Ener­gieeinsparpotential von Supermarktkälteanlagen

R-744-Kälteanlage mit Ejektorunterstützung

In diesem Beitrag wird eine Berechnungsmethode zur Ermittlung des möglichen jährlichen Ener­gieeinsparpotentials von Supermarktkälteanlagen vorgestellt. Mit Hilfe dieser Methode wird eine modi­fizierte Anlage mit ungeregelten Ejektoren sowie einer Funktion zur Wärmerückgewinnung untersucht. Ergebnisse zeigen, dass eine deutliche Steigerung der Systemeffizienz durch Wärmerückgwinnungs-Konzepte erzielt werden kann. Die Verwendung von Ejektorsystemen ist momentan nicht üblich. Da­her wird eine energetische Analyse mittels der Programmiersprache Modelica durchgeführt.


Gesteigerte Energieeffizienz ist der günstigste aber der politisch umstrittenste Weg zu einer nachhalti­gen zukünftigen Energie­versorgung: Eingesparte Energie verursacht keine Emissionen und führt zu einer reduzierten Nachfrage an Investitionen in neue umstrittene Kraftwerke sowie aufwändiger Stromnetzinfrastruktur. Die Internationale Energieagentur IEA erklärt (World Energy Outlook 2012, International Energy Agency (IEA), October 2012), dass energieeinsparende Maß­nahmen schon mehr als die Hälfte aller Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase in unserem Jahrhundert ausmachen können. Damit wird Energieeffizienz zur wichtigsten Herausforderung zur Reduktion von Treibhausgasen in unserer Zeit: Allein durch den Einsatz von erneuerbaren Energie­quellen, Biokraftstoffen und die Einführung von Kohlenstoffbindung und -speicherung lässt sich das Problem der globalen Klimaerwärmung nicht lösen, wenn nicht zusätzlich auch die Energieeffizienz nachhaltig gesteigert wird.

Die Ziele der Klimaschutz- und Energiepolitik der Europäischen Union für 2020, bekannt als die “20-20-20” Ziele, bestehen aus folgenden Zielsetzungen für 2020: Reduktion der EU-weiten Treibhausgase um 20 % ausgehend vom Stand in 1990; Anhebung des EU-weiten Anteils an erneuerbaren Energien um 20 % und die Anhebung der Energieeffizienz um 20 %. Die Europäische Kommission hat kürzlich nach kostengünstigen Wegen Ausschau gehalten, um die Europäische Wirtschaft klimafreundlicher zu machen und den Energieverbrauch zu senken. Energieeffizienz wird damit zum entscheidenden Fak­tor für die Beschreitung eines solchen Weges. Für den Übergang zu einer klimafreundlichen Gesell­schaft wird eine EU-weite Reduktion des Energieverbrauchs in 2050 gegenüber 2005 um 30 % disku­tiert (Roadmap2050: http://ec.europa.eu/energy/energy2020/roadmap/index_en.htm).

Die maßgeblichen Energieverbraucher in einem Supermarkt sind die Kälteanlage und das Heiz­system. Nach Nordtvedt et al. 2012 und Rhiemeier 2009 beträgt der Anteil für Kälte ca. 50 % und der Anteil für Wärme ca. 20 % des Gesamtenergieverbrauches, so dass sich in diesen Bereichen auch das größte Optimierungspotenzial ergibt.

Daher wird im Rahmen dieser Untersuchung eine Berechnungsmethode entwickelt, die zur Identifi­zierung des möglichen jährlichen Energieeinsparungspotenzials verschiedener Supermarktsysteme herangezogen werden kann. In Hinblick auf die energetische Optimierung des Systems werden der Ein­satz von nicht regelbaren Ejektoren sowie die Wärmerückgewinnung untersucht. Ergebnisse bereits durchgeführter Studien zeigen eine signifikante Verbesserung der Systemeffizienz durch Wärmerück­gewinnung (Denecke 2011). Die Verwendung von Ejektoren in Kälteanlagen ist momentan nicht weit verbreitet. Daher wird eine simulative Analyse unter Verwendung der Programmiersprache Modelica durchgeführt, um die Steigerung des Wirkungsgrades durch ein Multi-Ejektorkonzept im Vergleich zu einer Referenzanlage für verschiedene europäische Klimata zu untersuchen.

Im ersten Teil dieser Publikation wird eine Literaturübersicht zum aktuellen Stand der Ejektortechnolo­gie für Supermarktanwendungen präsentiert. Im nächsten Abschnitt wird der untersuchte Multi-Ejektor Prüfstand für eine Supermarktanlage spezifiziert. Der Hauptteil widmet sich der Darstellung der Si­mulationsmodelle für das Referenz- sowie das Multi-Ejektor-System. Weiterhin werden die Auslegung des Ejektorssystems und die entsprechenden Regelungen dargestellt. Im Anschluss werden Randbe­dingungen wie Klimadaten und Lastprofile gezeigt. Die Simulationsergebnisse werden dargestellt und diskutiert. Abschließend werden die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und ein Ausblick auf weitere mögliche Arbeiten gegeben.

Anwendung von Ejektoren
für ­Supermarktanwendungen

Mit Hilfe eines zweiphasigen Ejektors kann ein Teil der Expansionsarbeit innerhalb des Prozesses wiederverwendet werden, wenn Kältemittel von hohem Druck in einer Treibdüse innerhalb des Ejek­tors auf niedrigeren Druck gedrosselt wird. In der hier betrachteten Anlage in Bild 1 wird der Ver­dampfermassenstrom, der sich auf Niederdruckniveau befindet, auf ein höheres Druckniveau verdich­tet. Die kinetische Energie des Fluidstroms in der Treibdüse wird genutzt, um das vom Verdampfer über einen Separator in den Ejektor strömende Fluid zu beschleunigen. Am Austritt der Mischkammer des Ejektors erreichen beide Fluide durch Impulsaustausch eine identische Strömungsgeschwindig­keit. Die kinetische Energie des Fluids kann im Diffusor dann zum Teil in potentielle Energie, d.h. in eine Steigerung des Druckes umgewandelt werden, so dass sich im Vergleich zum Saugdruckniveau ein höherer Austrittsdruck am Ejektor ergibt. Der Treibstrom durchströmt den Ejektor von der Hoch­druckseite kommend nach Durchströmen des Gaskühlers, während der Austritt des gemischten Fluidstroms in den Separator hinein erfolgt.

Nach den Arbeiten von Elbel (2011, 2007), Drescher et al. (2007), Banasiak (2011), Fiorenzano (2011) und Lucas (2012) können R-744-Ejektoren den Systemwirkungsgrad je nach Umge­bungstemperatur um bis zu 15 % erhöhen. In der Vergangenheit wurden verschiedene mehrstufige R-744-Supermarktkälteanlagen z. B. von Gernemann (2003), Kruse (2002), Fröschle (2009) and Sawalha (2008) untersucht, Ejektorensysteme werden dort aber nicht erwähnt.

Ausgehend von vorhergehenden Studien und aktuellen Projekten wie z. B. in Hafner et al. (2012), wurden Designkonzepte für Ejektorsysteme entworfen, die auch für R-744-Wärmepumpensysteme angewendet werden können. Erste Ergebnisse durchgeführter Systemsimulationen zeigen, dass der Wirkungsgrad (COP) einer Supermarktkälteanlage mittels Ejektorsystem signifikant um bis zu 20 % bei hohen Umgebungstemperaturen oder hohen Rücklauftemperaturen des Wärmerückgewinnungs-Sys­tems gesteigert werden kann. Selbst bei niedrigen Umgebungstemperaturen kann der exzellente Wir­kungsgrad von R-744-Systemen durch die Verwendung eines Ejektorsystems weiter gesteigert wer­den. Daher eignet sich das Systemkonzept mit Ejektoren sowohl für nordeuropäische als auch für mediterrane Klimaregionen. Weiterhin kann dieses Konzept auch auf weitere R-744-Kaltdampf-Kom­pressionsanlagensysteme zur Wirkungsgradsteigerung insbesondere bei hohen Umgebungstempe­raturen sowie bei hohen Kältemittel-Rücklauftemperaturen wie bei Wärmepumpen zur Raumklimati­sierung und Heißwasserbereitung, mobilen Anwendungen wie z.B. in Lastwagen und Containern so­wie Chilleranlagen verwendet werden.

Bild 1 zeigt das R-744-Multi-Ejektor-System mit nicht kontinuierlich regelbaren Ejektoren, die über Kugelhähne einzeln zu- und weggeschaltet werden können. Das dargestellte System repräsentiert den wichtigsten Teil der Supermarkt-Kälteanlage, das die Temperatur innerhalb der Kühlmöbel ein­stellt. Die über die Kühlmöbel und die Kompressoren aufgenommene Leistung wird auf der Hoch- und Mitteldruckseite in den entsprechenden Gaskühlern wieder abgegeben. Von dort wird die Wärme ent­sprechend zu den Wärmerückgewinnungs-Einheiten und die externen Wärmeabgabe-Vorrichtungen (schematisch gezeigt als GC-1 und GC-2) geleitet, bevor das Kältemittel in die Expansionsorgane ein­tritt. In diesem Fall ersetzen die Ejektoren die gewöhnlichen Expansionsorgane, die die Expansions­arbeit ungenutzt lassen.

Das neuartige kommerzielle Kälteanlagensystem mit nicht kontinuierlich regelbaren Ejektoren und unterschiedlicher fixer Geometrie erlaubt die Verwendung standardisierter Ejektoren. Mit unterschied­lichen Querschnitten in den Treibdüsen kann der Hochdruck je nach Umgebungstemperatur und Last-Erfordernissen entsprechend geregelt werden. Die Mitteltemperatur-Kompressoren saugen aus der Gasphase des ersten Separators (SP-1) an, in den die Ejektoren hineindrosseln. Die Ejektoren sind derart angebracht, dass sie eine Druckdifferenz zwischen den Mitteltemperaturverdampfern und dem -se­parator (SP-2) und dem ersten Separator erzeugen. Wenn der durch die Ejektoren erzeugte Druckhub nicht mehr ausreichend sein sollte, so kann über ein Drei-Wege-Ventil einer der MT-Kompressoren mit dem Gasausgang des zweiten Separators (SP-2) verbunden werden, um das Massenstromverhältnis zu reduzieren. Damit können die Ejektoren auch bei niedrigen Saugdrücken darin unterstützt werden eine entsprechende Fluidmenge zu fördern. Mit Hilfe dieser Verschaltung kann eine konstante Druck­differenz zwischen den beiden Separatoren eingestellt werden.

Simulationsmodelle

Zur Identifizierung des jährlichen Energie-Einsparpotentials in einem mit R-744 betriebenen Super­marktsystem mit Multi-Ejektor-System wurde ein Simulationsmodell verwendet, um einen Vergleich zwischen einem Referenz- und einem Ejektorsystem durchzuführen.

Für die Modellierung wurde die TIL-Suite, eine in Kooperation zwischen der Firma TLK-Thermo GmbH und dem Institut für Thermodynamik erstellte Komponentenbibliothek für thermodynamische Systeme, verwendet. Die TIL-Suite ist eine Modelica-Bibliothek für transiente Simulationen von Fluidsystemen wie z.B. Wärmepumpen, Klimatisierung, Kälteanlagen oder Kühlsystemen. Die Bibliothek ist das Er­gebnis von längjährigen Erfahrungen in den Bereichen Thermodynamik, Wärmeübertragung, Simula­tionstechnik und Softwareentwicklung. Richter (2008) untersuchte in seiner Arbeit existierende Bibliotheken und stellte eine neue Komponentenbibliothek vor, bei der eine gute Lesbarkeit und Anwendbarkeit im Vordergrund stehen. Basierend auf dieser Bibliothek wurde schließlich die TIL-Bibliothek entwickelt. Dazu wurde eine nachhaltige objekt-orientierte Struktur entwickelt, die auf die Bedürfnisse des Modellentwicklers gleichermaßen wie die des Simulationsspezialisten und des Design-Ingenieurs zugeschnitten ist. Die TIL-Bibliothek wird weiterentwickelt und unterstützt von der TLK-Thermo GmbH und dem Institut für Thermodynamik der TU Braunschweig (Tegethoff 2011).

In TIL werden Modelle für Kompressoren, Wärmeübertrager, Ventile, Rohrleitungen und viele weitere Komponenten zur Verfügung gestellt. Für die Implementierung der Ejektoren, Plattenwärmeübertrager und Regler wurden AddOn-Bibliotheken verwendet und entsprechend der spezifischen Erfordernisse erweitert.

Für die Simulation der Stoffdaten von Kältemittel, Glykol, Wasser und feuchter Luft wird die TIL-Media Suite verwendet, die es neben der Verwendung eigener Stoffdaten auch erlaubt externe Stoffdaten wie z.B. REFPROP in die Simulation einzubinden. Für die direkte Visualisierung der Simulationser­gebnisse wird der StateViewer verwendet, um die Prozessdaten im p,h- und T,s-Diagramm und da­rüber hinaus die Temperaturverteilungen der Wärmeübertrager darzustellen.

Das Programm TILFileReader wird verwendet, um externe Daten als Randbedingungen für die Kreis­laufsimulation wie z. B. Umgebungstemperatur und Kühllast einzulesen. Die eingelesenen Klimadaten werden mit der Meteorologischen Datenbank METEONORM (Remund 2010) während der Laufzeit in die Simulation geladen, unter Verwendung des Programms TILWeatherClient.

Um den aktuellen Stand der Technik eines bestehenden R-744-Supermarkt-Kälte- und Heizsystems abzubilden, wurde zunächst das Modell eines Referenzsystems erstellt.

Referenz-System – R-744-Booster-System mit Wärmerückgewinnung

Bild 2 zeigt ein zweistufiges R-744-Booster-System mit Flashgas-Bypass-Ventil, mit Verdampfern auf zwei verschiedenen Temperaturstufen und Wärmerückgewinnung (siehe Fröschle 2010 and Javer­schek 2011). Das System ist ausgestattet mit einem Separator auf Mitteldruckniveau, das auf 34 bar eingeregelt wird. Die Flüssigkeit, die aus dem Separator austritt, wird in einem internen Wärmeüber­trager unterkühlt und mittels der Expansionsventile auf zwei unterschiedliche Druck- bzw. Tempera­turniveaus entsprechend der Kühlmöbel für Normal- und Tiefkühlwaren verteilt: auf ein Mitteldruckni­veau für die Normalkühlung bei 28 bar/-8 °C und auf ein Niederdruckniveau für die Tiefkühlung bei 12 bar/-35 °C. Das aus dem Separator ausströmende Gas wird im Flashgas-Bypassventil (FGB) auf das mittlere Verdampfungsdruckniveau gedrosselt und direkt von den Mitteldruck-Kompressoren wie­der verdichtet. Der Gaskühler ist in drei verschiedene Gaskühler aufgeteilt. Entsprechend der unter­schiedlichen Temperaturniveaus können damit Wärmerückgewinnung über die Raumluft, Warmwas­sererzeugung, Fußbodenheizung, der Betrieb eines geothermischen Speichers, eine Parkplatzheiz­ung oder die Rückkühlung auf Umgebungstemperatur erfolgen (Titze 2012). In jeder Verdichterstufe sind jeweils zwei Verdichter parallel geschaltet, von denen jeweils einer mit konstanter und einer mit variabler Drehzahl betrieben wird.

Bild 3 zeigt das Modelica/TIL-Simulationsmodell für den Referenzsupermarkt mit R-744 als Kältemittel, zur Vereinfachung wird nur der NK-Bereich simuliert. Es wird ein Gemisch aus Wasser und Glykol als Kühlfluid für die Verdampfer verwendet.

Die Regelung des Referenzsystems erfolgt mit Hilfe von vier Regeleinheiten: Die Kühllast der Normal­kühlverdampfer wird über die Verdichterdrehzahl geregelt. Für transkritische Betriebsbedingungen wird eine Hochdruckregelung über das HD-Ventil realisiert. Bei unterkritischen Bedingungen erfolgt eine Regelung der Unterkühlung ebenfalls über das HD-Ventil. Der Mitteldruck im Separator wird über das FGB-Ventil geregelt und die Verdampferregelung erfolgt mittels Überhitzungsregelung durch die Verdampferventile.

Multi-Ejektor-System

Bild 4 zeigt das Modelica/TIL-Simulationsmodell für das Multi-Ejektor-System. Wie das Referenzsystem ist auch der Ejektorkreislauf (NK) als vereinfachter einstufiger Booster-Kreislauf mit Wasser/Glykol/R-744-Plattenwärmeübertragern ausgestattet. Im Gegensatz zum Referenzsystem werden die Verdampfer für Normalkühlung nicht mit einer Überhitzungsrelegung, sondern geflutet betrieben. Daher befindet sich zwischen dem internen Wärmeübertrager (IWÜ) und der Saugseite der Ejektoren ein Separator (SP 1). Während in der Praxis der Füllstand und damit der Dampfgehalt über die MD-Ventile eingeregelt werden kann, wird in der Simulation der Dampfgehalt direkt über einen Sensor auf einen Wert von 95 % eingestellt.

Damit die Abdeckung verschiedener Kühllast- und Heizlastanforderungen in Voll- und Teillastbetrieb möglich ist, werden drei Ejektoren mit jeweils konstantem Treibdüsenquerschnitt parallel angeordnet. Ejektor 1 ist permanent in Betrieb und mit der Flüssigkeitsseite des Separators verbunden. Ejektor 2 und Ejektor 3 sind mit der Gasseite des Separators derart mit einem 3-Wege-Ventil verbunden. So können alle drei Verbindungen verbunden bzw. getrennt werden und 1-3 Ejektoren parallel geschaltet werden.

Regelung des Referenzsystems
und Ejektorauslegung

Für die Auslegung einer COP-optimierten Hochdruckregelung für das Referenzsystem wurde eine Hochdruckvariation bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen durchgeführt (siehe Bild 5). Für überkritische Betriebspunkte wird der maximale COP durch einen von der Umgebungstemperatur abhängigen Hochdruck eingestellt. Für unterkritische Betriebspunkte kann ein hoher COP durch eine Unterkühlungsregelung mit konstanter Unterkühlung von 5 K eingestellt werden.

Der maximale COP für das untersuchte Referenzsystem liegt bei einer Umgebungstemperatur von 25 °C bei einem Wert von 2,75. Ähnliche COP-Werte sind in der Literatur bei Sawalha (2008) und Finck  (2011) für R-744- und R-404A-Supermarktsysteme zu finden.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Ejektorprototyp entworfen und vermessen, um den Druckhub und die Effizienz für typische Randbedingungen, die bei Supermarktkälteanlagen auftreten, experimentell zu bestimmen (siehe Bild 6). Insgesamt wurden daher 80 verschiedene Messpunkte unter­sucht. Der gemessene Druckhub liegt dabei zwischen 2 und 6 bar. Die nach Fiorenzano (2011) und Köhler et al. (2007) definierte Ejektoreffizienz liegt zwischen 10 und 27 %. Der arithmetische Mittel­wert für die Ejektoreffizienz liegt etwa bei 20 %. Die Simulationsrechnungen mit dem Ejektorsystem wurden mit einem effizienzbasierten Ejektormodell unter Verwendung der Bernoulli-Gleichung als Kor­relation für den Treibdüsen-Massenstrom durchgeführt:

Für verschiedene Kühllasten und Umgebungstemperaturen wurde jeweils ein effektiver Treibdüsen­querschnitt mit maximalem COP bestimmt. Die Ejektoreffizienz wurde für alle Untersuchungen im Rahmen dieser Studie auf einen konstanten Wert von 20 % gesetzt. Die Ergebnisse dieser Untersu­chung sind in Bild 7 links dargestellt. Als Ergebnis ergibt sich ein beinahe konstanter Wert für den effektiven Treibdüsenquerschnitt für jede Kühllast. Die COP-Zunahme durch den Ejektor nimmt mit zunehmender Umgebungstemperatur zu und beträgt etwa 10 % bei 10 °C und 20 % bei 45 °C. Die Aus­legung des Multi-Ejektorsystems wurde basierend auf diesen Auslegungsrechnungen vorgenommen und der effektive Querschnitt der Treibdüse für jeden Ejektor wurde derart ausgelegt, dass ein opti­maler Wirkungsgrad des Gesamtsystems angestrebt wird.

Randbedingungen und Regelung

Für die Berechnung des jährlichen Energieverbrauchs eines Supermarktes für verschiedene Klimazo­nen wurden drei typische Standorte ausgewählt: Athen repräsentativ für mediterranes, Frankfurt für mitteleuropäisches und Trondheim für nordeuropäisches Klima. Für jeden Standort wurden langjährig gemittelte Klimadaten für vier typische Tage jeweils repräsentativ für die Jahreszeiten Sommer, Herbst, Winter und Frühling ausgewählt. Bild 8 zeigt die mittlere Umgebungstemperatur halbstündlich für ei­nen mittleren 18. August, 13. Oktober, 12. Januar und 14. April. Die Klimadaten wurden berechnet basierend auf der Meteorologischen Datenbank METEONORM (Remund 2010). Alternativ können auch halbstündliche Klimadaten für ein vollständiges Jahr als Randbedingungen für eine umfangrei­che Jahressimulation eingelesen werden.

Für alle Simulationen wird ein typischer Tagesgang für die relative Kälteleistung herangezogen, der in Bild 9 links dargestellt ist. Der für die Simulation abgeschätzte relative Heizwärmebedarf, dargestellt in Bild 9 rechts, wird als proportional zur Temperaturdifferenz zur Umgebung angenommen.

Als Setpoint für die Hochdruckregelung und die Unterkühlungsregelung wird für das Referenz System je nach Betriebsmodus Heizen oder Kühlen folgende funktionale Abhängigkeit für die Simulation ver­wendet:

Für die Regelung des Multi-Ejektor-Systems wird eine ähnliche funktionale Abhängigkeit für den effektiven Teibdüsenquerschnitt angenommen:

Simulationsergebnisse

Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der dynamischen Simulation unter Verwendung der oben beschriebenen Simulationsmodelle und Randbedingungen dargestellt und diskutiert. Im ersten Schritt werden dynamische Verläufe der maßgeblichen Variablen und im zweiten Schritt gemittelte Ergebnisse präsentiert.

In Bild 10 sind dynamische Ergebnisse für einen mittleren 14. April am Standort Trondheim für das Referenz- und Multi-Ejektorsystem dargestellt. Beide Systeme sind so geregelt, dass sie den vorge­gebenen Kälteleistungsbedarf entsprechend dem vorgegebenen Tagesprofil mit Hilfe der Regelung der Verdichterdrehzahl zu 100 % decken können. Der angeforderte Heizbedarf für den Supermarkt in dem Zeitfenster zwischen 00:00 und 5:00 Uhr ist höher als die Wärme, die über das Wärmerück­gewinnungssystem im Referenz- und Ejektorsystem gewonnen werden kann. Das hängt mit der ge­ringen Kühllast (siehe Bild 9) und niedrigen Umgebungstemperatur in der Nacht zusammen (Bild 8). Daher schaltet der Regler des Referenzsystems den Hochdruck auf einen überkritischen Wert von 110 bar, damit so viel Wärme wie möglich erzeugt werden kann. Damit ergibt sich eine Betriebsweise, die hinsichtlich der Kälteerzeugung nicht COP-optimiert ist, ein effektiver Wärmespeicher wäre deshalb sehr sinnvoll. Das Ejektorsystem arbeitet in diesem Zeitfenster mit nur einem Ejektor mit dem kleinsten verfügbaren Treibdüsenquerschnitt, damit der Hochdruck so hoch wie möglich steigen kann. Dennoch kann durch die Verwendung des Ejektors der COP für Kühlung und Heizung für diese Randbedingungen um 30 bis 90 % verbessert werden. Hier­bei muss allerdings beachtet werden, dass sich für das Ejektorsystem aufgrund der Auslegung und Regelung ein niedrigerer Hochdruck einstellt und damit die Vergleichbarkeit zum Referenzsystem nicht mehr gegeben ist. Für den übrigen Tag kann der Heizleistungsbedarf mehr als gedeckt werden, d.h. ein Wärmespeicher könnte geladen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Hochdruck des Referenzsystems für den reinen Kühlfall weiter ge­senkt und für den reinen Heizfall weiter angehoben werden könnte. Somit besteht für beide Systeme weiterer Auslegungsbedarf hinsichtlich der ausgeführten Regelung. Damit zeigt sich, dass die COP-Gewinne des Ejektorsystems eng mit der Auslegung der Regelung beider Anlagen verknüpft sind.

Die mittleren täglichen Ergebnisse für die rel. COP-Zunahme für das Ejektorsystem für Kühl- und Heizleistung sind in Bild 11 oben dargestellt. Das gemittelte Verhältnis von erzeugter Heizleistung und Heizbedarf sowie der mittlere Hochdruck beider Systeme ist in Bild 11 unten dargestellt. Für den Fall 14. April am Standort Trondheim ergibt sich eine mittlere COP-Zunahme von 40 % für die Heizleistung und 50 % für die Kälteleistung. Die erzeugte mittlere Heizleistung liegt um ca. 30 % über dem Heizleistungsbedarf.

Es zeigt sich, dass der Hochdruck an einem mittleren 12. Januar aufgrund des großen Heizleistungs­bedarfs immer deutlich über dem kritischen Druck liegt.

Eine gute Vergleichbarkeit beider Systeme ergibt sich vor allem für diejenigen Punkte, bei denen sich ähnliche Hochdrücke einstellen. Dies tritt beim Sommerfall für den mittleren 18. August für alle drei Standorte auf, wobei sich ungefähr identische mittlere Hochdrücke für das Referenz- und Ejektor­system ergeben. Die Zunahme des COP der Kälteanlage liegt hier bei 17 % für Athen, 16 % für Frank­furt und 5 % für Trondheim.

Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag wird eine Berechnungsmethode zur Identifizierung möglicher jährlicher Energie­einsparungen für verschiedene Supermarkt-Kälteanlagensysteme vorgestellt. Dazu werden basierend auf der Programmiersprache Modelica/Dymola unter Verwendung der TIL-Suite Simulationsmodelle für verschiedene Supermarktkälteanlagen mit und ohne Ejektor implementiert. Es werden zum einen ein Referenzsystem, das als Boostersystem mit Flashgas-Bypassventil und Option zur Wärmerück­gewinnung ausgeführt ist, und zum anderen ein neuartiges System mit Multi-Ejektorenkonzept be­trachtet. Für die Untersuchung der Systeme bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen und Lastanforderungen wird ein Regelkonzept entwickelt, um die Systeme in einem optimierten energieeffizienten Modus für Kühlung und Wärmerückgewin­nung zu betreiben. Der berechnete COP des Referenzsystems ist mit typischen in der Literatur ge­nannten Werten vergleichbar.

Es wurden Messungen an einem Ejektorprototypen durchgeführt, die zeigen, dass der Druckhub zwi­schen 2 bar und 6 bar liegt und eine mittlere Effizienz von 20 % erreicht werden kann. Basierend auf Kreislaufsimulationen mit Variation der Umgebungstemperatur und der Kühllast wird das Multi-Ejek­torsystem ausgelegt. Stationäre Kreislaufsimulationen mit einem konstantem Wirkungsgrad von 20 % zeigen, dass der effektive Querschnitt der Treibdüse für einen maximalen COP im Wesentlichen von der Kältelast abhängen. Im Vergleich zum Referenzsystem wird eine COP-Zunahme von 10 % bei 15 °C und 20 % bei 45 °C Umgebungstemperatur ermittelt. Gemittelte stündliche Klimadaten für jede Saison und drei verschiedene europäische Klimazonen für mediterranes, mittel- und nordeuro­päisches Klima repräsentiert durch die drei Standorte Athen, Frankfurt und Trondheim werden ausge­wählt, um das transiente Betriebsverhalten und den Energieverbrauch des Ejektorsystems zu untersu­chen.

Transiente Simulationsergebnisse zeigen, dass während mittlerer Tage im Frühjahr und Herbst das System zwischen den optimierten Betriebsmoden im Kühl- und Heizbetrieb umschaltet, um den Heiz­bedarf optimal decken zu können. Für den Heizfall wird der Hochdruck des Systems vorübergehend angehoben. Insbesondere während des Winterbetriebs, wenn der unmittelbare Wärmebedarf nicht direkt gedeckt werden kann, wird die Anlage im überkritischen Modus betrieben, um höherwertige Wärme zur Verfügung stellen zu können. Eine Zwischenspeicherung von Wärme ist während des Winterbetriebs vorteilhaft, um Wärmebedarfsspitzen abfangen zu können.

Für nahezu alle untersuchten Randbedingungen weist das Multi-Ejektorkonzept sowohl für Kühlen als auch für Heizen signifikante Anstiege des COP im Vergleich zum Referenzsystem auf. Die Zunahme des COP hängt stark von der Regelstrategie sowie der Betriebsweise des Referenzsystems ab. Wenn ähnliche Hochdrücke vorliegen, dann ergeben sich im Sommer typische COP-Steigerungen für den Kühlbetrieb von ca. 17 % in Athen, 16 % in Frankfurt und 5 % in Trondheim. Im Winter liegen die be­rechneten Zuwächse zwischen 20  und 25 %.

Ein wesentlicher Aspekt ist die energieoptimierte Regelung der Systeme unter Berücksichtigung un­terschiedlicher Klimazonen und des Kundenverhaltens. Im Rahmen weiterer Arbeiten kann hier ein umfassenderes Regelkonzept erarbeitet werden, das unter Berücksichtigung einer noch detaillierteren Jahressimulation optimierte Regelstrategien erarbeitet. Eine weitere Verfeinerung des Modells hin­sichtlich der Modellierungstiefe beim Ejektormodell und der Betrachtung weiterer Verfahren zur Wär­merückgewinnung sowie der energieoptimierten Regelung im Jahresgang kann als Ausgangspunkt weiterer Studien dienen.

(Diese Publikation entstand als ein Arbeitspaket im Rahmen des Forschungsprojektes CREATIV, das finanziell vom norwegischen Staat (Research Council of Norway) und mehreren Industriepartnern unterstützt wurde.)

Nomenklatur

Bedeutung⇥Einheit


A Fläche⇥m²


COP Coefficient Of Performance⇥-


FGB Flash Gas Bypass⇥-


GK Gaskühler⇥-


IWÜ Interner Wärmeübertrager -


NK Normalkühlung -


SP Separator⇥-


TK Tiefkühlung⇥-


p Druck⇥bar


m . Massenstrom⇥kg/s


ηejek Ejektor Effizienz⇥-


р Dichte⇥kg/m³

Literaturverzeichnis

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