Erste Handgriffe im zweiten Lehrjahr
Der Weg zum „Mechatroniker/-in für Kältetechnik“ – Teil 2
„Wer den Einstieg geschafft hat, kommt nicht mehr davon los“, ist einheitlicher Tenor vieler junger Auszubildender. Der Weg zum „Mechatroniker für Kältetechnik“ braucht Wille und Fleiß. Aber schon ab dem zweiten Lehrjahr können noch unter Aufsicht einfache Aufgaben übernommen und die ersten Früchte geerntet werden. Am Ende steht dann die erste Standortbestimmung.
Als gefahrgeneigtes Vollhandwerk nach Anlage A der Handwerksordnung bedingt die Ausbildung zum Mechatroniker für Kältetechnik in der Lehrzeit länger als bei vielen anderen Berufen die „Überwachung“ eines Auszubildenden durch den Betrieb bzw. Ausbilder. Denn gefahrgeneigt bedeutet, dass sowohl Mensch, als auch Umwelt bei unsachgemäßem Umgang mit Kälteanlagen oder Betriebsstoffen geschädigt werden können. Aus diesem Grund werden die Arbeiten auch noch im zweiten Lehrjahr von den Ausbildern oder dem Wartungs- und Serviceteam begleitet. Mit Teil 1 der Gesellenprüfung wird am Ende des zweiten Lehrjahres dann aber der erste Leistungsnachweis erbracht, der mehr Freiheiten einräumt. (Bemerkung: Gemäß Berufsbildungsgesetz „dürfen“ Auszubildende generell nicht ohne Aufsicht arbeiten.)
Ausbildung in der Industrie
Die jüngste Handwerkszählung des Jahres 2015 weist im Kälteanlagenbau 2294 Handwerksunternehmen mit 30.646 Beschäftigten aus. Rund 2/3 davon sind Kleinbetriebe bis neun Mitarbeitern. Insgesamt begannen im Spätsommer 2016 in Deutschland 1179 Auszubildende ihre Ausbildung zum Mechatroniker für Kältetechnik. Alle, die die erste Hürde schafften, sind heute in Lehrjahr zwei.
Dazu zählen zwei Lehrlinge, die bei der Combitherm GmbH in Fellbach beschäftigt sind. Die Entscheidung für ihr Ausbildungsunternehmen bedeutete gleichzeitig, einen etwas anderen Weg einzuschlagen. Denn zum einen zählt Combitherm zu den größeren Arbeitgebern im Kälteanlagenbau. Aber vor allem findet sich die Kundschaft weniger in der Gewerbekälte, der Multisplit-Klimatechnik oder im Privatsektor. Geschäftsführer Steffen Klein gibt dazu die folgenden Auskünfte:
„Combitherm ist ein Produktionsbetrieb mit heute 70 qualifizierten Mitarbeitern und einem weitverzweigten Kundenstamm in den Bereichen Kältetechnik, Wärmepumpentechnik, Wärmerückgewinnung, Energietechnik und Kältemittelumrüstung. Kernpunkt unseres täglichen Handelns ist die industrielle Herstellung von Kälteaggregaten, insbesondere für die Gebäudeklimatisierung und Produktionskühlung. Mit einer breiten, modular aufgebauten Produktpalette für unterschiedliche Anwendungs- und Einsatzbereiche bieten wir Komplettlösungen oder Stufenkonzepte an, die sich schrittweise zu einer Systemlösung zusammenfügen lassen.“ Es geht also überwiegend um Kleinserien und das Projektgeschäft. Zum Kundenstamm zählen große öffentliche Einrichtungen, Banken und Versicherungen, IT-Rechenzentren, Flughäfen, Krankenhäuser, die Kunststoff- und Lasertechnik und natürlich auch die im Großraum Stuttgart ansässige Automobil- bzw. Zulieferindustrie.
Für einen Kälteanlagenbauer bedeutet das ein sehr vielfältiges Arbeitsgebiet mit Großprojekten über Wochen oder Monate und Mitarbeit in einem ausgeprägten After-Sales-Geschäft. „Viele Arbeiten sind bei einem Industriebetrieb anders gelagert“, erklärt Steffen Klein. „Für die Installation einer Splitklimaanlage braucht man beispielsweise 6/12 mm Cu-Rohre. Bei uns sind solche Rohre für die Manometertafel oder für Kältemittel-Füllleitungen notwendig, aber nicht für die Kälteanlage selbst. Und wo bei Splitklimaanlagen oder einer Supermarktkühlung Kupferrohre noch gelötet sind, braucht es bei uns Leitungen bis 150 mm, die geschweißt werden müssen. Das ist unser Tagesgeschäft, bei dem sich viele Tätigkeiten vom Kälte-Klima-Fachbetrieb unterscheiden. Teilweise braucht es dann sogar anders ausgebildete Fachkräfte wie Schweißer, Isolierer oder Elektriker. Man hat auch sehr viel mit Starkstrom zu tun. Das erfordert Fachwissen und einen sensiblen Umgang damit. Unsere Maschinen sind eben bis 14 Meter lang und bis zu 18 Tonnen schwer.“ Für solche Dimensionen ist eine Vakuumpumpe dann auch ein fahrbares Gerät, das nicht zwei Stunden, sondern zwei Tage durchläuft, um ein System zu evakuieren und zu trocknen. So unterscheidet sich die Arbeit in der Industrie von der in der Gewerbekälte oder Klimatechnik. Es dauert darum länger, bis ein Lehrling tatsächlich über genügend Wissen und Geschick verfügt, um selbständig zu arbeiten. Mit jedem Projekt hat er dann aber tatsächlich auch eine neue Aufgabe zu meistern.
Darauf kommt es beim Lehrling an
Für Großkälteanlagen braucht es also nicht nur Kälteanlagenbauer zur Montage. Service und Wartung, Reparatur, Sicherheitsprüfungen oder Kältemittelumstellungen sind mindestens genauso wichtig, weil Kältesysteme oft über viele Jahre beim gleichen Kunden betreut werden. Bei der Auswahl und Ausbildung der Lehrlinge achtet Combitherm auf ein Dreieck aus technischem Verständnis, Mathematik, Physik, Kommunikationsfähigkeit und außerdem auf Erscheinungsbild sowie Auftreten. Denn das sind die Anforderungen, die Kunden an das Unternehmen stellen.
„Zwei dieser drei Anforderungsprofile sollte ein Bewerber erfüllen. Das Dritte ist meist erlernbar oder kann gegebenenfalls auch ausgeglichen werden“, stellt Klein fest und liefert zwei Beispiele: „Wer sich gerne individuell ausdrückt, beispielsweise mit Tattoos, Piercings oder anderweitig auffallendem Erscheinungsbild, muss mindestens in der Lage sein, in gleichem Maße durch Fachwissen und Können aufzufallen. Und wer gut und gerne kommuniziert, kann möglicherweise das eine oder andere fachliche Defizit ausgleichen.“ Fallen aber zwei der drei Anforderungen weg, wird es schwierig. Perfekt ist, wenn jemand alles mitbringt.
Das 2. Lehrjahr bei Combitherm
Die Industrie stellt also ihre eigenen Anforderungen an die praktische Ausbildung eines Mechatronikers für Kältetechnik. So hat Combitherm die Lehrzeit in vier Module eingeteilt, die durchrotiert werden.
In dieser Zeit übernimmt ein Ausbilder die Betreuung der Elektrik bzw. Elektrotechnik. Die anderen drei Module Montage, Mechanik/Werkstatt und Wartung/Kundendienst werden von zwei weiteren Mitarbeitern begleitet. Hinzu kommen für das dreiköpfige Team weitere Tätigkeiten, wie die Kontrolle der Berichtshefte oder die Prüfungsvorbereitung. Pro Lehrjahr bildet Combitherm zwei bis drei Mechatroniker für Kältetechnik aus. So sind immer zehn bis zwölf angehende Gesellen im Betrieb.
Zwischen Lehrjahr 1 und 2 ist der Übergang fließend und in vielen Betrieben werden beide sogar als Block gesehen, an deren Ende Teil 1 der Gesellenprüfung steht. Mit dieser ist ein erster fachlicher Nachweis erbracht und gute Lehrlinge sind dann bereits im eigenen Auto unterwegs im Kundendienst. Bei Combitherm wird das als Anreiz verstanden, Leistung zu belohnen – wie übrigens auch gute Schulnoten und Prüfungsergebnisse. Und im Dienst können sie erste selbständige Arbeiten durchführen, liefern dem Unternehmen also erstmals eine Wertschöpfung.
„Letztendlich hängt aber alles ganz individuell vom Lehrling ab“, weiß Steffen Klein aus langjähriger Erfahrung zu berichten. „Und natürlich darf kein Lehrling ohne Zertifikate alleine Tätigkeiten ausüben, da unser Beruf ja als gefahrgeneigtes Gewerk eingestuft ist. Darum heißt es auch noch im zweiten Lehrjahr: viel zuschauen.“ So kann ein Lehrling mit dem Modul Elektrik/Elektrotechnik in der Regel nach zwei Jahren – noch unter Anleitung – selbst einen kleinen Schaltschrank aufbauen. Bei der praktischen Arbeit draußen im Feld muss trotzdem noch viel gelernt und gefragt werden, wie zum Beispiel der gesamte Kältekreislauf reagiert, die Einstellung einer Anlage vorgenommen wird oder große Ventile funktionieren. Das braucht viel Geduld und Wille, Großkältetechnik lernen zu wollen. Eine Kühltheke oder ein Klimagerät ist hingegen übersichtlich und schneller beherrschbar, das Risiko eines Fehlers weniger groß. Am Ende ist aber alles Kältetechnik, baut auf die gleiche Thermodynamik, muss also verstanden und beherrscht werden.
Das sagen die Azubis
Quentin Scherner ist 18 Jahre und hat sich nach der mittleren Reife für den Kälteanlagenbau entschieden. „Ich hatte vorher noch keine Berührung mit diesem Beruf, kam über unseren Nachbarn darauf, der selbst Kälteanlagenbauer ist.“ Es folgte ein Praktikum. Das machte soviel Spaß, dass er sich für die Ausbildung entschied. Die Bewerbung auf eine Stellenausschreibung führte letztendlich zum Erfolg. Zeitgleich mit ihm begann auch Konstantin Alexandrov (21). Der ehemalige Gymnasiast schloss mit Fachhochschulreife ab und wollte anschließend nicht weiter zur Schule, sondern einen Beruf erlernen. Den Kreis zu Combitherm schloss sein Onkel, der dort als Schweißer arbeitet. „Ich kannte diesen Beruf vorher nicht und am Anfang war auch einmal der Kfz-Bereich in der Verlosung, nach einem Praktikum dann aber doch zu eintönig – im Gegensatz zur Arbeit hier.“ Beide kamen also durch Empfehlungen, hatten vorher keine Berührung mit dem Kälteanlagenbau.
Im 2. Lehrjahr sind sie gerade intensiv dabei, Großkälteanlagen und Bauteile oder Wärmerückgewinnungssysteme näher kennenzulernen. Erste einfache Handgriffe werden unter Anleitung auch schon ausgeführt und alle im Team sind offen für Fragen. „Bei uns sind alle Anlagen anders“, weiß Quentin inzwischen aus ersten Erfahrungen. „Wie Kältetechnik sich unterscheidet, wissen wir seit Lehrjahr 1. Ist es eine reine Kälteanlage oder eine Wärmepumpe oder ein System mit Wärmerückgewinnung. Das ist schon bekannt, sodass wir beim Kunden eine Anlage bereits verstehen können.“ Beide sind gegenläufig im Wechsel unterwegs mit bei Kunden oder in der Werkstatt.
Angesprochen auf die theoretische Ausbildung meint Konstantin: „In der Schule lernen wir überwiegend an Kleinkälteanlagen. Das ist für uns manchmal etwas schwieriger, darum ist es wichtig, hier im Betrieb die Kollegen immer wieder zu fragen. Geht es um Betriebsstoffe, Elektrotechnik oder weitere Grundlagen, bekommen wir in der Berufsschule in Leonberg aber schon das Meiste vermittelt. Es ergänzt sich dann auch gut mit den Lehrinhalten bei Combitherm. Demnächst folgt dann auch die überbetriebliche Ausbildung in Maintal und Mitte 2018 unsere Gesellenprüfung Teil 1.“
Ein Zwischenfazit
Und warum gerade Mechatroniker für Kältetechnik? Quentin wollte keinen Bürojob, wollte raus, etwas machen, nicht nur am PC sitzen. Auch Routinen waren nicht nach seiner Vorstellung, hingegen unterwegs sein, im Kundenkontakt. Alles hat sich bisher erfüllt. Er ist viel unterwegs, alles ist auch im 2. Lehrjahr immer wieder aufregend und spannend.
Das bestätigt auch Konstantin. Im Gegensatz zu anderen Berufen war es bislang sehr abwechslungsreich. Und er freut sich darüber, dass er sogar vieles auch schon privat nutzen kann. So hat er beispielsweise eine kleine Klimaanlage selbst eingebaut. Auch beim Arbeitgeber sind alle sehr hilfsbereit, ist ein gutes Arbeitsklima gegeben. „Man nimmt uns Fehler (noch) nicht krumm, weil wir ja noch lernen, nicht alles wissen können“, sagen beide und nennen die wichtigste Regel: „Fragen, immer wieder Fragen!“ Das nervt niemanden, das ist gut und so bleibt dann irgendwann alles im Gedächtnis haften.
Und was folgt nach der Ausbildung? Quentin würde gerne bei Combitherm weiterarbeiten, wenn er übernommen wird. Danach wird sich zeigen, ob er noch eine Weiterbildung machen will. Konstantin will auf jeden Fall weitermachen. Als Techniker, Meister oder mit einem Studium, das ist noch offen. Und vielleicht bietet sich dafür dann ja sogar die Möglichkeit bei seinem aktuellen Arbeitgeber.
Welche Aufgaben und Anforderungen dann nach der Gesellenprüfung Teil 1 auf einen angehenden Mechatroniker für Kältetechnik zukommen, das beschreibt Teil 3 der Serie in der nächsten Ausgabe der KKA und wirft außerdem einen intensiveren Blick auf den Schulbetrieb.
Ausbildung im Handwerk
Wie wird man ‚Mechatroniker/-in für Kältetechnik’? Antworten auf diese und viele weitere Fragen liefert die vierteilige Serie der KKA in Kooperation mit der Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden Württemberg. Sie ist gedacht zum Sammeln und zur Weitergabe an interessierte Berufseinsteiger.
Teil 2 beschreibt das zweite Lehrjahr bei einem industriellen Geräte- und Apparatebauer. Dafür liefern Firmeninhaber und Auszubildende der Combitherm GmbH in Fellbach interessante Einblicke. Teil 3 der nächsten KKA-Ausgabe legt dann das Augenmerk auf die Zeit in der Berufsschule.
Teil 1 der Gesellenprüfung
Die Gesellenprüfung wird in zwei Teilen abgelegt. Teil 1 findet am Ende des zweiten Lehrjahres statt. Er besteht aus einem praktischen und einem schriftlichen Prüfungsteil und geht mit 30 % in das Gesamtergebnis ein. Der Prüfling soll nachweisen, dass er folgende Anforderungen beherrscht:
1.) Technische Unterlagen nutzen, Arbeitsschritte planen, Messungen durchführen und protokollieren, Material und Werkzeuge disponieren
2.) Material manuell und maschinell bearbeiten, umformen, fügen und montieren
3.) Komponenten montieren, verdrahten, anschließen, einstellen und prüfen
4.) Die Auftragsdurchführung dokumentieren, Prüfprotokolle ausfüllen
5.) Maßnahmen zur Arbeitssicherheit zum Umweltschutz und zur Wirtschaftlichkeit berücksichtigen; diese Anforderungen sollen an einem Bauteil oder einer Baugruppe aus der Kälte- oder Klimatechnik nachgewiesen werden.
Dazu führt der Prüfling eine Arbeitsaufgabe durch, die einem Kundenauftrag entspricht. Er führt ein darauf bezogenes situatives Fachgespräch und bearbeitet eine schriftliche Aufgabenstellung, die sich inhaltlich auf die Arbeitsaufgabe bezieht. Die Prüfungszeit beträgt fünf bis sieben Stunden. Innerhalb dieser Zeit soll das situative Fachgespräch in höchstens 15 Minuten und die Bearbeitung der schriftlichen Aufgabenstellungen in höchstens 60 Minuten durchgeführt werden. Nicht bestandene Prüfungen können maximal zweimal wiederholt werden.