Prozesskühlung zum „Nulltarif“
Absorptionskältemaschinen nutzen Brüdendampf
In vielen Produktionsprozessen entsteht Abwärme in Form von Dampf oder Warmwasser als „Abfallprodukt“. Wer sie ungenutzt an die Umwelt abgibt, verschenkt die Möglichkeit, Energie einzusparen. Absorptionskältemaschinen nutzen das Abfallprodukt als kostenlose Energiequelle für die Produktion von Kaltwasser für Klimaanlagen und/oder Prozesskühlung. Die Energieersparnis und CO2-Einsparung einer solcher Lösung haben dem Michelin-Reifenwerk in Bad Kreuznach den Umweltpreis des Landes Rheinland-Pfalz eingetragen.
Das Michelin-Werk in Bad Kreuznach ist mit 1550 Mitarbeitern und einer Produktionsfläche von über 270 000 m² die größte deutsche Produktionsstätte für Michelin-Reifen. Der wichtigste Arbeitsschritt bei der Reifenherstellung ist die Vulkanisation. Dabei werden heißes Wasser und Dampf unter hohem Druck durch die sogenannte Vulkanisationsform getrieben. Sie pressen den Reifen in die Form, wobei er sein Profil erhält. Der bei diesem Vorgang entstehende „Brüdendampf“ wurde vor der Umstellung ungenutzt an die Umwelt abgegeben. Damit gingen ca. 18,4 GWh/Jahr an Energie verloren.
Ökologischer Fußabdruck | Dieser Energieverlust widersprach dem vom Management eingeführten „ökologischen Fußabdruck“, der Umweltschonung und Nachhaltigkeit von der Produktion bis zur Entsorgung verlangt. Die Lösung fand man im „Konditherm“-Konzept, einem Verfahren der ESI GmbH Dr. Georg Schu. „Konditherm“ ist ein Verfahren der Rückgewinnung von Energie für Gebäudeheizung und Brauchwassererzeugung sowie zur Prozesskühlung mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen.
Im Kreuznacher Werk saugt die „Konditherm“-Anlage alle Brüdendämpfe über drei Gebläse ab und wandelt sie in einem großen Reaktor in Kondensat um, wobei Warmwasser nahezu auf Siedetemperatur erhitzt wird. Diese Kondensatwassermenge von 6 m³/h bzw. 48 000 m³/Jahr wird mit einer Temperatur von über 92 °C dem Heizsystem wieder zugeführt. Zwei Absorptionskältemaschinen „16LJ“ von Carrier (www.carrier.de) nutzen ausschließlich die Energie des mit dieser Abwärme erzeugten Warmwassers, um Kaltwasser für die Prozesskühlung zu erzeugen.
Heizenergie für den Winter | Die beiden Absorptionskältemaschinen wurden in die bereits bestehende Turbo-Kälteanlage integriert. Auf der Kaltwasserseite gibt es keine Kaltwasserpumpen, die einzelnen Maschinen zugeordnet sind. Über Kaltwasserregelventile, die von Carriers „CC1600“-Controllern geregelt werden, holen sich die Absorber gerade die Kaltwassermenge aus dem Rücklauf, die durch die momentan zur Verfügung gestellte Abwärmemenge auf die geforderte Kaltwasservorlauftemperatur gekühlt werden kann. Darüber hinaus wird die Wärme aus der „Konditherm“-Anlage direkt als Heizenergie innerhalb verschiedenster Produktionslinien oder zur Gebäudeheizung im Winter genutzt. Die Regelung der gesamten Anlage übernimmt ein vollautomatisches Prozessleitsystem inklusive Fernüberwachungs- und Fernbedienmöglichkeiten.
Schnelle Amortisierung | Das „Konditherm“-System liefert einen garantierten Anlagenwirkungsgrad von mindestens 77 %. Pro Jahr werden etwas 14,2 GWh an Wärme gewonnen. Durch die Kälteerzeugung über die gewonnene Abfallwärme mit Hilfe der Absorptionskältemaschinen wird elektrische Energie von rund 2 GWh pro Jahr an den vorhandenen Turbokompressoren eingespart. Zum Vergleich: Mit dieser eingesparten Elektro-Energie könnten ca. 500 Einfamilienhäuser ganzjährig mit Strom versorgt werden.
Die insgesamt eingesparte Energiemenge entspricht ca. 12 % der jährlichen Energiekosten für die Vulkanisation bei der Reifenherstellung. Damit amortisiert sich der Umbau der Anlage sehr schnell: Die gesamten Anlagenkosten werden ausschließlich durch die erzielte Energieersparnis finanziert.