Großwärmepumpen in der Praxis

Mängel im Anlagendesign reduzieren Jahresarbeitszahlen

Das Marktpotential für Großwärmepumpen ist riesig, aber kaum erschlossen. Gefragt sind sowohl Wärmepumpen mit großer Leistung als auch mit großem Temperaturhub und hoher Endtemperatur. Allerdings sind die planerischen Anforderungen an die in Gebäuden, Nahwärmesystemen und für Industrieprozesse eingesetzten Großwärmepumpen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit bedeutend höher als die für Hausheizungen – eine Zusammenfassung des 10. Karlsruher Wärmepumpensymposiums des Test- und Weiterbildungszentrums Wärmepumpen und Kältetechnik (TWK).

Rund 65,9 % des Endenergieeinsatzes der Industrie erfolgt im Bereich der Prozesswärme; konkret sind es 2623 PJ, ein unvorstellbar großes Potential für Wärmepumpenanwendungen. Wenn man bedenkt, dass viele industrielle Wärmeprozesse unmittelbar mit Abkühlvorgängen verbunden sind, fragt man sich, warum Wärmepumpen dort nicht häufiger eingesetzt werden. Immerhin sind bei gleichzeitigem Heizen und Kühlen Leistungszahlen von 8 und höher erreichbar.

Ein Beispiel für den Verbund von kälte- und heiztechnischen Anlagen ist die Hamburger Zentrale der Vattenfall Europe AG. Dort wird die Abwärme der hausinternen EDV- und Serverräume für die Beheizung des Gebäudes mit 50 000 m2 Geschossfläche genutzt. Ochsner lieferte dazu zwei Wasser-/Wasser-Wärmepumpen mit je 330 kW Heizleistung.

Besonders interessant für den Sanierungsmarkt sind Hochtemperatur-Wärmepumpen mit CO2 als Kältemittel. Damit lassen sich vergleichsweise hohe Heiztemperaturen erreichen und konventionelle Heizkessel ersetzen. Eine Musteranlage dieser Art steht beim Südwestrundfunk (SWR) in Baden-Baden. Die CO2-Kältemaschine mit Hochtemperatur-Wärmenutzung, Fabrikat Thermea, arbeitet auf der Heizseite mit 80/40 °C bei einer Wärmeleistung von 311 kW. Gleichzeitig liefert die Maschine Kaltwasser von 12/6 °C mit einer Leistung von 200 kW. Der COP dieser Wärme-Kälte-Kopplung liegt bei 4,6. Mit dieser Lösung konnten die Heizkosten um 34 % reduziert werden, so Thermea. Wichtig bei Neuanlagen ist, die Temperaturhübe auf der Heiz- wie auch auf der Kühlseite möglichst gering zu halten und auf die Wärmepumpe abzu­stimmen, so der Tenor der Veranstaltung. Dies erfordere eine enge Abstimmung von Energienutzung, Energieverteilung und Energiegewinnung.

Als einer der wenigen Hersteller bietet die zu Uponor gehörende Zent-Frenger Energy Solution ein lösungsorientiertes Angebot aus Heiz-Kühldecken, Betonkernaktivierung, Großwärmepumpe mit Energiezentrale sowie Erdsonden oder Grundwasserbrunnen an. Zur Verbesserung der Jahresleistungszahl (JAZ) sei es wichtig, so Zent-Frenger, auch alternative Wärmequellen mit einzubinden, z.B. Eisspeicher, Rückkühler oder einen Fernwärmerücklauf. Künftig müssen die Wärmequellenregeneration und die Wärmequellenschonung stärker beachtet werden, denn nur so sei ein langfristig nachhaltiger und effizienter Wärmepumpenbetrieb gewährleistet.

Eine andere Möglichkeit, den COP der Wärmepumpe in einem Optimum zu halten, sind bivalente Wärmepumpen-/Erdgas-Heizungsanlagen. Aus Sicht von Hoval lohnt sich die Aufteilung insbesondere bei Heizungsanlagen mit hohem Warmwasserbedarf, da die Wärmepumpe für die Heizseite unter optimalen Bedingungen, d.h. niedrigen Systemtemperaturen, betrieben werden kann, die Erdgasheizung dagegen die hohen Temperaturen für die Trinkwassererwärmung (TWE) und die Spitzenlast abdeckt.

JCI stellte Lösungen vor, wie aus bestehenden gewerblichen und industriellen NH3-Kälteanlagen mittels zusätzlicher, in den Kältekreis eingebundenen Wärmerückgewinner oder eine über einen Zwischenkreis integrierte Wärmepumpe das „warme Ende“ der Kälteanlage für Heizzwecke genutzt werden kann. Die besten Wirkungsgrade werden allerdings bei direkter Einbindung der Wärmepumpe in den NH3-Kältekreis erreicht. Ohne die Leistung der Kälteanlage zu beeinflussen, lassen sich so Heiztemperaturen von bis zu 70 °C auskoppeln, wie am Beispiel eines Logistikzentrums gezeigt wird. Allerdings sollte auch in diesem Fall die nachgerüstete Wärmepumpe auf die Grundlast ausgelegt werden. Im konkreten Fall konnte damit ein Heiz-COP von 6,4 erreicht werden.

Feldmonitoring an
Großwärmepumpen

Großwärmepumpen sind in der Regel „taylor made“, also zur Anlage bzw. zum Gebäude passend konzipiert. Doch nicht immer arbeiten Wärmepumpen-Aggregate und Anlagen optimal zusammen. Dies führt zu teilweise hohen Effizienzverlusten. Ein Feldmonitoring und Analyseprojekt an 23 Großwärmepumpenanlagen durch Hubacher Engineering, Engelburg/Schweiz, ergab zusammenfassend folgendes Bild:

starke Diskrepanz zwischen der Wärmepumpen-JAZ und der Anlagen-JAZ,

überdurchschnittlich hoher Stromverbrauch von Grundwasser-Pumpen, der sich negativ auf die Anlagen-JAZ auswirkt,

extrem hoher Pumpenstromverbrauch einer Abwasser-Wärmepumpe,

signifikante JAZ-Verschlechterung bei Fern-/Nahwärme-Wärmepumpen mit Trennwärmetauschern in den einzelnen Gebäuden,

hohe Verluste für die Wärmebereitstellung zur TWE durch Wärmepumpen im Sommerbetrieb.

Empfehlung: Verteilleitungen minimieren, Grundwasserpumpen leistungsabhängig betreiben und Systeme zur Trinkwassererwärmung sehr sorgfältig planen. Oft sind dezentrale TWE-Lösungen oder bivalente Lösungen mit Öl-/Gasheizkesseln energetisch günstiger, insbesondere wegen der hohen Temperaturen für die Nachheizung der Zirkulation.

Mehr Informationen: http://www.bfe.admin.ch/dokumentation/energieforschung/index.html?lang=de&publication=10648

Fazit

Großwärmepumpen tragen maßgeblich zur CO2-Reduktion und zur Substitution fossiler Energieträger bei. Das Marktpotential ist riesig, die Planung solcher Anlagen jedoch anspruchsvoll. Bei derzeitigem Kenntnisstand der Planer ist es oftmals sinnvoller, große Heizleistungen durch mehrere Seriengeräte bereitzustellen, als durch eine maßgeschneiderte Wärmepumpe. Grundsätzlich arbeiten Bivalent-Anlagen wirtschaftlicher, insbesondere wenn der konventionelle Heizkessel auch die Trinkwassererwärmung übernimmt

(lesen Sie hierzu auch das Interview mit Peter Hubacher.).

Wärmepumpendoktor Peter Hubacher nimmt Stellung zu Großwärmepumpen

„Je komplexer die Anlage, desto schwieriger ist sie zu betreiben.“↓

Großwärmepumpen in Mehrfamilienhäusern, Hotels sowie in Gewerbe- und Industriebetrieben können entscheidend zur CO2-Emmissionsminderung und zur Kostensenkung beitragen. Allerdings fehlt es zahlreichen Planern an Erfahrungen. Auch sind viele Anlagen zu komplex und deshalb schwierig zu steuern und zu regeln. Zu den Hintergründen äußert sich Peter Hubacher, Ressortleiter Qualitätssicherung bei der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS), besser bekannt als Schweizer Wärmepumpendoktor.

KKA: Der Großwärmepumpe und hier insbesondere der Hochtemperatur-Wärmepumpe wird von Marktforschern ein hohes Marktpotential attestiert. Ab welcher Leistung spricht man von einer Großwärmepumpe und ab welcher Heiztemperatur von einer Hochtemperatur-Wärmepumpe?

Peter Hubacher: Die Abgrenzung zwischen Großwärmepumpen und Kleinanlagen hat aus meiner Sicht weniger mit der Größe zu tun, als vielmehr mit der Konzeption der Anlage. Ein Anlagenkonzept mit 100 bis 200 kW für ein Gebäude mit einer bis drei Heizgruppen ist deutlich einfacher als ein Konzept für die gleiche Wärmeleistung mit mehreren Gebäuden in einem Nahwärmeverbund. Somit neige ich dazu, größere Anlagen für nur ein Gebäude nicht den Großwärmepumpen zuzuordnen.

Die Frage der Heiztemperatur ist weniger im Rahmen von Groß- oder Kleinanlagen zu sehen, da die maximale Temperaturanforderung eine grundsätzliche technische Anpassung erfordert. Ich beurteile die Wärmepumpen in diesem Bereich eigentlich nach dem Temperaturhub und nicht nach der maximal notwendigen Heiztemperatur. Ab Vorlauftemperaturen von 60 bis 65 °C kann man aber sicher von Hochtemperatur-Wärmepumpen sprechen.

KKA: Sie haben umfangreiche Feldtests an Wärmepumpen durchgeführt und sich dadurch als Wärmepumpendoktor über die Grenzen der Schweiz hinaus einen Namen gemacht. Welche Art von Großwärmepumpen wurde von Ihnen und Ihrem Team untersucht und um welche Art von Anwendungen handelt es sich?

Peter Hubacher: Hubacher Engineering hat im Rahmen von zwei BFE-Projekten – BFE ist das Bundesamt für Energie in Bern – insgesamt 30 Großwärmepumpenanlagen genauer angeschaut und bei 23 Anlagen die technischen Unterlagen geprüft. Bei 20 Anlagen hatten wir die Gelegenheit zur Überprüfung der Betriebsbedingungen vor Ort. Bei diesen Anlagen waren auch mehr oder weniger die Betriebszahlen vorhanden. Dabei handelt es sich um Anlagen für den Wohnungsbau sowie für Gewerbe- und Industriebauten.

KKA: Die Probleme bei Hauswärmepumpen liegen meist in der Dimensionierung, der Hydraulik und der Regelung. Wo liegen die Schwachstellen nach Ihrer Erfahrung bei Großwärmepumpen?

Peter Hubacher: Sicher ist die Dimensionierung einer der kritischen Punkte. Es ist aber speziell auch die hydraulische Einbindung, und zwar nicht nur in der Zentrale, sondern genauso die konzeptionelle Planung und die Wärmeverteilung. Sie sprechen aber auch die Regeltechnik an, die leider zu oft unvollständig oder zu wenig auf die Anlagenbedürfnisse angepasst ist. Ich stelle in vielen Fällen fest, dass es keine anlagenspezifische Funktionsbeschreibung gibt, die schlussendlich die Basis für die Regelung darstellt.

KKA: Potentielle Industrieanwender von Großwärmepumpen kritisierten auf der zurückliegenden Kälte-Klima-Fachmesse Chillventa im Jahr 2012 das fehlende Know-how bei Planern, äußerten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Technik und forderten mehr Informationen über den Stand der Technik. Ist diese Kritik auch heute noch gerechtfertigt?

Peter Hubacher: Es ist schon so, dass die Planer nicht immer das notwendige Fachwissen speziell für Wärmepumpenanlagen haben und leider in vielen Fällen die Erfahrung fast ganz fehlt. Hingegen wehre ich mich vehement gegen die Aussage, dass die Wärmepumpentechnik als solche nicht zuverlässig ist. Wo ich Handlungsbedarf sehe, ist bei der Planung, respektive auch bei den Anforderungen an solche Maschinen. Oft will der Planer eine super ausgeklügelte Anlage mit teilweise fast unsinnigen Anforderungen verwirklichen, die der Erbauer der Wärmepumpe aufnimmt oder es zumindest versucht. Das Resultat ist dann eine komplexe Anlage, die schwierig zu betreiben ist und bei der die Anforderungen an die Steuerung und Regelung schlecht planbar und kaum umsetzbar sind. Darum auch hier meine Botschaft, die ich auch bei Kleinanlagen immer wieder zum Ausdruck bringe: „Je einfacher das Anlagenkonzept, desto besser die Effizienz der Anlage.“ Natürlich beinhaltet der Begriff „einfach“ bei Großanlagen schon einen technisch höheren Level als bei Hauswärmepumpen.

KKA: Wie ist Ihre Einschätzung bei Großwärmepumpen: eher hin zu höheren Leistungen oder zu höheren Heiztemperaturen? In Japan werden Wärmepumpen bereits zur Dampferzeugung von bis zu 165 °C eingesetzt. Macht das Sinn? 

Peter Hubacher: Wie sich die Wärmepumpenszene weiterentwickelt, ist trotz eines gewissen positiven Markttrends nicht ganz einfach vorauszusagen. Die Tatsache, dass mittels Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl von größer 3,0 als derzeitige Minimalanforderung die Vorgaben zur Reduzierung der CO2-Emissionen schneller erreicht werden können als mit konventionellen fossilen Strategien, dürfte klar sein. Also wird es sich immer lohnen, die Wärmepumpentechnik weiter voranzutreiben. Natürlich ist es möglich, mit einer Wärmepumpe höhere Temperaturen zu erzielen, wie beispielsweise die von Ihnen genannten 165 °C. Die Heiztemperatur einer Wärmepumpe und deren Effizienz hängen lediglich von der Wahl des Kältemittels, vom Temperaturhub und allenfalls von einem mehrstufigen Prozess ab.

KKA: Ein Grund für die Unsicherheit bei Großwärmepumpen könnte auch die Kältemittelfrage sein. Welche Kältemittel haben sich bei großen Leistungen, welche bei großen Temperaturhüben bewährt?

Peter Hubacher: Bei Großanlagen werden oft natürliche Kältemittel, wie beispielsweise Ammoniak (NH3), das vom Einsatzbereich gut liegt, verwendet. Bei diesem Kältemittel sind zusätzliche Vorschriften hinsichtlich Belüftung des Maschinenraums, Explosionsschutz und Mengenbegrenzung einzuhalten, so dass es sich erst bei größeren Anlagen lohnt. Ammoniak ist extrem stark riechend und ätzend und wird deshalb in Zentralen direkt im Wohnbereich kaum eingesetzt.

Hat man einen großen Temperaturhub, wie beispielsweise bei der Trinkwassererwärmung, kann auch CO2 als Kältemittel eingesetzt werden. Solche Anlagen sind bei Sportanlagen oder bei der Prozesswasser-Erwärmung mit großem Temperaturhub interessant.

KKA: Wie schätzen Sie die weitere Marktentwicklung bei Großwärmepumpen ein?

Peter Hubacher: Bereits heute geht der Trend zu Anlagen im Gesamtleistungsbereich von 150 bis 200 kW oder noch höher. Aus heutiger Sicht ist jedoch sinnvoller, anstelle einer speziell für diese Leistung gebaute Wärmepumpe mehrere Serienmaschinen mit Leistungen von 50 bis 100 kW einzubauen. Die Vorteile dieser Lösung überwiegen in den meisten Fällen, da die Kosten mehrerer kleiner Serienwärmepumpen eher günstiger sind und die Betriebssicherheit durch die Redundanz besser ist. Bei geschickter Planung kann auch die Effizienz der Anlage sogar leicht besser sein.

Nicht zu unterschätzen ist das Bedürfnis, mit Wärmepumpenanlagen sowohl zu heizen als auch zu kühlen. Speziell in der Industrie liegt hier ein großes Potential. Selbst im gehobenen Wohnungsbau ist es in sonnenexponierten Gegenden heute üblich, Wärme und Kälte zur Raumkonditionierung zur Verfügung zu stellen.

Das Interview für die KKA führte Wolfgang Schmid, Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München

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