R744-Kälteanlagen und Wärmepumpen mit Ejektoren

Funktionsweise und Feinabstimmung – Erfahrungsbericht aus der Praxis

Im Jahre 2013 erfolgte die Inbetriebnahme der ersten CO2-Kälteanlage mit Ejektoren in einem Supermarkt in der Schweiz. Seither gewinnen CO2-Kälte­anlagen und Wärmepumpen mit Ejektoren international zunehmend an Bedeutung. Die Einbindungsmöglichkeiten von Ejektoren in solchen Systemen sind vielfältig. Einzelne Einbindungsarten haben sich in der Praxis stärker etabliert als andere. Grundsätzlich ermöglichen die Ejektoren, bislang ungenutztes Potential (Drosselverluste) in eine Vorverdichtung oder Druck­erhöhung umzuwandeln und dadurch die Gesamteffizienz des Systems zu steigern. Mit der alleinigen Einbindung von Ejektoren in CO2-Kälteanlagen oder Wärmepumpen ist es jedoch noch nicht getan. Die Erfahrung zeigt, dass bislang ungenutztes Potential auch nur dann in einen vollumfänglichen, energetischen Vorteil (Nutzen) umgewandelt werden kann, sofern die einzelnen Systemabschnitte aufeinander und deren Anwendung abgestimmt sind. Besonderen Fokus gilt dabei der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik von CO2-Kälteanlagen oder Wärmepumpen mit Ejektoren. Im folgenden Beitrag werden etablierte Einbindungsmöglichkeiten von Ejektoren erläutert und auf deren Besonderheiten, insbesondere in Punkto Mess-, Steuer- und Regelungstechnik im Zusammenhang mit den Ejektoren eingegangen.

1 Einleitung

Mitte des 19. Jahrhunderts taucht CO2 erstmals als Kältemittel auf und gegen Ende desselben Jahrhunderts entwickelt Richard Mollier die erste Dampftafel für CO2. In der ersten Hälfte des darauffolgenden 20. Jahrhundert wurde CO2 durch die sogenannten Sicherheitskältemittel vom Markt verdrängt. Als die FCKW-Ozon-Hypothese 1974 erstmals auftaucht, reagiert die Politik und verabschiedet 1987 das Montreal-Protokoll. Seither nehmen Vorschriften und Verbote für synthetische Kältemittel laufend zu. In der Zwischenzeit ist die Branche bei der vierten Generation synthetischer Kältemittel angelangt, den sogenannten HFO. Diese werden aktuell von der Chemie- und Kältemittelindustrie als Lösung propagiert, obschon sich deren Zersetzungsprodukte im Oberflächengewässer ansammeln können, dort nur schwer abbaubar sind und somit auch in das Trinkwasser gelangen können. Es ist zu erwarten, dass die HFO-Kältemittel, wie deren drei vorhergehenden Generationen, keine langfristige Lösung darstellen und die einzigen zukunftssicheren Kältemittel die Natürlichen sind. Namentlich sind dies insbesondere Kohlendioxid (CO2), Ammoniak (NH3) und die Gruppe der Kohlenwasserstoffe (Propan usw.) [1]. Diese Entwicklung verleiht der Erfindung und Publikation von Professor Gustav Lorentzen aus dem Jahre 1993, über die Hochdruckregelung für CO2-Kälteanlagen, eine neue Tragweite. Diese ermöglichte erstmals, mit CO2 als Kältemittel eine vergleichbare Kosten- und Energieeffizienz zu herkömmlichen Systemen zu erreichen. Damals schon erkannte Lorentzen das Potenzial von CO2 und prophezeite dem Kältemittel eine blühende Zeit. Spätestens seit Anfang des 21. Jahrhunderts, seit der Verjährung der Patentschriften von Gustav Lorentzen, erlebt CO2 als Kältemittel eine Renaissance [2].

Aufgrund der hohen Drucklage von R744 und den anfänglich dafür kaum verfügbaren Komponenten wie Verdichter, Wärmeübertrager oder Regelventilen, wurde die R744-Technologie zu Beginn hauptsächlich in subkritischen Kaskadensystemen für die Minuskühlung im Retail-Bereich eingesetzt. Im Jahre 2006 folgten die ersten transkritischen R744-Kältenalagen im Retail-Bereich, welche auch die Pluskühlung abdeckten. Zu Beginn waren die zwei Temperaturniveau noch mittels Kaskadenwärmeübertrager getrennt. Bald darauf folgte jedoch die erste R744-Booster-Kälteanlage, welche die zwei Temperaturniveaus vereinte. Seit der Etablierung der R744-Booster-Kälteanlage für den Retail-Bereich wird dieses System rege weiterentwickelt. Im Jahre 2009 folgten die ersten Systeme mit Parallelverdichtung und im Jahre 2013 folgte die erste R744-Booster-Kälteanlage mit Ejektoren. Die Kombination aus R744-Booster-Kälteanlage mit Ejektoren und Parallelverdichtung im Retail-Bereich gilt heute als Stand der Technik. Vermehrt kommen auch sogenannte Integral-Systeme zum Einsatz, welche im Falle einer Unterdeckung des Wärmebedarfs zusätzlich noch beispielsweise als Luft-Wasser-Wärmepumpe agieren. Nebst der rasanten Etablierung von R744 im Retail-Bereich, finden R744-Kälteanlagen auch vermehrt in der industriellen Kältetechnik Anwendung [3].

2 Hochdruck-Regelung

In Bild 1 sind die Dampfdruckkurven verschiedener Kältemittel im Druck-Temperatur-Diagramm dargestellt. Daraus geht hervor, dass der Kritische Punkt von R744 mitten im Temperatur-Bereich gängiger Kälte- und Wärmepumpen-Anwendungen (Wärmesenken) liegt. Unabhängig davon, ob das System mit oder ohne Ejektoren betrieben wird, bedarf es für eine effiziente Anwendung oberhalb des kritischen Punkts (transkritischer Betrieb) eine Hochdruck-Regelung. Die Hochdruck-Regelung beeinflusst die Effizienz wie auch die Leistung des Systems maßgeblich. In Systemen ohne Ejektoren wird die Hochdruck-Regelung von einem oder mehreren parallelen Hochdruck-Regelventilen bewerkstelligt. In Ejektor-Systemen wird die Hochdruck-Regelung teilweise oder vollumfänglich von einem oder mehreren Ejektoren übernommen. Je nach verwendeten Ejektoren und Ejektor-System wird die Hochdruck-Regelung teilweise auch von einem zu den Ejektoren parallel eingebundenem Hochdruck-Regelventil ausgeführt. Je nach eingesetzter Ejektor-Art und je nach Ejektor-System kommen unterschiedliche Hochdruck-Regelalgorithmen zum Einsatz. Auf die einzelnen bevorzugten Algorithmen wird im Anschluss in Kapitel 4 und Kapitel 5 eingegangen. [5]

3 Ejektor-Funktionsprinzip

Der Treibmassenstrom (Hochdruck) wird in der Düse des Ejektors mittels Druckenergie (A) beschleunigt und in kinetische Energie umgewandelt. Durch die Beschleunigung in der Düse nimmt der Druck nach den Bernoulli’schen Gesetzmässigkeiten ab. Das CO2 strömt mit hoher Geschwindigkeit und tiefem Druck in die Mischkammer. Aufgrund des tiefen Druckes strömt CO2 vom Anschluss B nach (Saugmassenstrom), wird dem Treibmassenstrom beigemischt und ebenfalls beschleunigt. Im Diffusor wird die kinetische Energie wieder in Druckenergie umgewandelt, sprich die Strömungsgeschwindigkeit reduziert und der Druck erhöht (Gesamtmassenstrom). Der Saugmassenstrom erfährt dabei eine Druckerhöhung von Punkt B zu C.

Es ist zu erahnen, dass die optimale Geometrie (z.B. Durchmesser der Düse und Mischkammer, Länge der Mischkammer sowie Winkel des Diffusors, Oberflächenbeschaffenheiten usw.) eines Ejektors stark von den Rand- und Betriebsbedingungen abhängen. Insbesondere beeinflussen die Drücke, Temperaturen und die Dichten des CO2 an den Anschlüssen A und B die Geometrie des Ejektors. Nebst den nicht beeinflussbaren, übergeordneten Randbedingungen hat der Treibmassenstrom einen relevanten Einfluss auf die Geometrie. Je nach Ejektor-Bauart ist der treibseitige Strömungsquerschnitt und somit der Treibmassenstrom bei gegebenen Rand- und Betriebsbedingungen quasi konstant oder variabel.

4 Ejektor-Bauart

Grob gesagt wird bei der Ejektor-Bauart zwischen regelbaren Ejektoren und nicht regelbaren Ejektoren (statischer Ejektor) unterschieden. Bei den regelbaren Ejektoren ist der Treibmassenstrom (Hochdruck) kontinuierlich regelbar, vergleichbar mit einem herkömmlichen Hochdruck-Regelventil. Bei den nicht regelbaren Ejektoren wird der Treibmassenstrom mittels Magnetventil oder Motorventil ein/ausgeschaltet und mit mehreren Ejektoren parallel eine Art diskontinuierliche Stufenregelung erzielt.

4.1 Regelbare Ejektoren

Regelbare Ejektoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie der Funktion eines Hochdruck-Regelventils sehr ähnlich kommen. Ungeachtet der Saugwirkung des Ejektors kann der Treibmassenstrom von 0 bis 100% variiert werden. Dadurch kann die Hochdruck-Regelung relativ einfach resp. gleich wie bei herkömmlichen Systemen ohne Ejektoren bewerkstelligt werden. Die Erfahrung zeigt, dass bei kleinen Treibmassenströmen bzw. bei kleinen Öffnungsgraden von regelbaren Ejektoren die Saugwirkung geringer ausfallen kann. Infolgedessen macht es je nach Ejektor-System Sinn, die Ejektoren unter Berücksichtigung der Anwendung, der Verdichter sowie zu erwartenden Teillast auszulegen. Deshalb können je nach Anwendung mehrere regelbare Ejektoren parallel eingebunden werden, um die Teillast ohne nennenswerte Einbuße der Saugwirkung abdecken zu können. Werden mehrere regelbare Ejektoren parallel eingebunden, so gibt es diverse Regel-Algorithmen, um diese anzusteuern. Ein naheliegender Ansatz ist, dass der nächste Ejektor zugeschaltet wird, sobald der erste Ejektor einen einstellbaren Öffnungsgrad erreicht. Entweder teilen sich die in Betrieb befindenden Ejektoren die Regelaufgabe (alle Ejektoren haben den gleichen Öffnungsgrad) oder mindestens einer bleibt bei einem konstanten Öffnungsgrad stehen. Bei Systemen mit unterschiedlich großen Ejektoren (KVs-Wert) kann die Steuerung auch eine Kombination aus einem oder mehreren Ejektoren wählen, so dass der Hochdruck geregelt und die Saugwirkung maximiert wird.

4.2 Statische Ejektoren

Statische Ejektoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie entweder ein- oder ausgeschaltet sind (On/Off). Das Ein- und Ausschalten von statischen Ejektoren erfolgt in der Regel mit einem treibseitigem Kugel- oder Magnetventil. Meist kommen statische Ejektoren in paralleler Kombination mit weiteren statischen Ejektoren und/oder regelbaren Ejektoren und/oder Regelventilen zum Einsatz. Die Hochdruck-Regelung wird aus einer Kombination der zur Verfügung stehenden Ejektoren bewerkstelligt. Dazu gibt es verschiedene Regel-Algorithmen, die sich in der Praxis bewährt haben. Ein einfacher Ansatz funktioniert wie folgt: Das zu den statischen Ejektoren parallel eingebundene Hochdruck-Regelventil oder ein regelbarer Ejektor regelt den Hochdruck herkömmlich. Beim Überschreiten eines definierbaren Öffnungsgrades (pro Ejektor) des Hochdruck-Regelventils öffnet ein weiterer statischer Ejektor bzw. schließt das Hochdruck-Regelventil vollständig, so schaltet ein statischer Ejektor wieder aus.

Das Hochdruck-Regelventil reagiert entweder indirekt über den PID-Regler auf das Zu- resp. Wegschalten von statischen Ejektoren oder die Stellgröße des Hochdruck-Regelventils kann direkt beim Zu- und Wegschalten beeinflusst werden. Ein zu den statischen Ejektoren parallel arbeitendes Hochdruck-Regelventil oder ein regelbarer Ejektor hat sich bewährt. Dadurch kann der Hochdruck fein geregelt und ein häufiges Takten der statischen Ejektoren verhindert werden. Je nach Anordnung vom System, Betriebspunkt und Größe der statischen Ejektoren kann ein schlagartiges Ein- bzw. vor allem Ausschalten zu Pulsationen auf dem System führen.

5 Ejektor-Anwendung

Ejektoren können für verschiedene Anwendungen im System verwendet werden. Bild 6 zeigt gängige Anwendungen von Ejektoren in CO2-Systemen, unterteilt nach deren Funktion. Nebst der klassischen Anwendung von Ejektoren zur Vorverdichtung von Gas (Gas-Ejektor) resp. zum Pumpen von Flüssigkeit (Flüssig-Ejektor), können Ejektoren als Einspritzventil, zur Unterkühlung oder zur Öl-Rückführung eingesetzt werden. Die Möglichkeiten, Ejektoren einzusetzen, sind vielfältig und die hier dargestellten Anwendungen natürlich nicht abschließend.

5.1 Flüssig-Ejektor

Der Flüssig-Ejektor wird so ins System eingebunden, dass er allfällige Flüssigkeitsanteile in der Saugleitung zu den Verdichtern zurück in den Mitteldruck-Sammler befördert. Der energetische Nutzen durch den Flüssig-Ejektor beruht darauf, dass die Verdampfer mit einer kleineren Überhitzung und mit einer höheren Verdampfungstemperatur betrieben werden können. Eventuell im Sauggas zu den Verdichtern vorkommende Flüssigkeitsanteile werden im Saugakku ausgeschieden und durch die Flüssig-Ejektoren zurück in den Sammler befördert. Ein Beispiel einer möglichen Einbindung ist im Kapitel 6.2 „High-Pres-
sure-Lift-System“ dargestellt. Der energetische Nutzen durch teilgeflutete Verdampfer kann auch bei einem Low-Pressure-Lift-System ausgespielt werden, wobei dort in der Regel eine Unterteilung in Flüssig- und Gas-Ejektor unüblich ist. Ein Beispiel eines Low-Pressure-Lift-Systems mit Ejektoren die allfällige Flüssigkeit im Sauggas befördern können, ist im Kapitel 6.1 Low-Pres­sure-Lift-System dargestellt. [4]

5.2 Gas-Ejektor

Der Gas-Ejektor wird so ins System eingebunden, dass er vorwiegend Gas aus der Saugleitung der Plus-Verdichter in den Mitteldruck-Sammler befördert, von wo das vorverdichtete Gas dann mittels Pa­rallel-Verdichter auf Hochdruck verdichtet wird. Der energetische Nutzen durch den Gas-Ejektor beruht auf der Vorverdichtung von Gas durch den Gas-Ejektor vom Niveau der Plus-Verdichter zum Niveau der Parallel-Verdichter. Ein Beispiel einer möglichen Einbindung ist im Kapitel 6.2 „High-Pres-
sure-Lift-System“ dargestellt. Der energetische Nutzen durch die Vorverdichtung von Gas zwischen den Verdampfern und den Verdichtern kann auch bei einem Low-Pressure-Lift-System ausgespielt werden, wobei dort in der Regel eine Unterteilung in Flüssig- und Gas-Ejektor unüblich ist. Ein Beispiel eines Low-Pressure-Lift-Systems mit Ejektoren, welche unter anderem Gas vorverdichten, ist im Kapitel 6.1 „Low-Pressure-Lift-System“ dargestellt. [4]

5.3 Einspritzventil

In gewissen Anwendungen kann es Sinn machen, einen Ejektor als Einspritzventil am Verdampfer einzusetzen. Dies erlaubt es, mit einem Treibdruck (Hochdruck) zusätzliche Flüssigkeit zu befördern und dem Verdampfer zuzuführen. Dieses Prinzip kann sowohl bei herkömmlichen CO2-Kälteanlagen und -Wärmepumpen als auch bei Ejektor-Systemen (siehe Kapitel 6) angewendet werden. Das Funktionsprinzip eines Low-Pres­sure-Lift-Systems wird in Kapitel 6.1 „Low-Pressure-Lift-System“ erläutert. Basierend auf diesem Funktionsprinzip stellt Bild 7 zwei mögliche Anwendungen von Ejektoren als Einspritzventile dar.

Die Regelung und möglichen Regelgrößen von einem oder mehreren Regelkreisen, von einem oder mehreren Ejektoren als Einspritzventil, sind analog einem herkömmlichen Einspritzventil z.B. die Überhitzung am Austritt des Verdampfers, der Gas-Anteil am Austritt des Verdampfers, das Flüssigkeits- oder Öl-Niveau in einem Behälter oder Abscheider, einen absoluten Verdampfungsdruck, eine relative Druckdifferenz über das eigentliche Ventil oder sonst wo im System, oder das Entrainment-Ratio von einem oder mehreren Ejektoren im System. Darüber hinaus kann bei einem Ejektor als Einspritzventil ein Gasanteil am Austritt vom eigentlichen Ejektor als Regelgröße dienen. Gegebenenfalls macht es Sinn, den Regelkreis von einem oder mehreren Ejektoren als Einspritzventil, wie bei herkömmlichen Einspritzventilen, mit einem konstanten oder quasi konstanten (getakteten) Öffnungsgrad zu betreiben oder dessen Regelbereich durch minimale und/oder maximale Öffnungsgrade einzuschränken. Je nach Anwendung können Regelgrößen und/oder Regelbereiche und/oder Öffnungsgrade konstant gehalten oder anhand von einem oder mehreren anderen Messgrößen im System geschoben bzw. beeinflusst werden.

5.4 Unterkühlung

Ejektoren können dazu genutzt werden, um beispielsweise die Flüssigkeitsleitung oder eine von mehreren Flüssigkeitsleitungen ab dem Mitteldruck-Sammler zu einem oder mehreren Verdampfern zu unterkühlen. Dieses Prinzip kann sowohl mit herkömmlichen CO2-Kälteanlagen und -Wärmepumpen als auch in Kombination mit Low- und High-Pressure-Lift-Systemen angewendet werden. Darüber hinaus ist ebenso eine Kombination mit der im Kapitel 5.3 „Einspritzventil“ erläuterten Anwendung denkbar. Die Regelung des Einspritzventils kann analog dessen in Kapitel 5.3 „Einspritzventil“ erfolgen. Die Funktionsprinzipien von Low- und High-Pressure-Lift-Systemen werden im Kapitel 6 „Ejektor-System“ erläutert. Basierend auf diesen Funktionsprinzipien stellt Bild 8 eine mögliche Anwendung von Ejektoren zur Unterkühlung dar.

Nebst der Unterkühlung von Flüssigkeitsleitungen können Ejektoren dazu genutzt werden, das CO2 nach dem Gaskühler vor der Entspannung im Hochdruck-Regelventil oder allfälligen Ejektoren zu unterkühlen und die Bildung von Flash-Gas zu redu­zieren. Auf diese Anwendung wird im weiteren Verlauf des Textes nicht weiter eingegangen.

5.5 Ejektor zur Ölrückführung

Mittels Ejektoren kann nebst flüssigem oder gasförmigem Kältemittel auch Öl von einem Punkt A zu einem anderen Punkt B im System befördert werden. Die Punkte A und B können sowohl auf demselben statischen Niveau als auch auf unterschiedlichen statischen Niveaus liegen. Darüber hinaus können die Punkte A und B sowohl auf demselben Druckniveau als auch auf unterschiedlichen Druckniveaus im System befinden. Unter anderem bei Systemen, bei welchen man sich zusätzlich die Gravitation zunutze macht, kann mittels Ejektor Öl von einem tieferen Punkt A zurück auf ein höheren Punkt B gefördert werden.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist das Zurückführen von Öl von einem beliebigen Punkt A im System in den Ölsammler (Punkt B) durch zunutze machen der Entspannung zwischen Ölabscheider (Hochdruck) und Ölsammler. Die Kombinationen in solchen Anwendungen sind vielfältig. Sie dienen in der Regel nicht der energetischen Optimierung des Systems, sondern der Sicherstellung der geforderten Betriebsbedingungen. Die Funktionsprinzipien von Low- und High-Pressure-Lift-Systemen werden im Kapitel 6 „Ejektor-System“ erläutert. Basierend auf diesen Funktionsprinzipien stellt Bild 9 eine mögliche Anwendung von Ejektoren zur Öl-Rückführung dar. Die Regelung der Öl-Rückführung kann analog der in Kapitel 5.3 „Einspritzventil“ beschriebenen Regelkreisen und Messgrößen erfolgen. Auf diese Anwendung wird im weiteren Verlauf des Textes nicht weiter eingegangen.

6 Ejektor-System

Die Kapitel 4 und 5 lassen erahnen, dass die Möglichkeiten, wie Ejektoren in einem System eingebunden werden, vielfältig sind. Zwei unterschiedliche Systeme, welche in der Praxis vorwiegend zur energetischen Optimierung zur Anwendung kommen, sind sogenannte Low-Pressure-Lift- und High-Pressure-Lift-Systeme. Wie deren Bezeichnung erahnen lässt, erfolgt die Unterteilung anhand des Druckhubs, den die Ejektoren im Betrieb erzielen. Dabei gilt nicht ein absoluter Differenzdruck oder Hebedruck als Entscheidungskriterium, ob es ein Low- oder High-Pressure-Lift-System ist. Vielmehr ist es die Prozessführung an sich, welche die Unterschiede dieser zwei Systeme definiert. Beim Low-Pressure-Lift-System wird der ganze Verdampfer-Massenstrom vom Ejektor gefördert. Ein großer Massenstrom erfährt dabei einen geringen Druckhub (Low-Pressure-Lift). Dem gegenüber wird beim High-Pressure-Lift-System nur ein variabler Anteil vom Verdampfer-Massenstrom vom Ejektor befördert. Der Rest vom Verdampfer-Massenstrom wird von den Plus-Verdichtern befördert. Ein Anteil des Massenstroms erfährt einen höheren Druckhub (High-Pressure-Lift). Die in diesem Kapitel diskutierte und in Bild 10 dargestellte Übersicht ist nicht abschließend. Teilweise lassen sich die Systeme, Anwendungen und Einbindungen kombinieren und die Vielfalt ist entsprechend groß. Die zwei Low- und High-Pressure-Lift-Systeme decken jedoch einen relevanten Anteil der heute gängigen Anwendungen ab.

6.1 Low-Pressure-Lift-System

Das Low-Pressure-Lift-System bewährt sich insbesondere für reversible Wärmepumpen und Chiller. Die Druckdifferenz zwischen Kältemittel-Sammler und Verdampfer wird durch den Hebedruck der Ejektoren bestimmt. Bei einem Betrieb mit geringem Hochdruck (Treibdruck) kann der Einsatz einer Pumpe erforderlich sein, um die Flüssigkeit zum Verdampfer zu führen. Alternativ oder ergänzend kann ein Ejektor als Einspritzventil gemäß Kapitel 5.3 eingesetzt werden, um die Flüssigkeit anzusaugen. Die Vorzüge des Low-Pressure-Lift-Systems gegenüber den High-Pressure-Lift-System sind sicherlich, dass lediglich eine Verdichter-Stufe erforderlich ist. Im Gegenzug ist der Betrieb von der Saugwirkung und dem Druckhub der Ejektoren abhängig oder es bedarf einer Pumpe. [3]

Neben der bereits thematisierten Hochdruck-Regelung kommt dem Einspritzventil am Wärmepumpen- und Klima-Verdampfer eine entscheidende Rolle zu. Die Regelung dieses Ventils beeinflusst den energetischen Nutzen der Ejektoren massgeblich. Ist das Ventil vollständig geöffnet so fördern die Ejektoren einen hohen Massenstrom, der Druckhub entspricht dem Druckverlust auf dem Teilabschnitt und die Verdichter werden quasi auf demselben Verdampfungsruck betrieben wie die Verdampfer. Sprich es resultiert kein energetischer Nutzen aus der Vorverdichtung. Ist das Einspritzventil hingegen stark gedrosselt resp. nahezu geschlossen, so wird der Druckhub groß und der Massenstrom beliebig klein. Die Verdichter laufen zwar auf einer höheren Verdampfungstemperatur, der Massenstrom bzw. die Kälteleistung bleibt im Extremfall sogar aus.

In der Vergangenheit wurden verschiedene Regel-Algorithmen für die Ansteuerung des Einspritzventils ausprobiert (unter anderem Regelung gemäss Kapitel 5.3). Ein naheliegender Ansatz ist die Regelung der Überhitzung am Austritt des Verdampfers – teilweise in Kombination mit einer Verschiebung des Überhitzungs-Sollwerts in Abhängigkeit von z.B. dem Hochdruck (Treibdruck) oder der Treibtemperatur. Ein ähnlicher Ansatz ist die Regelung einer Druckdifferenz. Diese kann auch in Abhängigkeit von bspw. dem Hochdruck (Treibdruck) oder der Treibtemperatur verschoben werden. Beide Verschiebungen tragen der Tatsache Rechnung, dass bei tieferen Treibdrücken und oder -temperaturen auch ein tieferer Druckhub durch die Ejektoren erzielt werden kann.

Unter der Annahme, dass es möglich wäre, das Entrainment-Ratio kostengünstig und dennoch mit der nötigen Genauigkeit während laufendem Betrieb zu messen, könnte folgender Regel-Algorithmus zielführend sein: Basierend auf den Bedingungen (Druck und/oder Temperatur) vor der Expansion (Hochdruck, Treibseitig) sowie den Bedingungen im Sammler nach der Expansion (Druck und/oder Temperatur) wird ein theoretischer Gasanteil nach der Expansion bestimmt. Eins (1) abzüglich dieses Gasanteils entspricht gerade wieder dem Entrainment-Ratio welches die Ejektoren fördern sollen resp. das Einspritzveltil der Verdampfer regeln soll. Dieses Prinzip der Regelung kann auch auf andere CO2-Systeme, unter anderem auf High-Pressure-Lift-Systeme übertragen werden.

6.2 High-Pressure-Lift-System

Das in Bild 12 dargestellte High-Pres­sure-Lift-System oder ähnliche Varianten davon, kommen häufig in Supermärkten zum Einsatz. Die Kombination aus Plus-Verdichter und Parallel-Verdichter (Mitteldruck-Regelventil) gewähren konstante Betriebsbedingungen, insbesondere eine konstante Druckdifferenz an den Einspritzventilen, unabhängig davon, was die Ejektoren bei den gegebenen Betriebsbedingungen zu fördern vermögen. Dies macht es relativ einfach, einen stabilen Betrieb zu fahren, bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass es schwierig ist zu beurteilen, wieviel die Ejektoren effektiv fördern und Kältemittel vorverdichten. Während laufendem Betrieb ist es schwierig und zeitaufwendig zu beurteilen, ob die Ejektoren ordnungsgemäß funktionieren.

Unter der Annahme, dass es möglich wäre, das Entrainment-Ratio kostengünstig und dennoch mit der nötigen Genauigkeit während laufendem Betrieb zu messen, könnte die Wirkung der Ejektoren überprüft resp. überwacht werden. Nebst der naheliegenden Möglichkeit, das Entrainment-Ratio über zwei der drei Massenströme (Treib-, Saug, Gesamtmassenstrom) zu messen, besteht die Möglichkeit dies über eine Messung des Gas-Anteils am Ejektor-Austritt zu machen. Der Gas-Anteil am Ejektor-Austritt gibt Aufschluss darüber, wieviel zusätzliches Gas von den Ejektoren angesaugt und dem ohnehin schon vorhandenen Flash-Gas beigemischt wurde. Dieses Prinzip der Ejektor-Betriebsüberwachung kann auch auf andere CO2-Systeme, unter anderem auf Low-Pressure-Lift-Systeme übertragen werden.

7 Schlussfolgerungen

Die sogenannten Low- und High-Pres­sure-Lift-Systeme decken einen relevanten Anteil der Anwendungen in der Praxis ab. Die Vielfalt der (Kombinations-)Möglichkeiten aus Ejektor-Bauart, Ejektor-Anwendungen und Ejektor-Systemen ist groß. Die Begrifflichkeiten sind nicht immer eindeutig bzw. es kommen laufend neue, passende Begriffe hinzu.

Das Low-Pressure-Lift-System eignet sich insbesondere für reversible Wärmepumpen/Chiller. In dieser Anwendung kann der Ejektor in der Regel durchgehend einen ausreichenden Druckhub erzielen und es bedarf keiner zusätzlichen Pumpe. Darüber hinaus kann auf eine zweite Verdichter-Stufe verzichtet werden, was einen Kosten-Vorteil darstellt. Das High-Pressure-Lift-System eignet sich insbesondere für Anwendungen im Retail-Bereich. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass diverse Verdampfer parallel betrieben werden und konstante Betriebsbedingungen einen Vorteil darstellen. Je nach geforderter Nennkälteleistung, kann das High-Pressure-Lift-System nur mit Flüssig-Ejektoren, oder zusätzlich mit Gas-Ejektoren in Kombination mit Parallelverdichtern ausgestattet werden.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das eine Ejektor-System nicht per se gleich ist wie ein anderes. Es ist von entscheidender Bedeutung, die einzelnen Systeme in Detail zu verstehen, sodass diese mit Rücksicht auf die Anwendung und diverser Rand- und Betriebsbedingungen sinnvoll eingesetzt werden. Darüber hinaus ist es von hoher Wichtigkeit, dass die Mess-, Steuer- und Regelungstechnik auf das jeweilige System und die Anwendung zugeschnitten ist. Nur so kann das energetische Potential von Ejektor-Systemen möglichst vollständig ausgeschöpft werden. In Anbetracht der steigenden Nachfrage nach effizienten Systemen basierend auf natürlichen Kältemitteln, kann davon ausgegangen werden, dass die Anwendung und Weiterentwicklung von Ejektor-Systemen in Zukunft eine Vielzahl gut ausgebildeter Fachkräfte erfordert.

8 Literaturverzeichnis

[1] Kauffeld M., Dudita M., Grund S., Umwelt-Auswirkungen neuer HFO-Kältemittel, 2021

[2] Lorentzen G., Revival of carbon dioxide as a refrigerant, NTH, Trondheim, 1993

[3] Bärtsch M., Decasper M., Schönenberger J., Reversible Wärmepumpe für effiziente Beheizung und Klimatisierung von modernisierten Großgebäuden, Schlussbericht BFE, 2021

[4] Schönenberger J., Hafner A., Banasiak K., Girotto S., Effiziente Kälteerzeugung im Supermarkt mittels CO2-Booster-Kälteanlage und Ejektor, DKV-Tagung 2013, Hannover

[5] Müller K., Schönenberger J., CO2-Wärmepumpe für Warmwasser und Gebäudeheizung, Schlussbericht BFE, 2019

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