Handwerker mit Leib und Seele
Podiumsdiskussion: Bürokratieabbau im Handwerk
Wenn knapp 200 Menschen zusammen kommen, muss es ja einen Anlass geben, der sich gewaschen hat, und so war es auch. Handwerker jeder Sparte trafen sich anstatt zum gemütlichen Feierabendbier zu einer emotionsgeladenen Diskussion. Denn überbordende Bürokratie in Form von erdrückenden Dokumentationspflichten machen dem Handwerk das Leben schwer. Das will man sich nicht mehr bieten lassen. Was wäre das Leben denn ohne das Handwerk? Das will und kann man sich nicht vorstellen und damit diese weltuntergangsartigen Vorstellungen nicht eintreten, trafen sich am 17. Juli 2018 Handwerker im Kreishaussaal in Meschede, um mit Politikern zu diskutieren. Der Fokus des Treffens lag auf einem Acht-Punkte-Plan.
Der Acht-Punkte-Plan
Der im Vorhinein erstellte Themenplan diente der Strukturierung des Abends. Die Themen wurden von jeweils einem Handwerker mit einem Beispiel aus dem Alltag vorgestellt und anschließend mit einer Forderung an die Vertreter der Politik abgeschlossen.
Die DSGVO – Die Datenschutzgrundverordnung
Der Tischlermeister Heinz Pütz schilderte einprägend das Prozedere, das auf den Betrieb bei einer Kundenbestellung zu komme, wenn er sich an die Vorgaben der DSGVO halte, wie sie seit 25. Mai 2018 gilt. Nach dem Eingang der Anfrage von einem Kunden müsse in der Antwortmail erst einmal erfragt werden, ob die sensiblen Daten gespeichert und verwendet werden dürften. Antworte der potentielle Kunde mit „Ja“, dürfe weiter verfahren werden. Aber nicht nur das stetige um Erlaubnis fragen, auch das anschließende Speichern der sensiblen, personenbezogenen Daten über den Kunden erschwere das eigentliche Ausführen der Arbeit. Die sogenannte Aufbewahrungspflicht mit ihrer Verwahrdauer ziehe den bürokratischen Aufwand in die Länge. Insgesamt stehe der Betrieb mindestens sieben Mal in der Pflicht, Absprachen mit dem Kunden halten zu müssen. Dieser Aufwand bedeute, dass rund 300 € Mehrkosten pro Auftrag durch die mehr geleisteten Stunden, Druck-, Papier- und Portokosten entstünden.
GoBD – die Beweislastumkehr der Verfahrensdokumentation
Ein anderes bürokratisches Problem liege in der Beweislastumkehr der Verfahrensdokumentation. Fehle hier lediglich eine Angabe innerhalb der Dokumentation, sei ein Steuerprüfer dazu befugt, 10 % zu den bestehenden Kosten dazu zu schätzen und das bei mehreren Steuerarten (Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer). Das Verfahren lasse Betriebe verarmen und kleine Unternehmen aussterben. So könne laut Dipl.-Ing. Ulrich Schmidt, Erbe eines Baugeschäftes, kein fairer Wettbewerb betrieben werden. Zustimmend ergänzte der Europaparlament-Abgeordnete Peter Liese, dass von den Ländern mehr Kontrollen durchgeführt werden müssten, damit solche Gebühren nicht mehr grundlos entstünden.
Akribische Dokumentationspflicht beim Mindestlohn
Das Thema der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn wurde von einem der Initiatoren, Frank Lefarth, selbst vorgestellt. Er bemängelte, dass schon kleinste Abweichungen der Dokumentationspflicht in seinem Unternehmen bereits zu 2.500 € Strafe geführt hätten. Weiter forderte Frank Lefarth unter zustimmendem Applaus: „(…) eine verbindliche Regelung für das Handwerk. Betriebe, die Tariflohn zahlen, und die ihre Lohnabrechnung einwandfrei quittieren können, sind von diesen Aufzeichnungspflichten zu befreien!“.
Redundante Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge
An vierter Stelle wurde die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge bemängelt, erneut von Dipl.- Ing. Ulrich Schmidt. Er betonte die Redundanz der Dokumentation von den einzelnen Vorfälligkeiten bis zu den anzuschließenden realen Korrekturen. Zuerst die Arbeitsstunden einzuschätzen und sie anschließend zu korrigieren durch die real erbrachten Stunden sei „fein widrig“.
Erdrückende Lebensmittelinformationsvorgaben
Ein weiterer Initiator der „Handwerk macht mobil“-Bewegung, Gerhard Frankenstein, führte die Diskussion mit den Lebensmittelinformationsvorgaben weiter. Absurditäten wie das Absolvieren des Sachkundenachweises, um Ungeziefer töten zu dürfen, seien teuer und langwierig. Er appellierte: „(…) zurück zur alten Gesetzgebung!“.
Papierabbau im Büro: Berge an Statistiken und Fragebögen
Um die Bürokratielast der Statistiken und Fragebögen zu verdeutlichen, berichtete Andreas Cloer, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik, von den Papierbergen mit ca. 1.200 Kopien, die anfallen würden, angeordnet vom Land. Zu den zunehmenden Häufigkeiten würden zudem Berge an Papier kommen, welches eigentlich in der Menge abnehmen sollte. Ebenfalls eine ungemeine Entlastung im Bereich der Papierregulierung sei eine Reduzierung der Vorbemerkungen bei öffentlichen Aufträgen, so Frank Lefarth. Er merkte an, dass für eine Position im Vorhinein schon 22 Seiten Papier entstünden.
Sinkendes Ansehen des Handwerks und der fehlende Nachwuchs
Zusammengefasst versinkt das Handwerk unter den Bergen an Bürokratie. Zu der erschwerenden Last der Bürokratie zeichnet sich zusätzlich eine schlechte Tendenz in Bezug auf Nachfolger ab. Dazu passend thematisierte der Tischlermeister Carl Rüther das gesellschaftlich fallende Interesse an dualen Ausbildungen gegenüber den universitären. Weiter bemängelt er das immer noch zu niedrige Ansehen der Meisterqualifikation – Carl Rüther sprach sich für die Bewahrung des Meisterbriefes aus. Zustimmung fand die Aussage bei Dirk Wiese von der SPD. Er bekannte sich: „Die Aufweichung der Meisterpflicht und die Abschaffung in einigen Werken war falsch.“ Diese Aussage wurde mit tosendem Applaus von Seiten der Handwerker unterstützt.
Fazit
Insgesamt lasse sich die Veranstaltung als positiv resümieren, so Teilnehmende über die weiter wachsenden bürokratischen Anforderungen. Frank Lefarth bleibt gespannt, was aus den vielen Versprechungen werde und wie sich die Handwerker in Zukunft formieren würden. Klar ist, dass etwas passieren muss. Es gibt deutschlandweit schon weitere Zusammenschlüsse von Handwerkern, die ebenfalls ihrem Unmut Raum schaffen. Und somit vereinten Schrittes gen bessere Zukunft gehen.
Gemeinsam ist man eben stärker als alleine! Um mehr Informationen und den aktuellen Stand der Bewegung zu erhalten, schauen sie unter www.handwerkmachtmobil.de