Flüssigkühlung im Rechenzentrum

Nice to have oder wirklich notwendig?

Der Energieverbrauch in deutschen Rechenzentren ist mittlerweile zu einem ernstzunehmenden Thema herangewachsen. Einen großen Anteil daran hat die Klimatisierung der Rechenzentren. In den meisten Fällen setzen Betreiber auf die Luftkühlung. Eine andere Möglichkeit, die Temperaturen in den Griff zu bekommen, stellt aber auch die Flüssigkeitskühlung dar. Die verschiedenen technischen Möglichkeiten in diesem Zusammenhang werden nachfolgend vorgestellt.

In der IT-Branche wurden im Jahr 2015 bereits 12 TWh an Energie verbraucht, die Prognose bis 2025 geht über 16 TWh hinaus. Um zu versinnbildlichen, von welcher Größenordnung hier die Rede ist, sei als Vergleich genannt, dass der aktuelle Wert ungefähr dem Wert von etwa 3 Mio. Privathaushalten entspricht. Durch verschiedenste Treiber in der Technologie, wie Big Data, Content Delivery Networks, 5G, Machine Learning u.v.m. ist ein Ende nicht in Sicht. Man geht vielmehr davon aus, dass der Bedarf und der daraus folgende Bau von Rechenzentren immer weiter steigen wird. Das Prekäre an der Sache ist allerdings, dass die verbrauchte Energie zu 99 % in Form von Wärme wieder an die Atmosphäre abgegeben wird, ohne sie sinnvoll zu nutzen.

Aber nicht nur die ungenutzte Abwärme ist ein Problem. Durch die immer höher werdenden Packdichten werden Energiedichten von 1,5 kW und mehr pro Höheneinheit immer häufiger. Setzt man diese Werte mit den durchschnittlichen Anschlussleitungen von Racks im RZ (ca. 5 kW) ins Verhältnis, stellt man schnell fest, dass mit herkömmlicher Luftkühlung zukünftig zwangsläufig sehr viel Platz im Rack ungenutzt bleibt, sehr zu Lasten der Effizienz. Treiber dieser hohen Packdichten sind neue Formfaktoren, Hyperconverged Systems (Compute, Storage und Netzwerk in einem Gehäuse), GPU Computing u.a.

Die BITKOM hat im Jahre 2015 eine Befragung durchgeführt und festgestellt, dass nur etwa 32 % der Betreiber von Rechenzentren überhaupt in irgendeiner Form Abwärmenutzung betreiben. Als Gründe für die Nichtnutzung wurden Gründe genannt, wie „Temperaturniveau zu niedrig“, „keine Abnehmer vorhanden“, „keine wirtschaftliche Nutzung möglich“ oder „zu hohe Investitionen“.

Darum liegt es eigentlich auf der Hand, sich über alternative Kühlmethoden Gedanken zu machen. Flüssigkühlung soll es richten, da man durch die viel höhere Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu Luft die Wärme zum einen wesentlich besser übertragen und speichern, zum anderen aber auch viel besser nutzbar machen kann. Aber welche Methode ist das Mittel der Wahl?

Hybrid-Kühlung (teils flüssig gekühlte Komponenten)

Die Hybrid-Kühlung ist eine Methode, die sich bereits seit Jahren im HPC-Umfeld der wissenschaftlichen Rechenzentren bewährt hat. Bei dieser Variante werden Komponenten wie CPUs, RAM und Netzwerkchips mit verrohrten Kühlkörpern flüssig entwärmt. Man ist dadurch in der Lage, die Temperatur direkt an den Hochleistungskomponenten abzugreifen, was wiederum eine Verwendung der Prozesswärme ermöglicht. Dennoch gibt es hier noch immer Komponenten, die herkömmlich mit Luft gekühlt werden (Festplatten, Netzwerk, Netzteile). Für diesen Teilbereich muss also noch immer die herkömmliche, luftgekühlte Infrastruktur vorgehalten werden, was auch doppelten Wartungsaufwand bedeutet. Darüber hinaus ist ein Wegfall von beweglichen Teilen nicht möglich, denn man benötigt weiterhin Lüfter.

 

Immersionskühlung

Bei dieser Kühlungsmethode werden Komponenten direkt in nichtleitende Flüssigkeit eingetaucht. Durch diese Vorgehensweise ist es möglich, eine sehr gute Wärmeübertragung zu bewerkstelligen. Die Komponenten können weitestgehend unverändert bleiben und mitunter durch das Ausnutzen von Verdunstungskälte benötigt diese Methode wesentlich weniger Elektrizität als andere Varianten. Besonders charmant ist der nahezu geräuschlose Einsatz. Die Verdunstung ist aber auch ein Manko, denn durch starke Hitzebelastungen verdunstet das Kühlmedium schneller und ein Nachfüllen wird notwendig. Generell ist die Wartung recht aufwändig, denn der Kontakt mit dem Kühlmedium ist im Wartungsfall nicht zu vermeiden. Aus diesem Grund ist auch eine Disaster-Recovery-Planung schwierig zu gestalten. Darüber hinaus sind auch die Installationskosten im Vergleich zu herkömmlichen Methoden deutlich höher.

 

Flüssig gekühltes Rack

Diese Herangehensweise ist mittlerweile bereits als Standard zu betrachten und man kann sich hier aus einem breiten Portfolio verschiedener Hersteller bedienen. Der Grund dafür ist hauptsächlich, dass keine Anpassungen der Komponenten notwendig sind. Eine einfache Anbindung an Kaltwassersätze ist auch möglich. Allerdings kommen auch hier immer noch viele bewegliche Teile zu Einsatz, was den Wartungsaufwand auf einem hohen Level hält. Steigende Preise bei den Kühlmedien schlagen zumindest bei bestehenden Systemen mehr und mehr zu Buche. Erhöhter Platzbedarf zwischen den Racks oder wegen benötigter Isolationen wirken den angestrebten Packdichten bei den Komponenten entgegen.

 

Direkte Flüssigkühlung mit Kühlkörper

Durch das vollflächige Anbringen von mit Flüssigkeit durchströmten Kühlkörpern an den Komponenten, wie Mainboards, wird eine sehr hohe Packdichte möglich. Hotspots werden vermieden und durch den Wegfall von Systemlüftern ist ein geräuschloser Betrieb möglich. Das Konzept ermöglicht eine klare Trennung der beiden Welten (IT und Facility) und ist somit sehr leicht wartbar. Hohe Temperaturniveaus ermöglichen eine gute Wärmerückgewinnung z.B. für das Einspeisen in Pufferspeichersysteme, Fernwärmenetze oder den Betrieb von Adsorptionskältemaschinen. Freie Kühlung ohne Kompressionskälte ist ganzjährig möglich. Allerdings kostet es viele Anwender Überwindung, das Wasser quasi direkt an die Platinen zu bringen. Weitere Herausforderungen sind die mögliche Verunreinigung des Kühlkreislaufes durch Bakterien und Organismen und eine nötige Ertüchtigung des Gebäudes.

Generell ist zu sagen, dass unter Berücksichtigung des weiter steigenden Energiebedarfs ein Umdenken oder Paradigmenwechsel unumgänglich wird. Herkömmliche Lüftkühlungskonzepte werden künftig nicht mehr in der Lage sein, die enorme Wärmelast vernünftig zu kühlen. Ein Entgegenwirken gegen die hohen Strompreise in Deutschland kann die Wärmerückgewinnung darstellen.

Welches Kühlungskonzept für den Einzelnen das richtige ist, muss jeder Betreiber für sich selbst bewerten, nachdem er die allgemeine Wasserscheu überwunden hat.

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