 2 dargestellt. Bei 100% Umluft (RCA) ist der Rotationswärmeübertrager aus, die Zuluft (SUP) wird durch die Wärmepumpe von 20°C auf 23°C erwärmt. Bei 50% Umluft (RCA) und 50% Außenluft (ODA) ist die WRG in Betrieb und erwärmt ODA von −10°C auf +10°C, durch die Mischung mit der 20°C warmen Abluft (ETA) entsteht eine Mischlufttemperatur von 15°C. Durch die Wärmepumpe wird diese auf 23°C Zuluft (SUP) erwärmt. Bei 100% Außenluft (ODA) wird die Außenluft von −10°C auf +8°C erwärmt. Durch die Wärmepumpe erfolgt dann eine Erwärmung auf 23°C Zulufttemperatur. Bild 3 verdeutlicht den Sommerfall. Auch hier ist bei 100% Umluft (RCA) der Rotationswärmeübertrager logischerweise aus, die Zuluft (SUP) wird durch die Kältemaschine um 5 K auf 18°C gekühlt. Bei 50% Umluft (RCA) und 50% Außenluft (ODA) ist der Rotationswärmeübertrager in Betrieb und kühlt die ODA von 35°C auf 25°C herab, die restliche Kühlung auf 18°C Zuluft (SUP) wird durch die Kältemaschine erbracht. Bei 100% Außenluft wird die Außenluft über die Wärmerückgewinnung (bzw. in diesem Fall Kälterückgewinnung) auf 27°C abgekühlt, durch die Kältemaschine erfolgt dann die weitere Abkühlung auf 18°C Zulufttemperatur. Abhängig von der Verdampfungstemperatur kann in diesem Fall die Entfeuchtung beeinflusst werden. Um eine ausreichende Temperatur- und Feuchteregelung zu erreichen, wird der Einsatz von drehzahlgeregelten Scrollverdichtern sowie Multiverdichteranwendungen empfohlen.
Wo ist die Abgrenzung zwischen Rooftop und RLT Gerät?
Hier betrachten wir die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG, diese legt Rahmenbedingungen für alle energieverbrauchenden Geräte fest. Sie ist für alle in der Europäischen Union verkauften und verwendeten Produkte verbindlich. Die Bestimmungen, die sich aus der Ökodesign-Richtlinie ergeben, legen für jede Produktfamilie Mindestwirkungsgrade fest, siehe Tabelle 1. Die Einhaltung der jeweils relevanten Verordnung ist Grundlage der Berechtigung zur CE-Kennzeichnung und somit zum Inverkehrbringen der Geräte.
Für unseren Fall sind unter anderem folgende Verordnungen zu berücksichtigen:
EU 2016/2281 für Rooftops/Roomtops, Komfort-Kaltwassersätze (Kühlen) und Hochtemperaturkühler
EU 1253/2014 für Lüftungsgeräte
Jedes Produkt kann nur unter eine Verordnung fallen. Interpretationsbedürftig scheint die Zuordnung der Rooftops zwischen der EU-Verordnung 1253/2014 für Lüftungsgeräte und der EU-Verordnung 2016/2281 zu sein, da es sich bei einem Rooftop um ein integriertes Gerät mit mehreren Funktionen handelt. Allerdings werden in der EU-Verordnung 1253/2014 in Artikel 1 „Gegenstand und Geltungsbereich“ Luftbehandlungsgeräte mit Wärmepumpenfunktion ausgeschlossen. Hier heißt es wörtlich:
„(2) Diese Verordnung gilt nicht für Lüftungsanlagen, die […]
g) einen Wärmeübertrager und eine Wärmepumpe zur Wärmegewinnung beinhalten oder eine Wärmeübertragung oder -entnahme über die des Wärmerückgewinnungssystems hinaus ermöglichen, mit Ausnahme der Wärmeübertragung zum Frostschutz oder zum Abtauen“.
Die Frage, welche Lüftungsanlagen in den Geltungsbereich der EU-Verordnung 1253/2014 fallen oder nicht, wurde im Dokument „EVIA/Eurovent Leiftaden zu Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen“ mit folgender Begründung nochmals geklärt:
„Kern der Verordnung ist die Spezifikation der Lüftungsfunktion einer Anlage. Stellt die Anlage zusätzliche Funktionen in Kombination mit Wärmepumpen oder durch Verwendung von Rezirkulations- oder Sekundärluft zur Verfügung, ist Lüftung möglicherweise nicht die Hauptfunktion.“ Es wird des Weiteren auf eine Tabelle mit 16 Punkten verwiesen, von denen die ersten sechs in Tabelle 2 wiedergegeben sind.
Somit fallen Rooftops nicht unter diese Verordnung, sondern sind, da sie einen Wärme- und Kälteerzeuger beinhalten (Wärmepumpe), konsequenterweise in der EU-Verordnung 2016/2281 geregelt. Hier sind im Anhang I die folgenden Begriffsbestimmungen zu finden:
„38. „Rooftop-Wärmepumpe“ bezeichnet eine von einem elektrischen Kompressor angetriebene Luft-Luft-Wärmepumpe, deren Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind;“ sowie „44. „Rooftop-Raumklimagerät“ bezeichnet ein mit einem elektrischen Verdichter betriebenes Luft-Luft-Raumklimagerät, dessen Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind“.
Eine Möglichkeit, um bestimmen zu können, ob ein Gerät unter die EU-Verordnung 1253/2014 für Lüftungsgeräte fällt, haben EVIA (European Ventilation Industry Association) und Eurovent zusammen einen Entscheidungsbaum entwickelt, siehe Bild 4.
Vor- und Nachteile eines Rooftop-Gerätes im Vergleich zum Lüftungsgerät
Wie bereits festgestellt, erfüllen auf den ersten Blick beide Gerätebauarten die Bedingungen für die Belüftung und Klimatisierung von Gebäuden. Im Detail bestehen aber signifikante Unterschiede, die je nach Anwendung und Anforderung den Einsatz von entweder Rooftops oder Lüftungsgeräten rechtfertigen. Nachfolgend werden die beiden Geräteformen anhand wichtiger Punkte miteinander verglichen.
Flexibilität
Rooftop-Einheiten sind seriengefertigte, zertifizierte Produkte mit einer hohen Fertigungsqualität, Modularität und Standardisierung. Die Einheit wird im Werk einem Testlauf unterzogen, es findet eine gleichzeitige Prüfung der Sektionen Kältemaschine, Luftbehandlung, Abluft, Wärmerückgewinnung und Regelung statt. Abhängig vom Hersteller sind viele Optionen verfügbar (z.B. Wasserregister, Gasbrenner, Elektroheizung), Luftvolumenströme bis ca. 50.000 m3/h bei maximal 1.000 Pa externer Pressung werden erreicht, Kälte- bzw. Heizleistung bis ca. 270 kW sind möglich.
Jedoch ist hier nicht die gleiche Flexibilität sowie Individualisierung wie bei Lüftungsgeräten möglich, wo explizit auf Kundenwünsche- und Anforderungen tiefer eingegangen werden kann (Abmessungen, Schallanforderungen, Schaltschrankbau nach Werksnorm usw.). Eine Entfeuchtung ist systembedingt nur in den Einsatzgrenzen des Kälteprozesses möglich. Hingegen muss (soweit gefordert) eine Befeuchtung im Allgemeinen über einen externen Befeuchter erfolgen. Dies gilt auch für eine Fettabscheidung und eine Geruchsneutralisation, die ebenfalls über weitere Komponenten im Kanalnetz realisiert werden müssen. Generell ist eine Abluftreinigung im industriellen Umfeld nur begrenzt möglich (Ölabscheidung u.ä.). Hygieneausführungen für Krankenhausanwendungen mit Erfüllung der VDI 6022 sind mit Rooftops nicht möglich.
Effizienz
Bezüglich der Effizienz ist bei Rooftop-Einheiten positiv zu bewerten, dass die Kälteerzeugung als unabhängiges Modul auf dem Grundrahmen montiert ist. Die Kompressionskälte und -wärmeerzeugung führt somit nicht zu luftseitigen Druckverlusten, die durch stärkere Ventilatoren kompensiert werden müssen, wie das z.B. bei im Zusammenhang mit Lüftungsgeräten installierten Lösungen der Fall ist. Durch die Direktverdampfung und -kondensation sind kein weiterer Wärmeübergang (wie bei wasserbeaufschlagten Registern) und keine Pumpen notwendig, Verteilverluste entfallen vollkommen.
Effizienzkennzahlen geben Auskunft über das gesamte System. Somit haben in diesem Punkt Rooftop-Einheiten ihre Stärke. Lüftungsgeräte haben bei der Wahl und Auslegung der Wärmerückgewinnung, bei der Verschaltung sowie bei der Möglichkeit der indirekten adiabaten und sorptionsgestützten Kühlung mehr Möglichkeiten, die Effizienz positiv zu beeinflussen. Eine pauschale Aussage, welche Bauart effizienter ist, und ein Vergleich der Betriebskosten können somit nicht vorgenommen werden.
Montage und Inbetriebnahme
Da Rooftops standardisierte Geräte sind, ist der Planungsprozess sowohl durch vorhandene Dokumente und Daten im klassischen DWG-Format als auch durch die Möglichkeit zur Nutzung BIM-fähiger Software vereinfacht. Schnittstellen mit beteiligten Gewerken reduzieren sich, Abmessungen und Gewicht sind in der Regel geringer als bei Lüftungsgeräten. RTUs werden als eine Komponente geliefert; hierdurch wird die Montage deutlich vereinfacht und beschleunigt. Sofern gewünscht, kann ein sogenannter Roofcurb oder Dachrahmen mit- oder vorab geliefert werden, der lediglich positioniert und ausgerichtet werden muss, wodurch sich die Montagezeit verkürzt.
Aufgrund des Werksprobelaufs und des stimmigen Standardkonzepts verkürzt sich die Inbetriebnahme im Vergleich zu einem Lüftungsgerät. Es ist weniger Kältemittel erforderlich und der Fertigungsstandard ist höher als bei einer Kälteverrohrung auf der Baustelle. Die Wartung kann von einem Servicetechniker des Herstellers durchgeführt werden. Das spricht für die RTU. Aufgrund der kompakten Bauweise können je nach Maschinenkonfiguration reduzierte Wartungsfreiräume vorzufinden sein. Durch die kompakte Bauweise, die Vorkonfiguration und die dadurch mögliche schnelle Inbetriebnahme haben Rooftop-Einheiten in den letzten Jahren auf dem Mietmarkt oftmals den Vorzug gegenüber luftgekühlten Kaltwassersätzen in Kombination mit Lüftungsgeräten erhalten. Eine Rooftop-Ausführung ist fast nur noch als Wärmepumpe erhältlich, reine Kälteausführungen verlieren aufgrund höherer Kosten bei Lagervorhaltung und Zertifizierung immer mehr an Bedeutung. Der Einsatz einer Wärmepumpe ist somit besonders in den Übergangszeiten Frühling und Herbst vorteilhaft.
Investitionskosten
Aufgrund der Serienfertigung und der kompakten Bauweise mit geringerem Material-aufwand kann man bei Rooftop-Einheiten von einer Reduzierung der Investitionskosten um 30–50 % gegenüber Lüftungsanlagen ausgehen. Werden die Projekt- und Kundenanforderungen durch eine Rooftop-Einheit erfüllt, ist dies bezüglicher der Investition die deutlich kostengünstigere Variante. Eine Aussage zu den Betriebskosten immer projektspezifisch zu ermitteln und pauschal nicht möglich.
Wie schaut es mit der Kältetechnik aus?
Scrollverdichter werden Herstellerübergreifend eingesetzt. Wie überall in der Kältetechnik geht die Tendenz von stufiger Leistungsregelung auf stufenlose Leistungsregelung mit Frequenzumrichtern. Besonders bei Direktverdampfung, wo kein Puffer zwischengeschaltet wird, ist eine genaue Leistungsanpassung unabdingbar, um eine hohe Regelgüte sicherzustellen. Neben der genaueren Sollwerteinhaltung hat diese Regelungsform aber auch eine signifikante Auswirkung auf die Effizienz im Teillastbetrieb. Gerade im unteren Lastbetrieb von 30-70% ist eine Erhöhung des EER von bis zu 40% möglich. Weitere Informationen gibt hierzu Bild 5.
Als Kältemittel wird wie auch bei Kaltwassersätzen mit Scrollverdichtern oft R32 eingesetzt. Im Vergleich zu R410A verringert sich die Füllmenge und das CO2-Äquivalent für die Rooftop-Einheit. Was passiert bei einer Undichtigkeit? Ein Sensor ist auf dem Zuluftwärmeübertrager montiert; dieser hat einen Ansprechbereich von 20 bis 2.000 ppm. Bei Detektion erfolgt ein Pump-Down, das Kältemittel wird in das Verflüssigerregister gefördert, das Expansionsventil schließt und der Verdichter schaltet ab. Die Zu- und Abluftventilatoren fördern den maximalen Luftvolumenstrom, um ausgetretenes Kältemittel zu verdünnen. Die Regelung gibt an die Gebäudeleittechnik eine Störmeldung aus. Optional ist eine Cloud-Aufschaltung des gesamten Systems möglich, was auch schon präventive Wartungseingriffe ermöglicht.
Zusammenfassung
Rooftop Einheiten können eine interessante Alternative zu RLT-Geräten darstellen, wenn die kundenseitigen Anforderungen damit erfüllt werden können. Besonders die vollständige Fertigung im Werk mit Probelauf und Abstimmung der Gewerke Lüftung, Wärmepumpe und Regelung sind vorteilhaft zu bewerten. Dadurch wird eine Einsparung bei der Montage und Inbetriebnahme auf der Baustelle erreicht. Es wird empfohlen projektspezifisch eine Rooftop- und AHU-Einheit gegenüberzustellen und auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen. Eine Fernüberwachung wird empfohlen, egal ob beim Rooftop oder RLT-Gerät, um ein schnelles, aber auch präventives Eingreifen sicherzustellen.
Zum Autor:
Dipl.-Ing. (FH) Lars Keller ist Sachkundiger und Referent für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645. Er kann auf 20 Jahren Erfahrung in Projektierung und Vertrieb von Kälte- und Klimaanlagen und Wärmepumpen zurückgreifen und hat bereits mehrere Fachbücher veröffentlicht:
• Leitfaden für Lüftungs- und Klimaanlagen, 5. Auflage
• Leitfaden für Kompressionswasserkühlsätze, 3. Auflage
• Leitfaden für Wärmepumpenanlagen, 1. Auflage (zusammen mit Markus Heigele)
Bestellmöglichkeit unter
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