RLT-Geräte – Trends und Anforderungen von morgen
Interview mit Frank Reimann, Geschäftsführer MultiCross
ebm-papst präsentierte am 16. Juni 2021 zum zweiten Mal das virtuelle Highlight-Event „Fresh World“ für die Kälte- und Lüftungstechnik. Teilnehmer hatten die Möglichkeit, sich über neue Lösungen von ebm-papst zu informieren und sich mit Spezialisten auszutauschen. Im Rahmen des Events moderierte die KKA-Redaktion ein Expertengespräch zum Thema „RLT-Anlagen – Trends und Anforderungen von morgen“. Die Kernaussagen von Frank Reimann, Geschäftsführer des Lüftungs- und Wärmerückgewinnungsspezialisten MultiCross aus Emmerich am Rhein, im Rahmen der Gesprächsrunde sind nachfolgend zusammengefasst.
KKA: Herr Reimann, die RLT-Anlagentechnik wird seit Jahrzehnten immer weiter optimiert. Welche effizienzsteigernden Maßnahmen sind bei künftigen Entwicklungen überhaupt noch zu erwarten? Und welche Komponenten eines RLT-Geräts haben aus Ihrer Sicht noch besonders hohes Optimierungspotential?
Reimann: Bei RLT-Geräten ist es immer die Kombination der Komponenten. Wir gehen weg von den starren Gehäuseabmessungen hin zum „MultiCube“ mit variablen projektspezifischen Abmessungen. Wenn wir in eine Lüftungszentrale kommen und sehen, dass über dem Gerät noch 30 bis 50 cm Platz sind, dann sind das schnell mal 4 bis 6 m3 Luftraum – die würden im RLT-Gerät die Effizienz enorm steigern und den Schall reduzieren. Allgemein gilt es, die Druckverluste zu minimieren. Das bringt uns beim Ventilator und bei der Wärmerückgewinnung nicht nur beim Wirkungsgrad und dem Stromverbrauch, sondern auch beim Schall enorm nach vorne.
KKA: Wenn Komponenten immer komplexer werden und zudem der Systemgedanke eine immer größere Rolle spielt – ist die Technik von Planern und Anlagenbauern überhaupt noch beherrschbar bzw. beeinflussbar oder findet ein immer größerer Know-how-Transfer hin zu den Herstellern statt?
Reimann: Unsere Fachplaner in der Heizungs- und Lüftungstechnik sind sehr gut ausgebildet und flächendeckend in ganz Deutschland verteilt. So ein Netz an sehr gut ausgebildeten Ingenieurbüros findet man nur in Deutschland. Wir hoffen, dass sich BIM mit der 3D-Planung weiter durchsetzt – so kann man sehr komplexe Systeme nahezu fehlerfrei berechnen. Ich bin virtuell schon durch Projekte gelaufen, da war die gesamte Haustechnik schon sichtbar, aber das Gebäude noch nicht gebaut. Da sieht man mal, was in Kürze Standard wird.
KKA: Künstliche Intelligenz hält in vielen Anwendungen Einzug – auch in der technischen Gebäudeausrüstung. Was ist heute schon möglich und was ist in Zukunft noch zu erwarten? Wie intelligent wird die (RLT-)Anlagentechnik noch werden und welche Vorteile lassen sich daraus ziehen?
Reimann: Viele Universitäten beschäftigen sich mit dem Thema; wir sind bei zwei Projekten auch Seniorpartner. Wetterdaten, Raumprofile, Kundeprofile, Netzwerke – all diese Daten werden zukünftig verwendet. Der Trend geht zur Gebäudeleittechnik, die via Bus die Daten einsammelt oder verteilt; die eigentliche Geräteregelung kommt dann vom jeweiligen Gerätehersteller (Kessel/RLT-Gerät/Beschattung/..).
KKA: Werden die Informationen, die ein Ventilator und andere „intelligente“ Komponenten einer RLT-Anlage heutzutage schon liefern können bzw. könnten, von MultiCross schon vollumfänglich in die Gesamtsteuerung des Systems einbezogen oder liegt noch viel Potential brach?
Reimann: Mit unserem „MultiTrend Viewer“ haben wir 2015 schon bei den Klimatagen von ebm-papst gezeigt, was mit den Motordaten von ebm-papst alles möglich ist. Wir sind in der Lage, alleine über den Modbus die Stromaufnahme in unserer Cloud dazustellen. Aktuell arbeiten wir an einer Variante der vorausschauenden Wartung mit Schwingungssensoren – also dort aktiv zu werden, wo noch keiner ein Problem sieht. Unsere neue Schulgeräteserie „Campus V/H/F“ ist voll mit dieser intelligenten Technik, der ebm-papst-Ventilator ist in der „Campus“-Serie wie ein zweiter Controller und via Modbus voll eingebunden.
KKA: Machen wir uns eigentlich zu viele Gedanken über neue Komponenten, neue Regeleinheiten, neue Geräteintelligenz? Oder würde es nicht genügen, die vorhandenen Produkte richtig zu planen, zu installieren, besser aufeinander abzustimmen und die richtigen Betriebspunkte zu finden? Überspitzt formuliert: Mehr Gehirnschmalz in Planung und Betrieb stecken und nicht in die Anlagentechnik.
Reimann: Wir sind auch immer für den einfachen Weg, aber gerade mit moderner und effizienter Anlagentechnik können die Planungsbüros sehr effiziente Konzepte zur CO2-Einsparung erstellen und darum geht es eigentlich immer. Ein gut geplantes Projekt erhält automatisch eine Rohrnetzberechnung usw.
Ich glaube, dass die Basics stimmen. Aber bei der Regelung bin ich Ihrer Meinung: Mit Gehirnschmalz und Projektbesprechungen kann man sehr viel erreichen. Eine Standard-Regelung aus dem Regal, die nicht frei programmierbar ist, bringt uns hier nicht weiter.
KKA: Die Ökodesign-Verordnung 1253/
2014 für RLT-Geräte befindet sich derzeit in der Überarbeitungsphase. Auch wenn noch nicht alles in trockenen Tüchern ist: Welche Veränderungen stehen wahrscheinlich an? Gibt es auch etwas zu befürchten?
Reimann: Im „Draft Working Document“ sind sehr interessante Ansätze:
Die Energetische Mindesteffizienz von Luftfiltern: Das halte ich für sehr sinnvoll und für überfällig. Die ISO 16890 ist schon sehr gelungen, jetzt die Effizienz – also auch den Druckverlust – zu betrachten, macht Sinn.
Feuchterückgewinnung im Betriebszustand Sommer (Ziel: Entfeuchtung der Außenluft): Dieses Einsparpotenzial im Bereich Kühlung ist erheblich, aber nur sinnvoll für Kunden, die viel kühlen müssen.
Geräte-interne Leckage aber auch die externe Leckage sollen betrachtet werden – das entsprechende Regelwerk gibt es schön länger, mich interessiert allerdings die Umsetzung in der ErP, wir sind da sehr gespannt.
Es soll einen „MSR-Bonus C“ geben für die Steuerung und Regelung, Stichwort bedarfsgerechte Regelung / Monitoring / GLT. Da finde ich den Bonus übertrieben, eine ordentliche Regelung gehört zu jedem Projekt.
Berücksichtigung des Aufstellortes bezogen auf die Auslegungstemperatur im Winter: Europa ist groß und nicht überall haben wir im Winter -14 °C. Folglich sagt die EU, dass auch nicht alle Anforderungen an die WRG gleich sein können. Das Problem ist nur, das später keiner mehr durchblickt, wenn ein Gerät in Madrid die ErP-Vorgaben erreicht, das absolut gleiche Gerät in München aber nicht. Das wird die Marktaufsicht nie kontrollieren können; mit einem einheitlichen Europa hat das meiner Meinung nach nicht viel zu tun.
KKA: Enorm viel Energie geht „verloren“, weil die Energie in Abwärmeströmen nicht genutzt wird. Wie sieht das im Bereich der RLT-Geräte aus? Wie viel Potential steckt noch in der Wärmerückgewinnung bzw. der Kombination von Lüftungsanlagen und Wärmepumpen?
Reimann: Wir hoffen, dass die Kombination RLT-Gerät und Wärmepumpe weiter zusammenrückt, beide Systeme nutzen regenerative Energien als Quelle. Die Effizienz der Wärmerückgewinnung wird in Prozent und Kilowatt ausgerechnet, die Effizienz der Wärmepumpe über die Jahresarbeitszahl. Wir sind der Meinung, dass beides über die Jahresarbeitszahl dargestellt werden muss – immerhin sind beides regenerative Systeme.
Erst die Kombination in einem Gerät als Lüftungsgerät mit WRG und Wärmepumpe bringt den nächsten großen Wurf, so zumindest sehen wir das von MultiCross. Unsere Fortluft ist selbst im kältesten Winter bei ca. 0 °C. Wenn die Luft/Luft-Wärmepumpe die Abwärme nutzt, bringt das eine Erhöhung des Systemwirkungsgrads von bis zu 20 % – quasi umsonst, einfach durch die Kombination.
Zum Beispiel für Media Markt und Trinkgut haben wir schon solche Anlagen bauen dürfen, selbst im tiefsten Winter ist stets Heizleistung vorhanden.
KKA: Herr Reimann, herzlichen Dank für das Gespräch.