Auswirkungen der PFAS-Verbote auf unsere Branche

Bundesfachschule und VDKF fordern Ausnahmeregelungen für F-Gase und Ersatzteile

Über das geplante Verbot der PFAS-Chemikalien und seine Auswirkungen auf die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche wird in der Branche schon seit Monaten intensiv diskutiert. Mittlerweile haben sich der Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe (VDKF) und die Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik (BFS) in Maintal an der öffentlichen Konsultation der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) mit eigenen Stellungnahmen beteiligt. Zudem haben sich VDKF und BFS mit einem Positionspapier, das von weiteren Organisationen – BIV, FGK, BTGA, RLT Herstellerverband und ZVKKW – unterzeichnet wurde, an Politik und Presse gewandt.

Grundsätzlich unterstützen der VDKF und die Landesinnung Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg als Träger der Bundesfachschule die geplante Beschränkung umweltschädlicher PFAS-Chemikalien im Rahmen der europäischen REACH-Verordnung, wo immer es technisch möglich ist. Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche verwendet PFAS-Chemikalien in vielfältigen Formen und Anwendungen – u.a. in Dichtungen, Konstruktions- und Beschichtungswerkstoffen, elektrotechnischen Komponenten sowie als fluorierte Kältemittel. Geeignete Alternativen mit den gleichen, zwingend erforderlichen Materialeigenschaften sind jedoch in vielen Fällen derzeit nicht verfügbar und auch nicht im Zeitrahmen der geplanten Verbotsfristen als marktreife Produkte entwickelbar, sofern dies überhaupt möglich ist. Das pauschale Verbot aller PFAS-Chemikalien, das derzeit von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) geprüft wird, lehnen VDKF und BFS daher ab, sofern es losgelöst von einer Bewertung der tatsächlichen Umweltbelastung und der absehbaren Verfügbarkeit geeigneter Ersatzstoffe erfolgt. Der sichere Betrieb von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen wäre ansonsten massiv gefährdet – mit den entsprechenden Auswirkungen für unsere gesamte Wirtschaft und Gesellschaft.

Die nachfolgend begründeten Kernforderungen lauten:

Komplette Ausnahmeregelung für fluorierte Kältemittel und, sofern dies nicht möglich sein sollte, eine

zeitlich unbegrenzte Ausnahmereglung für PFAS-haltige Kältemittel für Bestandsanlagen sowie eine

zeitlich unbegrenzte Ausnahmereglung für PFAS-haltige Ersatzteile für Bestandsanlagen.

Komplette Ausnahmeregelung für fluorierte Kältemittel

Bis auf fünf Ausnahmen (u.a. R32) zählen alle fluorierten Kältemittel zur Gruppe der PFAS-Chemikalien und sie wären daher vom PFAS-Verbot betroffen. Ihr Einsatz wird bereits wegen ihres Treibhauseffekts im Rahmen der europäischen F-Gase-Verordnung scharf reglementiert und kontinuierlich eingeschränkt. Die F-Gase selbst haben jedoch keinerlei gesundheitsschädigende oder toxische Eigenschaften und werden daher zu Recht als Sicherheitskältemittel bezeichnet und sogar in medizinischen Dosiersprays als Treibmittel eingesetzt.

Im Fokus des PFAS-Verbots in Bezug auf Kältemittel steht mit TFA (Trifluoressig­säure) das atmosphärische Abbauprodukt der F-Gase und nicht die F-Gase selbst. TFA reichert sich in Böden und Gewässern an und gilt als nicht abbaubar (persistent). Der 2022 erschienene UNEP Assessment Report (United Nations environment programme) belegt jedoch unter Berücksichtigung und nach Auswertung sämtlicher internationaler Studien aus den letzten vier Jahren, dass ein TFA-Verbot aufgrund seiner geringen Umweltgefährdung wissenschaftlich nicht vertretbar ist und empfiehlt eine Ausnahmeregelung für diese Chemikaliengruppe, der sich VDKF und BFS vollumfänglich anschließen.

Zitate aus dem UNEP-Report belegen dies deutlich:

„TFA interagiert nicht mit biologischen Molekülen und aufgrund seiner hohen Löslichkeit in Wasser findet keine Bioakkumulation statt. Es ist unwahrscheinlich, dass es schädliche Auswirkungen auf terrestrische und aquatische Organismen hat.“

„Wir sind der Meinung, dass die Persistenz nur als regulatorisches Kriterium für Stoffe in Betracht gezogen werden sollte, die mäßig oder hochtoxisch sind und/oder in Organismen bioakkumulativ sind. TFA reichert sich nicht an und ist auch bei den geringen bis mäßigen Expositionen, die derzeit in der Umwelt gemessen werden oder in ferner Zukunft prognostiziert werden, nicht toxisch.“

„Der Anstieg der TFA-Konzentrationen dürfte zum jetzigen Zeitpunkt keine nennenswerte Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Auf der Grundlage der prognostizierten zukünftigen Verwendung dieser Vorläufer (Kältemittel) von TFA ist kein Schaden zu erwarten.“

„TFA hat biologische Eigenschaften, die sich deutlich von den längerkettigen PFAS unterscheiden und die Aufnahme von TFA in diese größere Gruppe von Chemikalien, die reguliert werden sollen, wäre mit der Risikobewertung von TFA unvereinbar.“

Der UNEP-Report zeigt zudem auf, dass es natürliche Quellen für TFA gibt und dass die in der Umwelt gemessenen TFA-Konzentrationen nur zu einem geringen Teil den F-Gas-Emissionen anzulasten sind. Die Konzentrationen sind um ein Vielfaches höher, als dass sie allein durch F-Gase hätten entstanden sein können. Selbst wenn alle seit 1990 produzierten F-Gase komplett als TFA in die Umwelt gelangt wären, gibt es laut UNEP-Report zu den in den Ozeanen gemessenen TFA-Konzentrationen eine hohe Diskrepanz.

Die theoretische Gesamtmenge an TFA, die aufgrund anthropogener Aktivität in Bezug auf die Verwendung der F-Gase erklärbar wäre, entspricht jedoch bei Weitem nicht der tatsächlichen Menge, die durch direkte F-Gas-Emissionen entstanden ist, da der Großteil der F-Gase in der EU nicht emittiert wird. Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen sind technisch dichte Systeme, worauf in der Praxis allergrößter Wert gelegt wird – zum einen aus Umweltschutzgründen und zum anderen, weil ungewollte F-Gase-Emissionen zur Reduzierung der Leistung und insbesondere auch der Effizienz führen. Daher werden regelmäßige Kontrollen zur Vermeidung von Emissionen durchgeführt. Bei Wartungs- und Servicearbeiten sowie bei der Außerbetriebnahme von Kälte- und ­Klimaanlagen werden F-Gase ordnungsgemäß entnommen und einer Wiederverwertung zugeführt.

Die Leckagerate bei stationären Kälte- und Klimaanlagen ist äußerst gering, wie eine Auswertung der Branchen-Software „VDKF LEC“ zeigt. In der Software werden die Kältemittel-Daten von über 238.000 Anlagen bei über 54.000 Betreibern erfasst. Die durchschnittliche Leckagerate über alle Anwendungsbereiche hinweg betrug 2022 lediglich 1,12%. Dieser Wert ist von 2017 bis 2022 kontinuierlich um 65% gesunken.

Die direkten F-Gas-Emissionen werden in den kommenden Jahren aufgrund des zunehmenden Einsatzes nicht-fluorierter Kältemittel zudem weiter sinken. Die EU-­F-Gase-Verordnung, die derzeit novelliert wird, schränkt die Gesamtmenge und die Einsatzmöglichkeiten von F-Gasen zusätzlich weiter ein und erweitert die Beschränkungen und Anwendungsverbote um weitere F-Gase (HFO). Daher ist mit weiterhin kontinuierlich sinkenden PFAS- bzw. TFA-Expositionen durch fluorierte Kältemittel zu rechnen. Die Bewertung der Umweltbelastung durch TFA bzw. F-Gase muss daher durch die ECHA einer erneuten Prüfung unterzogen werden, die zu dem Schluss kommen sollte, dass für PFAS-haltige F-Gase eine komplette Ausnahmeregelung getroffen wird.

Zeitlich unbegrenzte Ausnahme für Service und Wartung mit F-Gasen

Sollte es nicht zu einer kompletten Ausnahmeregelung für F-Gase vom PFAS-Verbot kommen, fordern BFS und VDKF auf jeden Fall eine zeitlich unbegrenzte Ausnahmeregelung für fluorierte Kältemittel für Service- und Wartungszwecke. In der EU sind Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen im zweistelligen Millionenbereich in Betrieb. Ihre Zahl wird in den kommenden Jahren bis zum möglichen Inkrafttreten des PFAS-Verbots durch den wachsenden Klimatisierungsbedarf und den geplanten Wärmepumpen-Ausbau deutlich steigen. Der überwiegende Anteil (min. 90%) der Bestandsanlagen und auch ein Großteil der in den nächsten Jahren noch zu installierenden Neuanlagen verwendet F-Gase als Kältemittel.

Die Lebensdauer der Anlagen beträgt durchschnittlich 20 Jahre; viele Anlagen sind aber auch deutlich länger in Betrieb. Derzeit ist im PFAS-Verbotsvorschlag nur eine zeitliche Ausnahmeregelung für Service und Wartung mit F-Gasen von Bestandsanlagen von 13,5 Jahren vorgesehen. Service und Wartung müssen jedoch für die gesamte Lebensdauer der Anlagen sichergestellt sein. Zum einen ist in fast allen Anwendungsfällen der sichere und kontinuierliche Betrieb von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen zwingend erforderlich (Rechenzentrum, Krankenhaus, Blutbank, Supermarkt etc.). Es muss daher sichergestellt sein, dass eine umgehende Reparatur auch bei plötzlich auftretenden Kältemittelleckagen möglich ist.

Zum anderen ist eine Umrüstung von Anlagen mit F-Gasen auf nicht-fluorierte Kältemittel nicht möglich. Die komplette Neuinstallation mit damit verbundenen hohen Investitionen wäre erforderlich. Dies betrifft alle Unternehmen, in denen Kälte- und Klimaanlagen zum Einsatz kommen, und auch Privatkunden, die Wärmepumpen mit F-Gasen eingebaut haben bzw. dies in den nächsten Jahren noch tun werden. Ein Austausch vor dem Ende der Lebensdauer der Anlagen stellt eine unzumutbare finanzielle Belastung für alle Betreiber dar. Vor allem bei systemkritischen Anwendungen muss eine Neuinstallation auch langfristig geplant werden und kann und darf im Falle einer Reparatur nicht kurzfristig erforderlich werden aufgrund der Nichtverfügbarkeit des Kältemittels.

Bis zur Neuinstallation einer Kälte- oder Klimaanlage können je nach Anlagengröße Monate vergehen. In dieser Zeit wären die nachgelagerten und auf die Kälteanlagen zwingend angewiesenen Prozesse massiv betroffen, was Produktionsausfälle, Waren- und Lagerschäden, Serverausfälle etc. zur Folge hätte. Infolgedessen wären viele Betreiber gezwungen, ihre Anlagen aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Kältemittel vorsorglich auszutauschen, da sie das Risiko, über einen längeren Zeitraum ohne Kühlung oder Klimatisierung auskommen zu müssen, nicht eingehen können. All diese Investitionen und Risiken stellen eine große Gefahr für den Wirtschaftsstandort dar.

Zeitlich unbegrenzte Ausnahme für Ersatzteile in Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen

Zahlreiche Komponenten in Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen sind PFAS-haltig – Dichtungen, Lager, Sensoren usw. Vor allem die eingesetzten Beschichtungen und Dichtungsmaterialien dienen dem Erhalt von Funktion, Austauschbarkeit und Wartungsfreundlichkeit und zur Vermeidung von umweltbelastenden Stoff-Freisetzungen. Ihre Materialeigenschaften sind speziell auf das in den Anlagen eingesetzte Kältemittel hin ausgerichtet. Ein Ersatz durch andere Materialien ist daher nicht möglich. Zulassungen würden ihre Gültigkeit verlieren und es entstünde eine Gefahr für die Umwelt sowie für Mitarbeiter der Betreiber und Fachkräfte, die mit Wartung und Service an den Anlagen betraut sind, wenn durch minderwertigere Dichtungen der Austritt von Kältemittel (brennbar/toxisch/treib­hauswirksam) nicht mehr 100% sicher vermieden werden kann.

Ein einzelnes, durch das PFAS-Verbot nicht mehr am Markt verfügbares Bauteil (z.B. ein simpler Dichtungsring) hätte unter Umständen den Austausch einer kompletten Kälte-, Klima- oder Wärmepumpenanlage zur Folge. In diesem Zusammenhang gilt die gleiche Argumentation wie bei der oben geforderten Ausnahmeregelung für Kältemittel für Service und Wartung ausgeführt (unzumutbare finanzielle Belastung für Betreiber sowie Sicherstellung des unterbrechungsfreien Betriebs vor allem bei systemkritischen Anwendungen). VDKF und BFS fordern daher eine zeitlich unbegrenzte Ausnahmeregelung für den Einsatz von PFAS-haltigen Ersatzteilen in Bestandsanlagen.

Wie geht es weiter?

Die ECHA will nun bis Herbst 2024 die Stellungnahmen von BFS und VDKF sowie etliche tausend weitere, die von anderen Firmen, Organisationen und Privatpersonen eingereicht wurden, prüfen. Anschließend übermittelt die ECHA einen Entwurf für ein PFAS-Beschränkungsverbot an die EU-Kommission. Mit einer Verabschiedung der REACH-Verordnung durch die EU-Kommission ist dann Anfang 2025 zu rechnen; die Verwendungsverbote würden dann nach einer 18-monatigen Übergangszeit greifen. Ob es aufgrund der unzähligen Beteiligungen am ECHA-Konsultationsverfahren bei diesem Zeitplan bleibt, ist jedoch noch ­offen.

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