Energieeffizienter Gemüseanbau

Kellermann heizt mit Kälte

Perfektes Zusammenspiel: Der Schweizer Gemüseproduzent Kellermann lagert seine Gemüseprodukte in zahlreichen Kühlräumen – und nutzt die von der Kälteanlage erzeugte Wärmeenergie zur Beheizung seiner Gewächshäuser. Das System wird mit drei verschiedenen Betriebsarten für saisonal variierenden Kühl- bzw. Wärmebedarf betrieben und senkt die CO2-Emission um 790 t pro Jahr.

Die Firma Kellermann in Ellikon an der Thur ist einer der größten Gemüseanbauer in der Schweiz. Das Unternehmen produziert Salat und Salatgemüse im Freilandanbau sowie Tomaten im Gewächshaus. Die Convenience-Produkte für Einzelhandel, Gastronomie und Industrie werden im eigenen Betrieb küchenfertig verarbeitet, abgepackt und in Kühlräumen bis zur Auslieferung gelagert.

Bislang wurden die Kühlräume über mehrere dezentrale Kälteanlagen mit synthetischen Kältemitteln versorgt. Lediglich ein Teil der hier entstehenden Wärmeenergie nutzte das Unternehmen zu Heizzwecken. Angestoßen durch neu errichtete Kühlräume und einen damit verbundenen erhöhten Kältebedarf, suchte Kellermann nach einer energieeffizienten und nachhaltigen Lösung für eine zentrale Kälte- und Wärmeversorgung. Den Zuschlag erhielt Johnson Controls für ein maßgeschneidertes System, das eine Ammoniak-basierte Kälteanlage mit einer Wärmerückgewinnung kombiniert.

Kälte erzeugen, Abwärme nutzen

Die SSP Kälteplaner AG arbeitete das Konzept der neuen, zentralen Kälte- und Wärmeversorgung aus. Das Besondere an dem System: Es speist die Prozesswärme der Kälteanlage in eine integrierte Wärmepumpe ein. Dort entsteht 60 °C warmes Heizwasser, das zur Beheizung der Gewächshäuser genutzt wird. Das ist ein echter Vorteil, denn bislang mussten die Gewächshäuser über eine separate Gasheizung beheizt werden – und zwar, aufgrund des Schweizer Klimas, relativ lange im Jahr.

Das System im Detail

Die Kälteanlage besteht aus zwei Sabroe-Niederdruck-Kolbenverdichtern, einem Verdunstungsverflüssiger und zwei Plattenverdampfern. Das System ist mit Ammoniak als Kältemittel gefüllt. Die erzeugte Kälte wird über ein Glykolwassernetz verteilt.

Die Entscheidung für Ammoniak hatte mehrere Gründe. Ammoniak ist ein besonders energieeffizientes Kältemittel, das zudem weder einen Treibhauseffekt (GWP=0), noch eine ozonabbauende Wirkung (ODP=0) besitzt. Die Kopplung an das Heizsystem erfolgt über einen Enthitzer oder die nachgeschaltete Wärmepumpe. Diese besteht aus einem Sabroe-Hochdruck-Kolbenverdichter (40 bar), einem Verflüssiger sowie einem Zwischendruckbehälter.

Swiss-Design: perfekt an die Rahmenbedingungen angepasst

Je nach Jahreszeit und Erntevolumen variiert der Kühl- bzw. Wärmebedarf. Im Winter beispielsweise sinkt die benötigte Kälteleistung aufgrund der niedrigeren Außentemperaturen, während der Wärmebedarf in den Gewächshäusern entsprechend steigt. Auf diese Veränderungen kann das System mit drei verschiedenen Betriebsarten reagieren: Es arbeitet wahlweise im reinen Kühl- oder Heizbetrieb oder im kombinierten Kühl- und Heizbetrieb. Besonders praktisch ist die speicherprogrammierbare Siemens S7-Steuerung, die die gesamte Kälte- und Wärmeversorgung reguliert. Im Normalbetrieb funktioniert das System vollständig automatisiert. Bei Bedarf können die Mitarbeiter verschiedene Funktionen über ein grafisches Bedienterminal abfragen und darstellen lassen und – je nach Zugriffsberechtigung – manuell in das System eingreifen.

Hohe Effizienz in jeder Betriebsart

Beim reinen Kühlbetrieb wird die Wärme über die beiden Verdampfer entzogen und über den Verdunstungsverflüssiger abgeführt. Der COPK beträgt dann 3,61 (Regime -9/+35 °C). Ein Enthitzer kann dabei laufend Wärme an das Heizsystem abgeben. Ist beim Kühlbetrieb gleichzeitig auch ein Wärmebedarf vorhanden, schaltet die Wärmepumpe zu. Der COPH des Wärmepumpenverdichters beträgt 7,57 (Regime 35/65 °C).

Ist kein Kältebedarf vorhanden, wird Grundwasser als zusätzliche Wärmequelle in das System eingespeist. Im reinen Heizbetrieb beträgt der COPH des Wärmepumpenprozesses 3,6. Die Gesamtleistung der Kälteanlage beträgt 1100 kW, die Gesamtleistung der Wärmepumpe 1000 kW.

Gut für die Bilanz und die Umwelt

Durch den Umstieg auf eine besonders energieeffiziente Kälteanlage mit Wärmerückgewinnung konnte Kellermann die Kosten für die Kälte- und Wärmeerzeugung signifikant senken. Die Wärmepumpe erzeugt 4 bis 5 GWh Heizenergie pro Jahr. Dadurch spart das Unternehmen 500.000 m3 Erdgas zur Beheizung der Gewächshäuser. Und auch die Umwelt profitiert: Die zentrale Kälte- und Wärmeversorgung senkt die CO2-Emission um 790 t pro Jahr. Wird die Wärmepumpe mit „grünem Strom” betrieben, erspart das System der Umwelt sogar jährlich 960 t CO2.

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