Innovative Fernwartung von HLK-Anlagen
Regelungstechnik auf Fährschiffen in Skandinavien
Ein spezielles Regelungssystem ermöglicht der Reederei Fjord Line A/S einen optimierten Service auf dessen Fähre MV Oslofjord. Die cloudbasierte Lösung ermöglicht kleinere Servicearbeiten über das Internet sowie die proaktive Vorbereitung von Wartungen vor Ort und verhilft damit zu Zeit- und Kosteneinsparungen.
Zehn Stunden täglich ist die Fähre auf dem offenen Meer unterwegs, transportiert Menschen und Fahrzeuge von Strømstad in Schweden nach Sandefjord in Norwegen und zurück: Die MV Oslofjord ist ein Schiff von 134 Metern Länge und 16.794 Bruttoregistertonnen, das den Oslofjord zwischen den beiden Nordstaaten viermal pro Tag überquert, mit jeweils bis zu 370 Fahrzeugen und 1800 Menschen an Bord. Da müssen natürlich alle Systeme einwandfrei arbeiten und nichts darf ausfallen: die Motoren nicht, die Navigation nicht und die Sicherheitsausrüstung schon gar nicht – aber auch nicht so unscheinbare Gewerke wie die Klimatisierung an Bord.
Optimierte Vorbereitung von Servicearbeiten
Aus diesem Grund hat sich der dänische Reeder Fjord Line A/S, Besitzer und Betreiber der MV Oslofjord, für die Klimatisierungsgewerke von Novenco Marines & Offshore entschieden, einem Spezialisten für HLK-Lösungen (Heizung, Lüftung, Klima) im maritimen Umfeld. Novenco ist langjähriger Partner von Siemens Building Technologies; alle HLK-Anlagen von Novenco werden mit „Climatix“-Reglern von Siemens betrieben. Zur Verbesserung des Service für seine Kunden setzt Novenco nun auch auf das cloudbasierte „Climatix IC Remote Servicing System“.
Novenco beliefert Schiffseigner beispielsweise mit Klimageräten für Kabinen, aber auch mit sogenannten Primäranlagen – großen, leistungsstarken Klimazentralen und Kühlgeräten. Auf der MV Oslofjord sind 16 Klimasysteme sowie zahlreiche „Climatix“-Regler im Einsatz. Schneller Support auf hoher See ist mit herkömmlichen Mitteln allerdings kaum möglich, und die Techniker an Bord sind nur für einfachere Wartungsarbeiten ausgebildet. Auch im Hafen ist der Handlungsspielraum oft eingeschränkt und ein exaktes Timing vonnöten. Entsprechend wichtig ist die gründliche Vorbereitung der Servicearbeiten.
Cloudbasierte Lösung
Dabei hilft das cloudbasierte „Climatix IC Remote Servicing System“ von Siemens, das auf der MV Oslofjord erstmals unter anspruchsvollen Offshore-Bedingungen eingesetzt wird. Das System sammelt über das Internet wichtige Anlagendaten und stellt diese aggregiert auf einem Dashboard zur Verfügung. So sieht Novenco sämtliche Schlüsselparameter der installierten Regler und Anlagen auf einen Blick und kann anstehende Wartungsarbeiten erkennen und planen – von der Einsatzplanung für die Servicetechniker bis zur Bereitstellung der notwendigen Ersatzteile. Darüber hinaus ermöglicht das Regelungssystem auch den direkten Zugriff auf bestimmte Einstellungen der Gewerke über das Internet. So haben die Techniker von Novenco die Gelegenheit, allfällige Probleme bei den Klimaanlagen an Bord der MV Oslofjord auch dann zu lösen, wenn sich die Fähre auf hoher See befindet.
„Mit Climatix IC von Siemens konnten wir unsere Serviceleistungen und Reaktionszeiten für die MV Oslofjord entscheidend verbessern“, sagt Jonas Johansen, Produktmanager bei Novenco. „Kleinere Störungen an den Kabinenlüftungen oder den Primäranlagen beheben wir per Fernzugriff über das Internet. Und sind einmal größere Eingriffe notwendig, steht der Servicetechniker samt allen benötigten Ersatzteilen und Werkzeugen schon am Kai bereit, wenn die Fähre einläuft. Dank der automatisch in der Cloud gesammelten Daten kann der Einsatz gut vorbereitet und somit die kurze Standzeit der Fähre im Hafen optimal genutzt werden. Das spart Zeit und Kosten – für uns und unseren Kunden.“
„Climatix IC“ ist ein cloudbasiertes Fernwartungssystem für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Die Lösung sammelt kontinuierlich und über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage hinweg sämtliche wichtigen Prozess- und Systemdaten und speichert sie zentral. Mit diesen Informationen lassen sich nicht nur Auswertungen über Zustand, Zuverlässigkeit und Effizienz der Systeme vornehmen, sondern auch Diagnosen erstellen, Werte optimieren oder Upgrades durchführen – per Fernzugriff und ohne die Notwendigkeit, einen Techniker vor Ort einsetzen zu müssen.
Hohe Flexibilität
So hat der Schiffseigner Fjord Line A/S beispielsweise im Januar 2017 eine weitere Komfortsteigerung für seine Passagiere gewünscht: Die Kabinen auf der MV Oslofjord sollten künftig druckgeführt belüftet werden. Da die auf der Fähre installierten Primäranlagen diese Möglichkeit grundsätzlich bereits beherrschten, musste an deren Hardware wenig geändert werden. Als Betreiber der HLK-Anlagen auf dem Schiff konnte sich Novenco deshalb darauf konzentrieren, die Steuerungssoftware entsprechend umzuprogrammieren. Das Software-Update wurde schließlich mittels „Climatix IC“ schnell und unkompliziert auf die Klimazentralen überspielt: Was früher einen Servicetechniker einige Nächte lang beschäftigt hätte – während die Fähre im Hafen vor Anker lag –, konnte nun in wenigen Stunden und für den Schiffseigner mit deutlich geringeren Kosten erledigt werden.
Ein weiterer Vorteil des Systems ist die Anzeige einer geografischen Übersicht über alle angeschlossenen Anlagen sowie deren jeweiligen Status. Damit kann der zuständige Techniker schnell einen Überblick gewinnen, Prioritäten setzen und anstehende Servicefahrten effizient planen.
„Climatix IC ist unsere Antwort auf eine Herausforderung, mit der viele unserer Kunden konfrontiert sind“, erklärt Reiner Werner, Head Field Devices & OEM von Siemens Building Technologies. „Immer kürzere Wartungsfenster und die Optimierung der Kosten verlangen nach einer schnellen Reaktion. Die Übersicht über den Status aller installierten Anlagen, die unser System bietet, hilft dabei enorm: Gewisse Eingriffe können mittels der cloudbasierten Plattform direkt über das Internet ausgeführt werden, und notwendige Maßnahmen vor Ort lassen sich optimal vorbereiten. Insgesamt bietet Climatix IC eine hohe Flexibilität, ermöglicht effizienten Service der betreuten Anlagen und senkt die Kosten pro Serviceleistung. Gerade auch im maritimen Umfeld, wo strenge regulatorische Auflagen und herausfordernde Umweltbedingungen herrschen, ist das System somit der Königsweg, um optimalen Service zu leisten.“
Fernüberwachung des Lüftungssystems
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz der Regelung ist die MF Anholt, eine kleine Fähre, die die dänische Insel Anholt anläuft. Das 2003 gebaute Schiff ist 48 Meter lang und bietet Platz für 250 Passagiere. Vor kurzem wurde das Lüftungssystem einschließlich Hardware komplett modernisiert. Damit der optimale Betrieb des HLK-Systems gewährleistet ist, werden der Tagesbetrieb und der Allgemeinzustand über einfache und benutzerfreundliche Fernbedienungsfunktionen überwacht. Die Fernüberwachung des Lüftungssystems über den intelligenten „Climatix“-Regler kann als Standardoption aktiviert werden und bietet einen hohen Mehrwert ohne dass zusätzliche Hardwarekosten anfallen. Damit lassen sich absehbare Fehler und Ausfälle des Systems einfach vermeiden, was im besten Interesse aller Beteiligten ist: Passagiere, Besatzung und Schiffseigner.
Bei Fähren richtet sich die Zeit im Hafen und damit der physische Zugang für Servicetechniker nach den Fahrplänen. Für Handelsschiffe ist dies sogar noch kritischer. Die Hafenumschlagzeit bei Frachtschiffen, Containerschiffen und Tankern ist weniger langfristig prognostizierbar, aber aufgrund der Hafengebühren grundsätzlich auf ein absolutes Minimum beschränkt. Für Reedereien ist daher die Fernwartung von HLK-Primäranlagen sehr vorteilhaft. In der Schifffahrt spielt die Zuverlässigkeit eine zentrale Rolle, und die Konkurrenz ist groß. Die Möglichkeit, jederzeit und überall auf HLK-Systeme und -Daten zugreifen zu können, verschafft Benutzern cloudbasierter Wartungssysteme in der Schifffahrt deutliche Vorteile. Die ersten Reedereien geben bereits im Lastenheft die Installation des „Climatix IC Remote Servicing Systems“ für alle neuen Schiffe ihrer Flotte vor.