Chillventa Rossija 2012

Wachsender russischer Markt

Die Chillventa in Nürnberg muss man mittlerweile niemandem in der Kältewelt mehr vorstellen – bei der Chillventa Rossija in Moskau sieht es da noch anders aus. Nach der Premiere 2011 fand der russische Ableger der Kältefachmesse vom 7. bis 9. Februar 2012 erneut in den Hallen des Moskauer Crocus Expo International Exhibition Center statt. Die KKA-Redaktion konnte sich dabei vor Ort ein Bild vom Messegeschehen machen. Das Fazit vorweg: Genau wie die „Muttermesse“ in Nürnberg hat sich die Chillventa Rossija schon nach der zweiten Auflage erfolgreich etablieren können.

Das Crocus Expo International Center in Moskau ist ein modernes Messezentrum, das den Vergleich zu vielen deutschen Standorten nicht scheuen muss. Eine schnelle und verlässliche Anbindung mit der U-Bahn – wer mit dem Auto anreist, ist in Moskau selbst schuld –, eine zügige Besucher-Registrierung, eine einhellig als hervorragend beschriebene Betreuung seitens der Messegesellschaft und nicht zuletzt ein gutes Hallenklima schaffen einen angenehmen Gesamteindruck.

Der „äußere Rahmen“ stimmt also. Und auch die „inneren Werte“ der Messe konnten überzeugen. 5925 Besucher (+13 %) und 130 Aussteller aus 16 Ländern bedeuten im Vergleich zur Vorjahresveranstaltung eine stabile Weiterentwicklung. Im Vergleich zur Chillventa in Nürnberg stellt sich die Chillventa Rossija damit noch vergleichsweise bescheiden dar. Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Messe in Russland ein Alleinstellungsmerkmal besitzt und von Besuchern und Ausstellern gleichermaßen in den höchsten Tönen gelobt wurde. Sie ist sicher keine Messe, auf der Hersteller ihre Produktneuheiten zum ersten Mal präsentieren würden – hierfür wird die Chillventa in Nürnberg als internationale Leitmesse genutzt. Wer aber gezielt Kältefachleute in Osteuropa erreichen und im russischen Raum Geschäfte machen möchte, der ist auf dem Moskauer Messegelände bestens aufgehoben. Innerhalb kürzester Zeit ist es der Chillventa Rossija jedenfalls gelungen, für die Kälte- und Wärmepumpentechnik in Russland eine wichtige Plattform zu schaffen.

Prof. Viktor Shishov (Academician International Academy of Refrigeration (IAR)), ein russischer Kälteexperte, zog im Gespräch mit der KKA-Redaktion ein positives Fazit: „Die Zeit des Abwartens ist in Bezug auf die Chillventa Rossija vorbei. Die russischen Kälte-Fachleute haben die Messe als wichtige Plattform anerkannt. Die Zeit für energieeffiziente und auch umweltschonende Produkte ist auch in Russland angebrochen – und hier auf der Messe sind diese zu finden.“

 

Markt für Wärmepumpen

Neben den Ausstellern trägt hierzu auch das hochkarätige Vortragsprogramm bei, das in diesem Jahr mit stolzen 46 Fachvorträgen aufwarten konnte. „Ein großes Lob gebührt dem Rahmenprogramm – nirgendwo sonst in Russland steht das Thema Energieeffizienz so sehr im Fokus wie hier auf der Chillventa Rossija“, kommentierte ein russischer Fachredakteur Messe und Vortragsprogramm. Auch die Wärmepumpentechnik hat auf der Chillventa Rossija ihren Platz gefunden. Der Wärmepumpenpavillon auf dem Messegelände hatte zwar noch recht überschaubare Ausmaße, doch vor allem im Vortragsprogramm war das Thema prominent vertreten. Hier hielt u.a. der deutsche Wärmepumpenexperte Dr. Rainer Jakobs einen Vortrag und stellte die Highlights des Nürnberger Wärmepumpensymposiums einer großen Zuhörerschar vor. Bei den niedrigen Öl- und Gaspreisen in Russland, einer weit verbreiteten Fernwärme-Infrastruktur in den Großstädten und den vielerorts extremen und lang andauernden Minustemperaturen ist der Einsatz von Wärmepumpen zu Heizzwecken noch nicht allzu verbreitet. Doch nicht in allen Gegenden Russlands bestehe eine gute Gas-Infrastruktur, hier seien Wärmepumpen eine gute Heizoption, betonte V.V. Arkadov, Geschäftsführer des russischen Wärmepumpenherstellers Korsa, in seinem Vortrag. Dies gelte vor allem dann, wenn industrielle Wärmequellen „angezapft“ werden könnten.

 

Bekannte „Gesichter“

Bis auf einige russische Anlagenbauer-Fachfirmen waren in Moskau die gleichen Firmen vertreten, die man auch von Messen in Westeuropa her kennt. Russische Hersteller von Kältekomponenten gibt es praktisch keine (mehr), so dass sich der Wettbewerb unter den gleichen Anbietern abspielt wie sonst auch. Daher konnte man auch in den Anlagen der russischen Anbieter von Verbundanlagen & Co. die Komponenten der vertrauten Markenanbieter ausmachen.

Deutsche Aussteller hatten einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg der Messe. Bis auf wenige Ausnahmen mit größeren und individuell gestalteten Messeständen (Bitzer und Güntner) waren die übrigen deutschen Firmen mit einzelnen Systemständen im deutschen „Pavillon“ vertreten, der aber fast ein Fünftel der gesamten Ausstellungsfläche einnahm. Doch was sind die Beweggründe für deutsche Aussteller, sich auf einer russischen Messe zu präsentieren und wie sind die einzelnen Firmen im dortigen Markt aufgestellt? Die KKA-Redaktion ist diesen Fragen nachgegangen und hat einige deutsche Aussteller hierzu befragt.

 

Güntner

Die Firma Güntner ist mit einer eigenen Niederlassung und sogar einer eigenen Produktion in Russland vertreten. Bereits im Jahr 1993 wurde die Produktionsstätte “Güntner-Ish” GmbH in Izhevsk, Udmurtien, eröffnet. Die Produktionsstätte besteht aus zwei Fertigungsbereichen: Die Fertigung der Lamellenwärmeaustauscher liegt in Izhevsk, in Sarapul werden Sammler gefertigt. Die Produkte werden mittlerweile im gesamten Bereich der GUS-Staaten vertrieben. Nach Auffassung von Jörg Köcher, Leiter Güntner Controls, gibt es in Russland einen ständig wachsenden Markt für High-End-Produkte wie die von Güntner. Viele westliche Unternehmen (z.B. aus dem Lebensmittelbereich) seien mittlerweile in Russland aktiv und würden ihre Produktionsstandards mitbringen – und damit auch die Produkte der ihnen vertrauten Unternehmen. Doch auch viele russische Hersteller würden verstärkt Abstand von Billiglösungen nehmen.

 

Remis

Remis – ein Anbieter von Kühlmöbelabdeckungen – betreut den russischen Markt von Deutschland aus mit russisch sprechenden Mitarbeitern. Energieeinsparung sei auch in Russland kein Fremdwort mehr. Daher gebe es in Russland einen stetig wachsenden Markt für Remis-Produkte im Lebensmitteleinzelhandel (jedoch gibt es allein in Deutschland dreimal mehr Filialen als in Russ­land). Sollte die Nachfrage weiter steigen, sieht Remis die Option, auch in Russland zu produzieren – was bei den hohen Transport- und Zollkosten für die sperrigen Glasabdeckungen von Vorteil wäre. Die Chillventa Rossija wertet das Unternehmen als Erfolg – es sei die einige Fachmesse, die Remis im russischen Raum besuche.

 

Bitzer

Der schwäbische Verdichterhersteller Bitzer war mit einem imposanten Stand auf der Chillventa Rossija vertreten. Und mit dem Inhaber-Ehepaar Schaufler und dem neuen Geschäftsführer Michael Bauer waren auch hochrangige Firmenvertreter vor Ort. In Russ­land ist Bitzer schon seit vielen Jahren aktiv und hat derzeit neun Vertretungen – darunter auch die Fa. Ostrov, die an ihrem Standort ein großes Lager mit Bitzer-Produkten vorhält. Michael Bauer bestätigte im Gespräch mit der KKA-Redaktion das immer größere Interesse an energieeffizienten Produkten in Russland. Öl und Gas als Energieträger seien zwar vergleichsweise billig, aber das russische Stromnetz sei nicht in gleicher Quantität und Qualität gewachsen wie die Industrie. Infolgedessen seien die Strompreise und vor allem die Anschlusskosten stark gestiegen – gute Argumente für energieeffiziente Verdichter. Wie gut Bitzer in Russland vernetzt ist, konnte man auf der ganzen Chillventa Rossija beobachten: In vielen Ausstellungsanlagen russischer Anlagenbauer waren die grünen Verdichter zu sehen.


thermofin

Das relativ junge Unternehmen thermofin konnte seit Gründung der Vertriebsniederlassung OOO thermofin in Mitischi, nahe Moskau, beachtliche Marktanteile auf dem russischen Markt verbuchen. Außer der Teilnahme auf der Chillventa Rossia nimmt thermofin auch an regionalen Messen teil.

Aus den vielen Gesprächen mit Kunden konnte Firmengründer Willy Löffler das Fazit ziehen, dass nach den anstehenden Wahlen in Russland viele zurückgehaltene Projekte realisiert werden. Der politisch forcierte Ausbau der Agrarwirtschaft wird seiner Auffassung nach die Nachfrage nach Wärmeübertragern für die Nahrungsmittelproduktion weiter ansteigen lassen. Besonders erfreut war Willy Löffler, dass er auf russischen Firmen-Videos und -Prospekten thermofin-Produkte erkennen konnte. Er lobte die gute Messegestaltung und die Organisation durch die Nürnberger Messegesellschaft.

 

Viessmann Kältetechnik

Die Viessmann Kältetechnik AG war im deutschen Gemeinschaftspavillon mit einem Messestand vertreten. In der Vergangenheit habe man immer wieder sporadisch Geschäfte in Russland gemacht. Man hege jedoch die Erwartung, dass dies in Zukunft zunehmen werde – daher auch der erste Besuch des Unternehmens auf der Chillventa Rossija, für die es ein dickes Lob in Bezug auf Besucher und auch die Organisation gab. Trotz hoher Transportkosten für Viessmann-Produkte sei ein Markt für Qualitäts-Kühlzellen da. Um sich diesen zu erschließen, ko­operiert Viessmann Kältetechnik mit einem russischen Handelsvertreter.

 

Ziehl-Abegg

Der Künzelsauer Ventilatoren-Hersteller ist bereits seit den 60er Jahren in Russland vertreten – zuerst allerdings nur als Komponentenlieferant in Anlagen anderer Hersteller. Seit 2000 besitzt man eine eigene Niederlassung. Lag der Umsatz im ersten Jahr noch bei 40 000 DM, so ist er mittlerweile auf 13 Mio. Euro gestiegen. In Russland beschäftigt Ziehl-Abegg ein eigenes Verkaufsteam in Moskau und weiteren Städten. Nach Angaben eines russischen Firmenvertreters von Ziehl-Abegg bestehen zudem konkrete Pläne eine eigene Fertigung in Russland aufzubauen. Die Chillventa Rossija werde als wichtigste Plattform für die Kältetechnik in Russland angesehen.

 

Teko

Das Altenstädter Unternehmen Teko ist international bestens aufgestellt – hier darf der russische Markt nicht fehlen. Bereits seit 2000 hat Teko eine eigene Niederlassung in Russland und mittlerweile fertigt Teko auch auf russischem Boden. Mit dem Messeverlauf sei man sehr zufrieden, teilte Mitgeschäftsführer Christoph Bänfer mit. Neben den guten, bereits bestehenden Kontakten habe man viele neue knüpfen können und konkrete Projekte abgeschlossen. Die voll funktionsfähige Produktion liefere beste Resultate, sodass selbst Herr Bänfer selbst nur schwer Unterschiede zwischen einer Verbundanlage aus russischer oder Altenstädter Produktion ausmachen könne.

 

Kältetechnik „Made in Russia“

Doch nicht nur deutsche bzw. westeuropäische Aussteller konnten zufrieden mit ihrem Messeauftritt sein. Auch einige russische Aussteller wussten zu überzeugen. Allen voran sicher der russische Marktführer im Bereich des Kälteanlagenbaus und zudem der Hauptsponsor der Chillventa Rossija mit dem größten Messestand: die Firma Ostrov (www.ostrov.eu). Die KKA-Redaktion hatte die Gelegenheit den Ostrov-Firmensitz vor den Toren von Moskau sowie eine Referenzanlage bei einem Teigwarenhersteller zu besichtigen. Wer mit dem Vorurteil nach Moskau reist, eine russische Fertigung habe etwas mit Flickschusterei und niedrigeren Qualitätsanforderungen zu tun, der wird in der Ostrov-Produktion eines Besseren belehrt. Eine Produktionshalle für Verbundanlagen mit derartigen Ausmaßen, in der mit eigenem geschultem Fachpersonal Anlagen in sehr großer Stückzahl nach Kundenanforderung produziert werden, ist sicher nur selten zu finden. Die Firma Ostrov existiert seit 1994 – während man in den ersten Jahren als Montage- und Serviceunternehmen aktiv war, konzentriert sich das Unternehmen seit 1998 auf die Fertigung von Kälteaggregaten und Verbundanlagen; ein eigener Schaltschrankbau inklusive. 300 Mitarbeiter beschäftigt die Ostrov-Holding, der Großteil fertigt Kälteanlagen, in einem anderen Firmenteil werden Aufdach-Klimaanlagen für Eisenbahnen hergestellt.

Und Ostrov expandiert: Seit 2011 existiert in Prag ein weiterer Produktionsstandort, von dem aus vor allem die osteuropäischen Nachbarstaaten beliefert werden. Aber der Blick geht auch gen Westen – schließlich seien es von Prag aus nur 150 km bis zur deutschen Grenze, betont der für das tschechische Werk zuständige Direktor Josef Hlaváč. Im Herbst 2012 will sich Ostrov jedenfalls auf der Chillventa in Nürnberg einem größeren Kundenkreis präsentieren.

Ostrov liefert ausschließlich an Anlagenbauer-Fachbetriebe – so auch im Fall der Kälteanlage bei der Fa. Mirital, bei der die KKA die Gelegenheit hatte, eine Ostrov-Referenzanlage vor Ort zu besichtigen. Mirital ist der größte russische Hersteller von Blini (russische Pfannkuchen). In der Produktion müssen die frisch gebackenen Pfannkuchen in kürzester Zeit tiefgekühlt werden. Dies geschieht in einem Spiralfroster, in dem die 80 - 90 °C heißen Blini auf -18 °C abgekühlt werden. Ca. 550 kg Blini werden pro Förderband gekühlt; die hierfür erforderliche kalte Luft (-34 °C) wird von einer R507-Anlage aus der Ostrov-Produktion erzeugt. Weitere Kälteaggregate von Ostrov versorgen die insgesamt sechs Tiefkühllager des Unternehmens.


Chillventa Rossija 2013

Die nächste Chillventa Rossija findet vom 5. bis 7. Februar 2013 in Moskau statt – im Gegensatz zur Chillventa in Nürnberg hält die Messe Nürnberg in Russland (noch?) einen jährlichen Rhythmus erforderlich, um sich im hart umkämpften russischen Messemarkt zu etablieren.

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