Abwärme ist kein Abfall

Abwärmenutzung eines Rechenzentrums und Geothermiekühlung

Beim Neubau eines Hochsicherheits-Rechenzentrums für den Eigenbetrieb und Kundenhosting der Firma „bisping&bisping“ kam ein gesamtheitliches und effizientes Klimasystem mit Gebäudeheizung und -kühlung zum Einsatz, das ohne klassische Kühlungs- oder Wärmerzeugung durch Strom, fossile Brennstoffe oder Kompression auskommt. Besonderes Augenmerk wurde auf die Abwärmenutzung zur Gebäudebeheizung gelegt. Für den Sommerbetrieb wird die nötige Kühlung über ein Geothermiefeld realisiert.

Die Firma BM Green Cooling setzt seit ca. zehn Jahren eine Kombination von Reihenkühlgeräten mit geothermischer Kälteerzeugung ein, um Rechenzentren möglichst energieeffizient zu kühlen. Hierbei sind partielle PUE´s von 1,03 die Regel. Dieses Know-how hat sich das bundes- und europaweit tätige Kommunikationsunternehmen bisping&bisping zu Nutze gemacht, um ein hoch effizientes Rechenzentrum in die neue Firmenzentrale zu integrieren.

bisping&bisping ist ein innovativer Partner mittelständischer Unternehmen, weltweiter Konzerne und öffentlicher Einrichtungen, der in den Bereichen Breitbandausbau, Telekommunikation, IT, Internet- und Carrier-Dienste, Web-Entwicklung sowie Kommunikationsmedien tätig ist. Diese Bereiche benötigen viel Rechenleistung, Speicherkapazität und Organisation. Vor allem die Rechenleistung sorgt für eine große Wärmeentwicklung. Insgesamt gibt die IT bis zu 50 kW Wärme ab.

Hohe Effizienz preiswert gestalten

Der Bauherr bisping&bisping forderte, dass die Gesamtkosten der Klimatisierung nicht höher als eine konventionelle Lösung, einer Kombination aus Kaltwassersatz und indirekter freier Kühlung, sein dürfen. Das Bohren eines Geothermiefeldes ist relativ teuer. Daher wurden Überlegungen angestellt, wie diese Kosten gesenkt werden können und wo sonst noch eingespart werden kann.

Das Geothermiefeld kann preiswerter werden, wenn die Nutzungszeit gesenkt wird. Dies kann durch einen Mischbetrieb geschehen. Das warme Wasser aus dem Rücklauf des Systems wird zunächst über einen Freikühler vorgekühlt. Somit wird die Zeit, in der die gesamte Leistung über die Geothermie abgeführt werden muss, drastisch reduziert.

Außerdem konnte durch den Mischbetrieb das Geothermiefeld kostengünstiger werden, da ca. die Hälfte der Bohrungen weggelassen werden konnten und somit die verbleibenden Geothermiesonden aktiv zurückgekühlt werden. Der hocheffiziente Freikühler hat bei niedrigen Außentemperaturen ein Vielfaches der Auslegungsleistung und kann das Wasser weiter herunter kühlen, als das Erdreich warm ist. Somit werden die Geothermiesonden regeneriert.

Eine weitere Einsparmöglichkeit ist die Heizung. Bei einer benötigten Heizleistung von 25 kW reicht die Hälfte der maximalen Wärmeabgabe des Rechenzentrums aus, um das restliche Gebäude zu heizen. Hierzu wurde in die Reihenkühlgeräte ein zweiter Wärmeübertrager integriert, der die Abwärme nutzbar macht. Hier ist ein zusätzliches Wassernetz angeschlossen, das die hohen Temperaturen aufnimmt und eine Warmwasser-Vorlauftemperatur in der Fußbodenheizung von 33 °C bietet. Der andere Wärmeübertrager kühlt die Luft auf eine Zulufttemperatur von 25 °C. Somit wird keine separate Heizung benötigt.

Redundanz clever genutzt

Im Rechenzentrumsbereich ist Ausfallsicherheit ein zentrales Kriterium. Um die Verfügbarkeitsklasse III nach TÜV IT zu erreichen, gelten strenge Vorgaben. Es muss eine N+1-Redundanz gewährleistet werden. Das heißt, die Kühlung benötigt ein Backup-System, um im Fehlerfall weiterhin genügend Kühlleistung zur Verfügung stellen zu können.

Dieses Backup-System wurde in der Kälteerzeugung als luftgekühlter Kaltwassersatz mit Wärmepumpenfunktion umgesetzt. Bei Problemen der Geothermie wird die Kühlung konventionell bereitgestellt. Außerdem kann bei zu geringer Last im Rechenzentrum auch die Heizung unterstützt werden. So auch kurz nach der Inbetriebnahme geschehen, als erst ein kleiner Teil der IT in dieses Rechenzentrum gezogen ist. Seit Beginn der folgenden Heizperiode war genügend Abwärme vorhanden und die Wärmepumpe dient wieder nur als reines Backup-System.

Außer der Kaltwassererzeugung müssen auch die Reihenkühlgeräte redundant ausgelegt werden. Hierzu wurden vier anstatt der drei benötigten Reihenkühlgeräte installiert. Dies hat im Normalbetrieb den Vorteil, dass jedes einzelne Gerät nur 75 % Leistung aufbringen muss. Somit sinkt an jedem Gerät auch der Volumenstrom und der elektrische Leistungsbedarf der Ventilatoren nimmt stark ab.

Eine Ringleitung sorgt dafür, dass bei einer Leckage der entsprechende Abschnitt vom restlichen System getrennt und repariert werden kann.

Die Regelung der Anlage wurde für die individuellen Wünsche des Kunden und eine maximale Effizienz maßgeschneidert programmiert. Im Störfall wird auf das Backup-System umgeschaltet. Das System erkennt Fehler und gibt diese an die Gebäudeautomation und an BM Green Cooling weiter. Somit kann sehr schnell auf jegliche Fehler reagiert werden. Auch bei Komplettausfall der Regelung ist ein weiterer Betrieb die Anlage gewährleistet, da der Kaltwassersatz und jedes Reihenkühlgerät autark geregelt sind. Die Ventile in den Hauptleitungen besitzen einen Federrückzug, weshalb auch bei fehlendem Regelungssignal die richtige Position für den Notbetrieb eingestellt wird.

Fazit

Das Zusammenspiel von effizienter Geothermienutzung und geringen Investitionskosten gelingt nur dann, wenn alle Komponenten auf hohe Wasservorlauftemperaturen optimiert sind. Der „FrontCooler“ ist eines der Produkte von BM Green Cooling, welcher dieser Anforderung gewachsen ist. Durch höhere Wasservorlauftemperaturen verringert sich die Energiemenge, die vom Erdreich aufgenommen werden muss. Das bedeutet, dass weniger gebohrt werden muss, was sich positiv auf Platzbedarf und Investitionskosten auswirkt.

Das Projekt wurde beim Chillventa Award 2018 eingereicht und schaffte es auf die Shortlist der Jury. Auch 2020 wird es wieder einen Chillventa Award geben. Halten Sie schon 2019 Ausschau nach würdigen Projekten, die Sie einreichen können!

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