Ein Ventilator aus Rizinusöl

Interview mit Peter Fenkl, Vorstandsvorsitzender von Ziehl-Abegg

Der Ventilatorenhersteller Ziehl-Abegg hat 2013 einen bionischen Bio-Ventilator vorgestellt. Der neue Ventilator besteht aus Bio-Polyamiden, die auf Rizinusöl basieren. Neben der CO2-Einsparung gibt es Verbesserungen bei der Belastbarkeit, der Temperatur- und der Langzeitbeständigkeit sowie den mechanischen Eigenschaften. Im Interview mit der KKA erläutert Peter Fenkl, Vorstandsvorsitzender von Ziehl-Abegg, die Hintergründe und Chancen dieser Entwicklung.

KKA: Sehr geehrter Herr Fenkl, ein Ventilator auf Basis von Rizinusöl – wie kommt man als Ventilator-Hersteller auf die Idee, bei der Werkstoffauswahl Öle in den Blickpunkt zu nehmen?

Peter Fenkl: Die erste Anforderung kam von unseren Vertriebskollegen. Ventilatoren sollten resistenter gegen Chemikalien sein als Produkte auf Erdölbasis – um auch harten Anforderungen gerecht zu werden. Unsere Spezialisten für neue Werkstoffe haben sich daher umgehört, quergedacht und einiges ausprobiert. In anderen Anwendungsbereichen, etwa in der Fahrzeugbranche, wird dieser Bio-Werkstoff übrigens schon erfolgreich eingesetzt.

KKA: Wie wird denn aus Rizinusöl ein fester Werkstoff?

Peter Fenkl: Die Frage wird immer wieder gestellt. Und die Antwort ist denkbar einfach: Rizinusöl wird ebenso verfestigt wie Erdöl – wobei bei Erdöl erstaunlicherweise niemand diese Frage stellt. Daher erspare ich Ihnen an dieser Stelle die ganzen technischen Details.

KKA: Warum Rizinusöl? Was zeichnet dieses Öl gegenüber anderen aus? Haben wir noch einen Olivenöl-Ventilator zu erwarten?

Peter Fenkl: Natürlich könnte rein technisch auch Olivenöl als Grundlage für einen Werkstoff dienen. Doch das werden wir nicht angehen. Denn damit würde einmal ein Nahrungsmittel zweckentfremdet und zum anderen die Anbaufläche eines Nahrungsmittels blockiert.

Die Pflanze (tropischer Wunderbaum/Ricinus communis), aus deren Samen Rizinusöl gewonnen wird, wächst auf äußerst kargen Böden – ermöglicht also Menschen in Regionen Asiens und Afrika Landwirtschaft, wo keine Lebensmittel gedeihen. Zum anderen ist Rizinusöl kein Lebensmittel – wer einmal einen Löffel Rizinusöl schlucken musste, weiß warum.

KKA: Sie bezeichnen den Ventilator als Bioventilator. Wie viel „Bio“ steckt denn nun wirklich drin? Oder ist das eher eine Marketing-Idee, weil Bioprodukte „in“ sind? Einen Autoreifen würde man schließlich auch nicht als Bioprodukt bezeichnen, nur weil er aus Kautschuk hergestellt wurde.

Peter Fenkl: Im Ventilator steckt mehr als 60 % Rizinusöl, also der nachwachsende und CO2-sparende Bio-Werkstoff – gut 30 % beträgt der Glasfaseranteil für die Festigkeit; ein paar Anteile sind wie beim Werkstoff auf Erdölbasis noch Farbe und ähnliches.

KKA: Warum es sich um einen „Bio“-Ventilator handelt, haben Sie erläutert. Was verbirgt sich hinter dem Begriff bionisch?

Peter Fenkl: Wir sind schon seit Jahren in der Natur- und Tierwelt unterwegs, um Vorteile erkennen zu können, die wir dann auf das Ventilatorendesign übertragen. Die Flügel der Eule, des leisesten Raubvogels, dienten uns als Vorbild für leise Ventilatoren. Bereits seit 2006 sind daher etwa gezackte Hinterkanten ein Erkennungszeichen unserer besonders leisen Axialventilatoren. Im vorliegenden bionischen Bio-Ventilator haben wir diese Erkenntnisse ebenso angewandt, wie wir den Bio-Werkstoff eingesetzt haben.

KKA: Belastbarkeit, Temperatur- und Langzeitbeständigkeit sowie die mechanischen Eigenschaften sind wichtige Aspekte bei einem Ventilator. Kann der Rizinus-Ventilator hier gegenüber den sonst verwendeten Werkstoffen mithalten?

Peter Fenkl: Der Bio-Ventilator ist durchweg besser als ein baugleicher Ventilator auf Erdölbasis. Der Bio-Ventilator hat eine höhere chemische Beständigkeit, weist eine bessere Kälteschlagzähigkeit auf und ist heißwasser- sowie dampfbeständiger.

KKA: Für welche Einsatzgebiete eignet sich der neue Ventilator? Gibt es Grenzen, z.B. bezüglich Größe und Umgebungsbedingung? In wie weit wird der neue Werkstoff Einzug in die Produktpalette von Ziehl-Abegg halten und metallische und Kunststoff-Komponenten künftig ersetzen?

Peter Fenkl: Der Ventilator kann eingesetzt werden in der Kältetechnik (Kühlkette bis zum Supermarkt), in Heizungen, Wärmepumpen und zur Elektronikkühlung (Rechenzentren, Schaltschrankkühlung, Umrichterkühlung). Dabei kann er exakt dieselben Größen abdecken, wie aktuelle Modelle auf Erdölbasis in der Kategorie PA6 GF 30. Für unser Verbundmaterial in Radialventilatoren, das extrem feste ZAmid, ist der Bio-Kunststoff kein Ersatz.

Wann der Ventilator breiten Einzug in die Produktpalette halten wird, werden die kommenden Monate zeigen: Sind Kunden bereit, für einen ökologisch und technisch wesentlich besseren Ventilator einen Aufpreis zu bezahlen? Können unsere Kunden ihren Endkunden die Vorteile vermitteln und den etwas höheren Preis vermitteln?

KKA: Ab wann ist der Bioventilator lieferbar und welchen Namen wird er erhalten?

Peter Fenkl: Im Prinzip ist der bionische Bio-Ventilator ab sofort lieferbar – wir müssen nur die Werkzeuge etwas anpassen. Wer ein solches Modell ordert, muss derzeit noch mit einem Mindermengenzuschlag rechnen.

Aktuell haben wir keinen Namen im Blick – denn die Bezeichnung „Bionischer Bio-Ventilator“ verdeutlicht die beiden Aspekte, welche den Kunden letztlich Vorteil in Robustheit und Geräuschverhalten bringen.

KKA: Herr Fenkl, herzlichen Dank für die Informationen.

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