Für die Zukunft gerüstet
Interview mit Erwin Backes und Lars Kratzenberg, Erba Kälte GmbH
Über 40 Jahre nach der Firmengründung zieht sich Erwin Backes als Inhaber der Erba Kälte GmbH in Magstadt endgültig aus dem Unternehmen zurück und übergibt sein berufliches Lebenswerk in die Hände von Lars Kratzenberg. Die KKA-Redaktion nahm dies zum Anlass, um in einem Interview mit den beiden mehr über die aktuelle Situation und die künftigen Ziele von Erba Kälte sowie über den neuen Inhaber zu erfahren.
KKA: Herr Kratzenberg, bitte stellen Sie sich und Ihren beruflichen Werdegang doch den Lesern zunächst einmal kurz vor.
Kratzenberg: Ich bin 47 Jahre alt und habe mein gesamtes Berufsleben in der Kältebranche verbracht. Meine ersten beruflichen Schritte habe ich bei Doster GmbH Kälte- und Klimatechnik begonnen und fortgeführt bei der Linde Kältetechnik GmbH. Das Unternehmen muss man in der Kältebranche wohl kaum vorstellen. Danach war ich viele Jahre bei der Single Temperiertechnik im schwäbischen Hochdorf als Mitglied der Geschäftsleitung tätig und als Abteilungsleiter für den Bereich Kältetechnik u.a. verantwortlich für den strategischen Einkauf und die Ausbildung des Nachwuchses im Kältehandwerk. Single entwickelt und produziert Temperier- und Kühllösungen für die Kunststoffindustrie, die Druckgießtechnik, die Chemie- und Pharmabranche und vieles mehr. Und zuletzt war ich bei der Firma BKW Kälte-Wärme-Versorgungstechnik in Wolfschlugen bei Nürtingen tätig , die sich ebenfalls auf Kühl- und Temperierlösungen für den Maschinen- und Anlagenbau spezialisiert hat.
KKA: Hatten Sie früher schon Berührungspunkte zu Erba Kälte?
Kratzenberg: Ja, ich kenne Erba Kälte und Erwin Backes schon seit 2008, als ich bei Single beschäftigt war. Erba hat uns als Lieferant Handelsware zur Verfügung gestellt und uns auch zum Teil in der Produktion unterstützt. Natürlich stimmten die Leistungen und die Qualität der Produkte aus dem Hause Erba; aber das ist eher eine Selbstverständlichkeit und macht für mich nur einen Teil dessen aus, was ich unter einer guten Geschäftsbeziehung verstehe. Was ich damals schon an der Zusammenarbeit geschätzt habe, waren die Werte, die Erwin Backes als Unternehmer vertreten und gelebt hat. Dazu gehören Aufrichtigkeit, Verlässlichkeit, Treue und Loyalität. Wenn Erwin Backes mir zugesichert hat, dass die Ware um 08:30 Uhr vor dem Werkstor steht, dann war die Lieferung auch immer da – eher schon um 08:00 Uhr. Auf Erba Kälte konnte man sich immer absolut verlassen und ein Händedruck und eine mündliche Zusage waren für Erwin Backes genauso bindend wie ein seitenlanger Vertrag. Das hat mir immer imponiert.
KKA: Mit welchem Gefühl übergeben Sie nun Ihr Unternehmen in andere Hände, Herr Backes?
Backes: Mit einem sehr guten – sonst hätte ich mich auch nicht darauf eingelassen. Erba Kälte steht wirtschaftlich sicher auf zwei Standbeinen: Zum einen haben wir das Handelsgeschäft für die Marken Dorin, Hanbell und Embraco bzw. jetzt Nidec, das selbstverständlich fortgeführt werden soll. Und zum anderen gibt es den kältetechnischen Anlagenbau. Bei letzterem spielen wie unsere Stärken besonders da aus, wo es um Spezialanfertigungen und Kleinserien geht. Selbst durch das Krisenjahr 2020 mit der Corona-Pandemie ist das Schiff Erba sicher gesegelt, auch wenn es natürlich an niemandem spurlos vorübergegangen ist. Derart solide aufgestellt ist es nicht verwunderlich, dass es mehrere Interessenten gab, die meine Firma übernehmen wollten. Ich wollte aber nicht, dass mein Lebenswerk von einem Konzern „geschluckt“ wird und evtl. vom Markt verschwindet. Mir war es wichtig, einen neuen Inhaber zu finden, der das Unternehmen in gleicher Weise weiterführen will und ähnliche Werte als Geschäftsmann vertritt wie ich. Den habe ich mit Lars Kratzenberg gefunden. Er wird die Erba Kälte GmbH – übrigens auch weiterhin unter diesem Namen – mit Sicherheit erfolgreich weiterführen und auch voranbringen.
KKA: Herr Backes, vor fünf Jahren hatten wir in der KKA schon berichtet, dass Sie Ihr Unternehmen in andere Hände übergeben haben – und zwar an Thomas Hund (Geschäftsführer), Peter Stark (Prokurist und Verkaufsleiter) sowie an Frank Töllen (Betriebsleiter). Waren Sie seitdem wirklich im Ruhestand?
Backes: Ganz losgelassen habe ich tatsächlich nicht. Inhaber war ich ja nach wie vor. Aber ich habe mich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und nur intern in den Bereichen Finanzen und Personal mitgewirkt. Auch wenn ich natürlich beratend zur Seite stand, haben die drei genannten Herren Stark, Töllen und Hund aber die Erba Kälte GmbH seitdem, wie damals auch geplant, erfolgreich geführt und weiterentwickelt. Thomas Hund als Geschäftsführer hatte jedoch nicht das Ziel die Firma zu übernehmen – schließlich gehört er mit seinen 60 Jahren auch nicht mehr zu den Jüngsten. Mit Lars Kratzenberg hat Erba Kälte nun einen Inhaber, der mit seinen 47 Jahren den Herausforderungen der Zukunft noch viele Jahre trotzen kann.
KKA: Wie sieht jetzt die Aufgabenverteilung in der Erba-Führungsmannschaft aus?
Kratzenberg: Thomas Hund ist und bleibt Geschäftsführer und wir werden die Firma gemeinsam als Doppelspitze führen. Ich bin sehr froh, ihn mit seiner langjährigen Erfahrung an meiner Seite zu wissen. Herr Hund wird weiterhin intensiv die Betreuung unserer OEM- und Bestandskunden übernehmen. Er steht für die Beständigkeit und Verlässlichkeit, die Erba Kälte auszeichnet. Peter Stark ist seit November 2019 bereits im Ruhestand. Seine Aufgabenbereiche als Verkaufsleiter und Prokurist hat mittlerweile Michael Schwengler übernommen. Er war vorher beim Industriegaseanbieter Air Liquide als Kundenbetreuer tätig und wird sich bei uns zukünftig intensivst um die Kundenbetreuung kümmern. Frank Töllen ist als Betriebsleiter nach wie vor verantwortlich für die Produktion und alle technischen Anforderungen.
KKA: Was zeichnet Erba Kälte als Unternehmen aus und welche Herausforderungen sehen Sie für die nahe Zukunft?
Kratzenberg: Was Erba in meinen Augen in der Vergangenheit auszeichnet hat, habe ich ja eingangs schon beschrieben. Und die Merkmale Verlässlichkeit, Loyalität, Treue und Aufrichtigkeit sollen auch in Zukunft für all unsere Kunden weiter deutlich zu spüren sein. Aber das sind ja vor allem „innere Werte“. Nicht minder wichtig ist natürlich unsere in der Branche allseits bekannte Lieferfähigkeit und -treue, dass unsere Produkte technisch ausgereift sind und dass wir Entwicklungen frühzeitig aufgreifen bzw. diese selbst vorantreiben.
Backes: Innovation ist übrigens etwas, das wir immer schon gelebt haben. Eigene und in Kooperation mit Industriepartnern entstandene Entwicklungen wie die „cpc©“Steuerung zur stufenlosen Drehzahlregelung von Hubkolbenverdichtern oder die „Flow Ice“-Technologie (pumpfähiges Wasser/Eis-Gemisch) belegen, dass wir bei Erba Kälte die kältetechnische Entwicklung in Deutschland mit beeinflusst haben.
Kratzenberg: Was die Zukunft betrifft, stehen wir in der Kältebranche vor großen Herausforderungen und einem nicht mehr aufzuhaltenden Umbruch, was den Einsatz natürlicher Kältemittel betrifft – vor allem in der Gewerbekälte. Während jedoch viele Anbieter jetzt erst damit beginnen, sich mit den Kältemitteln Propan und CO2 zu befassen, können wir auf über zehn Jahre Erfahrung verweisen. Erba Kälte hat viel Entwicklungsarbeit in den Bereich natürliche Kältemittel gesteckt. Eine der Früchte dieser Bemühungen ist z.B. eine deutliche Reduzierung der Propan-Füllmengen in manchen Aggregaten, was den Umgang deutlich vereinfacht. Wir haben aber nicht nur das Know-how, sondern auch das erforderliche technische Equipment und die ausgereiften Fertigungsmöglichkeiten. Allein in den beiden letzten Jahren haben wir bei Erba über 200.000 Euro in Propan- und CO2-Anlagentechnik in der Produktion investiert. Das ist ein Vorsprung, der von anderen nur schwer aufzuholen ist, und ein Pfund, mit dem wir nun wuchern können. Wir stehen bereit und können liefern. Fordern Sie uns!
Backes: Mit dem Thema verbunden möchte ich die Branche aufrufen, sich noch intensiver mit dem Thema natürliche Kältemittel zu beschäftigen. Man wird in naher Zukunft schon nicht mehr daran vorbeikommen. Man muss auch keine Angst vor der Brennbarkeit und hohen Drücken haben. Wer mit der nötigen Sorgfalt plant und installiert, das richtige Werkezeug einsetzt, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schult und Erfahrungen sammelt, der wird damit schnell genauso sicher umgehen wie z.B. mit einer R134a-Anlage. Und Hersteller wie Erba Kälte tragen mit Produktentwicklungen dazu bei, dass Einbau und Service denkbar einfach sind, weil wir auch fertige Plug&Play-Lösungen anbieten können, die vom Handwerk schnell und unkompliziert beim Kunden montiert werden können.
KKA: Herzlichen Dank für das Gespräch.