Ammoniakanlagen mit geringer Füllmenge

Viele Gründe für wenig Kältemittel

Ammoniak ist ein umweltfreundliches und zukunftssicheres Kältemittel. Es wurde traditionell in industriellen Anwendungen mit Kälteleistungen von bis zu mehreren Megawatt und großen Füllmengen verwendet. Aufgrund der Entflammbarkeit und Toxizität von Ammoniak stellen diese Anlagen jedoch hohe sicherheitstechnische Anforderungen an das Systemdesign im Vergleich zu solchen mit synthetischen Kältemitteln. Die Weiterentwicklung von System und Komponenten resultierte jedoch in einer breiteren Akzeptanz von Ammoniak-Anlagen mit geringen Füllmengen als eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Systemen – und zwar über einen sich stetig erweiternden Anwendungsbereich.

Die Füllmenge herkömmlicher pumpenbasierter Ammoniak-Kälteanlagen liegt in der Regel bei 2 bis 3 kg pro kW Kälteleistung. Im Vergleich dazu sind diese bei Low-Charge-Systemen deutlich geringer – typischerweise liegen sie unter 1,3 kg pro kW – es sind jedoch auch Anwendungen mit nur 0,06 kg pro kW möglich. Durch die geringen Kältemittelmengen reduzieren sich die Gefahren für Gesundheit und Sicherheit im Fall einer Leckage. Das führt zu einer Vereinfachung bei den behördlichen Genehmigungsverfahren, da für Anlagen mit geringeren Füllmengen deutlich weniger Auflagen und Vorschriften zu berücksichtigen sind. Auch die Planung, der Betrieb und die Instandhaltung einiger Low-Charge-Systeme sind einfacher, da sie aus weniger Komponenten bestehen und Systeme als fabrikfertige Einheit hergestellt werden. Oft werden keine Pumpen benötigt, um das Kältemittel im System zu fördern, und sowohl Rohrleitungen als auch Behälter können kleiner ausfallen.

 

Anlagen mit 95 % weniger Ammoniakfüllung

Kälteanlagen mit geringen Füllmengen können vergleichbare Leistungen wie herkömmliche pumpenbasierte Anlagen erreichen, aber mit einem Bruchteil des Kältemittelvorrats. In traditionellen Kälteanlagen zirkuliert mehr Kältemittelflüssigkeit als erforderlich, um im Verdampfer Wärme zu entziehen. Damit beträgt die Überschuss-Rate, also das Verhältnis von flüssigem zu gasförmigem Ammoniak, je nach System 2:1 bis 8:1. Anders ausgedrückt: Von den zwei bis acht Kilogramm Kältemittel, die durch das System gepumpt werden, verdampft nur ein Kilogramm in die Gasphase. Bei Low-Charge-Anlagen beträgt das Verhältnis üblicherweise weniger als 1,2 zu 1. „Durch ein geeignetes Systemdesign lässt sich die Füllmenge mit Ammoniak im Gesamtsystem um 75 % und im Verdampfer sogar ohne nennenswerte Leistungseinbußen um 95 % reduzieren“, erklärt Rob Lamb, Marketing Director beim eurammon-Mitglied Star Refrigeration Ltd.

Diese geringen Zirkulationsmengen sind durch ein weiterentwickeltes Verdampfer-Design für u.a. Kühl- und Gefrierlagerung sowie Schockfroster möglich, bei dem Aluminiumrohre zum Einsatz kommen. Herkömmliche Luftkühler nutzen rostfreie oder galvanisierte Stahlrohre, welche ca. eine 4-fache Überströmrate benötigen, um die vorgesehene Kühlleistung zu erreichen. Aluminium besitzt eine doppelt so hohe Wärmeleitfähigkeit wie galvanisierter Stahl und die 12,6-fache Leitfähigkeit von rostfreiem Stahl (304L). Das Ergebnis ist eine verbesserte Wärmeübertragung zwischen der Raumluft und dem Kältemittel und damit eine höhere Effizienz als bei pumpenbasierten Systemen bei gleichen Betriebsbedingungen.

 

Voraussetzungen – sauber kalkulieren und arbeiten

Bei der Konzeption von Low-Charge-Systemen ist besonders auf die korrekt bemessene Füllmenge und Sauberkeit bei der Installation zu achten. „Für eine optimale Effizienz und einen dauerhaft sicheren Betrieb ist es unabdingbar, dass die benötigte Menge Ammoniak akkurat berechnet wird. Sie muss ausreichend groß sein, um einen stabilen und effizienten Betrieb über den gesamten Anwendungsbereich der Anlage zu ermöglicht – wobei auch unterschiedliche Umgebungstemperaturen und Systemlasten zu berücksichtigen sind“, so Lamb. Zu geringe Füllmengen sind eine Gefahr für die dauerhafte Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Gesamtsystems, z. B. wenn durch ein Leck geringe Mengen an Kältemittel austreten und so die Kälteleistung und Effizienz der Anlage sinken. Während der Installation ist es zudem wichtig, auf die Sauberkeit zu achten. „Durch die geringe erforderliche Zirkulationsmenge in Low-Charge-Systemen können kleine Düsen bei Expansionsventilen leicht durch Schmutz aus dem Installationsprozess verstopfen.“ Dagegen verfügen die Kälteanlagen über ein einfaches Systemdesign, haben einen leicht reduzierten Wartungsbedarf und sind somit im laufenden Betrieb kostengünstiger.

 

Neue Einsatzbereiche – von Prozesskälte bis HVAC

Aufgrund der hohen Systemleistungen erobert die Low-Charge-Technologie Anwendungsbereiche, in denen bislang klassische Ammoniak-Systeme oder Anlagen mit synthetischen Kältemitteln zum Einsatz kamen. Dazu zählen Anlagen für Tiefkühlung und Kühllagerung sowie für die Lebensmittelindustrie, Prozesskälte, die Kühlung von Datenzentren und der Bereich HVAC. Ein gutes Beispiel für die Leistungsfähigkeit und Flexibilität von Anlagen mit geringen Füllmengen ist die neu errichtete Kälteanlage für den britischen Lebensmittel- und Tiefkühl-Spezialisten Farmfoods. Das Unternehmen betreibt UK-weit rund 300 Lebensmittelgeschäfte – und suchte nach einer energieeffizienten Kältemittelanlage mit natürlichen Kältemitteln für das neue Verteilerzentrum in Bristol, das die Geschäfte im Süden Englands versorgen soll. Farmfoods entschied sich für zwei „Azanefreezer“ der Firma Star Refrigeration Ltd. mit Ammoniak als Kältemittel. Mit einer Gesamtkälteleistung von 530 kW sorgen sie in den Tiefkühlräumen dauerhaft und zuverlässig für -22 °C. Die Bereiche zur Kühllagerung werden von einem „Azanechiller“ mit Ammoniak und einer Leistung von 120 kW über einen Glykol-Kreislauf auf +2 °C gekühlt. Durch das intelligente Systemdesign konnte die Ammoniak-Füllmenge in beiden Systemen auf 0,25 kg pro kW beziehungsweise 0,1 kg pro kW reduziert werden. Die neuen Anlagen sind nicht nur sehr effizient, dank des natürlichen Kältemittels Ammoniak reduziert das Unternehmen auch seinen ökologischen Fußabdruck – ein Umstand, der immer mehr Endkunden wichtig wird.

Für eurammon-Mitglied Rob Lamb von Star Refrigeration Ltd. ist das Projekt ein guter Beleg für das Potenzial und die wachsende Bedeutung von Low-Charge-Kälteanlagen. „Sie kombinieren hohe Effizienz, ein vergleichsweise einfaches Systemdesign, relativ geringe regulatorische Anforderungen mit hoher Umweltfreundlichkeit, was Kälteanlagen mit geringen Ammoniak-Füllmengen zu einer attraktiven Alternative für nahezu jedes Anwendungssegment macht – auch in hohen Leistungsbereichen“, so Lamb.

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