Liefersicherheit und Qualität bei Kältemitteln

Interview mit Dr. Karsten Schwennesen und Matt Hicks, Mexichem Fluor

Wer beim Kältemittelkauf auf No-Name-Lieferanten und dubiose Vertriebswege setzt, spart sicher im ersten Moment Geld ein. Die Freude darüber könnte aber durchaus nur von kurzer Dauer sein, wenn sich herausstellt, dass die Kältemittelflaschen nicht das enthielten, was sie sollten, bzw. nicht in der erwarteten Qualität. Zum Thema Produktion und Qualität von Kältemitteln führte die KKA-Redaktion ein Interview mit Dr. Karsten Schwennesen, Sales Manager bei Mexichem Fluor in Frankfurt, und Matt Hicks, Global Communications Manager bei Mexichem Fluor in Cheshire (UK).

KKA: Bevor wir uns dem eigentlichen Thema Kältemittel widmen, geben Sie den Lesern, die Mexichem Fluor noch nicht so gut kennen, doch bitte einen kurzen Einblick in Produkte und Strukturen Ihres Unternehmens.

Hicks: Mexichem Fluor ist der weltweit größte vollständig integrierte Hersteller und Lieferant von Kältemitteln. Wir verfügen über mehr als 50 Jahre Erfahrung in der Kältemittelindustrie unter den Namen ICI, INEOS Fluor, und nun seit 2010 als Mexichem Fluor. Mexichem Fluor ist der führende Inhaber von F-Gas-Quoten in der EU und liefert Kältemittel wie z.B. R407A über seine Vertriebspartner in den deutschen Markt.
Wir sind stolz auf unsere Geschichte von Innovationen, u.a. die Errichtung der ersten großtechnischen Produktionsanlage für R134a. Zurzeit entwickeln wir Produkte auf HFO-Basis mit niedrigen GWP-Werten.

KKA: Ohne bitte allzu sehr in die Tiefe zu gehen, können Sie einmal kurz erklären, welche Produktsschritte erforderlich sind, um vom fluorhaltigen Rohstoff zum fertigen Kältemittel zu kommen?

Schwennesen: Es mag diejenigen, die KLEA-Kältemittel als sehr reine und farblose Gase kennen, überraschen, aber der Ursprung aller fluorierten Kältemittel ist der Bergbau. Einer der wichtigen Rohstoffe ist das Mineral Kalziumfluorid CaF2 (Flussspat). Mexichem Fluor besitzt die weltweit größte Flussspatmine in Mexiko, diese ist der Ausgangspunkt für unseren vollständig integrierten Produktionsprozess. Flussspat wird mit Schwefelsäure zu Flusssäure (HF) umgesetzt, die dann schließlich mit einem chlorierten Kohlenwasserstoff zum fluorierten Kältemittel umgesetzt wird. Für diejenigen, die sich für Chemie interessieren, sei hier als Beispiel die Produktionsroute für KLEA 134a dargestellt.
Die Liefersicherheit und die Qualität in der Produktion sind Top-Prioritäten bei jedem Schritt in dieser Kette und durch die vollständige Integration bei Rohstoffen sind wir bestens aufgestellt, um Liefersicherheit und Qualität auch unseren Vertriebspartnern und deren Kunden zu bieten.

KKA: Auch wenn viel Know-how dahintersteckt, von der chemischen Warte aus sind die üblichen Kältemittel ja vergleichsweise simple Produkte und dementsprechend auch von anderen Anbietern einfach herzustellen, oder täusche ich mich?

Schwennesen: Die Chemie von Kältemitteln wie HFKW ist weithin bekannt. Trotzdem ist es wichtig, die Fähigkeiten eines Herstellers zur Sicherstellung einer gleichbleibend hohen Qualität zu bedenken – von einer gesicherten Versorgung mit geeignetem Flussspat bis hin zum Kundendienst für den Endverbraucher. Mexichem Fluor arbeitet mit einem Netzwerk von erstklassigen Vertriebspartnern, die unsere Philosophie “Von der Mine bis zum Endverbraucher“ im Markt umsetzen. Diese können sich auf unsere Liefersicherheit verlassen und kombinieren diese mit einem erstklassigen Kundendienst und technischer Unterstützung für Kältefachbetriebe. All dies ist von stetig steigender Bedeutung auch wegen der komplexen Forderungen der F-Gas-Verordnung, die Verwendung von Kältemitteln nachvollziehbar zu dokumentieren und im Zusammenhang mit den Verwendungsverboten die für eine bestimmte Anwendung erlaubten Produkte auszuwählen.
 
KKA: Dürfte jeder, der über entsprechende Produktionsanlagen verfügt, Kältemittel herstellen und verkaufen? Und wie sieht es dann mit der Qualität der Produkte aus?

Hicks: In den letzten Jahren war der europäische Kältemittelmarkt relativ offen und umfasste eine große Zahl von Lieferanten, die F-Gas-Verordnung hat dies jedoch geändert. Seit dem 1. Januar 2015 sind nur regis­trierte Quoteninhaber berechtigt, HFKW-Kältemittel in der EU in den Verkehr zu bringen. Hierzu gehören große Hersteller wir Mexichem Fluor und eine Anzahl sogenannter „New Entrants“ oder “Neueinsteiger”, deren Quoten jedoch im Vergleich mit den großen Lieferanten eher gering sind. Das bedeutet, dass es in Europa weniger Kältemittellieferanten geben wird als in der letzten Zeit.
KKA: Ist die mitunter zweifelhafte Qualität der Kältemittel von no-name-Anbietern eher ein Problem außerhalb von Europa oder eins, mit dem sich auch Kälteanlagenbauer in Deutschland befassen müssen? Sind hier bei uns die Vertriebswege und die Qualität der Kältemittel einwandfrei?

Schwennesen: Die strenge Qualitätskontrolle der deutschen Kältemitteldistributoren hat sicherlich dazu beigetragen, dieses Problem in Deutschland zu minimieren und die verschärften Regelungen der F-Gas-Verordnung in Europa werden grundsätzlich auch hilfreich sein. Dabei kann der Kauf gefälschter Produkte nicht nur beträchtliche rechtliche, sondern auch sicherheitsrelevante Probleme bereiten. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, Kältemittel über einen vertrauenswürdigen Vertriebshändler zu beziehen.

KKA: Was für Probleme und Folgen können denn auf Anlagenbauer und Betreiber zukommen, wenn sie trotz alledem auf Kältemittel von  dubiosen Lieferanten setzen?

Schwennesen: Wie bereits erwähnt, sollten Kältemittel nur von einem vertrauenswürdigen Distributor bezogen werden. Dieser bietet nicht nur die Gewähr für die Qualität des Kältemittels und die langfristige Liefersicherheit, sondern darüber hinaus erstklassigen Kundendienst und technische Beratung sowohl bei alltäglichen Fragen als auch bei der Umsetzung der zahlreichen Vorgaben der F-Gas-Verordnung.

KKA: Was erwartet uns, wenn die Kältemittel-Kontingente künftig durch die neue F-Gase-Verordnung schrumpfen?

Hicks: Die Begrenzung der Vermarktungsmengen von HFKW-Kältemitteln durch die F-Gas-Verordnung begrenzt die CO2-equivalenten Mengen anhand der GWP-Werte und nicht die Kältemittelmenge an sich. Das Ausmaß der Mengenreduktion hängt auch ab vom Ausmaß der Verwendung von Kältemitteln mit hohen GWP-Werten wie zum Beispiel R-404A. Die Preise für diese Kältemittel werden nebenbei gesagt wegen ihres hohen Quotenverbrauchs sehr wahrscheinlich steigen.
Die Anwender haben es selbst in der Hand, mögliche Verfügbarkeitsprobleme zu vermeiden, indem sie Alternativen mit niedrigeren GWP-Werten wie zum Beispiel R-407A, eine effiziente und leicht einsetzbare Austauschlösung für R-404A, verwenden.

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