Geothermie im Logistikzentrum
Ganzheitlich umweltfreundliche Großkältetechnik
Ein Blick in den Supermarkt oder die Handelswerbung zeigt, dass das Angebot sogenannter Bio-Produktlinien stetig zunimmt. Für den Verbraucher ist ein solches Angebot aber nur dann glaubhaft, wenn bei der gesamten Produktions- und Lieferkette ein nachhaltiger Umgang mit begrenzten Ressourcen praktiziert wird. Der Handel trägt mit entsprechenden Maßnahmen diesem geänderten Bewusstsein in Form neuer Ladenkonzepte Rechnung. Dabei gewinnt die Geothermie als Systemansatz immer mehr Aufmerksamkeit, um Energieeinsparungen und somit auch eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu realisieren.
Gerade durch Lebensmittelskandale gewinnen Bio-Produktlinien stetig an Bedeutung. Da die Verbraucher jedoch nicht nur Wert auf die ökologische Erzeugung dieser Produkte legen, sondern teilweise auch deren ressourcenschonenden Transport und Lagerung mit ins Kalkül ziehen, wird es für die Unternehmen immer wichtiger, diesen hohen Standards gerecht zu werden. Der Handel reagiert mit neuen Ladenkonzepten auf diese gestiegenen Ansprüche. Dabei rückt z.B. auch die Geothermie zur Reduzierung der CO2- Emissionen in den Fokus. Denn mit dieser regenerativen Energiequelle wird der CO2-Ausstoß durch die benötigte Energie – z.B. für die Kälte- oder Wärmeenergie – deutlich verringert, mit entsprechend sinkenden Energiekosten. Auch im Bereich der Kühllogistik gibt es Optionen, die nicht immer konsequent genutzt werden. Denn gerade bei größeren Kühllasten im Gebäude wie beispielsweise im Lagerbereich ist die Geothermie als Lösung effektiv und lässt sich problemlos in das Energiekonzept einbinden. Deshalb ist dieser Spareffekt aufgrund des hohen Kältebedarfs bei Frischelogistikzentren besonders ausgeprägt. Aber gerade hier, wo die Nutzung von Kälte noch deutlich größer ist, steht der Einsatz erst am Anfang.
Mit Sole sparen
Um die Optionen Umweltfreundlichkeit, Energieeffizienz und Energiekosteneinsparung nutzen zu können, entschied sich die Union SB Großmarkt GmbH (vormals Lupus Foodservice) beim Neubau in Pforzheim für ein ganzheitliches Gebäudekonzept mit der Geothermie als Basis. Damit zählt das Unternehmen in Deutschland zu den Vorreitern beim Einsatz von Geothermie bei der Großkälte im Bereich der Lebensmittellogistik. Der zu versorgende Gebäudekomplex umfasst neben dem Lager samt Tiefkühl(TK)-Lager auch eine 3250 m2 große Verkaufsfläche sowie eine Bürofläche von 2000 m2.
Im Unterschied zu vielen anderen Geothermie-Anlagen sind hier als besonderes Merkmal sowohl aktivierte Gründungspfähle als auch Erdsonden im Einsatz. Aufgrund des sehr weichen Untergrunds waren Pfahlgründungen erforderlich, bei dem Pfahlfundamente die thermische Energie laden und entladen. Der Boden wird somit als Speicher genutzt.
Die Möglichkeiten im Detail
Die Anlage in der Goldstadt arbeitet im NK-Kreislauf mit Kühlsole als Kälteträger. Die TK-Anlage ist als Kaskade aufgebaut. Sie gibt die Prozessabwärme an die NK-Kühlsole ab. Dies senkt das Hochdruckniveau der TK-Anlage durch die niedrigere Temperatur der Sole. Daher ist der Coefficient Of Performance (COP), also das Verhältnis nutzbarer Wärme- beziehungsweise Kälteleistung zu eingesetzter Leistung, in der Tiefkühlung deutlich besser als bei einer konventionellen Anlage. Die NK-Anlage führt die Abwärme der Tiefkühlung ab und vergrößert ihren Arbeitsbereich. Dieses Konzept ermöglicht unter Einbindung der Geothermie im Vergleich zu einer aktuellen R134a-Kälteanlage eine Verbesserung des Wirkungsgrades der NK-Kälteanlage um 14 %. Dadurch spart der Betreiber der Pforzheimer Anlage mindestens 340 000 kWh pro Jahr. Die Wärme, die beim Kälteerzeugungsprozess entstanden ist, wird im Erdreich um die Erdpfähle und Geothermiebohrungen gespeichert. Während der kalten Wintermonate wird diese gespeicherte Wärme wieder abgerufen und zur Beheizung des Gebäudes eingesetzt. Innerhalb des hier eingesetzten Konzepts hat die Speicherung von Wärme eine Schlüsselstellung. Grund ist, dass die Pforzheimer Anlage dreimal so viel Abwärme wie der tatsächliche Jahreswärmebedarf produziert.
Betonkerntemperierung
Die Kühlung beziehungsweise Beheizung des Gebäudes erfolgt mittels Betonkerntemperierung, also durch im Betonboden eingelassene Rohrschlangen. Die so entstehende Strahlungswärme vermittelt luftzugsfrei eine angenehme Behaglichkeit. In der Verbindung mit der zum Einsatz kommenden Anlagentechnik ist diese Form der Wärmeverteilung energetisch effizient. Zudem wird der Unterfrierschutz der Tiefkühlräume, der konventionell elektrisch beheizt wird, sowie die Abtauung einiger Luftkühler durch die Abwärme der Kälteanlage energetisch sinnvoll versorgt.
Die Verflüssigungsenergie wird in Pufferspeichern für das Trinkwasser und die Heizkörper (60 °C) beziehungsweise für die Lüftung und die Betonkerntemperierung (40 °C) gespeichert und bei Bedarf abgerufen. Zusätzlich wird die Kondensationswärme an den Löschwassertank abgegeben, der wiederum den Pufferspeicher für Lüftung und Betonkerntemperierung speist. Bei dieser Anlage wird sogar so viel Kondensationswärme erzeugt, dass der aufgewärmte Löschwassertank zur Spitzenlastabdeckung an den kältesten Wintertagen herangezogen werden konnte. Weitere mögliche überschüssige Wärme, welche sich im Laufe der Betriebszeit ansammelt, kann durch einen Freikühler an kühlen Tagen an die Atmosphäre abgegeben werden. Insgesamt werden rund 80 % der Kondensationswärme, die vor allem im Sommer anfallen und in entsprechenden Puffen beziehungsweise den Erdsonden vorgehalten werden, für die Gebäudeheizung verwendet.
Besser als erwartet
Während der Planungsphase einer Anlage werden viele Werte berechnet, um einen Anhaltspunkt über zukünftige Betriebskosten zu erhalten. Gerade bei der noch relativ jungen Technologie der Geothermie ist dies besonders interessant. Noch spannender ist die Frage, ob die theoretischen Berechnungen der Realität Stand halten können. Nach den ersten Betriebsmonaten lässt sich für die Anlage in Pforzheim feststellen, dass die tatsächlich eingesparten Energiekosten pro Jahr über den prognostizierten liegen. Damit macht die Realität deutlich, dass das energetische und finanzielle Potential der Geothermie für die Großkälte deutlich höher ist als bislang angenommen. Gerade im hart geführten Wettbewerb auf dem Lebensmittelmarkt ist dies eine Stellschraube, um die eigene Marktposition zu stabilisieren. Darüber hinaus trägt ein solches Umweltengagement auch zum nachhaltigen Imagegewinn bei.