Hier ist alles „Denkbar“

Interview mit Dr. Horst Peter Wurm, Geschäftsführer von Wurm Systeme

Wurm Systeme, Anbieter von Automatisierungssystemen für Kälteanlagen aus Remscheid, gehört in diesem Jahr erstmals zu den TOP-Innovatoren des deutschen Mittelstands. Am 27. Juni 2014 wurde das „TOP 100“-Siegel beim Deutschen Mittelstands-Summit in Essen an die 100 erfolgreichsten Ideenschmieden Deutschlands verliehen. Gekürt wurden Mittelstandsunternehmen, die sich, wie Wurm, in besonderer Weise durch Innovationskraft und Teamgeist auszeichnen. Die KKA führte zu diesem Thema ein Interview mit Dr. Horst Peter Wurm, dem Geschäftsführer von Wurm Systeme.

KKA: Sehr geehrter Herr Wurm, Wurm Systeme wurde beim Deutschen Mittelstands-Summit kürzlich als TOP-Innovator ausgezeichnet. Welche Faktoren waren für die Jury ausschlaggebend?

Dr. Wurm: Schon seit Jahren bringt Wurm immer wieder innovative Produkte und Verfahren heraus. Innovation ist also bei uns keine einmalige Sache, kein „One-Hit-Wonder“, sondern Innovation hat bei uns Tradition. An unserer Firmengeschichte können Sie ablesen, wie Wurm immer wieder herausragende Lösungen im Bereich Automatisierung für Kälteanlagen und das Gebäudemanagement von Lebensmittelmärkten im Markt eingeführt hat. Ohne unbescheiden klingen zu wollen, gehört das Unternehmen seit Jahren national und international zu den Technologieführern. Wachsende Installa­tions­zah­len – gerade auch im europäischen Ausland – unterstreichen dies.

Der Name Wurm steht für hochmoderne Regelungstechnologie bei traditionell bester Qualität. Das sehen Fachexperten so – und vor allem unsere Kunden. Wir sind dabei nicht nur aus der Sicht unseres Marktes und unserer Kunden immer auf der Höhe der Zeit, sondern durch unsere Kooperationen und Projekte mit diversen Hochschulen auch auf natur- und ingenieurswissenschaftlicher Ebene. Dieser Austausch ist ein Geben und ein Nehmen: Wir greifen wissenschaftliche Erkenntnisse in unseren Entwicklungen auf, umgekehrt liefern wir den kooperierenden Lehrstühlen wertvolle Messdaten aus der Anwendungspraxis. Innovativ ist auch unsere Unterstützung der Kinder- und Jugendförderung im Bereich Naturwissenschaften – unsere fortlaufende Unterstützung der Junior Uni Wuppertal, die mit ihrem Ansatz bundesweit bislang einmalig ist.

Gewürdigt wurde bei der Auszeichnung auch die Tatsache, dass wir großen Wert darauf legen, unsere Mitarbeiter bei der Fortentwicklung des Unternehmens voll mit einzubeziehen – d.h. ihre Anregungen und Ideen aufzugreifen und im Dialog auszuarbeiten.

KKA: Wie hat es ein mittelständisches Unternehmen wie Wurm geschafft, eine so begehrte Auszeichnung zu erlangen und sich damit quasi die Innovationskraft bescheinigen zu lassen?

Dr. Wurm: Innovation war immer schon die Zukunft von Wurm. Die Firma besteht seit über 140 Jahren – die Entwicklung von einer Sägenfabrik zu einem führenden Anbieter von elektronischen Regelungssystemen für die Kältetechnik belegt eindrucksvoll, wie Wurm immer wieder neue, zukunftsweisende Wege einschlägt, um nicht „hinterherzurennen“, sondern voranzugehen. Wir blicken immer über den Tellerrand hinaus, d.h. wir verfolgen neben unseren Kernkompetenzen immer auch aktuelle Debatten in den Bereichen Wirtschaft/Märkte, Industrie-, Umwelt- und Energiepolitik sowie Ressourcen. Wurm setzt an die eigenen Produkte einen sehr hohen Anspruch. Deswegen prüfen wir unsere Produkte sehr gründlich – und zwar schon während des Produktionsprozesses. Auch Teilkomponenten, die wir nach unseren Vorgaben von Zulieferern fertigen lassen, durchlaufen die strengen Prüfungen. Unsere Kunden schätzen nicht umsonst die Qualität unserer Produkte.

KKA: Auf welche Innovationen sind Sie besonders stolz? Welche waren am erfolgreichsten?

Dr. Wurm: Es ist immer schwierig, über so eine lange Zeitdauer mit so vielen unterschiedlichen „Highlights“ die besten zu benennen. Dennoch stechen einige der Wurm-Entwicklungen ganz besonders hervor: Mit „Frigodata“ hat Wurm 1989 als Pionier die Fernübertragung – remote control – für die Kältetechnik nutzbar gemacht. Bis heute wurden viele tausende Märkte von namhaften Handelsketten im In- und Ausland mit unserer Technologie ausgerüstet. Die Weiterentwicklung zu „Frigodata XP“ in 2004 wurde von der Fachpresse sogar einhellig als „Quantensprung in der Kälteanlagenkommunikation“ bezeichnet. Ein weiterer Milestone war – und ist bis heute – natürlich „Frigodata Online“ („FDO“). Mit diesem webbasierten Datenmanagement waren wir bei der Einführung in 2003 der Zeit um einiges voraus. Bis heute ist „FDO“ mit seinen übergreifenden Projektauswertungen anderen Lösungen weit überlegen.

Auch im Bereich Temperaturfühler haben wir den Markt immer wieder mit unseren Innovationen vorangebracht. Hier ist unser Funkfühler, der Warentemperatursensor „W-Linkpro“, zu nennen, mit dem Sie mit minimalem Aufwand die repräsentative Warentemperatur messen, dokumentieren und auswerten. Der Clou dabei: Das geht alles ohne Batterien, Kabel und Wartung. Mit „Frigodata Mobile“ wiederum haben wir 2010 als Erste die Fernüberwachung und -regelung per Smartphone möglich gemacht – das war zu dem Zeitpunkt fast eine Revolution. Hervorzuheben ist zudem „Frigotakt+“: Dieser ganz neue Ansatz zur optimierten Kühlstellen- und Verbundregelung wurde sogar im Jahr 2009 durch das BMU im Rahmen der Klimaschutzinitiative ausgezeichnet.

So könnte man sagen, dass wir vor allem stolz sein können auf die Kontinuität unseres gemeinsamen Erfolges – dass es uns immer wieder aufs Neue gelingt, den Markt mit innovativen Produkten zu überraschen und der Branche neue Impulse zu verleihen.

KKA: Wie wird der Innovationsgeist bei Wurm gelebt und gefördert?

Dr. Wurm: Ohne ein offenes Betriebsklima können Ideen kaum entstehen. Bei Wurm wird daher ein offenes Betriebsklima gelebt. Unsere Mitarbeiter können die Vorgesetzten und die Geschäftsleitung jederzeit ansprechen – ob für persönliche Anliegen oder aber eben mit Vorschlägen und Ideen. Um diese Kultur des offenen und kreativen Austausches losgelöst von Hierarchiedenken zu fördern, haben wir ganz bewusst in unserem neuen Firmengebäude seit 2009 als Mittelpunkt eine „Denkbar“ eingerichtet. Hier können sich Kollegen treffen, um zu „brainstormen“. Um den Innovationsgeist bei Wurm zu fördern, bieten wir zudem regelmäßig Schulungen für unsere Mitarbeiter an, mit denen sie ihre spezifischen Kompetenzen erweitern können.

KKA: Um innovativ zu sein, braucht man ein starkes Team. Wie meistern Sie diese Herausforderung gerade in Hinblick auf Fachkräftemangel und Standortdiskussionen?

Dr. Wurm: In der Tat wird es angesichts des demographischen Faktors für Mittelständler schwieriger, guten Nachwuchs zu finden. Arbeits- und Ausbildungsplatzsuchende richten ihren Blick oft zuerst auf die ganz großen Konzerne. Wir versuchen dem so zu begegnen, dass wir nicht einfach „abwarten“ oder nur Anzeigen aufgeben, sondern den direkten Kontakt zu Lehrstühlen an Universitäten und Fachhochschulen pflegen, die unsere internen Fachbereiche treffen. Wir bieten zudem Praktika an und unterstützen es auch sehr, wenn jemand eine duale Ausbildung (z.B. an der Hochschule und im Betrieb) machen möchte. Um schon Schülern die spannenden Möglichkeiten für IT- und/oder naturwissenschaftlich Interessierte bei Wurm aufzuzeigen, laden wir regelmäßig Schülergruppen ein. In einem weiteren Schritt werden wir demnächst unsere Azubis in verschiedenen Videos selber zu Wort kommen lassen. Mit anderen Worten – wir tun viel, um Wurm potentiellen Bewerbern als zukunftsorientierten und interessanten Arbeitgeber und Ausbilder vorzustellen.

KKA: Wie spiegeln sich die Investitionen in F & E im wirtschaftlichen Erfolg wider?

Dr. Wurm: Investitionen in F & E sind unerlässlich. Wenn man kein Geld für die Forschung in die Hand nimmt, stagniert man. Wurm war und ist immer auf den Fortschritt ausgerichtet. Wir geben uns nicht mit dem Bisherigen zufrieden und suchen immer nach Möglichkeiten, die Kältetechnik für unsere Kunden weiter zu optimieren. Dafür investieren wir kontinuierlich in F & E, sowohl finanziell als auch hinsichtlich der Personalressourcen.

So haben wir im Jahr 2014 bereits in den ersten beiden Quartalen eine ganze Reihe neuer Kollegen in verschiedenen Bereichen dazugewinnen können. Zudem haben wir gerade erst in einem neuen Nebengebäude eine neue Prozesskälteanlage installiert, mit der wir unsere internen Tests zu Produkten und Verfahren ausweiten. Denn auch die Erkenntnisse aus solchen Tests fließen in die Entwicklung ein – nicht nur Investitionen sind bedeutsam, sondern auch die Verzahnung der Abteilungen, der Austausch der Fachbereiche.

Der Erfolg spiegelt sich letztendlich in dem großen Vertrauen wider, dass uns viele Kunden schon seit Jahren schenken. Sie vertrauen unserer Verlässlichkeit und unserer Qualität und viele „gehen daher mit“, wenn wir mit innovativen Lösungen auftreten. Denn sie wissen aus Erfahrung, dass wir bei unseren Weiterentwicklungen zuallererst ihre Perspektive einnehmen – es geht immer aufs Neue darum, Lösungen noch einfacher, besser und effizienter zu machen.

KKA: Welche Themen sind derzeit im Bereich Kältetechnik aktuell bzw. zukunftsweisend? Welche Trends sieht Wurm?

Dr. Wurm: Ein großes Thema ist aktuell die Überarbeitung der F-Gase- Verordnung und deren Auswirkungen auf die Anlagentechnik durch die Einschränkungen bei der Wahl der Kältemittel. Wurm kann insbesondere beim Einsatz des umweltverträglichen Kältemittels CO2 in gewerblichen Kälteanlagen auf eine langjährige Expertise zurückgreifen. Wir sind daher bei dieser Thematik gut aufgestellt. Als Hersteller ist es generell unsere Aufgabe, bei kompletten Regelungslösungen die Anforderungen unserer Kunden nach effizientem Anlagenbetrieb bei Wahrung der geforderten Lagertemperaturen und möglicher Nutzung der Prozesswärme zu erfüllen – und zwar unabhängig von den vorgeschriebenen Kältemitteln.

Integrale Anlagen, bei denen die anfallende Prozesswärme das Gebäude beheizt und das Brauchwasser erwärmt, werden in den kommenden Jahren nach unserer Überzeugung einen wesentlichen Marktanteil erreichen. Hierauf sind wir gut vorbereitet, z.B. durch unsere Lösung „Meteolink“: Bei dieser Technologie nutzen wir Wetterprognosedaten zur Gebäuderegelung, um die Trägheit hocheffizienter Gebäude zu überwinden und damit die Regelungsqualität wesentlich zu verbessern.

Ein energieeffizienter Betrieb dieser Anlagen ist selbstverständlich immer im Interesse des Betreibers. Von besonderer Bedeutung ist dabei ein systematisches Energiemanagement, für das ein umfassendes Monitoringsystem grundsätzlich unverzichtbar ist. Durch die Analyse dieser Daten kann dann zukünftig auch das Energieangebot intelligenter genutzt werden.

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