Komplexe Technik für kalte Früchte
Effiziente Wärmerückgewinnung bei Fruchthansa Wesseling
Beim Neubau eines Umschlagplatzes für Obst, Gemüse und Südfrüchte in Wesseling, südlich von Köln, wurde modernste Gebäude- und Kältetechnik eingesetzt. Die Fruchthansa ist zum einen Logistikzentrum und Distributionszentrale für den Großraum Köln, zum anderen werden dort auch Obstsorten nachgereift. Das Thema Energieeffizienz spielte bei dem Bau eine entscheidende Rolle, deshalb sollten alle Energieverbraucher in ein ganzheitliches Energiekonzept einbezogen werden. Verantwortlich für die Konzeption und die Planung war die Firma Müller Kälte- und Klimatechnik GmbH aus Königswinter, die compact Kältetechnik GmbH aus Dresden lieferte die Kältesätze.
Die 1968 gegründete Fruchthansa hatte lange Jahre ihren Standort am Großmarkt in Köln. Durch stetiges Wachstum – neben dem Kerngeschäft Obst- und Gemüsehandel erweiterte sich das Angebot im Laufe der Zeit auf einen Weinhandel und den Betrieb einer eigenen Bananenreiferei – musste ein neuer Standort gefunden werden. Das 12 000 m² große Logistikzentrum für Obst, Gemüse und Südfrüchte liegt nun verkehrsgünstig an der Autobahn A555 und wurde im Dezember 2008 in Betrieb genommen.
Energieeffiziente Anlagentechnik |
Bei der Planung der Gebäude-, Energie- und Kältetechnik legten die Verantwortlichen vor allem großen Wert auf eine energieeffiziente Anlagentechnik. Sie entschieden sich dabei gegen eine – in der Anschaffung – günstigere Technik mit Einzelkälteanlagen und Gasheizung. Stattdessen waren die Architekten und Planer bestrebt, ein ganzheitlich konzipiertes Energiekonzept zu planen und zu realisieren. Bei der Kälte- und Wärmeversorgung wurden deshalb alle Verbraucher in ein Energiekonzept mit Wärmerückgewinnung einbezogen. Der Energieaufwand für die Beheizung des Gebäudes und Warmwasser konnte so auf ein Minimum reduziert werden. „Die Konzeption ist sehr einfach“, sagt Werner Müller von der Müller Kälte- & Klimatechnik GmbH (www.kaelteklimamueller.de). „Die Wärme wird nur da entzogen, wo es nötig ist, zentral gespeichert und nur da wieder abgegeben, wo gewünscht. Zudem wird nur so viel Kälte erzeugt, wie das Gebäude braucht.“ Als interne Wärmequellen stehen Produktwärme, Atmungswärme (vor allem Reifungswärme) und alle elektrischen inneren Lasten zur Verfügung – als Verbraucher gelten die Bananenreiferei, die Abtauungen der Verdampfer, die Lüftungs- und Heizungsanlagen und die Gebäudeverluste.
Die Anlieferung der Ware zum Fruchthof in Wesseling erfolgt in der Nacht mit Lastwagen. Dann werden Obst, Gemüse und Südfrüchte von den Mitarbeitern sortiert, verpackt, kommissioniert und wieder auf die Reise geschickt. Bundesweit wird so der Lebensmitteleinzelhandel beliefert. Für die Räumlichkeiten bedeutet dies, dass sie gekühlt werden müssen. Um die hohe Qualität der Waren beizubehalten, muss die Temperatur dabei sehr konstant sein.
Zwei Kältekreise mit unterschiedlichen Temperaturniveaus | Durch langjährige Erfahrungen mit dem Unternehmen Fruchthansa und anderen Logistikunternehmen wurde von der Müller Kälte- und Klimatechnik GmbH ein schlüssiges Konzept geplant. Zwei Kältekreise für unterschiedliche Temperaturen bilden das Herz der Anlage:
Die Kühlräume (bis -1 °C) werden von einem Kaltsolesatz mit drei halbhermetischen Schraubenverdichtern („HSK 7461-80Y“) von Bitzer (www.bitzer.de) versorgt. Die Gesamtkälteleistung beträgt 538 kW (-10/30 °C), eingesetzt wird das Kältemittel R404A. Ein Reserveplatz für einen weiteren Verdichter ist eingeplant. Die compact-Kälteanlage (www.compact-kaeltetechnik.de) arbeitet mit einem Flüssigkeitsunterkühler mit 110 kW und mit elektronischem Expansionsventil. Der zweikreisige Rohrbündelverdampfer ist ebenfalls mit elektronischen Expanisonsventilen ausgestattet. Mit dem Konzept der entkoppelten Kältekreisläufe konnte erreicht werden, dass sehr wenig Kältemittel (nur rund 220 kg) für diese Anlage notwendig ist.
Die Kältesole (ein Propylenglykol-Gemisch) versorgt die Luftkühler der Firma Güntner (www.guentner.de). Durch eine besondere Ausblastechnik wird eine optimale Kälteverteilung in den Räumen erreicht.
Die Anlage versorgt den Wareneingang und den Warenausgang – zudem zwei Schnellkühlräume, um angelieferte Produkte schnell auf die erforderliche Temperatur herunterzukühlen und die Qualität der Waren zu sichern.
Kühlung der Betriebsräume und anderer Arbeitsbereiche | Um die Kühlung der Packerei, der Kommissionierungszonen, der Bananenreifekammern und schließlich der Verwaltung und Seminarräume zu gewährleisten, wurde mit einem Kaltsolesatz mit zwei Bitzer-Schraubenverdichtern (Typ „CSH 7581-80Y“) gearbeitet. Sie erreichen eine Kälteleistung von 372 kW (bei +1/30 °C). Eingesetzt wird das Kältemittel R134a. Auch bei dieser Anlage wird nur wenig Kältemittel (2 x 130 kg) eingesetzt. Über den zweikreisigen Rohrbündelverdampfer mit elektronischem Expansionsventil werden – wie bei der Anlage für die Kühlräume – die zu kühlenden Räume über die Kältesole versorgt. In den Räumen wurden insgesamt 38 Konvektoren und zwei Lüftungsanlagen zur Kühlung eingesetzt.
Vorbildliche Wärmerückgewinnung | „Unser Ziel war es, alle Kälteanlagen in die Wärmerückgewinnung mit einzubeziehen“, sagt Werner Müller. Das ist dem Spezialist für solche Großprojekte auch gelungen. Beide Kälteanlagen wurden mit einem Rohrenthitzer von DK Kälteanlagen (www.dk-kaelteanlagen.de) (Typ „159/50x13“) ausgestattet. Die Anlage wird so in die Wärmerückgewinnung miteinbezogen, mit der Abwärme wird ein 7000 Liter-Speicher im Erdgeschoss des Logistikunternehmens erhitzt. Der Speicher versorgt das gesamte Gebäude mit Wärme, wenn die Laufzeiten der Verdichter zu gering sind. Eingeschlossen sind dabei auch die Bananenreifekammern und die Abtauung der Luftkühler in den Kühlräumen. Allein für die elektrische Abtauung der Luftkühler hätte ein zusätzlicher Energieaufwand von 690 kW veranschlagt werden müssen.
In den Reifekammern für Bananen muss eine exakte Temperatur- und Zeitvorgabe eingehalten werden (Der Reifeprozess dauert mehrere Tage, die Lagerung erfolgt bei 13-16 °C). Die Temperatur entscheidet darüber, wie schnell die Bananen reifen, bzw. sie entscheidet über den Beginn des Reifeprozesses. Hat der Reifeprozess begonnen, wird Wärme produziert. Diese Abwärme wird ebenso genutzt und dem Gesamtenergiekonzept wieder zugeführt.
Wärmepumpe dient zusätzlich zur Versorgung mit Wärme | Reicht die Energie aus der Wärmerückgewinnung nicht aus, um den Wärmebedarf des Unternehmens zu decken, wird mit einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe die nötige Wärme geliefert. Die Wärmepumpe arbeitet mit Grundwasser, das aus 28 Metern Tiefe vor Ort aus den Kiesflächen des Rheins gepumpt wird. Aus jeweils zwei Saugbrunnen wird das Wasser mit Trinkwasserqualität entnommen und in die Energiezentrale gepumpt. In Fließrichtung des Grundwassers wird es dem Boden später wieder zugeführt. Der Abstand zwischen Saug- und Schluckbrunnen beträgt 15 Meter, somit können Kurzschlüsse ausgeschlossen werden. Die Wärmepumpe arbeitet mit einem Bitzer-Hubkolbenverdichter (Typ „6G-30.2Y9“). Die Heizleistung beträgt 93 kW (+5 °C/45 °C). Als Kältemittel wird R134a eingesetzt.
Sehr gute Zusammenarbeit mit der compact Kältetechnik | Nicht nur für die Installation, sondern auch für die Planung und Steuerung der Lüftungs- und Heizungsanlagen (inklusiv 5000 m Fußbodenheizungsrohr auf einer Fläche von 1200 m²) sowie Druckluft- und Klimasysteme zeichnete sich die Müller Kälte- und Klimatechnik verantwortlich. Das Unternehmen mit 13 Mitarbeitern hat sich auf die Planung und Installation hochkomplexer Anlagen spezialisiert, die neben dem Einsatz effizienter Technik auch die Bedeutung der Wärmerückgewinnung in alle Planungen mit einbezieht. Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der compact Kältetechnik GmbH aus Dresden hat Geschäftsführer Werner Müller dabei in den letzten sechs Jahren genügend sammeln können. Und auch der Vertriebsleiter Gerhard Gregor von compact Kältetechnik freut sich über die unkomplizierte Kooperation: „Wir liefern die Komponenten und die Firma Müller übernimmt die Installation. Das hat bisher immer sehr gut geklappt“, sagt er zufrieden. Natürlich wurden aber auch schon in der Planungsphase Erfahrungen und Konzeptvorschläge zwischen Anlagenbauer, Komponentenhersteller und Anlagenbetreiber diskutiert.
Die Verwendung von hochwertigen Materialien ist bei der Firma Müller selbstverständlich. Bei der Verrohrung wurde das „Cool-Fit-ABS“-Verbundrohr von Fischer-Piping (www.georgfischer.de) verwendet. Damit konnte eine aufwändige Nachisolation entfallen und zudem das Gewicht des Rohrnetzes stark reduziert werden.
Spezielle Regelungstechnik sichert Qualität | Durch die komplexe Regeltechnik kann die Temperatur in den Räumen auf +/-0,2 °C reguliert werden. Für die Qualität und die Haltbarkeit der Produkte ist dies immens wichtig. Erreicht wurde diese Genauigkeit durch den Einsatz einer speziellen Regelungstechnik und durch den Einsatz von speziellen Fühlern. Mit im Boot sowohl bei der Hard- und Software-Projektierung als auch bei der Realisierung der Elektro- und MSR- Anlage war die MSS-Steuerungstechnik GmbH aus Martinroda bei Ilmenau (www.mss-schaltschrankbau.de).
Das Unternehmen lieferte die Schaltschranktechnik und sorgte für die Visualisierung aller Anlagenzustände. Ein zentraler Vorteil ist die dezentrale Steuerung der Räumlichkeiten über insgesamt acht Schaltschränke, deren speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) mittels Profibus DP miteinander vernetzt sind.
Visualisiert werden sämtliche Anlagenzustände auf zwei 19 Zoll-Touch-Monitoren. Dabei werden viele verschiedene Soll- / Ist-Werte (Temperatur, Drücke, Lufteintrittstemperatur) und andere Parameter (Luftaustrittstemperatur, Verdampfungsdrücke, Ladezustand des Speichers, Energiezählung, etc.) übersichtlich dargestellt. Zugriffsmöglichkeiten auf die Fernüberwachung der Anlage sind dabei keine Grenzen gesetzt. „Ich kann sowohl von außen – über einen Webserver – als auch über ein internes Netzwerk auf die Regelung Einfluss nehmen“, sagt Geschäftsführer Axel Sturm von MSS.
Störmeldungen laufen per E-Mail oder per SMS auf und sind als Klartext ablesbar. Zur Betriebssicherheit trägt eine Handbedienebene bei, mit der auch bei Ausfall einer Regelung die Anlage in Betrieb gehalten werden kann. Durch die dezentrale Anlagenstruktur arbeiten die nicht direkt betroffenen Anlagenteile bei Teilausfällen weiter. Sicherheit bringt auch der Parallelaufbau der Kälteerzeuger. Bei Teilausfällen der Kälte- oder Pumpenanlage kann so die Funktion erhalten werden. Bei plötzlichem Druckverlust schließen pneumatische Klappen die Rohrstränge binnen 0,5 Sekunden ab.
Fazit | Durch ein ausgeklügeltes Energiemanagement und eine ausgefeilte Regelungstechnik wird bei der Fruchthansa in Köln Energie und damit für den Betreiber bares Geld gespart und gleichzeitig die Umwelt geschont. Alle Komponenten wurden in den Prozess der Wärmerückgewinnung mit einbezogen.
„Zwischen Inbetriebnahme im Dezember und März hatten wir Heizkosten von lediglich 780 €“, berichtet Werner Müller zu recht stolz und zeigt sich begeistert von der Effizienz der Anlage. „Mit solchen Werten hatte niemand gerechnet“, sagt er. Die Betreiberin, die Fruchthansa GmbH in Wesseling, ist somit auch hoch zufrieden. Trotz der höheren Investitionssumme im Vergleich zu weniger komplexen und damit günstigeren Anlagen wird sich der Einsatz dieser modernen und hocheffizienten Kälte- und Anlagentechnik schnell amortisiert haben.