Interview mit Holger Thiesen, Mitsubishi Electric

Neue Einsatzbereiche und Produktsegmente entschlossen angehen

Getragen von seiner Klima- und Wärmepumpentechnik hat sich das Unternehmen Mitsubishi Electric im vergangenen Jahr weiter in der Branche etabliert. Wie sich die Strategie des Unternehmens künftig darstellen wird, was an Neuheiten zu erwarten ist, wie die kommende ErP den Markt prägen und das Thema Energieeffizienz immer weiter in den Fokus rückt – darüber sprach die KKA mit Holger Thiesen, General Manager Mitsubishi Electric, Living Environment Systems.
KKA: Herr Thiesen, können Sie bereits jetzt einen ersten Blick auf das abgelaufene Jahr 2011 werfen und erläutern, wie sich Mitsubishi Electric in diesem Jahr entwickelt hat?

Thiesen: Gemeinsam mit der Branche der Klimatechnik hat sich auch die Division Living Environment Systems bei Mitsubishi Electric erfolgreich entwickelt. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die von uns aus Ratingen betreuten Märkte und Tochtergesellschaften in Benelux, Zentraleuropa und Russland. Gleichermaßen gilt die positive Entwicklung auch für alle Produktgruppen – sowohl im reinen Klimageschäft als auch für unsere Wärmpumpen in der Heiztechnik. Überraschend haben sich auch die Klimageräte für den privaten Endkunden deutlich positiv entwickelt. Dieses Geschäft wird überwiegend von heißen Sommern getrieben. Vom reinen Verkauf her hatten wir einen sehr heißen Sommer. Wir beobachten den Trend, dass sich Privatkunden nach ihren ersten Erfahrungen mit Klimageräten aus dem Baumarkt professionelle Geräte wünschen und sich dann auch an die traditionell großen Hersteller wenden. Gleichzeitig haben Entwicklungen wie unser „MSZ-EF“, die auf den Wunsch einer gelungenen Optik im Privatsegment eingehen, einen deutlichen Anteil am Wachstum in diesem Segment.

 

KKA: Wie stellte sich die Entwicklung in den anderen Produktbereichen dar?

Thiesen: Auch hier können wir auf ein äußerst erfolgreiches Jahr zurückblicken. Letztendlich zahlt sich gerade im Bereich VRF die Entwicklung der Mitarbeiter-Kapazitäten aus. Hier haben wir insbesondere die Planungsunterstützung für das Fachhandwerk und die Fachplaner ausgebaut. Wir stellen aber darüber hinaus fest, dass in allen Bereichen wieder mehr auf Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und Qualität geachtet wird. Von diesem Trend profitieren wir. Die Replace-Technology hat uns dabei zusätzliche Marktsegmente geöffnet. Dieser Austausch von Klimageräten mit den mittlerweile verbotenen Kältemitteln, die nur noch als Recycling-Ware verfügbar sind, wird erst jetzt für die Betreiber wirklich zu einem Thema und der Markt entwickelt sich mit deutlichem Wachstum.

Im Segment Wärmepumpe haben wir uns deutlich positiver als der Markt entwickelt. Mittlerweile dominiert die Luft/Wasser-Wärmepumpe und erschließt Felder, in denen eine Erd-Wärmepumpe kein gangbarer Weg wäre. Darüber hinaus greift die Thematik Wärmepumpe für uns teilweise überraschend mit großer Vehemenz in klassische Gasländer wie Tschechien, Slowakei, Polen oder Ungarn über. Derzeit arbeiten wir daran, unser Angebot im Wärmepumpenbereich zu komplettieren.

 

KKA: Wie soll diese Komplettierung im Wärmepumpenbereich aussehen?

Thiesen: Die Philosophie hinter Mitsubishi Electric ist es, Produkte möglichst nahe an den Märkten zu entwickeln und zu bauen, die sie auch benötigen. In der Klima-Branche existieren sicher Geräte, die weltweit mit den gleichen Standards benötigt werden. Bei Wärmepumpen sieht das anders aus. Im vergangenen Jahr haben wir deswegen eines unserer vier Werke in Schottland vollständig auf das Thema Wärmepumpe ausgerichtet. Dahinter steckte auch die Entscheidung, das Know-how und das Verständnis für den europäischen Markt von hier aus besser nutzen zu können. Diese Entscheidung hat uns die Basis dafür gegeben unser Wärmepumpen-Programm zu erweitern – nicht nur um weitere Produkte, sondern auch um eine künftige komplette Eigenfertigung im Speicherbereich in Schottland.

 

KKA: Welche Entwicklung erwarten Sie in 2012 – gerade auch angesichts der weltweiten Finanzkrise?

Thiesen: Im Moment ist die Situation äußerst intransparent. Gleichzeitig sind wir mit globalen Entwicklungen konfrontiert, für die es keinerlei Erfahrungswerte aus der Vergangenheit gibt. Wir alle hängen derzeit an Entwicklungen wie dem Euro, Griechenland etc. Wir rechnen im nächsten Jahr mit einer leichten Beruhigung der Märkte und damit des Wachstums. Legen wir die gängigen Konjunkturindikatoren aus dem Handwerk zugrunde, bewerten wir die Gesamtlage jedoch weiterhin positiv. Insofern gehen wir von einem leichten Wachstum aus. Gerade für unsere Branche spielen da auch Themen wie der Austausch der R22-befüllten Altanlagen hinein, die auf alternative Kältemittel umgestellt werden müssen – und für die wir ja auch entsprechende Lösungen bieten.

Ein Problem ist nicht nur für uns, sondern die gesamte Branche die Preisentwicklung bei den Rohstoffen – insbesondere bei den Seltenen Erden. In Japan hat es hier Preissteigerungen teils im zweistelligen Bereich gegeben. Wir versuchen als Hersteller diesen Effekt natürlich weitestgehend abzufangen, können uns aber kaum der Preispolitik verschließen, die vom weltweit wichtigsten Erzeugerland für Seltene Erden hier derzeit umgesetzt wird. Ich gehe davon aus, dass die gesamte Branche aufgrund dieser Problematik die Preise anheben muss. Das betrifft nicht nur Klimageräte, sondern auch Wärmepumpen, Kühlschränke oder Wäschetrockner, Handys und Fernseher.

 

KKA: Wie sehen Sie die derzeitige strategische Aufstellung des Unternehmens?

Thiesen: Unsere strategische Ausrichtung wird sich auch im kommenden Jahr nicht ändern. Wir sehen nach wie vor die Schwerpunkte in unserem Klima- und Wärmepumpengeschäft, das wir durch eine Verbreiterung der Servicestruktur für unsere Kunden noch besser gestalten werden. Chancen sehen wir im Produktprogramm. Hier werden wir sicher forciert einen weiteren Ausbau der Produktlösungen vorstellen können. Dabei suchen wir den engen Kontakt zu unseren Partnern – gerade auch aus dem Fachhandwerk, auf das wir aktiv zugehen. Mit einem deutlich vergrößerten Schulungsprogramm gehen wir das Thema Qualifizierung unserer Partner aktiv an. Die Nachfrage ist riesig. Wir suchen aber auch genau diese Fachhandwerker, die bereit sind, sich weiter zu qualifizieren. Wir haben eine Kundenzufriedenheitsbefragung durchgeführt, organisieren Kunden-Workshops und spiegeln unsere Leistungen anhand der Wünsche und Erfordernisse aus der Praxis kritisch wider. Eine wichtige Forderung war die nach weiteren abgeschlossenen Paketlösungen aus unserer Hand. Das werden wir erfüllen.

Wenn wir die Einsatzbereiche von Produkten ansehen, dann werden sich hier aus unserer Sicht fast zwangsläufig neue Felder erschließen lassen. Vor zehn Jahren hätte noch niemand daran gedacht, seine Wohnung mit einem Klimagerät auch zu beheizen und nicht nur zu kühlen. Ein Markt wie Schweden mit deutlich geringeren Temperaturen als in Deutschland ist einer unserer Kernmärkte für Wandgeräte – weil sie auch zur Beheizung genutzt werden. Eben weil es sich hier um hoch effiziente Luft-/Luft-Wärmepumpen handelt. Gerade diese Thematik der Luft-/Luft-Wärmepumpe wird sich in den kommenden Jahren aus unserer Sicht weiter entwickeln. Und im Gegensatz zur klassischen Heiztechnik mit Öl und Gas sind in der Wärmepumpentechnik durchaus noch weitere Effizienzsprünge zu erwarten. Auf Sicht bedeutet dies geringere Betriebskosten und eine deutliche Einsparung von CO2-Emissionen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die kommende ErP-Richtlinie. Bei den traditionellen Heiztechniken kann voraussichtlich die höchstmögliche Effizienzklasse mit bestehenden Produkten erreicht werden. In der Klimatechnik sind die Anforderungen so hoch angesetzt, dass heute existierende Geräte diese Bestmarke kaum erzielen können. Die Hersteller werden mit ihrer ganzen Innovationskraft alles daran setzen, um diese Vorgaben zu erreichen. Das wird die Entwicklung der kommenden Jahre kennzeichnen.

 

KKA: In relativ kurzer Zeit haben sich Luft/Wasser-Wärmepumpen den ersten Platz in der Absatzstatistik erkämpfen können. Wollen Sie eine Prognose wagen, wie sich der Wärmepumpenmarkt in den kommenden Jahren entwickeln wird?

Thiesen: Luft/Wasser-Wärmepumpen sind bereits heute bei richtiger Auslegung von ihrer Effizienz her wettbewerbsfähig zu Erd-Wärmepumpen. Das hätte vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten. Und die Branche arbeitet an einer weiteren Steigerung der Effizienz dieser Systeme. Letztendlich werden sich die Einsatzbereiche für Erd-Wärmepumpen dadurch reduzieren. Sie werden nach wie vor ihre Berechtigung haben – nur auf einem ganz anderen Niveau. Nicht umsonst haben sich viele Hersteller der Branche wieder von ihren Bohrunternehmen getrennt. Das große Thema bei Luft-Wärmepumpen wird aus unserer Sicht die Geräuschemission sein. Das begrenzt derzeit noch die Einsatzorte und alle namhaften Hersteller arbeiten hier an Lösungen – auch für den Wohnungsbau.

Über unsere Partner im Fachhandwerk und Anlagenbau sind wir mit unseren Wärmepumpen sowohl im gewerblichen als auch im privaten Sektor zuhause. Gerade im gewerblichen Bereich sehen wir deutlichen Nachholbedarf und Wachstumsraten für die kommenden Jahre. Hier werden wir ebenfalls neue Lösungen vorstellen können. Maxime dabei wird für uns immer sein, dass wir Komplett-Systeme und ganzheitliche Lösungen von Mitsubishi anbieten.

 

KKA: Werden sich künftig Kälte- und Wärmeerzeugung überhaupt noch trennen lassen? Wo sehen Sie als Mitsubishi Electric Ihre Kernkompetenzen?

Thiesen: Wir sehen hier eine zunehmende Verschmelzung in Richtung eines Haustechnik-Gewerbes. Der Kälteanlagenbauer hat traditionell andere Kompetenzen als das SHK-Fachhandwerk. Aus der Annäherung beider Gewerke entwickelt sich derzeit aber immer öfter eine gemeinsame Strategie, die der Kunde auch in Form einer Gesamtkompetenz verlangt. Gerade hier muss aber auch bereits die Ausbildung der kommenden Generationen ansetzen. Die einseitige Ausrichtung auf Kälte oder Wärme bzw. Hydraulik sollte bereits hier aufgebrochen werden. Wir glauben daran, dass diese Schnittstelle zwischen den Systemwelten immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Wir als Hersteller müssen hier genauso unsere Hausaufgaben machen und unsere Partner unterstützen – durch Trainings, Service und Produkte, die sich einfach planen und installieren lassen. Genauso sehen wir eine weitere Entwicklung in Richtung Planungsunterstützung. Hier haben wir uns in 2011 bereits mit zahlreichen neuen Planerberatern verstärkt. Das werden wir in 2012 fortführen und so für die Planung von Projekten einen weiter verbesserten Service bieten können. 

 

KKA: Sie hatten bereits die kommende ErP-Richtlinie angesprochen. Dieses Thema wird die gesamte Branche in den nächsten Jahren sicher intensiv beschäftigen. Wie bereiten Sie sich als Mitsubishi Electric darauf vor?

Thiesen: Generell befürworten wir die ErP, weil sie hilft transparent darzustellen, warum Qualitätsprodukte mit hoher Effizienz nun einmal kostenintensiver als Geräte aus dem Baumarkt sind. Und das neue Energielabel wird deutlich kennzeichnen, dass sich Bestwerte ausschließlich mit Invertern erreichen lassen. Wir sehen das insgesamt als Riesenchance für die Branche und haben uns produktionstechnisch bereits darauf vorbereitet. Heute wird die Effizienz von Klimageräten nur auf einen einzigen Messpunkt bezogen. Die Optimierung nahezu jedes Gerätes auf einen Betriebspunkt ist relativ einfach. Mit der neuen ErP geht es um Betriebszustände in verschiedenen Leistungs- und Temperaturbereichen. Das lässt sich dann nicht mehr mit Ein-/Aus-Verdichtern darstellen, sondern nur noch mit Invertertechnologie. Dabei haben wir dem Wettbewerb eine lange Erfahrung voraus, auf die wir bauen können. Das wird sicher anlässlich der Chillventa noch einmal im Fokus stehen.

 

KKA: Abschließend die Frage, Herr Thiesen, was Sie in den kommenden Jahren an neuen Produkten und Lösungen bieten werden. Werden Sie sich hierbei weiter auf die derzeitigen Geschäftsfelder konzentrieren oder auch neue Gebiete erschließen?

Thiesen: Wir werden uns in jedem Fall weiter innerhalb unseres Kerngeschäftes der Klima- und Lüftungs-, sowie Wärmepumpentechnik bewegen. Dann machen wir uns insbesondere auch Gedanken um die Kältemittelthematik, falls Kältemittel künftig noch kritischer betrachtet werden. Hier werden wir einen Ansatz bereits zur Chillventa in einer Studie vorstellen können.

Immer wichtiger wird aus unserer Sicht auch die Bedienhardware als einzige Schnittstelle zur gesamten Produktwelt, die ein Endkunde oder ein professioneller Anwender in der Regel hat. Bedienungsfreundlichkeit, Intelligenz und Vernetzung sind die Themen, an denen wir hier aktiv forschen, um künftig auch weiterhin den Führungsanspruch in der Branche mit innovativen Konzepten zu verdeutlichen.

 

KKA: Herr Thiesen, vielen Dank für das Gespräch.
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