Betriebskostenfreie Kühlung bei
70 % CO2-Reduktion

Takko Fashion setzt auf Wärmepumpensystem

Während viele Unternehmen noch darüber nachdenken, wie sie die geänderte Energieeinsparverordnung (EnEV) umsetzen oder ihre CO2-Emissionen reduzieren sollen, ist der deutsche Fashion-Discounter Takko beim Heizen und Klimatisieren seiner Filialen vielen Mitbewerbern bereits etliche Schritte voraus. Mit einer Wärmepumpe, die heizt und zugleich kühlt, einem Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung und einem speziell für das Wärmepumpensystem entwickelten Türluftschleier setzt Takko konsequent auf Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit.


Seit 2006 gilt die Wärmepumpen-Systemlösung als Standard für die Ausstattung fast jeder neuen Takko Filiale – inklusive einer eigens für den Handel entwickelten Software, die die gesamte Technik über ein Internetportal steuert. Aktuell sind europaweit mehr als 400 Takko-Filialen mit diesem System ausgestattet. Das Ergebnis dieses erfolgreichen Projektes, an dem gleich mehrere Unternehmen – Daikin (www.daikin.de), Biddle (www.biddle.de) undEnergyInsight (www.energy-insight.de) beteiligt sind, kann sich sehen lassen: erheblich reduzierte Betriebskosten und 70 % weniger CO2-Ausstoß pro Filiale.

 

Meilensteine der Konzeptentwicklung

„Wir wollten vor allem weg von fossilen Primärenergien und hin zu erneuerbaren Energien“, berichtet Andreas Kaupp, Abteilungsleiter Bau und Einrichtung bei Takko. Im Rahmen einer Neuausrichtung des Filialkonzeptes wurden 2002 unterschiedliche Möglichkeiten eruiert, bis die optimale Lösung gefunden war. Das ursprüngliche Haustechnikkonzept bei Takko bestand, wie bei vielen anderen Filialisten auch, aus einer herkömmlichen Heizungs-/ Lüftungsanlage mit Deckenlufterhitzern und einem PWW-Türluftschleier. Zur Umsetzung des neuen Haustechnikstandards mit Shopklimatisierung im Sommer wurde zusätzlich ein Kaltwassersatz installiert. Dies hatte aber unter anderem bei den Betriebskosten einen Kostenanstieg von 53 % im Vergleich zur traditionellen Lösung zur Folge (siehe Tabelle 1, Stufe 2).

Aufgrund der geplanten Expansionszahlen national und international war diese Entwicklung mittelfristig nicht tragfähig. Daher musste eine moderne Technologie gefunden werden, die im Gesamtpaket mit Installation, Wartung und Energiekosten alle Anforderungen erfüllt. Die Haustechnik sollte einfach, wiederholbar, nachhaltig, hochwertig und vor allem kostengünstig sein. Gemeinsam mit dem Systemlieferanten Daikin hat Takko hier die ersten Schritte unternommen. Noch im gleichen Jahr 2002 wurde auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse der erste Standort mit der neuen Technologie realisiert.

 

Erster Meilenstein 2002: monovalente Luft-Luft-Wärmepumpe

Zur monovalenten Beheizung des Verkaufsraums und der Nebenräume wurde eine VRV-Wärmepumpe von Daikin eingesetzt. Dasselbe Gerät war gleichzeitig im Sommer in der Lage, eine komfortable Klimatisierung zu ermöglichen. Bei der Selektion der Innengeräte fiel die Wahl auf spezielle Unterdeckenkassetten. Eine Besonderheit des Konzepts stellte vor allem die Anbindung des Biddle-Türluftschleiers an die VRV-Wärmepumpe dar. Vor dem Hintergrund eines effizienten und wirtschaftlichen Gesamtsystems wurden zur Abdeckung der erforderlichen Frischluftrate „VAM“-Wärmerückgewinnungseinheiten von Daikin in die Lüftung integriert. Somit sparte Takko sowohl im Winter als auch im Sommer enorme Energiemengen für die Vorkonditionierung der Außenluft ein. Kurzfristig bedeutete dies für Takko, dass die reinen Investitionskosten dieser neuen Technik im Vergleich zum alten Konzept mit konventioneller Heizungs-/Lüftungsanlage inkl. Kaltwassersatz um 18 % gesenkt wurden. Nach ca. einem Jahr hatten sich laut den Aufzeichnungen von Takko die Betriebskosten im Vergleich zum alten Konzept sogar um ca. 34 % verringert (siehe Tabelle 1, Stufe 3). Das Ergebnis: Zu den gleichen Kosten, mit denen früher nur geheizt wurde, konnte nun eine Filiale beheizt und klimatisiert werden.

 

Weitere Meilensteine: Einführung eines leistungsstärkeren Kältemittels und zentrale Automatisierung

In den weiteren Jahren wurde an der Verfeinerung des Konzepts gearbeitet. Ein Meilenstein war 2004 die neue VRV-Serie von Dai­kin mit dem neuen Kältemittel R410A. Die speziell im Heizbetrieb enorm gesteigerten Leistungszahlen und die feine Baugrößenabstufung sorgten für eine weitere Reduzierung der Energiekosten um 32 % (siehe Tabelle 1, Stufe 4).

Als nächstes Ziel steckte sich Takko die zentrale Automatisierung der kompletten Filialtechnik über alle Liegenschaften hinweg. Gemeinsam mit Daikin und den Shop-Management-Spezialisten von EnergyInsight wurde 2006 auch dies erreicht. So wurde nun neben einer optimierten übergeordneten Regelung für die gesamte Haustechnik auf LON-Basis, vor allem auch das auf einem Web-Portal basierende Shop-Management- und Shop-Controlling-System eingesetzt (siehe Grafik 1 + 2). Ein wichtiges Resultat war die Dämpfung der Betriebskosten nochmals um 14 % (siehe Tabelle 1, Stufe 5), da das System eine Fehlbedienung der Haustechnik durch das Personal ausschließt. Aus Erfahrung mit dem alten Konzept konnte man sagen, dass je 1 K zu hoher Temperatur im Heizbetrieb bzw. zu niedriger Temperatur im Kühlbetrieb, Mehrkosten im Bereich zwischen 6 % bis 8 % entstehen ließen.

Und das Shop-Management-System brachte weitere Vorteile mit sich: die Verbesserung der Instandhaltungseffizienz, d.h. bessere Qualität bei sinkenden Kosten, Komfortverbesserung in den Filialen, Entbindung des Verkaufspersonals von Hilfsaufgaben, Erhöhung der Transparenz aller Prozesse in den Filialen, Informationen zum Kundenverhalten.

 

Exkurs: Die heutige Technik unter Berücksichtigung des EEWärmeG

In der aktuell gültigen Fassung des EEWärmeG 2011, die seit dem 01.05.2011 gültig ist, stecken große Chancen für die monovalente Anwendung von VRF-Systemen, wie sie hier eingangs beschrieben wurden. So muss zur Deckung des Wärme- und Kälteenergiebedarf von Neubauten ein regenerativer Anteil erbracht werden. Entscheidend ist, dass die Summe aus Kälte und Wärme zu 50 % gedeckt werden muss und nicht jede Betriebsart für sich betrachtet wird. Wichtig ist auch: Im EEWärmeG geht es, im Gegensatz zur EnEV, nie um den Primärenergieverbrauch des Gebäudes, sondern nur um den Wärme- oder Kälteenergiebedarf.


Was das in der Praxis bedeutet, soll folgendes Beispiel verdeutlichen:

Der Wärmebedarf eines Gebäudes (Heizung und Warmwasser) beträgt 75 MWh/a und wird mittels VRF-Wärmepumpen monovalent gedeckt. Der Kältebedarf in unserem Beispiel beträgt 25 MWh/a und wird ebenfalls mit dem gleichen VRF-System bereitgestellt. Auf der Wärmeseite ergibt sich eine Übererfüllung (100 %), da die Wärmequelle Luft als regenerative Energie voll angerechnet werden kann. Dabei würden für den reinen Heizbetrieb bereits 50 % regenerativer Anteil reichen. Auf der Kälteseite hätten wir eine Nichterfüllung, da der Kühlfall im EEWärmeG hier mit 0 % regenerativem Anteil angesetzt wird. In Summe jedoch ergibt sich aber Folgendes: Die 75 MWh/a für den Heizfall werden zu 100 % erneuerbar erzeugt, was im Verhältnis zum Gesamtbedarf (Heizen und Kühlen) von 100 MWh/a einen erneuerbaren Anteil von 75 % ergibt. Dieser ist deutlich höher als 50 %, womit die Forderung des EEWärmeG erfüllt wird.

Da der Kühlenergiebedarf eines durchschnittlichen Gebäudes etwa bei 25 % des Gesamtenergiebedarfs für Wärme und Kälte liegt, kann man also davon ausgehen, dass sobald die VRF-Technologie monovalent eingesetzt wird, auch das EEWärmeG erfüllt wird.

 

Energieampel und Benchmarking

Durch die Automatisierung erhält Takko aus den einzelnen Filialen täglich ausführliche Informationen wie Betriebszustände, Temperaturen und vieles mehr. „Uns wurde klar, dass wir mehr als reines Bestandsmanagement betreiben können, nämlich ganzheitliches Energiemanagement durch Benchmarking“, erklärt Andreas Kaupp. Hierbei wird anhand einer optimal laufenden Filiale ein Referenzwert festgelegt, mit dem alle übrigen Shops verglichen werden. Prof. Dr.-Ing. Berthold Stanzel, Inhaber von Opti Energy und Professor für Versorgungstechnik an der FH Erfurt hat gemeinsam mit EnergyInsight ein Konzept für eine Energieampel erarbeitet, die anzeigt, ob Filialen gut, befriedigend oder schlecht laufen. Diese Online-Optimierung birgt ein riesiges Einsparpotential. Zudem wird das gesamte Anlagenkonzept ständig überprüft, verbessert und erneuert.

 

Fazit: 70 % CO2-Ersparnis inklusive

„Das Benchmarking beweist, dass bei einer durchschnittlichen Filiale die Heizkosten bei konventioneller Beheizung etwa so hoch sind wie die Stromkosten zum Betrieb einer VRV-Anlage. Das heißt, die Kühlung der Filiale erhält man betriebskostenfrei, denn zu den gleichen Kosten, mit denen früher nur geheizt wurde, wird eine Filiale nun beheizt und klimatisiert,“ fasst Prof. Dr.-Ing. Berthold Stanzel die Ergebnisse zusammen.

Aber auch die Betrachtung der CO2-Ersparnis ist in diesem Zusammenhang wichtig. 2009 konnten die CO2-Emissionen im Vergleich zu den alten Takko-Bestandsfilialen um 70 % gesenkt werden (Vergleich: konventionelle Wärmeerzeugung durch Ölheizung mit VRV-Wärme- und Kälteerzeugung).

 

Technischer Ausblick

Das beschriebene Shopkonzept wurde in den vergangenen Jahren ständig weiterentwickelt, um weitere Energieeinsparpotentiale auszuschöpfen. Die Entwicklung geht dahin, dass immer mehr Gewerke wie zum Beispiel Beleuchtung und Brandmeldeanlage erst nach und nach in das Konzept eingebunden werden.

Beispielsweise hat Daikin Anfang 2011 ein neues „Round Flow“-Kassettengerät mit selbstreinigender Blende auf dem Markt gebracht. Die Selbstreinigungsfunktion verhindert den üblichen Leistungsabfall gegen Ende des Wartungszyklus. Damit garantiert sie gleich bleibend hohe Effizienz, denn der Filter wird in einem regelmäßigen Zyklus automatisch gereinigt und der anfallende Staub in einem integrierten Behälter gesammelt. Über eine Leuchtdiode an der Blende und direkt im Display der Fernbedienung wird angezeigt, wenn der Staubsammler entleert werden muss. Die Leerung erfolgt über einen handelsüblichen Staubsauger (siehe Bild 2). Diese Funktion ist gerade für den Textileinzelhandel von Vorteil ist, da hier das Staubaufkommen besonders hoch ist.

Eine weitere Neuentwicklung von Daikin ist die Zusatzplatine „RTD-20“. Sie ermöglicht die komplette Regelung aus einer Hand und bietet neue Funktionen wie unter anderem:

› Automatikregelung Türluftschleier:Konventionelle Türluftschleier arbeiten mit einer konstant (hohen) Ausblastemperatur und einer nur manuellen Anpassung der Lüfterstufen. Die neue Automatikregelung hingegen passt sich den jeweiligen Türbedingungen an und investiert nur so viel Wärme wie nötig, d.h. in der Übergangszeit muss die Ausblastemperatur geringer sein, um trotzdem die klimatische Trennung zwischen Drinnen und Draußen zu gewährleisten.

› Eco-Start (eine Startoptimierung zur Verhinderung von Lastspitzen beim morgendlichen Anlagenstart): Bei der Umschaltung von Nacht-Sollwert (z.B. 16 °C) auf Tag-Sollwert (z.B. 21 °C) erzeugen konventionelle Systeme hohe Lastspitzen durch den erforderlichen Volllastbetrieb. Die Eco-Start-Funktion kann dies durch ein intelligentes Anlaufmanagement der Anlage verhindern. Dies vermeidet zu hohe Lastspitzen, die sich Energieversorger teuer bezahlen lassen. Zusätzlich erhöht diese Funktion die Effizienz der Wärmepumpe, d.h. je häufiger das System im Teillastbetrieb arbeitet, desto höher ist die Effizienz (COP). Mit anderen Worten: Aus 1 kWh Strom kann somit noch mehr Wärme erzeugt werden.

› iDemandPredict: Während des Erstbetriebs der Anlage läuft im Hintergrund eine Lernfunktion, die ständig den Gebäudecharakter aufzeichnet und dementsprechend den eigenen Betrieb optimiert. Neben der Gebäudesignatur kann auch der Filialbetrieb (Kundenauslastung, Türöffnungszeiten, etc.) zur Optimierung genutzt werden. Die Regelung entscheidet dann, welche Betriebsart (Kühlen/Heizen/Lüften/Freikühlen) gerade am effizientesten ist und kann sogar kurzfristiges und somit unnötig häufiges Umschalten der Betriebsarten verhindern.

› Eingang zur Anbindung eines CO2-Sensors (bedarfsgerechte Frischluftzufuhr): Lüftungsanlagen müssen auf einen gesetzlichen Frischluftanteil ausgelegt werden. Dieser bezieht sich auf die maximale Besucherfrequenz bzw. Verkaufsflächenbelegung. In der Realität ist diese Vollbelegung natürlich nicht von morgens bis abends. Hier kommt der CO2-Sensor ins Spiel, d.h. die Frischluftmenge wird dem tatsächlichen Bedarf angepasst. Dies spart zum einen Antriebsenergie der Lüftermotoren und zum anderen Wärme/Kälte, die für die Nachkonditionierung der Außenluft erforderlich ist.

› Schnittstelle zur einfachen Fernaufschaltung an ein Filial-Managementsystem: Die neue Schnittstelle ermöglicht einen tiefen Einblick in alle Anlagenfunktionen, um die Steuerung zur Vermeidung unnötiger Servicefahrten noch zu verbessern. So kann z.B. der Füllstand des Staubbehälters der selbstreinigenden Blende online abgefragt oder auch gemeldet werden. Dies ermöglicht ein proaktives Anlagenmanagement, mit anderen Worten eine Senkung der Betriebskosten. Diese Schnittstelle ist systemoffen und kann mit allen Filial-Management-Systemen kommunizieren.

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