3. Energy-Talk in Berlin

Politik befragt Wirtschaft zu TGA-Themen

Bereits zum dritten Mal und damit als „bewährte Veranstaltung“, wie es Günther Mertz, Geschäftsführer der drei TGA-Verbände Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), Fachverband Gebäude-Klima (FGK) und RLT-Herstellerverband, formulierte, fand am 26. Juni 2019 der Energy-Talk in Berlin statt. Die TGA-Repräsentanz und damit die gemeinsame Berliner Vertretung der drei genannten Verbände hatte Bundestagsabgeordnete dazu eingeladen, ihre Fragen zum Thema „Was kostet CO2-Einsparung im Gebäudebereich?“ an die Verbände und damit an die Vertreter der Industrie zu richten.

Vier Bundespolitiker nahmen sich die Zeit für einen intensiven Gedankenaustausch in der Berliner Vertretung des Landes Baden-Württemberg: Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher und Sprecher für Forschungs- und Technologiepolitik der Fraktion Die Linke, Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, baupolitischer Sprecher der CDU-Landesgruppe Bande-Württemberg der CDU/CSU-Fraktion und Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Nach wie vor zu hoher CO2-Ausstoß

Gleich zum Auftakt brachte Günther Mertz Zahlen und Fakten auf den Tisch: So steht im Klimaschutzplan 2050 ebenso wie im aktuellen Entwurf zum Klimaschutzgesetz die Vorgabe, den CO2-Ausstoß in Gebäuden bis 2030 auf 70 bis 72 Mio. t/a zu begrenzen. Nach aktuellen Entwicklungen sei aber noch mit einem CO2-Ausstoß von 100 Mio. t zu rechnen. Das bedeutet, dass im Gebäudebereich viele Potentiale noch nicht ausgeschöpft werden. Gerade unter den deutlichen Signalen der Bewegung „Friday for Future“ und den Ergebnissen der Europawahl vom Mai steigt der Handlungsdruck.

Hier hakte Frau Dr. Verlinden gleich ein und merkte an, dass sowohl der Entwurf für das Klimaschutzgesetz als auch der Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für ein „weiter wie bisher“ stünden. „Ich hoffe, dass die Kraft der Parlamentarier größer ist als die der Regierung, an beiden Entwürfen noch etwas zu ändern“, betonte sie. Prof. Dr. Martin Neumann merkte an, dass die Maßnahmen immer noch zu sehr auf Einzelgebäude abzielten und beispielsweise die Potentiale der Fernwärme nicht berücksichtigt würden. Die in der Praxis einfach umzusetzenden Potentiale seien ebenfalls zum Teil noch unentdeckt, wie die mangelnde Durchführung des hydraulischen Abgleichs nach wie vor beweise, ergänzte Ralph Lenkert.

CO2-Einsparung und Behaglichkeitsziele

In der sich entwickelnden Diskussion warnte Prof. Dr.-Ing. Christoph Kaup, Vorstandsvorsitzender des FGK, dass bei allen Maßnahmen auch darauf zu achten sei, dass diese nicht mehr CO2 benötigen, als die anschließende Einsparung erzielen könne. Zugleich dürften die Behaglichkeitsziele in Gebäuden nicht vernachlässigt werden. Aber „es ist Zeit, dass endlich mal ein Rahmen festgelegt wird“, sagte BTGA-Präsident Dipl.-Ing. Hermann Sperber. Es sei sinnvoll, den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen und die Gesetze besser nachträglich noch im Detail zu justieren, als erneut Wochen und Monate in Debatten zu verbringen. Mit einer Investition von 1 Mio. € sei es bei der Stadthalle Böblingen gelungen, eine CO2-Einsparung von 600 t/a zu erreichen, brachte er gleich ein konkretes Beispiel. Die Diskussion entwickelte sich dahingehend, künftig einen auf den CO2-Ausstoß basierenden Wert vorzugeben und so die Technologieoffenheit zu erhalten. Dies könne z.B. ein zulässiger CO2-Verbrauch pro Fläche sein, wie Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann sagte.

Technisch seien bivalente Nutzung von Kühlung und Heizung mit einer Wärmeverschiebung eine Lösung, die zukunftssicher ist, führte Frank Ernst, Vorsitzender des RLT-Herstellerverbands aus. „Wir müssen größer denken“, ergänzte Hermann Sperber und brachte Quartierslösungen ins Spiel sowie die Vernetzung von Gebäuden, für die ein Mindestwert an „Intelligenz“ vorzusehen sei. Ein „Smartness Indikator“ ist auch in der EPBD, der Europäischen Gebäuderichtlinie, vorgesehen.

Relevanz der Nichtwohngebäude

Auch auf die Frage „Wie ambitioniert sollten Niedrigenergiestandards im Gebäude sein?“, gab es klare Antworten, die zugleich verdeutlichten, wie komplex Gebäude sind. So sei ein KfW40-Standard durchaus zielführend. Es mache jedoch im Allgemeinen keinen Sinn, diesen noch zu unterschreiten. Im Objekt- und Industriebau seien zudem auf jeden Fall die Art des Gebäudes, wie z.B. Schwimmbad oder Schule, zu berücksichtigen und eine Einzelfallbetrachtung sinnvoll, um eine zielgerichtete Lösung für das Einzelgebäude zu entwickeln. Prof. Dr.-Ing. Christoph Kaup betonte hierzu die besondere energetische Relevanz der Nichtwohngebäude in Deutschland, die nahezu über die gleiche beheizte Gesamtfläche verfügen wie alle Wohngebäude zusammen. Erläuternd berichtete er von einer neuen Halle im eigenen Unternehmen, die erst ab Außentemperaturen unter 0 °C geheizt werden müsse, da oberhalb die Abwärme von Maschinen zur Raumheizung ausreiche. Der Restbedarf an Wärme könne dann mit regenerativen Energieträgern, in diesem Fall einem Pelletskessel, gedeckt werden. Auf den Nichtwohnungsbau zielte auch Hermann Sperber, in dem er den Blick auf die Luftqualität lenkte. So würden im Nachbarland Luxemburg seit 15 Jahren alle Schulen mit RLT-Anlagen ausgestattet, um das Lernen dort durch eine hohe Luftqualität zu unterstützen. Diese Vorgaben könnten in Deutschland genauso übernommen werden.

Immer wieder wurde im Gesprächsverlauf deutlich, dass die geänderte Wahrnehmung des Klimawandels in der Öffentlichkeit den Druck auf die politischen Entscheider deutlich erhöht hat. Doch leider sind die Probleme komplex und daher nicht mit einfachen Maßnahmen zu lösen. Es braucht zudem guten Willen, Engagement und das ein oder andere Mal die Inkaufnahme von niedrigeren Renditen, um die Zielsetzungen zu erreichen. „Der Dialog zwischen der Politik und den Verbänden der Technischen Gebäudeausrüstung ist elementar wichtig, um wesentliche Impulse zur Weiterentwicklung der CO2-Einsparung im Gebäudebereich zu ermöglichen“, so das Fazit von Günther Mertz. Daher ist eine Fortsetzung des fachlichen Austauschs auch in Zukunft geplant.

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