Kältemittellösungen für die Zukunft

Auftakt der Kältemittel-Roadshow der Westfalen AG

Neuerungen rund um die F-Gas-Verordnung und die entsprechenden Lösungsmöglichkeiten standen im Mittelpunkt einer Informationsveranstaltung der Westfalen AG am 25. April 2017 in Münster. Unter dem Motto „Innovision on tour“ informierten Kältemittelexperten von Westfalen, Chemours und Honeywell über den Status Quo und die anstehenden Veränderungen im Bereich Kältemittel.

Im Zuge der Neuerungen rund um die F-Gas-Verordnung steht die Kältebranche vor großen Herausforderungen. Auch wenn die Inhalte der F-Gas-Verordnung schon seit ein paar Jahren bekannt sind, so sind die Auswirkungen vielen noch nicht bewusst, bzw. lassen sich diese noch nicht genau abschätzen. Sicher ist: Gängige Kältemittel wie R404A müssen reduziert werden, klimafreundlichere, aber teilweise brennbare Kältemittel streben auf den Markt.

Was das für Kältebranche bedeutet und welche Kältemittelalternativen zur Verfügung stehen, darüber informiert der Kältemittelhändler Westfalen (www.westfalen.com) in seiner Roadshow „Innovision on tour“. Die KKA-Redaktion war bei der Auftaktveranstaltung am 25. April 2017 am Firmensitz in Münster vor Ort dabei.

 

Meilenweit entfernt von der erforderlichen Quote

Harald Conrad, technischer Berater Kältemittel bei Westfalen, machte die zahlreich erschienenen Teilnehmer in seinem Eröffnungsvortrag noch einmal mit den Grundlagen der F-Gas-Verordnung vertraut. Hierüber ist in der KKA bereits mehrfach berichtet worden, daher soll an dieser Stelle auf eine Wiederholung verzichtet werden. Harald Conrad zeigte aber auch auf, wie es derzeit eigentlich mit der Umsetzung der F-Gas-Verordnung aussieht. 2018 greift die erste „schmerzhafte“ Stufe des Kältemittel-Phase-downs. Dann dürfen von den ursprünglich pro Jahr verkauften fluorierten Treibhausgasen (umgerechnet in CO2-Äquivalente waren das in den Jahren 2009-2012 im Schnitt knapp 183 Mio. t; weitere 22 Mio. t standen für vorbefüllte Anlagen zur Verfügung) nur noch 115 Mio. t in den Markt gebracht werden – inklusive der vorbefüllten Anlagen. Das heißt, es werden im kommenden Jahr insgesamt 44 % weniger fluorierte Treib­hausgase (= CO2-Äquivalente) verfügbar sein. Oder anders ausgedrückt: Lag der durchschnittliche GWP-Wert (GWP = Global Warming Potential) aller Kältemittel im Jaahr 2015 bei 2200, so muss dieser im kommenden Jahr auf etwa 1400 sinken. Harald Conrads wenig aufmunternde Botschaft lautete: „Hiervon sind wir noch meilenweit entfernt.“ Er warnte vor Engpässen und Kostensteigerungen vor allem bei Hoch-GWP-Kältemitteln. Für einen Händler wie Westfalen wird 2018 sicher ein spannendes Jahr werden, denn es ist eine permanente Kontrolle der verkauften Kältemittel und akribische Planung nötig, um bei der strikt festgelegten Menge an CO2-Äquivalenten das ganze Jahr über Kunden beliefern zu können.

 

Gebrauchtes Kältemittel muss aufbereitet werden

In Zeiten knapper werdender Ressourcen kommt dem Recycling bzw. der Wiederaufbereitung generell eine höhere Bedeutung zu – dies gilt auch die fluorierten Treibhausgase. Hierauf wies Harald Conrad in seinem zweiten Vortrag über die Nutzung gebrauchter Kältemittel hin. In der sogenannten Gapometer-Studie (siehe KKA 03/2016) des Verbands EPEE (European Partnership for Energy and the Environment, www.epeeglobal.org) wurde die erforderliche Menge an CO2-Äquivalenten, die über gebrauchte Kältemittel aufgebracht werden muss, um die Quoten erfüllen zu können, mit 24 Mio. t beziffert – eine enorme Menge. Auch in diesem Zusammenhang konnte Harald Conrad den Anwesenden wenig Mut machen. Es gebe im Markt viel zu wenige Kapazitäten, um Kältemittel wiederaufzubereiten. Außer bei Westfalen werde dies nur bei einem einzigen weiteren Händler durchgeführt – alle anderen würden zurückgenommenes Kältemittel nur thermisch spalten d.h. in die chemischen Ausgangsstoffe zerlegen – der Quote gingen sie damit aber verloren. Verschärfend käme hinzu, dass nicht alle gebrauchten Kältemittel aufbereitungsfähig seien. Schon bei einer Verunreinigung von mehr als 1 % könnten sie nur vernichtet werden. Man müsste also bei der Entnahme von Kältemitteln aus Altanlagen größte Sorgfalt walten lassen, damit sie erneut verwendet werden können. Dies gelte natürlich auch und in besonderem Maße bei einer Umrüstung auf ein Retrofit-Kältemittel. Ein Retrofit mache aus Sicht der F-Gas-Verordnung nur Sinn, wenn das ursprünglich enthaltene Kältemittel auch wiederaufbereitet würde; ansonsten habe man nur die Quote zusätzlich belastet.

Ein weiteres Problem stelle die nicht ausreichende Verfügbarkeit von Gebinden zur Aufnahme gebrauchter Kältemittel dar, mahnte Harald Conrad. Viele Anlagenbauer und auch Betreiber würden Kältemittel und damit verbunden die Gebinde „bunkern“. Der Rücklauf der Flaschen sei dadurch oft sehr schleppend. Was viele hierbei nicht wüssten: Die Lagerung von Kältemittel in größerem Umfang ist ohne eine behördliche Genehmigung gar nicht erlaubt.

In diesem Zusammenhang wies er auch auf den Unterschied zwischen Recycling und Wiederaufbereitung hin. Das Recycling von Kältemitteln sei eigentlich nur ein einfaches Reinigungsverfahren, bei dem man anschließend keine Kenntnis über den tatsächlichen Zustand habe. Wasser, Säuren und nicht kondensierbare Gase wie Luft oder Stickstoff könnten sich nach wie vor im Kältemittel befinden und auch das Mischungsverhältnis einzelner Kältemittelbestandteile sei unklar (Achtung: Gewährleistung im Schadensfall). Sicherheit biete nur die korrekte Aufbereitung bei einem Spezialisten wie Westfalen. Nach dem aufwändigen Aufbereitungsprozess sei das Kältemittel nicht von Neuware zu unterscheiden.

 

Umgang mit brennbaren Kältemitteln

Kälteanlagenbauer und Betreiber werden sich darauf einstellen müssen, dass die Kältemittel der Zukunft in den allermeisten Fällen brennbar sein werden. „Ein GWP von unter 1000 bedeutet zwangsläufig, dass das Kältemittel brennen kann“, erklärte Harald Conrad in seinem dritten Vortrag des Tages. Bei einem A3-Kältemittel wie Propan ist das Risiko bekannt (und wird daher oft gescheut), aber A2L-Kältemittel – und dazu gehören die meisten neuen Alternativen – müssen ebenfalls mit Sorgfalt behandelt werden. Sie haben zwar eine relativ geringe Flammenausbreitungsgeschwindigkeit, benötigen eine hohe Zündenergie und das Fenster für den Mischungsbereich mit Luft, in dem es brennen kann, ist ziemlich klein – aber es bleibt eben ein brennbares Kältemittel. Sollte es in Ausnahmefällen, die nicht von der Hand zu weisen sind, aber doch zu einem Unglück kommen, so sei der Anlagenhersteller auch bei Einhaltung aller Normen nicht aus der Produkthaftung entlassen. Erschwerend komme hinzu, dass es bei der Produkthaftung europaweit kein einheitliches Recht gebe.

Alles Lamentieren helfe aber nicht: Die Kältebranche werde an der zunehmenden Verwendung brennbarer Kältemittel nicht vorbeikommen. Damit verbunden seien zunehmende Anforderungen an Risikoanalytik und Gefährdungsbeurteilung, ein mit steigendem Risiko zwangsläufig verbundener höherer sicherheitstechnischer Aufwand und damit einhergehend steigende Kosten. Oberste Pflicht sei es nun für alle Fachbetriebe, ihr Personal rechtzeitig und ausgiebig im Umgang mit brennbaren Kältemitteln zu schulen und ihre Kunden zu informieren, was auf sie künftig zukommt, denn schließlich gebe es auch einige Betreiberpflichten, die es zu beachten gebe. „Wir stehen vor enormen Herausforderungen. Der Ausstieg aus den ozonschädigenden Kältemitteln wie R12 damals steht in keinem Verhältnis zu den heutigen Schwierigkeiten mit den anstehenden Umstellungen“, war sein ernüchterndes Fazit.

 

Kältemittel-Alternativen von Chemours und Honeywell

In zwei Vorträgen berichteten Stefan Schüßler (Honeywell Fluorine Products) und Joachim Gerstel (Chemours Deutschland) über Alternativ-Kältemittel aus ihrem jeweiligen Sortiment, die sich als Retrofit für Bestandsanlagen bzw. bei Neuanlagen einsetzen lassen. Dabei handelt es sich um die umfangreiche Palette an „Performax“- und „Solstice“-Kältemitteln von Honeywell bzw. die „Opteon XP“- und „Opteon XL“-Lösungen von Chemours. Diese im Einzelnen hier vorzustellen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Zusammenfassend lässt sich jedoch festhalten, dass beide Hersteller für nahezu alle derzeit bekannten Kältemittel Ersatzlösungen als Pfeile im Köcher haben. Zum Teil sind diese schon in Tausenden von Anlagen erprobt und bewährt im Einsatz, andere, erst auf der Chillventa 2016 vorgestellte, stehen noch in den Startlöchern. Für diese fehlen z.T. noch die Freigaben der Komponentenhersteller – hier sei aber im Laufe des Jahres mit etlichen Zulassungen zu rechnen. Beide Referenten riefen aber unisono dazu auf, auf die Hoch-GWP-Kältemittel R404A und R507 komplett zu verzichten. Honeywell hat bereits angekündigt, dass man diese 2018 nicht mehr verkaufen werde. Von Chemours steht diese Ankündigung (noch) aus.

Info

Die Westfalen-Roadshow „Innovision on tour“ über Kältemittel wird im Herbst 2017 fortgesetzt.
24. Oktober 2017 (Gelnhausen bei Frankfurt)
26. Oktober 2017 (Leonberg bei Stuttgart)
7. November 2017 (Springe bei Hannover)
9. November 2017 (Hamburg)
Anmeldung:

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