Update Supermarktkälte

14. ZVKKW-Supermarkt-Symposium am 29.6.2023 in Darmstadt

Seit vielen Jahren veranstaltet der Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen (ZVKKW) sein mittlerweile traditionelles Supermarkt-Symposium – in diesem Jahr zum 14. Mal. Am 29.6.2023 waren etwas mehr als 100 Teilnehmer nach Darmstadt gekommen, um sich unter dem diesjährigen Motto „Weitere Wege zur Einsparung von CO₂-Äquivalent im Supermarkt“ über die neuesten Entwicklungen in diesem Segment der Kältetechnik zu informieren. „Der bewährte Mix aus Übersichtsvorträgen und konkreten technischen Lösungen kam wieder sehr gut an, wie die zahlreichen positiven Rückmeldungen belegen“, so Claus Dieter Penno, Präsident des ZVKKW. Die Veranstaltung bot einen interessanten Mix von aktuellen Forschungsergebnissen über verschiedene Lösungsansätze hinsichtlich der Kältemittelfrage bis hin zu detaillierteren Aspekten der Nachhaltigkeit, digitalen Services, Verdichterregelung und Feuchtigkeitskontrolle.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Claus Dieter Penno, der die Veranstaltung souverän moderierte, starteten die Fachvorträge mit der „EHI-Studie 2022 – Forschungsergebnisse zum Energiemanagement im Einzelhandel“, vorgestellt von Marco Atzberger vom EHI Retail Institute in Köln – ein ebenfalls seit vielen Jahren etablierter Programmpunkt, bei dem die aktuellen Ergebnisse der jährlich vom EHI im Handel durchgeführten Umfrage vorgestellt ­werden.

Hauptenergieverbraucher im Lebensmittelhandel ist die Kältetechnik mit 46 %. In den letzten Jahren entfallen daher rund 40 % der jährlichen Investitionen (im Durchschnitt 25 Mio. Euro) auf diesen Bereich. Hingegen sind Investitionen in die Gebäudehülle eher seltener, da die Immobilie in der Regel nicht dem Händler gehört. Bemerkenswert ist der massive Ausbau im Convenience Food Bereich, bedingt durch ein verändertes Nutzerverhalten. Ferner haben die Discounter ihr Angebot an Frischfleisch ausgebaut und präsentieren sich zunehmend als Vollsortimenter. All dies sind Treiber für den Energieverbrauch. Dennoch sinkt der Stromverbrauch insgesamt seit Jahren kontinuierlich, ein Indiz dafür, dass in Effizienz investiert wird.

Der Handel habe es, so Atzberger in seinem Fazit, in allen EHI-Erhebungen seit 2008 mit einer hohen Bereitschaft, auch neue Wege zu beschreiten und in innovative Technologien und Anwendungen zu investieren, geschafft, sowohl bei Wärme wie auch bei Strom seine Bedarfe zu senken. Dies habe allerdings mit dem massiven Anstieg der Energiekosten nochmal an Dringlichkeit gewonnen. Damit hat sich der Handlungs­druck für einen möglichst kurzfristigen ­Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energiequellen ebenfalls nochmals deutlich erhöht.

Valentin Falk, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Ruhr-West in Mühlheim präsentierte ein einfaches „Online-Tool für den energetischen und den sicherheitstechnischen Vergleich von Kälteanlagen mit dem Kältemittel R290 und R744“, das im Vergleich zu anderen nur wenige Eingabedaten erfordert. Dieses Tool soll kostenlos für Betreiber, Kälteanlagenbauer und Planer zur Verfügung stehen, ist jedoch keine Auslegungssoftware, wie Falk betont – es geht lediglich um Information, also einen energetischen Vergleich durch Gegenüberstellung der Kältemittel (R-744 und R-290) und darum, sicherheitstechnische Hinweise zu geben, um die Verwendung dieser Kältemittel zu erleichtern und Ängste abzubauen. Das Tool ist aktuell allerdings noch nicht live geschaltet.

Bei ihrem gemeinsamen Vortrag „Digitaler Service für Einzelhandelsanwendungen: Leistung unter Kontrolle“ zeigten Timo Kaufhold und Matthias Meidt von der Carel Deutschland GmbH in Gelnhausen, dass das Unternehmen nicht nur elektronische Komponenten, sondern auch Services zu bieten hat. Mit der Cloud-Lösung „RED optimise“ sind neben Leistungs- und Energieanalysen auch prädiktive Auswertungen möglich. In der Gesamtübersicht kann man entweder alle Märkte betrachten, um z.B. bei der Leistungsanalyse einzelne Märkte zu identifizieren, die eventuell ein Problem haben, man kann bei der energetischen Auswertung auch Gruppen vergleichbarer Märkte bilden, um einen realistischen Vergleich zu erhalten. Bei allen Analysen kann man beliebig ins Detail gehen, letztlich bis zur einzelnen Kühlstelle.

In einem Doppelvortrag stellten Andreas Riesch, Bitzer GmbH, Sindelfingen, und Ale­xander Schütz von der Wurm GmbH Elektronische Systeme in Remscheid „Intelligente Leistungsabstufung von CO2-Verdichtern in Verbundanlagen“ vor. Insbesondere Betriebszustände im Teillastbereich sind ein großes Thema: Die Auslegung der Anlage erfolgt normalerweise für den heißesten Tag im Jahr. Im Winter läuft sie allerdings nur noch auf 10 % – in diesem Zusammenhang ist gerade die Nachrüstung von Türen an Kühlmöbeln im Bestand eine große Herausforderung für das System, da die minimal erforderliche Leistung erheblich reduziert wird.

Riesch und Schütz zeigten in ihrer Präsentation verschiedene Möglichkeiten und Grenzen der Verdichterleistungsregelung, z.B. bei Frequenzumrichtern. Auch bei der Zylinderabschaltung darf im Teillastbetrieb der Kältemittelmassenstrom nicht zu gering werden, da eine ausreichende Kühlung des Verdichters noch sichergestellt werden muss – ferner ist das Ölmanagement zu beachten. Das sogenannte „IQ Modul“ integriert die gesamte elektronische Peripherie des Hubkolbenverdichters und überwacht die wesentlichen Betriebsparameter: Motor- und Druckgastemperatur, Ölversorgung und die Einsatzgrenzen, d.h. es schützt den Verdichter vor dem Betrieb in einem kritischen Bereich.

Zum Schluss des Vortrags betrachteten sie verschiedene Beispielanlagen mit Zu- und Abschaltung von Verdichtern im Teillastbetrieb. Wenn der Sprung beim Zuschalten des Folgeverdichters zu groß ist, sinkt der Saugdruck zu stark und der 2. Verdichter schaltet wieder ab, was zu einem schlechten Regelverhalten führt. Sie zeigten an Praxisbeispielen, wie man insbesondere mit der neuen Regelung „CR II“ ein sehr viel ausgeglicheneres Betriebsverhalten er­reichen kann.

Unter dem etwas provozierenden Titel „Mit HFO-basierten niedrig GWP-Kältemitteln einfach doppelt CO₂-Äquivalente einsparen“ ging Hans-Dieter Küpper, Chemours Deutschland GmbH, Neu-Isenburg, auf synthetische Kältemittel ein, die seiner Ansicht nach als langfristige Lösung weiterhin zur Verfügung stehen: R-1234yf und R-454C (beide nach Chemours-Nomenklatur XL-Produkte – XP-Kältemittel waren nur für den Übergang). Er hob darauf ab, dass eine reine GWP-Betrachtung zur Kältemittel-Auswahl zu kurz greife: Direkte und Indirekte Emissionen sind zu betrachten (TEWI-Betrachtung). Eine Änderung des GWP hat, so zeigte Küpper an Beispielrechnungen, bei Low GWP Kältemitteln nur einen sehr geringen Einfluss auf die Gesamtemissionen, während die Energieeffizienz einen viel größeren Hebel bereithält – entsprechende A2L-Lösungen sind verfügbar.

Er zeigte ausgeführte Beispiele aus verschiedenen Ländern und Messungen an einer ­Anlage, die zunächst als CO2-Anlage ausgeführt war, dann aber abgebaut und durch eine A2L-Anlage ersetzt wurde. Küpper sieht den wesentlichen Vorteil von A2L-Kältemitteln darin, dass es eine bekannte Technologie ist, mit der Kälteanlagenbauer seit langem vertraut sind. Die Risikoanalyse für A2L-Kältemittel ist nicht komplizierter als die für A1 Kältemittel und die Brennbarkeit von A2L-Kältemitteln ist sicher beherrschbar.

Michael Hendriks von der Rivacold CI GmbH in Fellbach stimmte Hans-Dieter Küpper zwar insofern zu, dass der Energieverbrauch eine große Rolle spielt, sieht den Markt aber nicht nur von harten Fakten getrieben und verweist auf Preisentwicklung bei synthetischen Kältemitteln. In seinem Vortrag „Langfristige Systemlösungen mit natürlichen Kältemitteln für den LEH – Diverse System­lösungen mit R290 und R744 für NK- und/oder TK-Kühl­zellen“ gab er zunächst einen Überblick über prinzipielle Systemlösungen. Die rhetorische Frage „Muss es immer CO2 (R744) sein?“ beantwortete er mit einem klaren „Nein“! Bei kleinen Leistungen ist Propan (R290) vorteilhaft und auch bei größeren Systemleistungen kann R290 eine technisch und wirtschaftlich interessante Alternative sein. Einige Inhalte seines Vortrags finden Sie auch in einem bereits bei der KKA veröffentlichten Artikel in der KKA 5/2022 (Kurzlink: https://t1p.de/KKA4-23Hendriks).

Mit „Solstice N71 (R-471A): Neue Möglichkeiten zur Einsparung von Kosten, Energie und Emissionen im LEH“ stellte Sébastien Casterman, Honeywell Deutschland GmbH, Offenbach, eine neues Kältemittel vor, das noch vor Ende 2023 verfügbar sein soll. R-471A hat einen ähnlich niedrigen Druck wie R-1234ze (wenig Leckage) und ist als A1-Kältemittel eingestuft – in der Mischung sind die Komponenten so limitiert, dass es in A1 bleibt. Es wird bevorzugt für größere Märkte empfohlen (Technologie wie R-134a). Zur Bewertung von Investitionsentscheidungen stellte Casterman das von Honeywell entwickelte Öko-Effizienz-Modell vor, das vom unabhängigen Institut Cema­froid validiert wurde. Es ist online öffentlich zugänglich: https://ecoefficiency.calculator.honeywell.com/. Das Konzept der Öko-Effizienz ermöglicht den Vergleich zwischen Kälte-Systemarchitekturen im Hinblick auf umwelt- und kostenrelevante Aspekte (Lebenszyklus-Emissionen und -Kosten). Damit können Betreiber errechnen, wie sie ihre Leistungs- und Nachhaltigkeitsziele schneller und zu geringeren Kosten erreichen.

André Schulz von der Swegon Germany GmbH ging in seinem Vortrag „Klimawandel im Einzelhandel – Betriebskosten und CO₂-Fußabdruck mit intelligent geregelter Propan-Wärmepumpe senken“ zunächst sehr eindringlich auf die F-Gas-Revision und die möglichen Beschränkungen bei PFAS durch die REACH-Verordnung ein – letztere betrifft auch zahlreiche andere Bereiche (z.B. Beschichtungen bei der Metallverarbeitung). Er führte weiter aus, dass Swegon schon vor zehn Jahren mit Propan gestartet ist, damals sei es aber noch zu früh gewesen. Man könne aber auch nicht von heute auf morgen den Schalter umlegen, so Schulz. Unter der sogenannten Mission „ZERO Emission“ stellte er verschiedene Produkte aus dem Hause Swegon vor, u.a. eine Hochleistungswärmepumpe in sehr kompakter Bauform für die Innenaufstellung (Füllmenge < 5kg, Leistung 20-70 kW, Warmwasser bis 75°C). Es gibt aber auch eine Multifunktionseinheit (heizen und kühlen) mit einer Leistung von 40-230 kW (Warmwasser bis 70°C).

Der Vortrag „Energieeffiziente und nachhaltige Klimalösungen“ von Lars Bluhm, Advansor A/S, DK-Brabrand, war bewusst nicht technisch ausgerichtet. Er stellte zunächst die SBTi (Science Based Targets initiative) vor, die empfohlene Vorgehensweisen bei der Emissionsreduzierung und den Netto-Null-Zielen im Einklang mit der Klimawissenschaft definiert und fördert (s. Abbildung). Advansor sieht die UN-Nachhaltigkeitsziele als Leitmotiv an und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 klimaneutral zu sein (Scope 1 & 2). Dazu präsentierte er die unterschiedlichen Aktivitäten des Unternehmens. Bluhm betrachtete aber auch Kälte- und Klimalösungen im Gebäudebereich (speziell im LEH), Kältemittel und das Thema Energieeffizienz auf Anwenderebene vor diesem Hintergrund. Zuletzt zeigte er einige Praxisbeispiele von Handelsunternehmen aus verschiedenen Ländern, u.a. Netto Dänemark, welche sich ebenfalls der Initiative angeschlossen haben.

Michael Ullbrich von der CNT Technology GmbH in Chemnitz ging in seiner Präsentation „Feuchtigkeitskontrolle verändert alles“ auf spezielle Probleme ein, die durch überschüssige Feuchtigkeit in gekühlten Umgebungen verursacht werden:

Eis- und Schneebildung (speziell in Kühlräumen),

Betriebsstörungen und Ausfälle,

Lebensmittel- und Umsatzverluste,

hohe Energiekosten und CO2-Emissionen.

Anlagenoptimierungen beziehen sich, so Ullbrich, in der Regel nur auf die Temperatur, nicht jedoch auf die Feuchtigkeit. Das Unternehmen hat dazu eine Art Filter entwickelt, der letztlich aber kein Filter im herkömmlichen Sinne ist: Die Elemente bestehen aus einer Mineralmischung, die Luftfeuchtigkeit nicht nur aufnimmt, sondern auch wieder gezielt abgibt – vollkommen autark aufgrund von Druck- und Temperaturunterschieden. Es geht also um Adsorption statt um Kondensation. Die Filter kontrollieren passiv das Feuchtigkeitslevel, minimieren dadurch den Energieaufwand für die Entfeuchtung durch Kondensation und beugen dadurch Belastungsspitzen vor. „Zuerst effizient kühlen und anschließend effizient entfeuchten“, fasste Ullbrich zusammen und zeigte einige Ergebnisse aus der Praxis.

Im letzten Vortrag „Vorteile der Zertifizierung von Kälte-Komponenten für die System­effizienz“ gab Gerhard Frei; COOLPLAN, als externer Berater von Eurovent Certita Certification S.A.S. einen Überblick über die Zertifizierungsprogramme und den Ablauf der Zertifizierung bei Eurovent. Zentraler Punkt seines Vortrages war es freilich die Vorteile darzustellen, die zertifizierte und damit verlässliche Leistungsangaben für den Anlagenbauer und vor allem für den Betreiber haben (s. dazu auch den Beitrag in der KKA Sonderausgabe „Gewerbekälte“ 2023 ab Seite 52, Kurzlink: https://t1p.de/KKA4-23LU-VE). Am Vortag fand dazu ebenfalls in Darmstadt eine eigene Veranstaltung von Eurovent statt, zu der Sie in dieser Ausgabe der KKA ebenfalls einen ausführlichen Bericht finden.

Damit ging erneut ein hoch interessanter Tag mit einer Fülle an Informationen erfolgreich zu Ende. Eine umfassende Darstellung aller Vorträge ist im Rahmen dieser Berichterstattung vollumfänglich nicht möglich. Wesentliche Inhalte und Aussagen wurden herausgestellt, können aber immer nur einen Teil der Informationsfülle dieses intensiven Tages wiedergeben. Ein Besuch vor Ort ist schon allein deshalb, aber auch wegen der vielen intensiven Gespräche nicht zu ersetzen.

Das nächste Supermarkt-Symposium findet am 27. Juni 2024 an altbekannter Stätte im Maritim Hotel Darmstadt statt. Bereits jetzt geäußerte Themenwünsche beinhalten neue Technologien, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und die Kraft-Wärme-Kälte-­Kopplung (KWKK).

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