Digitalisierung im Supermarkt

Schwerpunkte beim 13. ZVKKW Supermarkt-Symposium

In diesem Jahr fand das ZVKKW Supermarkt-Symposium unter dem ­Generalthema der Digitalisierung am 30. Juni 2022 wie in den vergangenen Jahren auch im Maritim Hotel Darmstadt statt. Die rund 110 Teilnehmer konnten insgesamt elf überaus interessanten Vorträgen folgen. Ursprünglich waren sogar zwölf Vorträge angekündigt, ein Vortrag musste jedoch krankheitsbedingt entfallen. Aus der Fülle der allesamt sehr guten Vorträge möchten wir nachfolgend vornehmlich auf die Inhalte zum Thema Digitalisierung eingehen.

Datensammeln allein bringt nichts

Oliver Gerlach von Cool Expert in Allendorf betonte in seinem Vortrag „Intelligentes Datenmanagement MIC-EEC – Energieeffizienz leicht gemacht“, dass Datensammeln allein noch keinen Nutzen bringt, entscheidend ist, dass die Daten interpretiert und Handlungsempfehlungen gegeben werden. Zunächst gab er jedoch einen kurzen Überblick über die Entwicklung bei Cool Expert: 2007 führte das Unternehmen eine Lösung für das Monitoring von Kälteanlagen ein. Dieses System wurde 2012 um eine zentrale Webplattform ergänzt und das Monitoring über die reine Kältetechnik hinaus auf das gesamte Gebäude inklusive aller Energiedaten (z.B. auch Beleuchtung) erweitert. Dieses System wurde sukzessive weiterentwickelt und wird seit 2018 als Komplettlösung mit natürlichen Kältemitteln (BCC = „blue cool concept“) speziell im Bereich Lebensmitteleinzelhandel erfolgreich vertrieben.

Das Monitoring- und Serviceportal umfasst inzwischen neben dem reinen Remote-Zugriffsmanagement auch die Dokumentation (z.B. Planungsunterlagen, Logbuch, …), Service bzw. Serviceassistenz (Störmeldemanagement/Alarmierung, …) und die Optimierung und Analyse. Es umfasst heute ca. 850 Installationen, davon ca. 70% aus dem Bereich LEH/Supermarktfilialen, 20% aus dem Bereich Logistik und Produktion und 5% Pharmazeutische Industrie/Biotechnologie – der Rest sind individuelle Einzelanlagen (z.B. Landwirtschaftliche Lager, …). Gerlach führte aus, dass eine typische Supermarktinstallation rund 60 Komponenten aus verschiedensten Gewerken mit 2.000 Datenpunkten und 750 verschiedenen Systemmeldungen umfasst. Das ergibt in der Summe ca. 10 MB Daten pro Tag. Das wiederum bedeutet, es fallen für alle aktiven Anlagen etwa 5 TB Daten pro Jahr an. Um dieser Datenmenge Herr zu werden, muss auf der Cloudseite in Abhängigkeit vom Nutzen des jeweiligen Datenpunktes im Hinblick auf die Analyse der Daten zwischen Langzeit- und Kurzzeitspeicherung gewählt werden.

Die Daten selbst durchlaufen dabei verschiedene Stufen: Erfassen, Transport, Interpretation und Analyse bis letztlich daraus für die jeweilige Zielgruppen „nützliche Informationen“ werden. Was dabei „nützliche Informationen“ sind, hängt von der jeweiligen Zielgruppe ab: Servicepartner und Betreiber haben hier durchaus unterschiedliche Bedürfnisse. Ziel sind jedoch immer die maximale Anlagenverfügbarkeit, ein effizientes Servicemanagement, ein wirtschaftliches Energiemanagement, und die Transparenz der Anlage.

An einigen Beispielen zeigte Gerlach, wie Monitoring und Datenanalyse bei Installationen in allen Bereichen – von der Planung über den Bau bis zum Betrieb – helfen, Kosten zu sparen und Anlagen ressourceneffizient zu betreiben. Abschließend gab er noch einen Ausblick auf die verbesserte Modellbildung zur automatisierten „Live“-Effizienzbewertung.

Cloud-Lösungen

Im nächsten Vortrag „Auf Wolke 7 – Wie die ,Cloud´ im Lebensmittelmarkt an Bedeutung gewinnt“ zeigte Felix Ringwald von der Eckelmann AG in Wiesbaden die Vorteile von Cloud-Lösungen. Cloud-Hosting ist insbesondere dann eine gute Alternative, wenn man firmenintern wenig technisches Know-how hat. Die Kosten dafür seien laut Ringwald im Vergleich zu einem eigenen Datencenter wesentlich geringer, da man in der Regel nur das zahlt, was man auch tatsächlich nutzt (Skalierbarkeit) – und man hat für eine monatliche Pauschale einen Rundum-Sorglos-Service. Das Personal kann sich derweil auf unternehmensspezifische Aufgaben konzentrieren.

Auch die Risiken seien durch komplexe IT-Systeme und logisch getrennte Netze erheblich geringer. Bei allen Cloud-Hostern gibt es eigene Sicherheitsexperten, die sich ausschließlich um die Absicherung der Daten kümmern. Letztlich ist auch die Flexibilität dadurch gewährleistet, dass ein Umzug zurück in ein stationäres Netzwerk problemlos möglich ist.

„Virtus Caelum“, die Cloud-Anwendung von Eckelmann für Kälte- und Gebäudeautomation (ebenfalls eine Browserbasierte Web-Anwendung) bietet speziell dem Handel diverse Funktionen:

Information über Status und Leistung der Kälteanlage

Überwachung, Auswertung und Dokumentation der Temperatur nach HACCP

Alarmierung bei Handlungsbedarf (offene Kühlraumtür, Übertemperatur usw.)

Tipps zur Behebung von Alarmen und Störungen

Anzeige von Verbrauchs- und Energiezählern

Mehrbenutzerfähigkeit

Individuelle Anwendungen

Patrick Stern, ebm-papst, Mulfingen, ging in seinem Beitrag „Universelle Geräte- und Anlagensteuerung mit Hilfe von Cloud Anwendungen und KI“ auf die Lösungen des in Dortmund ansässigen Tochterunternehmens „ebm-papst neo“ ein. Das 2018 als Think-Tank gegründete Start-up entwickelt keine standardisierten Lösungen, sondern immer individuelle Anwendungen für den Kunden – auch kundenspezifische Apps. Die Lösungen von ebm-papst neo können grundsätzlich alle Bereiche von gewerblichen Gebäuden überwachen und steuern. Dabei kommen auch selbstlernende und selbstregulierende Algorithmen zum Einsatz, um den Energieverbrauch zu minimieren oder die Luftqualität zu optimieren.

Besonders beeindruckend war eine ­Videovorführung zu einer AR-Anwendung (Augmented Reality), bei der man sich via Handy-App und QR-Codes an einer Anlage deren Betriebsdaten und Anlagenzustände direkt in das reale Bild auf dem Smartphone einblenden lassen kann. Abschließend zeigte Stern, wie der digitale Supermarkt heute schon aussehen kann.

Künstliche Intelligenz

In seinem Vortrag „Digitaler Werkzeugkasten von Wurm – Frida-App und KI-basierende Anwendungen sorgen für Zeitersparnis und optimierte Arbeitsabläufe“ stellte Alexander Schütz von der Wurm GmbH in Remscheid zunächst die Frage, wo Digitalisierung überhaupt anfängt. Freilich läuft heutzutage niemand mehr durch die Anlagen und erfasst Werte händisch. Aber kann man den automatisch gemessenen Daten vertrauen? Hängt der Sensor an der richtigen Stelle?

Neben konkreten Messwerten gibt es aber auch Signale über den Zustand der Anlage: Wird gerade abgetaut? Läuft der Verdichter? … Hinzu kommt noch die Erfassung der Stromzähler: Was hängt an diesem Zähler alles dran? Die komplette Kälteanlage, nur der Verbund oder auch die Beleuchtung? Eigentlich weiß man das Alles, aber trotzdem gibt es oft ein heilloses Durcheinander an Messwerten. Es muss also insgesamt erst einmal die Datenbasis geklärt sein. Nur dann kann man auch die Daten richtig ­analysieren.

Im weiteren Verlauf seines Vortrages erläuterte Schütz die nächsten Schritte von der Aufzeichnung und Datenanalyse bis hin zum Datenmanagement und der Visualisierung. Er erläuterte das Dienstleistungsangebot von Wurm und demonstrierte in einer Live-Vorführung die Funktion der Frida-App und ihre Vorteile. So ist es ohne Zweifel von Vorteil, wenn man sich mithilfe dieser App z.B. bei der Inbetriebnahme in der Anlage bewegen und verschiedene Dinge testen kann.

Ferner betreibt Wurm mit „Frigodata online“ auch ein umfassendes Datenmanagement. Als Mensch kann man nicht beliebig viele Anlagen überwachen und analysieren, eine künstliche Intelligenz (KI) kann das durchaus. Sie kann Muster erkennen oder nach bestimmten Mustern oder Ausreißern suchen, um Vorhersagen machen zu können. Damit die KI jedoch „lernen“ kann, ist eine große Datenmenge vonnöten. Mit 38.000 über das System erreichbaren Supermärkten ist diese Datenmenge vorhanden. Die Erkenntnisse aus dem Datenmanagement fließen zudem in die Reglerentwicklung ein.

Künftig wird, nach Ansicht von Schütz, das Predictive Maintenance, also die vorausschauende Wartung zunehmend an Bedeutung gewinnen. So wird es künftig möglich sein, schleichende Abweichungen zu erkennen und zu behoben, bevor eine Alarmgrenze erreicht ist.

Die zahlreichen weiteren Vorträge erweiterten das Spektrum der angebotenen Fach­informationen noch deutlich über das Thema Digitalisierung hinaus und rundeten eine gelungene Veranstaltung ab. Das nächste ZVKKW Supermarkt-Symposium wird am Donnerstag, den 29.6.2023, erneut in Darmstadt stattfinden.

Der Vortrag von Dieter Küpper (Chemours), der krankheitsbedingt ausfallen musste, wurde den Teilnehmern zusammen mit den anderen Vorträgen ebenfalls als Datei zur Verfügung gestellt.

Vortragsthemen und Referenten beim 13. ZVKKW ­Supermarkt-Symposium am 30.6.2022 in Darmstadt

„EHI-Studie 2021 – Forschungsergebnisse zum Energiemanagement im Einzelhandel“, ­Benjamin Chini, EHI Retail Institute, Köln


„Eine Verbandsinitiative zur Stützung der Anwendung von natürlichen Kältemitteln“, Jelena Nikolic, Handelsverband Deutschland HDE e. V., Berlin


„Energetische Inspektion nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG)“, Clemens Schickel­,
­ Bundesindustrieverband Technische ­Gebäudeausrüstung (BTGA), Bonn


„Überflutete Systeme im Supermarktbereich“, Esra Wirth, Kaufland Dienstleistung GmbH & Co. KG, Neckarsulm


„Intelligentes Datenmanagement MIC-EEC – Energieeffizienz leicht gemacht“, Oliver Gerlach Fa. Cool Expert, Allendorf


„Auf Wolke 7 - Wie die ,Cloud´ im Lebensmittelmarkt an Bedeutung gewinnt“, Felix Ringwald Fa. Eckelmann AG, Wiesbaden


„Universelle Geräte- und Anlagensteuerung mit Hilfe von Cloud Anwendungen und KI“, Patrick Stern, ebm-papst, Mulfingen


„Digitaler Werkzeugkasten von Wurm – Frida-App und KI-basierende Anwendungen sorgen für Zeitersparnis und optimierte Arbeitsabläufe“, Alexander Schütz, Wurm GmbH, Remscheid


„Sind Kälteanlagen in der gewerblichen Anwendung wirklich dicht? Ein Überblick zum technischen Regelwerk in der Kältetechnik“, Dr. Meinolf Gringel, DMT, Essen


„Daikin CO₂-Conveni-Pack Betriebsauswertung aus 30 Filialen Realisierung/Umsetzung mit der CO₂-4-Wege-Kassette“, Klaus Tadajewski, Daikin, Unterhaching


„Aktuelle Situation der fluorierten Kältemittel – Sieben Jahre F-Gase-Verordnung“,
Roland Becker, GHC, Hamburg

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