Kaltlufttechnik für Temperaturen bis zu -160 °C

Luft als Kältemittel im Joule-Kreisprozess

Die zur Verfügung stehenden Kältemittel für extreme Tiefkühlanwendungen sind begrenzt und haben ein sehr hohes Treibhauspotential. Mangels Alternativen gibt es in der F-Gas-Verordnung daher sogar eine Ausnahmeregelung für diese Anwendungen. Doch es gibt eine Alternative: In Karlsruhe wird eine Kältesauna mit Luft als Kältemittel betrieben.

Die Kältemittelbranche wird stark von der Klimapolitik beeinflusst. Durch die F-Gas-Verordnung ist eine Mengenreduzierung von HFKWs bereits eingetreten, die zu Verfügbarkeitsproblemen und Preissteigerungen führt. Ab dem 1. Januar 2020 folgt das Verbot für Neubauten ortsfester Kälteanlagen, deren Kältemittel den GWP-Wert von 2500 überschreiten. Für Tiefkühlanwendungen unter -50 °C Nutztemperatur gibt es aktuell noch eine Ausnahmeregelung in der F-Gas-Verordnung. Darunter fallen beispielsweise R23 (GWP: 14800), dessen Preis bereits stark angestiegen ist. Diese Ausnahmeregelung wird aktuell diskutiert und könnte mit der nächsten Revision der F-Gas-Verordnung abgeschafft werden, da heute marktreife Alternativen für die Tiefkühlanwendungen vorhanden sind. Eine dieser Alternativen bildet Luft mit einem GWP-Wert von 0.

Der Joule-Kreisprozess

Als eine erste Tieftemperaturanwendung mit Kaltlufttechnik wurde in Karlsruhe eine Kältesauna eröffnet, die nur mit Luft bis zu -130 °C gekühlt wird. Bei der Kältemaschine handelt es sich um eine „MC15-OC-AC“ der Firma Mirai Intex (https://mirai-intex.com/de). Die Maschine arbeitet nach dem Joule-Kreisprozess, der nachfolgend beschrieben wird:

Die Kältemaschine funktioniert als offener Kreislauf. Luft wird aus dem Kühlraum angesaugt und verdichtet (1  2). Dabei steigen Druck und Temperatur. Der eingestellte Druck verhält sich bis zur Entspannung konstant. Im Gaskühler wird die Prozesstemperatur durch Umgebungsluft gekühlt (2   3). Im inneren Wärmeübertrager, dem sogenannten Rekuperator, findet eine Energierückgewinnung statt: Die wärmere Luft von Punkt 3 erwärmt die angesaugte Luft von Punkt 1. Im Umkehrschluss kühlt sich dadurch die Luft von (3   4) weiter ab. Anschließend erfolgt eine arbeitsleistende Entspannung in einem Turboexpander. Die bei der Entspannung verrichtete Arbeit äußert sich in einer Senkung von Druck und Temperatur. Anders als beim Dampfkälteprozess findet die Energieaufnahme nicht durch den Phasenwechsel statt, sondern durch die Erwärmung der Luft (5   6). Fortlaufend wird Raumluft aus der Kammer gesaugt und kühlt im Rekuperator die Luft, die sich bereits im Kreislauf befindet (6   1). Anschließend startet der Kreislauf wieder von vorne (1).

Die Feuchtigkeit, die in den Raum gelangt, wird durch die niedrigen Temperaturen sofort zu kleinen Eiskristallen ausgefroren und mit der Luft angesaugt. Vor dem Rekuperator werden die Kristalle von einem Filter abgefangen. Die gemessene Druckdifferenz am Filter wird mit einem Grenzwert verglichen, bei Überschreitung des Wertes reinigt sich der Filter durch Ultraschallvibrationen. Die Eiskristalle fallen in einen Kanal. In dem Kanal befördert ein Kettenmechanismus die Eiskristalle aus dem Kühlraum. Durch diese Innovation ist im Kühlraum keine thermische Abtaueinrichtung notwendig und muss dadurch bei der Kühlraumlast nicht berücksichtigt werden. Bei dem offenen Kreisprozess wird durch den wegfallenden Verdampfer und den damit nicht benötigten Ventilatoren die Kühllast nochmals heruntergesetzt.

Störungsfreier Betrieb

Luft als Kältemittel bietet sicherheits- und umwelttechnisch gute Rahmenbedingungen. Für den Anwender besteht keine Gefahr, da es nicht möglich ist an Luft zu ersticken, mit einem maximalen Überdruck von 1 barg ist die Anlage vom Gefahrenpotential vergleichbar mit einem Fahrradreifen.

Prof. Dr. Michael Kauffeld, Hochschule Karlsruhe für angewandte Wissenschaft und Technik, stellte zu der Anlage weitere Untersuchungen an. Diese belegen der Kaltluftkältemaschine bei Tiefsttemperaturen von unter -50 °C einen deutlich geringeren Energieverbrauch und eine 30 % höhere Käl­teleistungszahl gegenüber gewöhnlichen Kaskadekältemaschinen.

Die Referenzanlage läuft seit dem 1. Oktober 2019 bei der Firma Coolinn GmbH (https://coolinn.de) in Karlsruhe störungsfrei auf Dauerbetrieb. Die Planung der Anlage und die Abwicklung des Aufbaus bis zur Schlüsselübergabe erfolgte durch die Refolution Industriekälte GmbH (www.refolution.de). Die Kältemaschinen sind erhältlich bei der Secon GmbH (https://secon-gmbh.com), dem Vertriebspartner der Mirai-Kältemaschine für Deutschland und Schweiz.

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