Das Handwerk als Flaschenhals?
Es gibt kaum eine Branche, die derzeit von sich behaupten könnte, in genügender Zahl qualifizierte Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt finden zu können. Hier stellt die Kälte- und Klimabranche keine Ausnahme dar. Die Folge ist ein Hauen und Stechen auf dem Arbeitsmarkt, qualifizierte Mitarbeiter werden gegenseitig abgeworben und die Gehaltsspirale dreht sich nach oben. Das Problem beginnt aber schon früher, denn auch auf dem Ausbildungsmarkt buhlen die Branchen um die qualifizierten Schulabgänger. Konnte man früher die Spreu vom Weizen trennen, muss heute so mancher ausbildungswillige Betrieb froh sein, überhaupt Bewerber zu finden.
Die Situation führt insgesamt dazu, dass im installierenden Handwerk so mancher Auftrag abgelehnt werden muss, bzw. Kunden lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, weil einfach die Manpower fehlt. Das wiederum lässt bei manchen Herstellern die Alarmglocken klingeln, weil der Verkauf der eigenen Produkte ins Stocken kommt. Das wird dann schnell dem Handwerk vorgeworfen und es wird als „Flaschenhals“ für den gebremsten eigenen wirtschaftlichen Erfolg kritisiert. Doch man weiß ja: Wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, zeigen drei auf einen selbst zurück. Die lautesten Kritiker in der Industrie sollten sich einmal an die eigene Nase fassen und sich fragen, was sie selbst eigentlich zur Entschärfung des Fachkräftemangels tun. Viele Hersteller bilden nur in kaufmännischen Berufen aus, aber keinen einzigen Kälteanlagenbauer. Um den eigenen Bedarf an Fachleuten für Entwicklung, Außendienst, etc. zu decken, wird dann munter der vom Handwerk ausgebildete Nachwuchs für den eigenen Bedarf abgeworben, um anschließend den Vorwurf des „Flaschenhalses Handwerk“ zu formulieren. Das geht so nicht!
Wer als Hersteller keine geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten im Unternehmen hat, sollte dies nicht als Ausrede für das Nicht-Ausbilden nutzen, sondern schleunigst die nötigen Strukturen schaffen. Oder man unterstützt wenigstens finanziell Aktionen wie „N.I.K.K.I.“, die Nachwuchs-Initiative Kälte-Klima-Industrie. Dass diese gute Initiative erst eine Handvoll Unterstützer gefunden hat, ist doch ein Armutszeugnis für unsere Branche bzw. eine Auszeichnung für die sich beteiligenden Firmen. Was übrigens das Handwerk leistet, zeigen die Beiträge „Wie begegnet das Handwerk dem Fachkräftemangel?“ auf Seite 54 und „Jammern gibt es bei uns nicht!“ auf Seite 55 in dieser KKA. Nehmen Sie sich ein Beispiel daran. Bilden Sie – egal ob Sie in der Industrie, im Handel oder im Handwerk Verantwortung für eine Firma tragen – so viele junge Menschen aus wie möglich, bzw. beginnen Sie endlich damit! Trommeln Sie überall und verkünden Sie, wie genial unsere Branche ist, um junge Menschen für die Kälte- und Klimatechnik zu interessieren. Davon profitieren wir alle!
Ihr Christoph Brauneis