Monitoring von Kälte- und Klimatechnik
Wenn Sensoren Inlineskates, Fahrräder und Mopeds überflüssig machen
Die regelmäßige Überwachung von Kälte- und Klimaanlagen bedeutet in den meisten Fällen eine Reise quer über das Werksgelände einer Produktionsstätte oder Anlage inklusive der Begehung aller Gebäude und Keller – sofern alle Standorte auch tatsächlich noch bekannt sind. Von Interesse sind zwei Bereiche: Zustands- und Funktions- bzw. Leistungsparameter. Bei so manch großem Gelände kamen da bisher Fahrräder, Inlineskates und sogar motorisierte Fahrzeuge zum Einsatz, schließlich gilt es straffe Ablese- und Wartungszyklen einzuhalten. Dank zunehmender Vernetzung, moderner Sensortechnologie und neuen Software-Plattformen für die Datensammlung und Analyse können die Inlineskates und das Fahrrad bald im Keller eingemottet werden.
Das soeben gezeichnete Bild beinhaltet selbstverständlich eine Idealsituation, in der das zuständige Personal tatsächlich alle relevanten Bereiche bis hin in den letzten Winkel kennt. Die Realität sieht aber oft anders aus. Eine Vielzahl der Kälte- und Klimaanlagen in Unternehmen sind gewachsene Gebilde, meist 30 – 40 Jahre alt. Die Errichter dagegen oft schon in Rente. Was bleibt, ist eine unübersichtliche Infrastruktur, die nicht angepackt wird, solange sie ihren Dienst verrichtet und solange am Ende des Abrechnungsjahres die Rechnung kommt. Das geht sogar so weit, dass sich so mancher Verantwortliche eben nicht mehr in den letzten Winkel traut, um auf dem Laufenden zu bleiben. Das Ergebnis ist Unkenntnis. Darüber, wie die Infrastruktur aussieht, welche Kühl- oder Wärmekreisläufe vorliegen, wie die Lüftungsprozesse geregelt sind und welche Verknüpfungen es zu den restlichen Gebäude- oder Produktionssystemen gibt. Oder auch, welche es nicht gibt. Von Informationen über Energieverbrauchszahlen und Lastgängen ganz zu schweigen. Bevor wir somit auf das eigentliche Thema Monitoring blicken und lediglich einen Sack voller Sensoren zur Temperatur-, Druck- oder Luftmessung über die Anlagenkomponenten verteilen, empfiehlt sich in den meisten Fällen heute eine Bestandsanalyse mit anschließender Optimierung.
Vorhandene Infrastruktur optimieren
Für den Gesamtüberblick ist es unumgänglich, die bestehenden Kälte- und Klimaanlagen in Form einer Begehung zu analysieren und alle Energiezufuhrarten, Kühl-, Wärme- und Lüftungskreisläufe und die zugehörigen Steuerungsprozesse zu dokumentieren. Ebenfalls macht eine detaillierte Betrachtung des Energieverbrauchs Sinn. Für die Ermittlung konkreter Verbrauchszahlen sowie der zugehörigen Zeiträume ist daher eine Lastganganalyse empfehlenswert, die einfach bei den Energieversorgern anzufragen und in der Regel kostenlos ist. Idealerweise in Diagramme oder Grafiken verpackt, zeichnen diese Analysen zum Beispiel den gesamten Stromverbrauch in einem gewünschten Zeitintervall für eine bestimmte Messstelle auf. Selbst Tages- oder Tageszeit-Analysen sind hier möglich. Der Betreiber erkennt anhand seines Lastprofils, wann welche Last notwendig wurde und wann Grundlasten ausreichen. Ebenfalls können Leistungsspitzen erkannt werden, die sich auf die Gesamtenergiebilanz und die Kosten auswirken.
Genauso wichtig wie die Ermittlung des Bestands und der aktuellen Verbrauchswerte ist eine Überlegung, ob Kühl- und Klimaanlagen und alle zugehörigen Prozesse eigentlich noch auf die aktuellen Anforderungen passen. Diese sehen in den seltensten Fällen wie vor 30 oder 40 Jahren aus, als die Anlagentechnik errichtet wurde. Aus der eigenen Erfahrung kann gesagt werden, dass so manche Analyse jahrelange Energieüberversorgungen ergeben haben, da sich die Leistungsparameter in den Betriebsabläufen geändert haben oder die Kühlung oder Lüftung bestimmter Bereiche, aus heutiger Sicht, von vornherein überdimensioniert war. Auf technischer Seite können temporäre Messpunkte unterstützen und den tatsächlichen Bedarf ermitteln, sollte ihn der Betreiber nicht kennen, die theoretischen Überlegungen rund um aktuelle Betriebsprozesse und den Bedarf an Kühl- und Klimatechnik bleiben jedoch unumgänglich. Ein weiteres Beispiel sind sich ändernde Anlagenkonditionen, die in einem Fall die nahezu gesamte vorhandene Prozesswasserkühlung mit Kompressionskälte überflüssig gemacht haben. Wer das nicht erkennt, betreibt einfach so weiter mit der Folge unnötiger Kosten.
Die reine Masse an erhobenen Leistungs- und Prozessdaten reicht allerdings noch nicht zur Optimierung der Anlage und des Energiemanagements. Nur wer die Daten versteht, also die Funktionsweise von Geräten und Anlagen kennt und die Sensorik und Messtechnik begreift, kann daraus Optimierungspotenziale identifizieren und Handlungsanweisungen ableiten. Hierbei sowie bei der anschließenden Festlegung von Leistungsparametern für die eigenen Anlagen kann auch ein externer Fachmann unterstützen, sollte es entsprechende Kompetenzen nicht mehr im Haus geben. Auch wenn das zunächst eine zusätzliche Investition bedeutet – mit dem späteren Ergebnis wurde in den meisten Fällen viel mehr gewonnen, als wenn entsprechende Optimierungs- und Modernisierungsprojekte mit aller Macht intern durchgeführt werden sollen, ganz gleich ob die dafür notwendige Kompetenz vorhanden ist oder nicht. Vieles ließ sich dabei allein schon mit der vorhandenen Infrastruktur bewerkstelligen.
Digitalisierung und Vernetzung
Mit den Möglichkeiten der zunehmenden Gebäude- und Anlagenvernetzung und der IoT-Technologie halten auch verstärkt Sensoren und passende Analyseplattformen Einzug in die Kälte- und Klimatechnik. Sie reduzieren die Notwendigkeit manueller Zustands- und Verbrauchsüberwachung und liefern darüber hinaus weitere Erkenntnisse für eine laufende Optimierung. Zudem kann das Betriebspersonal über drohende Störungen und Ausfälle selbst bei kleineren Einzelkomponenten informiert werden, bevor es dazu kommt – Stichwort Predictive Monitoring. Die Grundlage hierfür bilden neben der zunehmenden Konnektivität eine erhöhte Datenpunktkapazität, um alle vorhandenen Einzelsysteme und die wachsende Zahl an Sensoren und Aktoren einbinden zu können. Branchenführende offene Kommunikationsprotokolle wie BACNet, OPC, ONVIF oder LonWorks ermöglichen dabei die Integration von Drittsystemen. Dank der Einbindung von Automatisierungsfunktionen, etwa zur Brennersteuerung und optimierten Raumtemperaturregelung, kann der Energieverbrauch mit Echtzeit-Daten reduziert werden. Hierbei unterstützen moderne Software-Technologien wie die Gebäudemanagement-Plattform „Enterprise Building Integrator“ (EBI) von Honeywell, die einerseits nicht nur einen anschaulich visualisierten Überblick, sondern auch einfache Handhabung inklusive Handlungsempfehlungen liefern – und es dem bestehenden Personal damit so einfach wie möglich machen.
Der „Honeywell Energy Manager“ bietet zudem eine komplette, voll integrierte Lösung, mit der die Betreiber den Energieverbrauch ihrer gesamten Gebäude und Anlagen einsehen und gestalten können. Als Erweiterung innerhalb des „EBI“ liefert der „Energy Manager“ durch den Einsatz offener Systemarchitektur auch Informationen über die energetischen Zusammenhänge innerhalb der Liegenschaft. Anhand dessen lässt sich erkennen, ob es Energiereserven in anderen Systemen gibt, die besser verteilt werden können. Vor allem Langzeitbeobachtungen mit temporären Messpunkten bringen hier wertvolle Erkenntnisse, und sei es lediglich die Empfehlung, die Abwärme der Kühlanlage direkt oder über Wärmepumpen zur Beheizung der Räume oder der Brauchwassererwärmung zu nutzen und damit sinnvoll wiederzuverwerten, was allein schon den Heizbedarf erheblich reduziert.
Neben der Erkennung und Verringerung der kostentreibenden Lastspitzen und der Unterstützung der Optimierung von Betriebszeiten von Anlagen kann die Anwendungssoftware Informationen aufbereiten, die für die Erstellung von Trends, Modellen und Prognosen benötigt werden. Darüber hinaus liefert der „Energy Manager“ Daten zum Aushandeln niedrigerer Energietarife mit Energieversorgern und bildet die Voraussetzung zur Erfüllung der DIN 16001 zur Inanspruchnahme von Steuerermäßigungen.
Monitoring durch Drittpartner im Kommen
Selbstverständlich können sich Unternehmen externe Fachleute nicht nur für die Bestandsanalyse, sondern auch für die laufende Überwachung der technischen Infrastruktur ins Haus holen. Mit dem cloudbasierten Gebäudemanagementdienst „Outcome Based Services“ (OBS) ermöglicht beispielsweise Honeywell die laufende Fernüberwachung der vorhandenen Installationen und die Priorisierung von Wartungsarbeiten, damit diese den größtmöglichen Einfluss auf die Gesamtleistung eines Gebäudes haben. Dank einer Kombination aus erweiterter Automatisierung und Datenanalyse mit Hilfe diagnostischer Werkzeuge können Honeywell-Servicetechniker rund um die Uhr auf Gebäudewerte zugreifen und diese überprüfen. Anomalien und Fehlkonfigurationen lassen sich so schneller identifizieren als durch die bisherigen regelmäßigen Wartungsgänge mit abzuarbeitenden Listen, was Zeit und Geld spart. Ein Netzwerk an lokalen Technikern kann zudem bei der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen zur frühzeitigen Problembehebung unterstützen.
Anhand von Langzeitauswertungen und Prognosen wird sogar ein Blick in die Zukunft für die Gebäudebetreiber möglich sein, etwa um den Lebenszyklus bestimmter Gebäudesysteme voraussagen zu können. Zukünftige Versionen von „OBS“ werden neben der Zustandsüberwachung der Anlagen verstärkt auf die Überwachung von Energiekreisläufen und die Identifikation von Energieverteilungs- und -einsparpotenzialen setzen. Das wird beispielsweise die gezieltere Voraussage von Jahresenergieverbräuchen ermöglichen.
Fazit
Die zunehmende Vernetzung von Gebäuden und Anlagen, effiziente sowie vielfältige Sensoren und moderne IoT-Technologie ermöglichen eine laufende Fernüberwachung von sich im Einsatz befindlichen Kälte- und Klimaanlagen, um stets über Zustand und Leistung informiert zu sein. Mehr noch – die gesammelten Erkenntnisse und Langzeitbeobachtungen werden es den Betreibern zukünftig noch einfacher machen, Optimierungspotenziale zu erkennen. Gebäudemanagementsysteme, die auch Kühlung, Lüftung oder Temperaturregelung erfassen, und spezielle Anwendungssoftware wie der „Energy Manager“ helfen dem Personal dabei, die Flut an Daten zu bewältigen und zu überblicken. Wichtig ist und bleibt dabei jedoch: Bevor wie wild neue Monitoring-Technologie installiert wird, gilt es sich zunächst einen Überblick über die bestehenden Systeme und Anforderungen zu verschaffen, überversorgte oder gar überflüssige Kostentreiber auszumerzen, bestehende Kreisläufe zu optimieren sowie mit dem Gesamtkreislauf besser abzustimmen – beispielsweise mit gekoppelten hydraulischen Anlagen. Wer hier die Hausaufgaben nicht macht, wird sich auch in Zukunft öfters auf das Fahrrad oder Moped schwingen müssen, als ihm lieb ist.