Hotel Nordport Plaza – ein Jahr Betrieb als Leuchtturmprojekt

Interview mit Thorsten Schütte, Premero Immobilien

Das Hotel Nordport Plaza in Norderstedt bei Hamburg hat gleich im ersten Betriebsjahr mehrmals und eindrucksvoll auf sich aufmerksam gemacht. So war das Hotel 2018 Preisträger des Chillventa Awards in der Kategorie Klimatechnik sowie Leuchtturmprojekt und gleichzeitig Veranstaltungsort der Daikin Leading Air Convention. Das Nordport Plaza ist nun seit einem Jahr in Betrieb. Haben sich die Erwartungen des Betreibers erfüllt, was Energieverbrauch und Funktionalität der eingesetzten Gebäudetechnik betrifft? Die KKA-Redaktion hat vor Ort nachgehakt – ein Interview mit Projektentwickler und Betreiber Thorsten Schütte von Premero Immobilien.

KKA: Herr Schütte, bevor wir auf die Erfahrungen aus dem ersten Jahr Hotelbetrieb zu sprechen kommen, schildern Sie doch bitte noch einmal Ihre Ziele zum Zeitpunkt der Planung.

Thorsten Schütte: Wir wollten ein First-Class-Hotel schaffen – nicht nur beim Service, nicht nur bei der Architektur, sondern auch, was die Technische Gebäudeausrüstung betrifft. Schließlich macht die TGA einen großen Teil der Kosten im laufenden Hotelbetrieb aus. Und da man eigentlich keine gelungene Architektur ohne genaue Kenntnis der TGA planen kann, haben wir als Projektentwickler beim Nordport Plaza großen Wert darauf gelegt, dass bereits zu einem ganz frühen Planungszeitpunkt Architekt, TGA-Planer und Lieferanten zusammenarbeiten.

Glücklich ist sicher auch der Umstand, dass wir Projektentwickler und Betreiber in Personalunion sind. Daher achten wir nicht nur auf die Investitions-, sondern auch auf die Betriebskosten. Im Hotelbereich gilt als Benchmark, dass 6,5 - 8 % des Jahresumsatzes für Energiekosten aufgewendet werden müssen. Meine ambitionierte Vorgabe im Nordport Plaza lautete: Wir schaffen 3,5 % – und zwar ohne Komforteinbußen für die Gäste und das Personal im Hotel mit seinen 188 Zimmern, Konferenzräumen, Sauna- und Fitness-Bereich, Restaurant und der Sky Lounge.

 

KKA: Ist es Ihnen gelungen?

Schütte: Wir sind auf dem allerbesten Weg. Wir müssen zwar hier und da noch an ein paar Stellschrauben drehen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir sogar 3 % erreichen können.

 

KKA: Mit welcher Technik haben Sie dies möglich gemacht?

Schütte: Für das Energiekonzept des Hotels hatten wir den Anspruch, überwiegend erneuerbare Energiequellen einzusetzen und dadurch die CO2-Emissionen auf einem Minimum zu halten. Es wurde gemeinsam mit unserem Hauptlieferanten, der Firma Daikin, ein Haustechnikkonzept entwickelt, das gleichermaßen die Umwelt schont sowie einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen garantiert.

Die technische Innovation für den Hotelbereich ist die Nutzung einer Geothermie-Anlage, mit der wir den Wärme- und Kältebedarf des Hotels größtenteils abdecken. Über rund 50 Bohrungen mit 130 m Tiefe wird eine Wärmesenken-Leistung von 435 kW sowie eine Wärmequellen-Leistung von 261 kW erreicht. Die Klimatisierung und Beheizung der Hotelräume erfolgt dezentral über wassergekühlte VRV-Wärmepumpen von Daikin, die an die Geothermieanlagen angeschlossen werden können. Um möglichst ohne Energieverluste zeitgleich am jeweils erforderlichen Ort kühlen bzw. heizen zu können, kommt ein Drei-Leitersystem mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz. So kann von Bereichen des Hotels, in denen Kühlbedarf besteht, Wärme abgeführt und Bereichen, die Wärme benötigen, zugeführt werden.

In den Zimmern kann jeder Gast ganz individuell heizen oder kühlen – in vielen Hotels gibt es hier nur ein „entweder/oder“ für das ganze Hotel. Um den Energieeinsatz zu minimieren, sind alle Hotelzimmer über BACnet-Gateway mit der Hotelbuchungssoftware verbunden und werden in den Auskühl- bzw. Überhitzungsschutz versetzt, wenn das Zimmer gerade nicht belegt ist. Erst beim Einchecken des Gastes in der Lobby wird die Anlage auf Komfortbetrieb gesetzt.

Für die Belüftung sorgen acht Lüftungsgeräte, die auf dem Dach sowie im Keller des Hotels installiert wurden. Sie bewegen eine Luftmenge von rund 60.450 m³/h. Eine Besonderheit – zumindest im Hotelbau – ist auch der Einsatz von Blockheizkraftwerken. Das Nordport Plaza verfügt über zwei BHKW – eine Redundanz, die bei etwaigem Stromausfall eine Kopplung ans öffentliche Stromnetz überflüssig macht.

KKA: Was ist aus technischer Sicht Ihr Fazit nach einem Jahr Hotelbetrieb?

Schütte: Das Grundkonzept, das wir gemeinsam mit Daikin entwickelt haben, hat sich als goldrichtig erwiesen. Optimierungspotential gibt es natürlich bei solch komplexen Systemen immer. Für sich betrachtet laufen zwar alle Teilsysteme fehlerfrei, aber sie harmonisieren noch nicht ganz perfekt miteinander. Aber das sind eigentlich Kleinigkeiten.

Um aber wirklich auf der sicheren Seite zu sein, haben wir noch ein Planungsbüro aus Hamburg als externen Berater an Bord geholt. Das Team analysiert noch einmal alle Abläufe. Bewusst haben wir dabei ein Büro gewählt, das in dem Projekt bislang nicht involviert war und „unbelastet“ an die Aufgabe herangehen konnte – man selbst wird ja irgendwann auch einmal betriebsblind und hinterfragt nicht mehr jedes Detail. Es war übrigens gar nicht so einfach ein TGA-Planungsbüro zu finden, das unsere komplexe Anlagentechnik verstanden hat.

KKA: Gibt es schon erste Erkenntnisse, wo Verbesserungspotential besteht?

Schütte: Vor allem die Gebäudeleittechnik haben wir als Aufgabenbereich adressiert. Um das perfekte Zusammenspiel aller technischen Komponenten zu gewährleisten, muss die GLT noch besser funktionieren. Es kommen halt nicht alle Produkte von einem Hersteller – auch wenn wir mit Daikin einen Hauptlieferanten hatten, der viel abgedeckt hat. Da gibt es dann schon mal Kommunikationsprobleme. Letztlich ist es also ein Thema der Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Bei der Analyse ist aber zum Beispiel auch aufgefallen, dass ein Wärmetauscher beim Einbau schlicht vergessen wurde. Oder an anderer Stelle wurden Pumpen zu klein ausgelegt, die wir dann durch größere ersetzt haben.

Die Nagelprobe, den Hochsommer 2018, hat die Gebäudetechnik aber bestanden – und das, obwohl das Hotel quasi von Null auf Hochbetrieb ging. Wir hatten keinen Ausfall und unsere Gäste konnten sich immer bei angenehmen Temperaturen im Hotel aufhalten.  

KKA: Können Sie die Probleme mit der GLT noch an einem Beispiel verdeutlichen?

Schütte: Das muss ich dann doch noch einmal klarstellen: Als Problem möchte ich die GLT gar nicht bezeichnen. Es ist völlig normal, dass Projekte wie das Nordport Plaza technische Kinderkrankheiten haben, die erst im laufenden Betrieb auffallen – wenn man sich denn die Mühe macht genau hinzuschauen, was wir ja gerade tun.

Aber um ein Beispiel zu nennen: Die Warmwasserbereitung bzw. -vorhaltung ist in einem Hotel enorm wichtig. Warmes Wasser für die Duschen wird schließlich in der Regel nur morgens benötigt – dann aber in großen Mengen. Wir verwenden hierfür mehrere Pufferspeicher in einer Kaskadenanlage. Wir haben nun festgestellt, dass zu viele Pufferspeicher von der GLT auf Temperatur gebracht werden, obwohl sie gar nicht benötigt werden – ein unnötiger Energieverbrauch. Das ist aber ein Einstellungsproblem, das wir lösen können. Ein anderes Beispiel: Die BHKW hatten in den ersten Monaten viel zu viele Starts/Stopps. War aber auch kein Problem, das über die GLT abzustellen. 

KKA: Was die Technik betrifft, sind Sie also auf dem richtigen Weg. Wird Ihr Hotelkonzept denn auch von den Gästen angenommen?

Schütte: Ein klares JA. Die Auslastung im Hotel hat sich nach der Eröffnung im Sommer 2018 sehr erfreulich entwickelt. Und sie wird noch weiter zunehmen, wenn sich Komfort, Lage, Ausstattung und vor allem der Service des Nordport Plaza weiter herumsprechen werden.

Wir sind ein Dienstleister für unsere Gäste und bieten ihnen ein Zuhause auf Zeit. Das ist mein Anspruch an mich und an alle meine Mitarbeiter, den es zu erfüllen gilt und der von den Gästen auch gewürdigt wird. Die Lage direkt am Flughafen ist perfekt für Businessgäste; der Konferenzbereich wächst. Wobei wir durch die gute Anbindung des Hotels an Hamburg natürlich auch ganz normale Touristen bei uns begrüßen können. Die Abgeschiedenheit vom Hamburger Stadtrummel hat aber auch Vorteile. Musiker und Künstler schätzen diese nämlich genauso wie hochrangige Politiker und Sportmannschaften, die bei uns, ohne große Aufmerksamkeit zu erregen, tagen und übernachten können.

KKA: Und wie geht es weiter für das Nordport Plaza in Norderstedt?

Schütte: Was die Technik betrifft, sind wir wie beschrieben auf dem richtigen Weg und wir werden weiter analysieren, wo wir noch etwas verbessern können. Um den Anspruch an Energieeffizienz und CO2-Neutralität zu belegen, wird das Hotelprojekt dabei zehn Jahre lang vom Fraunhofer-Institut per Monitoring begleitet.

Das Nordport Plaza segelt übrigens unter der Flagge der Marriott-Hotelgruppe. Und dort ist man in der Zentrale sehr interessiert an unseren Messergebnissen. Wer weiß, vielleicht wird unser Technikkonzept ja mal zur technischen Blaupause für andere Hotelprojekte von Marriott. In unmittelbarer Nähe zum Hotel werden von Premero derzeit noch zwei Bürogebäude und ein Parkhaus geplant – dank der guten Erfahrungen im Nordport Plaza ebenfalls mit Nutzung der Geothermie als Energiequelle. Weitere spannende Projekte am Standort sind übrigens schon mehr als bloße Hirngespinste. Das Hotel ist dabei der Anker bzw. das Flaggschiff in einem Gebiet, mit dem wir eine ganze Region aufwerten wollen. Wir sind halt echte Projektentwickler und keine Projektabwickler.

KKA: Herr Schütte, herzlichen Dank für das Gespräch.

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