VRF-Technik und Kopplung mit RLT-Systemen
Ganzheitliches Konditionierungskonzept für ein Laborgebäude
In Georgsmarienhütte bei Kloster Oesede entstand ein neues Labor- und Dialysezentrum. Dieses umfasst ein zweistöckiges Laborgebäude für Blutprobenuntersuchungen, einen Verwaltungskomplex und eine angegliederte Pathologie. Den Mitarbeitern stehen 21 vollklimatisierte Labor-, Technik- und Büroräume mit Außenluftversorgung zur Verfügung. Um den Anforderungen, die der Betreiber an die Gebäudeversorgung stellt, gerecht zu werden, wurde ein mehrstufiges Klimatisierungskonzept vorgesehen.
Der Baubeginn der Versorgungstechnik im neuen Labor- und Dialysezentrum war für März vorgesehen, verzögerte sich aber durch den langen Winter auf Anfang Mai 2013. Da die Folgetermine zur Fertigstellung der Laborräume bereits mit der geplanten Nutzbarkeit auf Ende 2013 gelegt worden waren, war ein verstärkter Einsatz von Personal und ein durchstrukturiertes Vorgehen der Installation notwendig, um die Fertigstellungstermine halten zu können. Es galt also, zwei Monate Bauverzug aufzuholen.
Ganzheitlich von Anfang an
Das Laborgebäude vermittelt beispielhaft, dass der Bedarf an ganzheitlichen Konditionierungskonzepten – die sich nicht nur auf die Bauteile eines herkömmlichen VRF-Klimasystems beschränken – immer mehr an Bedeutung gewinnen. Daher müssen die Gewerke Gebäudeautomation, Lüftungstechnik sowie Heizungs- und Klimatechnik bereits in der Planungsphase immer stärker ineinander greifen und mit möglichst wenigen Schnittstellen auskommen, um individuelle und wirtschaftliche Gesamtlösungen zu liefern.
Zur Detailplanung des Gebäudetechnikkonzepts und der daraus folgenden Ausführung betraute die Kuhlmann Bauunternehmen GmbH aus Oldenburg-Metjendorf die Server-Cooling-Systems GmbH (SCS), Oldenburg, mit der sie bereits in der Vergangenheit erfolgreich Projekte umgesetzt hatte. Die SCS ist aus der Schweigatz-Unternehmensgruppe hervorgegangen, die bereits seit 20 Jahren in den Gewerken Heizung-, Sanitär- und Klimatechnik erfolgreich tätig ist. Gemeinsam erarbeiteten die Projektverantwortlichen und der Generalunternehmer das Klimatisierungskonzept. Das Ergebnis dieser Arbeit sind ausgereifte, aber auch individuell angepasste Komponenten der Lüftungs- und Klimatechnik. So wurden beispielsweise Hydraulikmodule zur Beheizung des Warmwasserkreises per VRF-Drei-Leiter-Anlage von Fujitsu durch SCS als Komplettmodul gefertigt. Weiterhin werden eigene Spezialisten für die Regelungstechnik beschäftigt, um die individuellen Kundenwünsche erfüllen zu können.
Die Grundanforderungen
Ein besonderes Augenmerk legte der Bauträger auf den ökologischen Gebäudebetrieb und einen schonenden Umgang mit dem Energiebedarf. Das gesamte Regelungskonzept sollte auch möglichst wenige Schnittstellen unterschiedlicher Gebäudetechnologien aufweisen.
Eine weitere Anforderung an die Gebäudekonditionierung bestand in einer bestmöglichen Effizienz der Wärme- und Kälteerzeugung. Der Energiebedarf des Dialysegebäudes sollte im Betrieb gering sein, Kosten sparen und die Umwelt schonen.
Die ursprüngliche Planung sah eine Gasheizung zur Warmwasserbereitung und ein Kaltwassersystem zur Kühlung der Außenluft in einer Lüftungsanlage vor. Um möglichst wenige unterschiedliche Technologien zu nutzen, wurde die Kalt- und Warmwasserbereitung auf VRF-Klimasysteme abgeändert. Dadurch wurde auch Platz auf dem Dach eingespart (VRF-Außengeräte benötigen viel weniger Aufstellfläche als Wasserkühlsätze) und auf den Gasanschluss konnte verzichtet werden. Ein weiterer Pluspunkt für die VRF-Drei-Leiter-Technik ist die Energieeinsparung bei gleichzeitiger Heiz- und Kühlanforderung. Hier wird die Wärme- und die Kühlenergie zwischen den Verbrauchern verschoben und muss nicht teuer über separate Erzeuger zur Verfügung gestellt werden.
Um den Anforderungen, die der Betreiber an die Gebäudeversorgung stellt, gerecht zu werden, wurde ein mehrstufiges Klimatisierungskonzept vorgesehen. Dieses besteht aus folgenden Systemen:
dezentrale Klimatechnik durch VRF-Inneneinheiten,
Klimatisierung durch zentrale Lüftungsanlagen (zwei Ausführungsvarianten),
komfortables Beheizen durch Niedertemperaturradiatoren und Warmwasser.
Dezentrale Klimatechnik durch VRF-Inneneinheiten
Um die 21 Büro-, Verwaltungs- und Praxisräume, die starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, sowie den Technikraum zu klimatisieren, kamen Inneneinheiten des VRF-Drei-Leiter-Systems von Fujitsu zum Einsatz. Die Vorteile dieser dezentralen Klimatisierung liegen in der individuellen Temperatureinstellung an jedem der Innengeräte. Somit können über das System gleichzeitig verschiedene Räume mit unterschiedlichen Temperaturen beheizt oder gekühlt werden. Weiterhin lassen sich große Räume in verschiedene Temperaturzonen unterteilen, um für alle Personen ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Ein weiterer Vorteil der VRF-Inneneinheiten liegt in der schnellen Konditionierung der Raumluft. Räume, die selten genutzt werden (Wartezimmer, Besprechungsräume), werden nur dann geheizt oder gekühlt, wenn es dafür einen Bedarf gibt.
Klimatisierung durch zentrale Lüftungsanlagen
Über die Raumtemperierung hinaus werden die Räume auch mechanisch be- und entlüftet. Der Vorteil von Lüftungsanlagen liegt in der zentralen Aufbereitung der Luft wie kühlen, heizen, filtern, be- und entfeuchten. Durch die Platzierung der Lüftungsgeräte an nur einer Stelle vereinfachen sich auch Service- und Wartungsarbeiten.
Mit dem System 1 wird das gesamte Laborgebäude mit frischer Außenluft versorgt. Dazu kommt ein leistungsstarkes Lüftungsgerät mit 18.000m³/h Luftleistung und spezieller Feinfilterung zum Einsatz. Dabei muss das Lüftungssystem ständig auf wechselnde Leistungsanforderungen zur Konditionierung der Außenluft reagieren. Zum einen ändert sich die Außenlufttemperatur im Laufe des Tages, wodurch oft auch ein Betriebsartenwechsel von Heizen auf Kühlen (oder umgekehrt) nötig wird. Zum anderen variieren die inneren Lasten des Gebäudes durch Zu- und Abschalten von Messequipment. Diese Temperatur- und Leistungswechsel müssen von der Lüftungsanlage zuverlässig ausgeregelt werden. Weiterhin sind in den Laborräumen sogenannte Prüfkammern installiert, die während Probenuntersuchungen Raumluft durch die Messkammer nach außen befördern.
Um sicherzustellen, dass sich immer der gleiche, leichte Unterdruck in den Laborräumen einstellt, wird der Luftdruck stetig durch eine Gebäudeleittechnik überwacht. Diese regelt bei Bedarf die Zuluft- und Abluftmengen nach, wodurch sich ständig die geförderte Luftmenge ändert. Dies und die wechselnden Temperaturbedingungen führen zu einem steten Wechsel der Leistungsanforderung, auf die das Lüftungs- und Klimasystem permanent zuverlässig reagieren muss.
Um die etwa 100 kW Kühl- und Heizleistung zum Betrieb der Räume zu erreichen, wird das Lüftungsgerät mit DX-Systemen von Fujitsu ausgestattet und an ein Zwei-Leiter-VRF-System angeschlossen. Der in sich verzahnte, vierkreisige Wärmeübertrager wird mit getrennter 0-10V DC-Leistungskaskadierung betrieben. Die Aufteilung auf mehrere „verzahnte“ Wärmeübertrager führt zu einer besseren Teillastabdeckung bei variablen Temperatur- und Luftmengen, wodurch die Zuluft präzise konditioniert wird.
Freie und VRF-Kühlung
System 2 umfasst die Klimatisierung des empfindlichen Lager- und Verteilbereichs über eine Umluft-Lüftungsanlage, bei der die Umluft über VRF-Geräte und – wenn möglich – mit freier Kühlung konditioniert wird. Die hierzu von SCS entwickelten Lüftungsgeräte ermöglichen bei geeignet geringer Außentemperatur das Abführen der gesamten Abwärme nach außen über einen Kreuzstromwärmeübertrager (freie Kühlung) ohne Kontaminierung der keimfreien Raumluft. Erst bei weiterem Kühl- oder Heizbedarf wird das Drei-Leiter-VRF-System „V- II R“ von Fujitsu aktiviert und liefert die notwendige zusätzliche thermische Energie.
Die Lüftungsgeräte liefern mit drei getrennten Kältekreisläufen je 30 kW Kühl- oder Heizleistung. Die Leistungsregelung übernehmen je Kältekreislauf zwei DX-Systeme mit getrennter 0-10V DC-Leistungskaskadierung für jeweils 7000 m³/h Luftvolumenstrom. Neben der verbesserten Energiebilanz während des Teillastbetriebs erhöht sich durch die Aufteilung auf drei Kältekreisläufe die Anlagensicherheit enorm. Somit stehen selbst bei einem Totalausfall eines Systems noch mindestens zwei Drittel der Gesamtleistung zur Verfügung.
Erzeugung von Heiz- und Trinkwarmwasser
Die inneren Lasten der Labor- und Technikräume führen zu einem ganzjährig hohen Kühlleistungsbedarf im Gebäude. Um möglichst viel der aufgewendeten Energie zu nutzen, wird die im Kühlfall anfallende Abwärme der Lüftungsgeräte und der Inneneinheiten des VRF-Systems zur Energierückgewinnung einem Warmwasserkreislauf zugeführt.
Häufig wird die Strahlungswärme durch die Beheizung mit Radiatoren oder einer Fußbodenheizung als angenehmer empfunden als die Erzeugung eines Warmluftstroms. Daher sind alle Büroräume zum Beheizen zusätzlich mit Warmwasserradiatoren ausgestattet. Die zur Beheizung des Warmwasserkreises notwendigen Hydraulikmodule wurden von SCS als Komplettmodule gefertigt und installiert. Das notwendige Warmwasser wird bei Bedarf durch das beschriebene Drei-Leiter-Klimasystem bereitgestellt.
Zusammenfassung
Die vom Betreiber und Planer gestellte Anforderung an die Gebäudetechnik, energiesparend zu heizen, komfortabel zu klimatisieren und nur wenige Schnittstellen zwischen verschiedenen Anlagentechnologien zu haben, wird durch den Einsatz von VRF-Systemen ganzheitlich erfüllt. Die VRF-Systeme der „V-II“-Serie übernehmen das ganzheitliche thermische Energiemanagement des Gebäudes, wodurch die Energieversorgung des Wasserkreislaufes und der Lüftungstechnik ökologisch und wirtschaftlich sichergestellt wird. Um die gesamten Energiekosten besser überwachen zu können, dokumentiert der Fujitsu-System-Controller Lite den ökologischen und wirtschaftlichen Betrieb des Gebäudes. Somit wird das gesamte Dialysezentrum monovalent durch VRF-Klimatechnik beheizt und gekühlt.