Den Preis selbstbewusst verkaufen
Unnötige Preisnachlässe vermeiden
Handwerker gewähren oft unnötige Preisnachlässe, weil sie glauben: Die Kunden akzeptieren den Preis nicht. Dadurch schmälern sie den Ertrag und die Zukunftsaussichten ihrer Betriebe. Außerdem halsen sie sich überflüssige Mehrarbeit auf.
Kunden haben ein Gespür dafür, ob ein Preis angemessen ist. Das zeigen die Untersuchungen des Neurobiologen Dr. Kai-Markus Müller: Er untersuchte mittels Messungen der Hirnaktivität von Personen, wie diese auf unterschiedliche Preise für ein- und dasselbe Produkt reagieren. Zum Beispiel einen Becher Kaffee. Dabei zeigte sich: Empfinden Kunden einen Preis als zu hoch oder niedrig, reagiert ihr Gehirn heftig. Das heißt, sie sind geschockt, voller Zweifel oder erstaunt. Erachten sie einen Preis hingegen als angemessen, reagiert das Gehirn entspannt. Es gibt also eine Art „Wohlfühl-Preis“, der von Kunden akzeptiert wird. Und noch etwas ergaben die Untersuchungen: Dieser Preis liegt nicht selten über dem Preis, den Unternehmen fordern.
Selbstbewusst zum Preis stehen
Doch wann fühlen sich Kunden mit einem Preis „wohl“? Entscheidend ist, welchen Wert sie einem Produkt oder einer Leistung zuschreiben – also welchen Nutzen oder Gewinn sie sich hiervon versprechen. Was ein Kunde als teuer oder günstig empfindet, ist also eine relative Größe. Und ob er den Preis als angemessen erfährt, das wird maßgeblich vom Auftreten und Verhalten des Verkäufers beeinflusst.
Vielen Handwerkern ist dieser Zusammenhang nicht bewusst. Entsprechend zögerlich nennen sie den Preis, und entsprechend halbherzig verteidigen sie ihn. Denn sie befürchten: Der Preis schockt die Kunden – auch weil sie oft selbst das Credo verinnerlicht haben: „Unsere Leistungen sind teuer“. Von solchen Glaubensätzen müssen sich Handwerker befreien. Denn nur, wenn sie hinter ihrem Angebot und ihren Preisen stehen, können sie diese auch selbstbewusst präsentieren.
Preisnachlässe sind ein Gewinnverzicht
Oft haben gerade Handwerker mit hohen ethischen Prinzipien ein gespaltenes Verhältnis zum Preis. Denn sie wollen den Kunden einen möglichst großen Nutzen bieten – das ehrt sie. Ihnen ist aber nicht ausreichend bewusst, dass ihr Betrieb zumindest mittel- und langfristig dies nur kann, wenn er den nötigen Gewinn erzielt. Denn sonst fehlen ihm die Mittel, um seine Kompetenz und (technische und personelle) Infrastruktur so zu entwickeln, dass diese zumindest mit der Marktentwicklung Schritt halten. Deshalb dürfen Handwerker sich nicht mit dem verständlichen Wunsch vieler Kunden solidarisieren, für eine gewünschte Leistung einen möglichst niedrigen Preis zu zahlen. Denn dann finden sie stets eine Begründung und einen Weg, um einen Preisnachlass zu gewähren.
Vielen Handwerkern ist zudem nicht bewusst, wie stark sich schon geringe Preisnachlässe auf den Ertrag ihrer Betriebe auswirken. Hierfür ein Beispiel. Angenommen die Leistung eines Handwerksbetriebs kostet 1000 Euro und seine Gewinnmarge beträgt 10 % – also 100 Euro. Dann bedeutet ein scheinbar geringer Preisnachlass von 50 Euro: Die Gewinnmarge des Betriebs sinkt von 10 auf 5 %, also um 50 %. Und der Handwerker oder Betrieb? Er muss, um denselben Gewinn zu erzielen, doppelt so viele Aufträge an Land ziehen und abarbeiten, als wenn er keine Preisnachlässe gewähren würde – was deutlich schwieriger ist, als beispielsweise aufgrund einer sauberen Nutzenargumentation weniger Preisnachlässe zu gewähren.
Selbst vom Wert der Leistung überzeugt sein
Weil Handwerker häufig selbst nicht ausreichend vom Wert ihrer Leistung überzeugt sind, reden sie bei der Preisargumentation zuweilen die Leistungen ihrer Mitbewerber schlecht. Dass die Konkurrenz (eventuell) schlecht ist, beweist aber noch lange nicht, dass ihre Leistung ihren Preis wert ist. Bleiben Sie deshalb bei der Preisargumentation bei Ihrem Angebot und legen Sie Ihren Kunden dessen Vorzüge dar.
Handwerker sollten den Preis erst nennen, wenn sie beim Interessenten eine Wertvorstellung für ihr Produkt oder ihre Leistung entwickelt haben. Denn dann weiß der Kunde, welche Vorteile er kauft. Also akzeptiert er auch eher den Preis. Denn Menschen kaufen nie einen Preis, sondern stets den mit einem Angebot verbundenen Nutzen. Das ist eine elementare Regel im Verkauf.
So sind Kunden zum Beispiel oft überrascht, wenn sie erstmals hören, dass eine Leistung 1000, 5000 oder gar 10 000 Euro kostet – auch weil sie häufig keine Erfahrung mit deren Kauf haben. Anders ist es, wenn sie wissen, wie die Leistung ihnen beispielsweise hilft,
ihr Leben sicherer, angenehmer, stressfreier zu gestalten,
Kosten und Zeit zu sparen,
und, und, und …
Dann relativiert sich für sie der Preis, denn sie können ihn in Beziehung zu einem „Gewinn“ setzen. Nennen Sie deshalb den Preis erst, wenn der Nutzen und die Rahmenbedingungen geklärt sind. Denn dann kommt es oft gar nicht zu einer ernsthaften Preisverhandlung, weil der Kunde das Produkt oder die Leistung zwar nicht als „billig“, aber als „preis-wert“ erachtet.
Den Kunden in die Pflicht nehmen
Um Überraschungen bei der Preisverhandlung zu vermeiden, sollten Sie, bevor Sie den Preis nennen, zum Beispiel fragen: „Sind all Ihre Fragen zu dem Produkt … (oder zur Leistung …) geklärt?“ Und: „Heißt das, dass Sie mir, wenn wir uns über die Höhe Ihrer Investition einigen, hier und heute den Auftrag geben?“
Beantwortet der Kunde beide Fragen mit „Ja“, ist dies eine Selbstverpflichtung von ihm: „Ich kaufe, wenn ...“. Holen Sie diese Selbstverpflichtung des Interessenten ein. Sonst ist die Gefahr groß, dass Sie nach dem Nennen des Preises die Floskel hören: „Herr Müller, ich überlege mir das noch mal und rufe Sie in den nächsten Tagen an.“ Dann meldet sich der Kunde wahrscheinlich nicht mehr, oder er teilt Ihnen irgendwann mit: „Ich habe mich für ein anderes Angebot entscheiden.“
Entscheidend für das Verkaufen ist eine mentale Beschäftigung mit dem Preis. Denn wenn Sie ihn selbst als angemessen und fair erfahren, dann können Sie ihn auch selbstbewusst verkaufen.